Protocol of the Session on September 18, 2019

Ich habe Ihnen schon mal vorgerechnet, Sie geben als Land bereits bei der Unterbringung der Geflüchteten 1,7 Milliarden Euro weniger aus – mittlerweile dürfte es noch mehr sein –, als das im Jahr 2016 der Fall gewesen ist.

Trotz bester Steuereinnahmen – noch einmal 4 Milliarden Euro mehr –, trotz sinkender Kosten bei der Unterbringung der Geflüchteten sparen Sie auf dem Rücken der Kommunen bei den Geflüchteten. Das ist nicht hinzunehmen, und das spaltet auch die Kommunen, Frau Ministerin!

(Beifall von den GRÜNEN und der SPD)

Zeigen Sie mir die Stelle im Haushaltsplan und in der Mittelfristigen Finanzplanung, wo die Summe steht, die da kommen soll. Darüber wäre ich sehr froh.

Zum Stärkungspakt: Das Konzept ist relativ einfach. Die Zinsen sind die niedrigsten aller Zeiten. Die betroffenen Kommunen haben Ihnen sehr klar versichert: Wir sind dabei, einen hohen Anteil an der Konsolidierung hinzulegen. Es gibt Konzepte, die sich relativ ähneln und nach denen der komplette Abbau der Altschulden betreffend die Kassenkredite in 30 Jahren machbar ist.

Was passiert? – Das Land Hessen legt ein Konzept vor, hat es bereits administriert. Das Saarland legt ein Konzept. Das Land, das mit zwei Dritteln der Kassenkredite am härtesten betroffen ist, unternimmt nichts, obwohl die Kommission „Gleichwertige Lebensverhältnisse“ von den Ländern Konzepte gefordert hat, damit sie umgesetzt werden können. Das ist fast schon ein Skandal und eine Missachtung der kommunalen Familie in Nordrhein-Westfalen, Frau Ministerin.

(Beifall von den GRÜNEN und der SPD)

Jetzt will ich Ihnen einmal berichten, was ein nicht ganz unwesentlicher Mann in diesem Zusammenhang – zu lesen am letzten Freitag in der „Süddeutschen Zeitung“ – gesagt hat. Der Ministerpräsident selbst sagte, dass es ja auch einmal einen Aufbau West geben müsse. Auf die Frage, was denn sofort zu tun und die wichtigste Aufgabe sei, antwortete der Ministerpräsident, da den Kommunen vor allem die Altschulden Probleme bereiteten, müsse man jetzt sofort einen Altschuldenfonds vorlegen.

Der Ministerpräsident hat recht, aber diese Landesregierung tut nichts. Das ist ein absolutes Versäumnis, und ich erwarte noch in diesen Haushaltsberatungen ein Konzept, das tragfähig ist und es ermöglicht, die 23 Milliarden Euro Kassenkredite endlich abzubauen. Das ist Grundvoraussetzung für alles Handeln in diesen Kommunen. Sonst werden die Kommunen nicht mehr handlungsfähig sein. Da kann ich Entsprechendes von Professor Lenk vorlesen, da kann ich die Helaba zitieren, da kann ich die Beiträge aller Experten in den Expertenrunden vorlesen.

Handeln Sie endlich, sonst versündigen Sie sich an der Zukunft dieser Kommunen. Noch nie war es so einfach wie in diesen Tagen, Frau Ministerin.

(Beifall von den GRÜNEN und der SPD)

Vielen Dank, Herr Abgeordneter Mostofizadeh.

Als nächster Redner hat für die Fraktion der FDP Herr Abgeordneter Höne das Wort. Bitte sehr, Herr Kollege Höne.

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Mit dem Regierungswechsel 2017 hat die Nordrhein-Westfalen-Koalition, die NRW-Koalition, auch bei der Kommunalpolitik eine Kurskorrektur eingeleitet. Diese Korrektur wird auch mit dem GFG 2020 konsequent fortgesetzt.

Ein Beispiel – einige sind in der Debatte schon genannt worden – ist der Kommunalsoli. Ich will noch einmal kurz daran erinnern, dass dieser Kommunalsoli von Kommunen ohne ausgeglichenen Haushalt bezahlt wurde. Es haben also aus der Sicht von SPD und Grünen reiche Kommunen – vermeintlich reiche Kommunen – Schulden aufgenommen, um einen entsprechenden Solidaritätsbeitrag zu bezahlen. Das ist eine sehr komische Vorstellung von einem solchen Soli.

2020 also – das wurde eben schon angesprochen – erstmals der vollständige Verzicht auf den Vorwegabzug zur Finanzierung des „Stärkungspaktes Stadtfinanzen“. Das bedeutet allein durch diese Maßnahme 124 Millionen Euro mehr für die kommunale Familie Nordrhein-Westfalens.

