Protocol of the Session on July 10, 2019

Ich darf fragen, wer dem Gesetzentwurf zustimmen möchte. – Das sind die Fraktionen von CDU, FDP und Bündnis 90/Die Grünen. Gegenstimmen? – Das sind die Abgeordneten der Fraktion der AfD. Enthaltungen? – Das sind die Abgeordneten der Fraktion der SPD und der fraktionslose Abgeordnete Neppe.

Damit ist der Gesetzentwurf Drucksache 17/5977 mit dem gerade festgestellten Abstimmungsverhalten der Fraktionen und Abgeordneten angenommen und in zweiter Lesung verabschiedet.

Wir kommen damit zu:

8 Die Landesregierung muss die Integration von

geflüchteten Menschen in den Arbeitsmarkt vorantreiben!

Antrag der Fraktion der SPD Drucksache 17/3011

Beschlussempfehlung und Bericht des Integrationsausschusses Drucksache 17/6793

Entschließungsantrag der Fraktion der CDU, der Fraktion der SPD, der Fraktion der FDP und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN Drucksache 17/6601

Ich eröffne die Aussprache und erteile für die Fraktion der CDU der Abgeordneten Frau Gebauer das Wort. Bitte sehr!

Sehr geehrter Herr Präsident! Verehrte Kolleginnen und Kollegen! Ich freue mich sehr, dass es uns mit dem vorliegenden Entschließungsantrag endlich gelungen ist, eine gemeinsame Linie zu finden, wie wir die Anerkennung von ausländischen Berufsabschlüssen weiter verbessern können.

Eine schnellere und flexiblere Anerkennung ausländischer Berufsqualifikationen verbessert nicht nur die Arbeitsmarktintegration, sondern trägt auch entscheidend zur Behebung des Fachkräftemangels bei. Sie ist ein wichtiger Baustein für eine erfolgreiche Integration und Wirtschaftspolitik in unserem Land.

Unser Ziel ist es daher, das Verfahren für die Berufsanerkennung so zu gestalten, dass bürokratische Hürden so weit wie möglich abgebaut werden. Dabei sollen die deutschen Anforderungen an die berufliche Qualifikation jedoch nicht reduziert oder aufgeweicht werden. Menschen, die über eine ausländische Berufsqualifikation verfügen und ihr Können und ihre Kompetenzen bereits durch Berufstätigkeit im Ausland nachgewiesen haben, sollen in unserem Land nicht an bürokratischen Hürden scheitern.

Dazu gehört es beispielsweise auch, dass hohe Übersetzungskosten für die Anerkennungsstellen vermieden werden. Die Anerkennung von mehrsprachig ausgestellten Zeugnissen trägt entscheidend dazu bei. Genauso wenig darf das Verfahren zur Anerkennung einer ausländischen Berufsqualifikation an finanziellen Hürden scheitern.

Daher soll geprüft werden, inwieweit Gebührentatbestände abgebaut werden können. Der Hinweis und die Beratung hinsichtlich bestehender Finanzierungsmöglichkeiten sollen verbessert werden.

Menschen, die noch Aufholbedarf haben, wollen wir bei der Erlangung der fehlenden Qualifikation unter

stützen. Damit können wir die Nachqualifikationsdauer verringern und die Motivation aufseiten der Antragsteller erhöhen.

Verehrte Damen und Herren, die Anerkennung ausländischer Berufsabschlüsse ist eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe. Daher muss es unser Ziel sein, auf eine Vereinheitlichung der Entscheidungspraxis hinzuwirken. Wir müssen die Qualifikation der Antragstellenden und die Verfahrensnotwendigkeiten so ineinandergreifen lassen, dass ein reibungsloser Ablauf gewährleistet ist.

Um die Inhalte ausländischer Berufsabschlüsse besser mit dem deutschen Berufsbild abgleichen zu können, wollen wir eine Datenbank einrichten. Diese soll als Grundlage für ein einheitliches Verwaltungshandeln dienen.

Mit den vorliegenden Maßnahmen stärken wir die bei uns in Nordrhein-Westfalen vorhandenen Prioritäten. Auf diese Weise erleichtern wir auch die Integration von geflüchteten Menschen in unseren Arbeitsmarkt und damit in unsere Gesellschaft. Eine schnelle Integration von qualifizierten Zuwanderern ist besonders wichtig. Im Arbeitsmarkt erhalten die Menschen einen ganz anderen Zugang zur Sprache, zur Kultur, zu den Sitten und Bräuchen in unserem Land. Die Integration in unsere Gesellschaft gelingt nicht, wenn Arbeitslosigkeit das Leben der Betroffenen und ihrer Familien bestimmt.

