Von Ihnen haben wir teilweise nur kleinteilige Fußnoten gehört, zum Teil in sich widersprüchlich. Sie sagen beispielsweise, der Staat, die Politik möge sich nicht in die Wirtschaft einmischen,
Wenn Sie die Pflichtmitgliedschaft bei den Kammern abschaffen, werden Sie eine staatliche Wirtschaftsverwaltung einführen müssen. Ob diese günstiger und kundenfreundlicher als die Kammern ist, wage ich zu bezweifeln.
Ansonsten muss ich sagen, Herr Pretzell: Jeder CSU-Bundestagsabgeordneter ist in der Zuwanderungspolitik schärfer als Sie hier. Die Befürchtungen, die ich heute hatte, wurden Gott sei Dank nicht erfüllt. Ich denke aber schon, dass es in Ihrer Partei Scharfmacher gibt und viele, die auf Ressentiments und völkische Abschottung setzen.
Insofern glaube ich, dass die AfD oft genug keine bürgerliche Partei ist, sondern der Wolf im Schafspelz. Aber Sie haben heute als Vorsitzender einer Oppositionsfraktion wie ein Schaf im Wolfspelz gesprochen. Die Angriffe haben nicht gesessen. Das Schärfste war ja, dass Sie mich als Unterwäschemodel kritisiert haben.
Man weiß aber gar nicht, wenn Sie mich Unterwäschemodel nennen, ob das Kritik war; denn Sie haben ja sogar über Ihre Frau gesagt, ihre dämonische Schönheit hätte Sie angezogen.
Ein wichtiges Argument gegen die Regierung, das Sie vorgebracht haben, war Postenhascherei. – Herr Pretzell, sind Sie eigentlich noch Mitglied des Europäischen Parlaments?
(Heiterkeit von der FDP und der CDU – Mar- cus Pretzell [AfD]: Ja, absolut! – Zuruf von der AfD: Das müssen Sie gerade sagen!)
Herr Pretzell, das bedeutet, dass Sie im Europäischen Parlament einen der Sitze blockieren, auf dem jemand anders die Interessen des deutschen Volkes wahrnehmen könnte. Das ist bemerkenswert.
Zur AfD – ich hätte niemals gedacht, dass ich das so schnell sagen würde –: Ich vermisse die Piraten.
Herr Kollege Römer, wir hatten uns in den vergangenen fünf Jahren an Ihre Platte gewöhnt, nämlich: Reden Sie das Land nicht schlecht. – Jetzt hat es einen Regierungswechsel gegeben, und nun lernen wir offensichtlich die B-Seite kennen; die Platte wird umgedreht.
Es gibt einen neuen Song, den Sie aufspielen, und zwar: Rot-Grün hat alles richtig gemacht. Es sind die Wähler, die sich geirrt haben.
So kann man natürlich auch mit einer Niederlage umgehen. Wobei Sie mit Ihrer eigenen Bilanz nach sieben Jahren Rot-Grün auch nicht so ganz zufrieden sein können, wie wir den Anträgen entnehmen, die Sie dem Parlament zu diesen Plenartagen vorgelegt haben.
Die SPD fordert in einem Antrag „Wohnungsnot in den Ballungsräumen wirksam bekämpfen“. Die SPD fordert auch „Sicherheit an Bahnhöfen gewährleisten“. Die Grünen haben den Antrag „Nordrhein-westfälische Wirtschaft braucht konkrete Unterstützung bei der Digitalisierung“ vorgelegt. Schön finde ich auch Ihren Antrag „Studienplätze und Hochschulfinanzierung sicherstellen“.
Meine Damen und Herren, wir haben es in den vergangenen fünf Jahren gesagt und halten daran fest: Das Land Nordrhein-Westfalen hat große Potenziale, aber es hat sich selbst gefesselt. Die Prioritätensetzung und das Bemühen um Fortschritt haben nicht gestimmt. Die Menschen hatten das Gefühl, dass Sie sich, dass sich die Vorgängerregierung mit Mittelmaß zufriedengeben will. Dieses Land brauchte einen Politikwechsel. Die Wählerinnen und Wähler in Nordrhein-Westfalen haben Freie Demokraten und Christdemokraten mit dem Politikwechsel beauftragt.