Zu den Gesamtzahlen hat die Ministerin in ihrer Einbringungsrede eben schon ausgeführt. Das geschieht übrigens schon; das geschieht, ohne dass auch nur eine Stärkungspaktkommune beim Empfang von Mitteln schlechtergestellt wird als vorher. Das ist ein sehr wichtiger Unterschied, auf den ich noch einmal hinweisen muss.

(Beifall von der FDP und der CDU – Zuruf von Christian Dahm [SPD])

Und ich freue mich sehr, dass wir frühzeitig mit dem GFG 2020 das im Koalitionsvertrag versprochene Ziel erreichen, nämlich echte 23 % von der Verbundmasse für die Kommunen. Ich sage das noch einmal, weil ich das auch politisch für ein wichtiges Signal halte. Nachdem jahrelang bei der Gesamtausgleichsmasse vor- und zurückgerechnet wurde – hier etwas dazu, da etwas weg –, kann jetzt wieder ganz klar abgelesen werden: Hier gibt es 23 %! Und es wird politisch enorm schwierig sein – ich hoffe auch nicht, dass es passiert –, da wieder dranzugehen. Das ist ein Versprechen, das die Kommunen finanziell dauerhaft stärkt.

(Beifall von der FDP und der CDU)

Ich habe eben dem Kollegen Dahm interessiert zugehört, als er ein bisschen in die tiefere Technik der

Gemeindefinanzierung in Nordrhein-Westfalen eingestiegen ist. Ich nehme davon zwei interessante Ergebnisse mit:

Nummer 1: Sie hätten gerne, dass das Gutachten zum Thema „Einwohnerveredelung“ eins zu eins umgesetzt wird, und Sie wollen den Kommunen die Unterhaltungspauschale wieder wegnehmen.

(Christian Dahm [SPD]: Das habe ich nicht ge- sagt!)

Das ist das Ergebnis Ihrer Rede. Ich freue mich außerordentlich darauf, das mit den kommunalen Spitzenverbänden zu diskutieren.

(Beifall von der FDP und der CDU)

Wir können noch einmal über dieses Gutachten in Bezug auf die Einwohnerveredelung sprechen. Ich weiß nicht, wie es Ihnen geht, aber wenn ich mir das in Ruhe anschaue, habe ich nicht das Gefühl, dass ich den Inhalt des Gutachtens dazu eins zu eins unterschreiben würde – die kommunalen Spitzenverbände übrigens auch nicht, ganz gleich, wen Sie da fragen.

Ich füge hinzu, denn auch das gehört zu einer ehrlichen Bewertung: Würde man das eins zu eins umsetzen, welche Kommunen wären dann am stärksten davon betroffen? – Das wären insbesondere die Kommunen, die heute schon finanziell die größten Lasten zu tragen haben. Wollen Sie jetzt ernsthaft auf der Basis einer irgendwie technisch herbeikonstruierten Kritik von uns verlangen, dass wir gerade den Kommunen, denen es finanziell am schlechtesten geht, durch eine solche Regelung jetzt noch etwas wegnehmen? Ist das ernsthaft Ihre Forderung?

(Christian Dahm [SPD]: Aber das habt Ihr doch im Koalitionsvertrag vereinbart, nicht wir!)

Das stimmt nicht, Herr Dahm, was Sie da hereinrufen. Das stimmt schlicht und ergreifend nicht.

Es gibt übrigens auch aus den kommunalen Spitzenverbänden, auch aus dem Städtetag, wenn man offen und ehrlich fragt, durchaus Kritik daran, wie heute die Einwohnerveredelung konstruiert ist. Passt das so in der Kurve? Nirgendwo im Koalitionsvertrag steht, dass wir das zulasten von irgendwem verändern wollen, sondern wir haben gesagt, wir wollen das einer Überprüfung zuführen, und diese Überprüfung muss sachlich sauber sein. Was Sie eben beigetragen haben, war alles andere als das.

(Christian Dahm [SPD]: Genau, nichts ande- res habe ich gesagt!)

Ihre Rede lässt nur den einen Schluss zu: Sie wollen, dass das Gutachten so umgesetzt wird, dieses Gutachten, bei dem ich und auch die kommunalen Spitzenverbände große systematische Fragezeichen und Schwächen sehen. Insofern ist es genau richtig,

das nicht einfach blind umzusetzen, sondern sich durchaus Gedanken darüber zu machen, und das tun wir.

(Beifall von der FDP und der CDU)

Meine Damen und Herren, das GFG steigt im Gesamtvolumen auf 12,7 Milliarden Euro. Das sind in etwa 400 Millionen mehr als vorher.

