Können beide Elternteile arbeiten gehen im Wissen darum, dass ihr Kind in einer guten Kinderbetreuung ist? Kann ich in Nordrhein-Westfalen sicher leben? – Das sind nur einige der zentralen Fragen, die sich viele heute stellen.
Gerade Nordrhein-Westfalen steht wie kein anderes deutsches Bundesland für den erfolgreichen Aufstieg nach dem Krieg, für eine soziale Marktwirtschaft, die, um es mit den Worten des Soziologen Helmut Schelsky zu sagen, eine nivellierte Mittelstandsgesellschaft hervorgebracht hat, eine starke Mitte.
Altbundespräsident Joachim Gauck ist nicht der Einzige, der sich angesichts der Umbrüche um den Zusammenhalt sorgt. In einem lesenswerten Buch mahnt er zu mehr Toleranz – auch gegenüber Positionen, mit denen man nicht übereinstimmt. Das betrifft vor allem die Art und Weise, wie wir miteinander reden und umgehen, ob überhaupt noch. Er warnt auch vor einer Spaltung, denn – Zitat – „aufgrund der zentralen Bedeutung von Wissen als Rohstoff und Ware im digitalen Zeitalter sortiert sich die Gesellschaft neu“, ganz besonders übrigens in der Mitte.
In einer solchen Situation sollten wir gerade bei uns in Nordrhein-Westfalen zeigen, dass wirklich alle von den neuen Chancen einer offenen, modernen und freien Gesellschaft profitieren können, dass ein Aufstieg weiter oder vielleicht sogar besser möglich ist
als früher. Wir wollen zeigen, dass die Politik alles unternimmt, um an den entscheidenden Stellen strukturelle, dauerhafte und echte Verbesserungen zu erreichen – bei den Kitas, in den Schulen, bei der Sicherheit für diejenigen, die sich tagtäglich ins Zeug legen für unser Land.
Es wäre vermessen, wenn eine Landesregierung für sich in Anspruch nähme, die treibenden Kräfte unserer Zeit aufhalten oder Handelskonflikte stoppen zu können. Realistisch ist es hingegen, alles an Rhein, Ruhr und Lippe dafür zu tun, auch unter veränderten Bedingungen einen Aufstieg für alle zu ermöglichen, gerade jetzt die Industrie und den Mittelstand weiter zu stärken, gerade jetzt dafür zu sorgen, alle in Nordrhein-Westfalen, ob in Bocholt, Bochum oder Burscheid, mitzunehmen, gerade jetzt Spaltungen zu vermeiden, statt neue Spaltungen zu forcieren und gerade jetzt bestehende Institutionen zu stärken.
Die deutsche Institution par excellence ist nach wie vor das vor 70 Jahren in Bonn verabschiedete Grundgesetz. Vor einer Dekade wurden darin sinnvolle normative Vorgaben für eine generationengerechte Haushalts- und Finanzpolitik niedergelegt.
Alles spricht dafür, den haushaltspolitischen Kurs von Maß und Mitte gerade heute nicht zu verlassen. Die für den Aufstieg notwendigen Mittel müssen und werden wir bereitstellen. Gleichzeitig werden wir keine neuen Schulden machen; denn auch billig aufgenommene Schulden belasten unsere nachfolgenden Generationen. Das ist der richtige Weg für Nordrhein-Westfalen. – Herzlichen Dank.
Vielen Dank, Herr Finanzminister. – Ich eröffne nun die Aussprache und erteile als erstem Redner für die Fraktion der SPD dem Abgeordneten Kutschaty das Wort.
Lieber Herr Finanzminister, als Sie schon wieder mit „Maß und Mitte“ anfingen, war mir eigentlich sehr schnell klar: Sie haben heute dem Grunde nach die gleiche Rede gehalten wie im letzten Jahr, wie im vorletzten Jahr und wie Sie sie wahrscheinlich auch im nächsten Jahr halten werden.
Ich danke Ihnen aber dafür, denn jetzt haben wir alle die Gewissheit: Von dieser Regierung ist nichts Neues mehr zu erwarten. Ihr Pulver ist verschossen. Der Ofen ist aus, meine Damen und Herren.