Unser Anspruch ist es, Nordrhein-Westfalen wieder in die Spitzengruppe der Länder zu führen. Das geht nicht über Nacht, das ist klar, aber die Trends können umgekehrt werden. Wir wollen die Menschen für diesen Erneuerungsprozess gewinnen. Wir wollen sie einladen, sich in diesen Erneuerungsprozess einzuschalten.
Mit dieser Koalition gibt es wieder einen Gestaltungsanspruch in der Landespolitik. Statt Mittelmaß gilt dabei nun Maß und Mitte. Das ist nicht der Titel einer Regierungserklärung, sondern der Titel eines Buchs von Wilhelm Röpke, einem der Vordenker der sozialen Marktwirtschaft. Ich bin dankbar, dass der Ministerpräsident nicht nur Karl Arnold zitiert hat, sondern ausdrücklich auch Bezug auf einen Ordoliberalen genommen hat.
Röpke ging es um eine Politik der Vernunft ohne Ideologie, ohne Extreme. Er hat damit einen Weg und eine Methode beschrieben. Wir werden die Methode „Maß und Mitte“ berücksichtigen, aber nicht die Ziele aus den Augen verlieren, die wir in unseren Koalitionsvertrag gemeinsam verankert haben. Uns geht es um Fortschritt und Freiheit. Maß und Mitte auf dem Weg, Fortschritt und Freiheit als Ziel – das macht diese Koalition aus.
Im Namen der Freien Demokraten gratuliere ich dem Ministerpräsidenten zur Regierungserklärung vom gestrigen Tag, in der er die großen Gestaltungsaufgaben in unsicheren und von Umbrüchen geprägten Zeiten beschrieben hat.
Wir freuen uns auf die Gestaltung zusammen mit der Landesregierung und auch mit den Kolleginnen und Kollegen der CDU-Fraktion. – Lieber Bodo Löttgen, den Dank für den guten Start und für die kollegialen
Wir haben eine besondere Verantwortung für das Land und auch neue Menschen für unsere Ideen gewonnen. Ich will jetzt kein Salz in die Wunden streuen, aber dennoch muss es gesagt werden: Die Freien Demokraten haben 190.000 Wählerinnen und Wähler von SPD und Grünen bei der Landtagswahl hinzugewonnen. Mit ihren sozialen und ökologischen Zielen haben sie sich bei SPD und Grünen offensichtlich nicht mehr gut aufgehoben gefühlt. Deshalb ist es unser Anspruch, die Erneuerung des Landes mit sozialer und ökologischer Verantwortung zu verbinden. Dabei werden wir aber die ausgetretenen Pfade verlassen, die schon Ihre früheren Wähler nicht mehr überzeugt haben.
Diese Koalition ist eine Modernisierungspartnerschaft; so steht es in unserem Koalitionsvertrag. Uns geht es um sozialen Ausgleich und sozialen Aufstieg, um Freiheit und Sicherheit, um Ökonomie und Ökologie. Es geht uns um Bewahren und Gründen, um das Leben in Städten und auf dem Land, und es geht uns um ein starkes Nordrhein-Westfalen in einem erfolgreichen Deutschland. Das Entweder-oder wollen wir überwinden. Unsere Koalition ist eine der neuen, der vernünftigen Balance.
Die erste ist die zwischen sozialem Ausgleich und sozialem Aufstieg. Die wichtigste gesellschaftspolitische Aufgabe, die wir haben, ist doch, unser Bildungssystem besser zu machen. Warum ist unsere Gesellschaft denn von vielen als ungerecht empfunden worden? Doch deshalb, weil wie kaum je zuvor individuelle Qualifikation über den weiteren Lebensweg entscheidet.
In Deutschland verlassen im Jahr 2017 immer noch junge Menschen die Schule ohne jeden Abschluss. Was haben sie für Lebensperspektiven? Mindestlohn, Caritas, ein Leben in dauerhafter Abhängigkeit vom Wohlfahrtsstaat. Deshalb muss das Ziel sein, dass im nächsten Jahrzehnt kein junger Mensch mehr die Schule ohne Abschluss verlässt. Wir wollen aber dieses Ziel nicht erreichen, indem wir Anforderungen reduzieren, sondern, indem wir die Qualität der Förderung verbessern.