Die Wahrheit ist, dass die Dynamik bei den Steigerungen bei den Gesamtsteuereinnahmen nachlässt. Das ist – wie ich finde – insgesamt ein Warnsignal. Darum bräuchte es, wenn ich mir diesen seitlichen Hinweis erlauben darf, insbesondere beim Bund etwas mehr Überlegungen dahin gehend, wie wir einer drohenden wirtschaftlichen Abkühlung wirksam begegnen können.

Meine Damen und Herren, die Koalition aus CDU und FDP stärkt mit dem GFG 2020 die Investitionsfähigkeit der Kommunen weiter. Die gegenseitige Deckungsfähigkeit ist angesprochen worden. Das ist ein Vertrauensbeweis unsererseits in Richtung der Kommunen: Vor Ort kann entschieden werden, vor Ort soll auch entschieden werden.

Die Ministerin hat eben das Bild der goldenen Zügel genannt. Auch goldene Zügel – also auch Förderprogramme und -progrämmchen, die dazukommen und bei denen mit Geld gelockt wird – bleiben am Ende aber Zügel. Das ist nicht unser Bild von kommunaler Selbstverwaltung. Wir wollen, dass die Kommunen vor Ort frei und ohne lenkendes Geld entscheiden können.

Die Investitions- und Unterhaltungspauschale steigt, ja. Aber das ist aber ein Beitrag unsererseits, um Investitionsstaus vor Ort zu begegnen. Damit wird man sie zwar nicht von heute auf morgen abschaffen können, aber es ist ein Schritt in die richtige Richtung – übrigens auch gepaart mit der Reform, die wir beim NKF beschlossen haben und bei der wir Fehlanreize, die vorher im Bereich „Investitionen und Unterhaltung“ bestanden, abgebaut haben.

Meine Damen und Herren, eine Debatte zu den Kommunalfinanzen, ohne die Altschulden zu erwähnen, ist schwer vorstellbar. Ich will darum auch noch einmal gerne darauf eingehen.

Herr Kollege Mostofizadeh, Sie wissen, dass wir fachlich durchaus bei dem einen oder anderen übereinstimmen. An einer Stelle muss ich allerdings doch relativ deutlich widersprechen. Sie haben gerade gesagt, dass man das einfach einmal machen müsste. – Dass das einfach wäre – da sind wir uns wahrscheinlich auch einig, weil Sie es nicht so gemeint haben –, glaube ich nicht.

Meine Damen und Herren, wir als NRW-Koalition haben im Koalitionsvertrag eine Zusage gegeben, und diese Zusage gilt. Wir wollen den „Stärkungspakt

Stadtfinanzen“ zu einer Altschuldenhilfe weiterentwickeln, ohne jedoch kommunale Schulden zu „vergemeinschaften“.

Der Vertrag gilt, wir brauchen da aber den Bund – nicht, weil ich mich wegducken möchte, sondern weil wir alle wissen, dass die Sozialgesetzgebung des Bundes ein maßgeblicher bzw. der Faktor bei der Kommunalverschuldung ist. Mir reicht es darum nicht, wenn der Bund eine große Kommission „Gleichwertige Lebensverhältnisse“ bildet und am Ende herauskommt: Wir könnten vielleicht mal gucken, mit Geld unterlegen wir das aber nicht, und die Länder müssten mal Vorschläge machen.

Beim Bund sitzen die Verursacher, und ich erwarte vom Bund, dass partei- und fraktionsübergreifend im Deutschen Bundestag klar gesagt wird: Wo und wie soll das Konnexitätsprinzip – wer bestellt, soll auch bezahlen – vom Bund künftig eingehalten werden? Das ist die richtige Reihenfolge.

Ich sage auch ganz deutlich in Richtung der SPD – ich habe es im letzten Ausschuss ebenfalls schon angesprochen –: Ich war etwas erstaunt, dass Sie mit Ihrer Fraktion in Berlin tagen, mit den Berliner Kolleginnen und Kollegen zusammensitzen, und Herr Mützenich – kommissarischer Fraktionsvorsitzender der SPD-Bundestagsfraktion, der Nordrhein-Westfale ist – dann am Ende in einer gemeinsamen Pressemitteilung erklärt, die Länder müssten hier einen vernünftigen Vorschlag machen, dann könnte der Bund sicherlich auch irgendwie einen Beitrag leisten.

Das kann doch nicht Ihr Ernst sein. Sie sitzen zwei Tage in Berlin, und das ist das, was nach Lobbyarbeit …

(Christian Dahm [SPD]: Wir waren nur einen Tag da, Sie zwei Tage!)

Ach so, nur einen Tag. Also, hat sich denn der Reisezirkus gelohnt, lieber Christian Dahm, wenn Ihr da in Berlin einen Tag zusammensitzt und noch nicht einmal den Nordrhein-Westfalen Mützenich davon überzeugen könnt, dass der Bund unterstützen muss? – Das kann doch wohl nicht reichen!

(Beifall von der FDP und der CDU)