Vielleicht, Herr Laschet, ist das auch Ihre Absicht, nach Berlin wegbefördert zu werden. Die Gerüchteküche brodelt. Vielleicht wünschen Sie sich ja nichts sehnlicher als das, aber bis dahin machen Sie es sich in der Staatskanzlei für 40 Millionen Euro noch schön.
Was ich heute bei Ihnen vermisst habe, Herr Lienenkämper, war eine klare Ansage, wie weit denn Ihre Vorbereitungen für eine Senkung der Grunderwerbsteuer gediehen sind. Das hatten Sie doch im Wahlkampf versprochen.
Das haben Sie, die Koalitionsparteien, Ihren Wählerinnen und Wählern versprochen. Wissen Sie, was passieren wird? Diese Senkung der Grunderwerbsteuer wird niemals kommen, weil Ihr Haushalt ohne diese Einnahmen schon längst ins Defizit gerutscht wäre. 10 Milliarden Euro Mehreinnahmen hin oder her: Hier haben Sie Ihre Wählerinnen und Wähler getäuscht, Herr Lienenkämper.
sie enttäuscht die Hoffnungen ihrer Wählerinnen und Wähler, und sie versagt bei der Lösung der großen Probleme in diesem Land. Das ist die Wahrheit oder die Zwischenbilanz der schwarz-gelben Koalition, aber längst noch nicht alles, meine Damen und Herren.
Dieser Haushalt macht deutlich: Die Investitionsquote in unserem Land steigt nicht. Nein, trotz erhöhter Steuereinnahmen sinkt die Investitionsquote. Der Lehrermangel in Nordrhein-Westfalen wird nicht kleiner, er wird immer größer. Und die Staus werden nicht kürzer, sondern länger. Was sinken sollte, steigt, und was wachsen muss, schrumpft mit diesem Haushalt. Wo es Hoffnung auf Fortschritt gab, entmutigt jetzt der Rückschritt.
Der einst rasante Ausbau der Windkraft, der erneuerbaren Energie, ist in der Laschet-Regierung auf ein Nullniveau in sich zusammengefallen.
Die unter Rot-Grün noch stark gewachsene Anzahl an öffentlich gefördertem Wohnraum ist unter Schwarz-Gelb um ein Drittel eingebrochen.
Aber dafür ist der Unterrichtsausfall an unseren Schulen während Ihrer Regierungszeit auf ein Rekordhoch emporgeschnellt. 2018 war er doppelt so hoch wie noch im Jahre 2015, wie das Bildungsministerium bereits zugeben musste.
Dieses Scheitern und Enttäuschen hat Folgen: Noch nie haben sich in so kurzer Zeit so viele Bürgerinitiativen und Bündnisse gegen die Politik der Landesregierung gegründet wie in den ersten zwei Amtsjahren dieser Koalition: Bürgerbündnisse gegen Ihre Wohnungsbaupolitik, gegen Ihre Verkehrspolitik, gegen Ihre KiBiz-Reform, gegen Ihre Manipulation des Kommunalwahlrechts und nicht zuletzt auch gegen Ihre starrsinnige Verteidigung der Straßenausbaubeiträge, meine Damen und Herren.
Nehmen wir zum Beispiel das Bündnis für Wohnen. Das war keine Aktion, die die Akteure aus Langeweile gemacht haben, sondern das geschah eher aus Notwehr. Die Wohnungsnot in Nordrhein-Westfalen wird immer schlimmer, und zwar nicht nur für Rentnerinnen und Rentner, Geringverdiener oder Studierende. Nein, es trifft mittlerweile auch die Mitte unserer Gesellschaft. Familien mit Kindern, Beschäftigte im öffentlichen Dienst, Polizistinnen und Polizisten, Facharbeiter oder Krankenschwestern können sich in bestimmten Städten oder Regionen eine Mietwohnung einfach nicht mehr leisten.
Wohnungsnot trifft die Mitte der Gesellschaft, aber das scheint den Ministerpräsidenten überhaupt nicht zu interessieren.
Lieber Herr Laschet, wissen Sie noch, was Sie in Ihrer Regierungserklärung zum Thema „Wohnen und bezahlbare Mieten“ gesagt haben? Wissen Sie das noch, Herr Laschet? – Sie scheinen nicht zuhören zu wollen. Wahrscheinlich wollen Sie sich auch gar nicht daran erinnern, was Sie dazu gesagt haben. Das wundert mich nicht; denn Sie haben in Ihrer Regierungserklärung gar nichts dazu gesagt. Kein einziges Wort haben Sie zum größten sozialen Problem unseres Landes verloren. Das war eine bittere Enttäuschung.
Aber was noch schlimmer ist: Zum ersten Mal in der Geschichte unseres Landes ist eine Wohnungsbauministerin nicht mehr die Verbündete der 11 Millionen Mieterinnen und Mieter in Nordrhein-Westfalen.