Der Haushaltsentwurf 2020 macht sehr deutlich: Zu neuen Zielen wird kein Kabinettsmitglied mehr aufbrechen. Von nun an irren Sie alle nur noch durch die Asche Ihrer verbrannten Ideen, und das noch zweieinhalb Jahre lang bis zum tristen Ende dieser Legislaturperiode.
Dabei hatte keine andere Landesregierung in der Geschichte unseres Landes so gute Startchancen wie Ihre Landesregierung, Herr Ministerpräsident.
Ja. Und Sie profitieren von einem neuen Länderfinanzausgleich, den Ihre Vorgängerin, Frau Ministerpräsidentin Kraft, für unser Land erfolgreich verhandelt hat. – Hannelore Kraft, herzlichen Dank dafür.
Sie haben so hohe Steuereinnahmen wie noch nie in der Geschichte unseres Landes, aber gleichzeitig hat noch keine Regierung so wenig aus den Möglichkeiten gemacht wie Ihre, sehr geehrter Herr Ministerpräsident.
Ganz gleich, ob Wirtschaft, Finanzen oder Arbeitsmarkt, ob Kitas, innere Sicherheit oder Energiepolitik: Ihre Ministerinnen und Minister sonnen sich in den Leistungen ihrer Vorgänger, oder sie rühmen sich für die Investitionen des Bundes, die von Sozialdemokratinnen und Sozialdemokraten in Berlin erstritten wurden.
Eigene Erfolge hat aber niemand von Ihnen so richtig vorzuweisen. Heute lassen Sie sich dafür von Ihren Fraktionen bejubeln, und jedes Mal geht es dabei zu wie im berühmten Märchen von Hans Christian Andersen – „Kaiser Armins neue Kleider“.
Dabei spielt es keine Rolle, ob Sie sich für die Leistungen anderer rühmen oder einfach nur gut darin sind, die Misserfolge zu kaschieren. Politisch haben Sie nichts an, politisch sind Sie alle nackt, meine Damen und Herren.
Ja, ich weiß, es tut weh, sich so etwas vorstellen zu müssen, aber ich kann ja auch nichts dafür. Es tut mir leid.
Die Zwischenbilanz dieser Landesregierung ist eine Bilanz des Scheiterns, der Enttäuschungen und des Versagens: Der Wirtschaftsminister scheitert mit seiner Energiepolitik an der Realitätsverweigerung seiner eigenen Koalition. Der Familienminister enttäuscht mit seiner KiBiz-Reform Hunderttausende von Müttern und Vätern, Erzieherinnen und Trägern im ganzen Land. Die sogenannte Heimatministerin versagt jeden Tag bei der Bekämpfung der schlimmsten Wohnungsnot in Nordrhein-Westfalen seit den 50er-Jahren.
Und Sie, Herr Laschet, hatten einst eine schlankere Verwaltung versprochen. Was ist tatsächlich passiert? In der Ministerialbürokratie sind innerhalb von zweieinhalb Jahren 525 zusätzliche Stellen entstanden. So haben Sie die Ministerialbürokratie aufgebläht.
Damit Sie mich nicht falsch verstehen: Ich habe nichts gegen neue Stellen. Aber dann sollten die neuen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter auch eine Uniform anhaben oder meine Kinder unterrichten. Das wären vernünftige Stellen.
Zu Beginn Ihrer Amtszeit wollten Sie noch knallhart sein und unnötige Ausgaben im Landeshaushalt streichen. Aber was machen Sie stattdessen? Sie gönnen sich einen luxuriösen Umzug in neue, repräsentative Räumlichkeiten. Für 40 Millionen Euro machen Sie es sich schön in der Staatskanzlei – feine, edle Möbel, eine neue Ausstattung – nach dem Motto „Majestät braucht Sonne“, Herr Laschet.
Aber ich sage Ihnen auch ganz deutlich, Herr Laschet: Die Staatskanzlei ist nicht das Bistum von Limburg. Merken Sie sich das bitte,