Mit dem vorliegenden Entschließungsantrag knüpfen wir an die bereits bestehenden Erfolge an und entwickeln die Anerkennung von ausländischen Berufe weiter. – Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall von der CDU und der FDP)

Danke schön, Frau Gebauer. – Jetzt hat für die SPD-Fraktion Herr Bischoff das Wort. Bitte schön.

Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Es ist in der Tat ein Fortschritt, dass wir einen gemeinsamen Antrag der demokratischen Fraktionen zu diesem Thema haben formulieren können. Frau Gebauer hat es erwähnt; das ist ein wichtiges Thema.

Herr Laumann wird mir jedoch recht geben, dass das kein neues Thema ist. Wir sind ja schon ein bisschen älter. Dieses Thema haben wir schon ganz oft beredet, eigentlich in jeder Legislaturperiode, seitdem ich hier bin, und dies ist, glaube ich, meine fünfte.

Der gemeinsame Antrag ist, wie ich finde, ein wichtiges Zeichen, weil dadurch zum Ausdruck kommt, dass in der Herangehensweise an das Thema bei den demokratischen Parteien Einigkeit besteht. Jetzt geht es darum, dass etwas passieren muss, dass etwas umgesetzt werden muss.

Außerdem ist der gemeinsame Antrag eine Verbeugung vor den Sachverständigen. Wir hatten im Ausschuss eine wunderbare, eine sehr gute Anhörung. Die Sachverständigen haben sehr viel dazu beigetragen, die Dinge zu versachlichen. Ich fand es dann ganz richtig – auch als Zeichen an die Sachverständigen –, deutlich zu machen: Die demokratischen Fraktionen sind sich einig und haben die Möglichkeit, einen gemeinsamen Antrag zu stellen.

Auf der sachlichen Ebene sind mir zwei Dinge wichtig. Bei der Hochschulausbildung – das ist ja nicht die duale Ausbildung – muss die Transparenz der Abschlüsse in der Breite verbessert werden. Wir müssen über Bologna hinaus; Bologna ist der EUProzess.

Jetzt haben wir aber Englischlehrerinnen aus Syrien, die Englisch lehren können. Wir müssen es hinbekommen, diese Abschlüsse besser anerkannt zu bekommen. Zusatzqualifikationen müssen angeboten werden; wir müssen demokratische Hürden abbauen und vor allem die Schnelligkeit der Anerkennung verbessern.

(Zuruf von Gabriele Walger-Demolsky [AfD])

Bei der dualen Ausbildung ist die Lage eine ganz andere. Die gibt es nur in Deutschland, Österreich und in Teilen der Schweiz, wenn ich da auf dem Laufenden bin. Aus der Schweiz und aus Österreich haben wir ziemlich wenige Flüchtlinge; diese Staaten sind in der EU, und daher können keine Flüchtlinge kommen. Die Flüchtlinge aus den anderen Ländern haben keine duale Ausbildung, aber trotzdem haben sie zum Teil Jahrzehnte in ihrem Beruf gearbeitet.

Ein Beispiel, das ich immer gern verwende: In Syrien gibt es mit Sicherheit ganz hervorragende Fliesenleger, die jedoch keinen deutschen Gesellenbrief haben. So etwas gibt es dort nicht, sondern dort gibt es eine andere Art der Ausbildung.

Hier müssen wir noch Hürden bei den Kammern abbauen, unter anderem im Statusdenken. Es geht darum, dass man auch diese Anerkennung akzeptiert und nicht meint, nur die deutsche Ausbildung sei das allein Seligmachende. Gleichzeitig müssen wir verschiedene Angebote machen, um bestimmte Nachteile zu auszugleichen.

Die syrischen Fliesenleger, die ihr Handwerk so wunderbar können, müssen eben den Gesellenbrief noch erreichen. Sie haben noch nicht den formalen deutschen Gesellenbrief, den sie jedoch benötigen. Dazu muss man kleine Module einrichten, um ihnen diesen Gesellenbrief nahebringen zu können. Man muss die Teilanerkennung verstärkt nutzen und die Anerkennung informell erworbener Kompetenzen vorantreiben, damit man diese Leute in den Arbeitsmarkt integrieren kann.

Das alles sind wichtige Punkte, die auch in den Anträgen stehen. Ich will die anderen Punkte jetzt gar

nicht erwähnen. Frau Gebauer hat schon darüber gesprochen. Es gibt noch zwei Fraktionen, die den Antrag mittragen und das gleich noch begründen werden. Das alles ist mir wichtig.

Wir sind – ich habe nicht umsonst Arbeitsminister Laumann angeschaut – schon seit Jahrzehnten mit diesem Thema unterwegs. Ich kann mich an Diskussionen erinnern – auch in den Medien – über Flüchtlinge, die in ihrem Heimatland als Ärzte tätig waren, und die in Deutschland als Taxifahrer arbeiteten.