Frau Scharrenbach steht auf der Seite der Wohnungs- und Immobilienkonzerne, für die sie mit ihrem Bündnis für Wohnen eine staatlich geförderte Lobbyallianz geschaffen hat. Die Interessen von Mieterinnen und Mietern kommen da gar nicht mehr vor. Im Gegenteil! Die Menschen, die in Nordrhein-Westfalen zur Miete wohnen, können sich auf Frau Scharrenbach nicht verlassen. Man muss sich als Mieter in Nordrhein-Westfalen vor Frau Scharrenbach fürchten. Auch das ist die Wahrheit, meine Damen und Herren.
Denn noch immer steht die Drohung im Raum, den Markt zu entfesseln, den landeseigenen Mieterschutz zu beschädigen, und noch immer verweigert die Ministerin die dringend nötigen Investitionen in bezahlbare Wohnungen. Diese Politik trifft insbesondere ältere Menschen und Menschen mit Behinderungen. Sie alle hatten die große Hoffnung, dass Barrierefreiheit in Zukunft Standard im Wohnungsbau sein wird und nicht Luxussanierung. Doch diese Hoffnung der Menschen haben Frau Scharrenbach und ihre Koalition zunichtegemacht.
Barrierefreiheit ist für körperlich eingeschränkte Menschen nicht nur eine Baumaßnahme, Barrierefreiheit bedeutet für diese Menschen tatsächlich Freiheit und Selbstbestimmung im ursprünglichen Sinne beider Worte. Doch diese Freiheit wird es mit Ihnen, Frau Scharrenbach, nicht geben. Auch das gehört zur traurigen Zwischenbilanz dieser Ministerin.
In Nordrhein-Westfalen müssten jedes Jahr 100.000 Wohnungen gebaut werden, um in den nächsten fünf Jahren die Lage auf dem Wohnungsmarkt einigermaßen entspannen zu können. Tatsächlich wird nicht einmal die Hälfte gebaut. Besonders dramatisch ist die Entwicklung im Bereich des öffentlich geförderten Wohnungsbaus. Die Zahl der öffentlich geförderten Wohnungen ist im Vergleich zum Jahr 2016 um 34 % gesunken – ein Drittel weniger öffentlich geförderte Wohnungen innerhalb kürzester Zeit Ihrer Regierung.
An Ihrem Haushalt kann man die Prioritäten erkennen. Trotz der dramatischen Lage auf dem Wohnungsmarkt investiert diese Koalition keinen eigenen Cent in den Mietwohnungsbau – keinen eigenen Cent. Sie nehmen das Geld vom Bund und von der NRW.BANK, aber aus den Steuermehreinnahmen in
diesem Landeshaushalt – 10 Milliarden Euro Mehreinnahmen seit dem Jahre 2017 – geht kein einziger Cent in den mietpreisgebundenen Wohnungsbau.
Deswegen sage ich noch einmal: Frau Scharrenbach, Sie versagen bei der Bekämpfung der schlimmsten Wohnungsnot seit Jahrzehnten!
In die Kategorie des Enttäuschens fällt zweifelsohne auch das Kita-Gesetz des Familienministers. 10.000 Menschen sind nach Düsseldorf gekommen, um gegen dieses Gesetz zu protestieren; über 80.000 Menschen haben eine Petition gegen Ihr Gesetz unterschrieben. Warum? Weil sie von dieser Regierung maßlos enttäuscht sind, weil diese Regierung eine Riesenchance vertan hat.
Das Gute-KiTa-Gesetz von Franziska Giffey hätte eine Initialzündung für eine Qualitätsoffensive in unseren Kindergärten sein können.
Es hätte einen Aufbruch geben können, mehr in die frühkindliche Bildung zu investieren, wenn – ja, wenn – diese Regierung die Schubkraft aus Berlin durch ein eigenes Investitionsprogramm ernsthaft verstärkt hätte. – Herr Stamp, doch genau das haben Sie nicht getan. Dazu fehlt Ihnen der Mut, dazu fehlt Ihnen die Kraft, und wahrscheinlich fehlt Ihnen auch der politische Wille dazu.
(Beifall von der SPD – Dr. Joachim Stamp, Mi- nister für Kinder, Familie, Flüchtlinge und In- tegration: Sie haben doch sieben Jahre gar nichts gemacht!)
Fest steht: Es wird keine auskömmliche Sockelfinanzierung für unsere Kindergärten geben. Es wird keinen verbesserten Fachkraft-Kind-Schlüssel geben. Unsere Erzieherinnen und Erzieher werden nicht entlastet, obwohl sie jeden Tag am Limit ihrer Kräfte arbeiten. Familiengerechte Öffnungszeiten wird es vielleicht auf dem Papier, aber wahrscheinlich nicht in der Praxis geben. Und die freien Träger erhalten nicht mehr Unterstützung vom Land.
Im Gegenteil! Sie werden auf Kostensteigerungen in Höhe von 500 Millionen Euro sitzen bleiben, viele Kommunen übrigens auch. Fragen Sie sich doch mal, warum die Träger alle ein so gestörtes Verhältnis zu Ihrem Gesetzentwurf haben, Herr Stamp. Dann müsste man doch darauf kommen, dass das nicht so richtig passt.