In den 19 Jahren, die ich die Ehre habe, Mitglied hier im Parlament zu sein, meine ich, dieses Thema in jeder Legislaturperiode diskutiert zu haben. Das ist jetzt noch wichtiger geworden, weil die Zahl der Flüchtlinge gestiegen ist. Anfang der 2000er-Jahre war die Anzahl an Flüchtlingen noch nicht so hoch.

Herr Minister, wir beide stellen hier im Saal schon die Ü60, wenn man das mal sportlich sagen will.

(Zuruf von Karl-Josef Laumann, Minister für Arbeit, Gesundheit und Soziales)

Deswegen – bevor Sie gleich zu Wort kommen – wäre es mir ein Anliegen, dass wir in der nächsten Legislaturperiode über dieses Thema nicht mehr diskutieren müssen, sondern dass es bis dahin umgesetzt ist.

Das liegt natürlich ein Stück weit in der Hand des Ministerium, ob wir das hinbekommen. Ich weiß, dass Sie im Bereich der Pflege bestimmte Dinge vorangebracht haben. Es geht jedoch nicht allein um die Pflege, sondern wir reden hier über alle möglichen Berufe.

Mir wäre es ein großes Anliegen, dass wir als Ü60 dieses Thema hier so weit bearbeiten können, dass das die Nachfolger nicht mehr machen müssen. Wir als Ältere verfügen über eine gewisse Erfahrung. Meine Bitte: Wir müssen jetzt das, was im Antrag gemeinsam verfasst ist, auch so umsetzen, dass es den Menschen hilft. Ich bin zuversichtlich, dass es uns gelingt.

Frau Gebauer hat es erwähnt: Es ist natürlich ein Gewinn, dass die vier demokratischen Fraktionen diesen Antrag gemeinsam stellen. – Ich bedanke mich für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall von der SPD)

Danke schön, Herr Bischoff. – Jetzt wird die FDP durch Herrn Lenzen vertreten, der nun das Wort hat. Bitte schön.

Herr Präsident! Meine verehrten Kolleginnen und Kollegen! Ja, es ist wichtig und richtig, dass die Fraktionen von CDU, SPD, FDP und Bündnis 90/Die Grünen hier in der Sache zusammengearbeitet haben.

Wichtig ist, dass wir uns darüber einig sind, dass Arbeit der Schlüssel zur gesellschaftlichen Teilhabe ist. Um allen den Zugang zum Arbeitsmarkt zu ermöglichen, ist das nicht nur für die Geflüchteten von besonderer Bedeutung für eine gelingende Integration. Ganz besonders wichtig ist die Frage, wie wir die beruflichen Qualifikationen feststellen können, wie wir eine schnellere Anerkennung von Abschlüssen der Menschen, die aus dem Ausland zu uns kommen, hinbekommen. Das ist eine zentrale Frage.

Das Ziel, das wir damit verfolgen, ist doch folgendes: Wir wollen alle Potenziale heben, egal ob es Geflüchtete oder EU-Grenzgänger – deutsch mit ausländischem Abschluss – sind. Wir wollen auch die Älteren berücksichtigen; so habe ich den Kollegen Bischoff verstanden. Wir diskutieren das mit Blick auf Langzeitarbeitslose und Menschen mit entsprechenden Einschränkungen, also in vielen Bereichen, in denen wir Potenziale heben müssen.

Heute sprechen wir darüber, wie wir die Anerkennungsverfahren beschleunigen können, wie wir eine noch bessere Integration von Arbeit und Ausbildung schaffen, und wie wir es hinbekommen, dass die Menschen, die zu uns kommen, mit ihrem erlernten Beruf hier bei uns arbeiten können. Das muss nicht immer gleich der Gesellenbrief sein, sondern das können auch informelle Kompetenzen oder jahrzehntelange Berufserfahrungen sein, die sie in ihrem Heimatland erworben haben. Deswegen ist es wichtig, dies alles in den Fokus zu nehmen.

Die Menschen, die zu uns kommen, haben in ihrem Land schon unter Beweis gestellt, was sie gelernt und wie sie ihren erlernten Beruf beherrscht haben. Die klare Aussage der Freien Demokraten lautet: Diese Menschen sind bei uns in Nordrhein-Westfalen willkommen. Deswegen ist es wichtig, noch einmal klarzustellen: Wir wollen nicht von den deutschen Qualitätsstandards abgehen; aber genauso wenig dürfen ausländische Qualifikationen Berufsab

schlüsse zweiter Klasse sein.