Protocol of the Session on July 10, 2019

(Armin Laschet, Ministerpräsident: Er hat Fak- ten genannt!)

Herr Laschet, mit Fakten kennen Sie sich ja auch aus – oder auch nicht.

(Armin Laschet, Ministerpräsident: So ein Mist: Hat er Fakten genannt!)

Nein, es geht hier nicht um das Negieren von Fakten, sondern es geht auch darum: Wie stellt man sich einem solchen Thema?

Sie sagen, Sie wollen eine Strategie entwickeln. Wenn Sie „Strategie“ sagen, geht es darum: Wir wollen ein Ziel definieren, und wir wollen Maßnahmen definieren. Ich habe hier an Maßnahmen nicht viel gesehen. Ich habe viel gehört: sollte, könnte, müsste. – Herr Minister, ich muss sagen: Der Konjunktiv ist kein Beweis.

(Beifall von der SPD)

Noch einmal zu den Emotionen: Natürlich muss man sachliche Politik machen, aber bei der Größe der Aufgabe sind doch Emotionen ein ganz wichtiger Faktor, Herr Minister.

(Beifall von der SPD – Dietmar Brockes [FDP]: Jetzt müssen aber auch Emotionen kom- men! – Gegenruf von Rainer Schmeltzer [SPD]: Das ist bei Ihnen nicht schwer, Herr Brockes!)

Warten Sie mal ab, Herr – ich habe Ihren Namen gerade vergessen. Wie ist denn die Zielsetzung der Landesregierung? Die Zielsetzung steht in dem 70

seitigen Papier, das uns seit gestern Abend vorliegt: Nordrhein-Westfalen soll ein innovativer Industrie- und Wirtschaftsstandort bleiben und gleichzeitig seinen Beitrag zu den deutschen und europäischen Klimazielen leisten.

Herr Minister, aus unserer Sicht – da kommen vielleicht die Emotionen – ist das eindeutig zu passiv. Wir sehen es nämlich anders: Damit NordrheinWestfalen ein innovativer Standort bleibt, muss man beim Klimaschutz vorangehen. Das ist das Entscheidende.

(Beifall von der SPD)

Man darf den Klimaschutz nicht als Hemmnis sehen, man muss ihn als Chance begreifen. Das ist das Entscheidende, meine Damen und Herren. Wir müssen verstehen, dass der Klimaschutz Motor für Entwicklung und Einsatz von innovativen Anwendungen ist.

Er ist dafür da, dass er bestehende Geschäftsfelder sichert, zum Beispiel bei thyssenkrupp. Er ist aber auch dafür da, dass Geschäftsfelder entstehen können. Sie haben auf die Batteriefabrik in Münster und Ibbenbüren verwiesen. Das ist durch den Klimaschutz ausgelöst.

Deswegen betonen wir immer: Der Klimaschutz ist ein Fortschrittsmotor. Im Gegensatz zu Ihnen betonen wir hier mehr die Chancen als die Risiken.

Schauen wir noch einmal auf die Zielsetzung:

(Zuruf von Dietmar Brockes [FDP])

NRW als innovativer Industrie- und Wirtschaftsstandort, einen Beitrag zum Klimaschutz leisten. – Nun bewerten wir mal das, was Sie hier als Ihre Strategie vorgelegt haben.

(Marcel Hafke [FDP]: Wo bleiben die Emotio- nen, Herr Sundermann?)

Wählen Sie die richtigen Werkzeuge, und erreichen Sie die gesetzten Ziele, ist Ihre Strategie wirksam, Herr Minister. Viele von den Maßnahmen und Instrumenten, die Sie aufgelegt haben, sind unstrittig: Die Kraft-Wärme-Kopplung, die Gaskraftwerke sollen mehr Bedeutung bekommen, wir wollen Power-to-X ausbauen, und wir wollen im Prinzip die Rahmenbedingungen für Sektorkopplung verbessern.

All das ist sicherlich unkritisch. Allerdings vermissen wir an dieser Stelle eines deutlich: Was wird auf Landesebene in diesem Bereich getan? – In Ihrer Versorgungsstrategie bieten Sie Beratungsangebote an, schlagen Sie Konzepte vor, und Sie wollen Gesprächskreise gründen.

Schauen wir uns nun gemeinsam einige dieser Maßnahmen an: Der Netzausbau ist sicherlich ein, vielleicht der zentrale Punkt zum Gelingen der Energiewende. Die Versorgungssicherheit hängt ganz konkret an diesem Punkt.

Aber was sagen Sie hier? – Appelle, Dialoge, Beratung. Sie sagen – das finde ich für einen Liberalen ganz interessant –, dass der Bund mehr in die Investitionen einsteigen sollte. Das können Sie hier vielleicht auch noch einmal vorstellen. Wir, meine Damen und Herren, erwarten hier mehr. Wir erwarten Konkretes.

Der zweite Punkt – auch einer, der aktuell sehr stark diskutiert wird – ist die CO2-Bepreisung. Hier bleibt der Minister extrem schwammig: Alles kann, nichts muss. – In der Analyse sind wir der Meinung: Das wird sicherlich daran liegen, dass die Regierungskoalition hier keine einheitliche Meinung hat.

Herr Laschet ist der Meinung, die CO2-Steuer könnte eine Möglichkeit sein. Die Christlich-Demokratische Arbeitnehmerschaft, dessen Vorsitzender Herr Laumann ist, sagt, die CO2-Steuer könnte eine Möglichkeit sein. Annegret Kramp-Karrenbauer sagt, es gehe gar nicht. Von der FDP hören wir auch nur: Das ist Teufelswerk. – Das ist für unser Land sicherlich nicht gut, wenn Sie als Regierung des größtes Bundeslandes, des Energielands Nummer eins, keine einheitliche Meinung haben.

(Beifall von der SPD – Henning Höne [FDP]: Als wenn die SPD eine einheitliche Meinung hätte!)

Auch hier hätten wir deutlich mehr erwartet.

Kommen wir jetzt zu einem weiteren Bereich, zur Solarenergie. Bei der Solarenergie lässt sich bei Ihnen sicherlich eine Lernkurve feststellen. In der Vergangenheit war Schwarz-Gelb sowohl hier auf Landesebene von 2005 bis 2010 als auch auf Bundesebene von 2009 bis 2013 nicht gerade ein Verfechter der Solarenergie. Der Abbau der Solarenergie über viele Jahre ist auch auf Maßnahmen, die zu Ihren Regierungszeiten in Berlin beschlossen worden sind, zurückzuführen. Sie hat keine Rolle gespielt.

(Beifall von der SPD)

Selbst in Ihrem Koalitionsvertrag fand die Solarenergie keinerlei Erwähnung, keinmal das Wort „Solar“. Ich habe drei Mal gegoogelt, drei Mal nachgesehen: Es findet keine Erwähnung, meine Damen und Herren.

Aber auf einmal erscheint das im Fokus Ihrer Politik. Ich muss sagen: Ihre Lernwilligkeit und Lernfähigkeit ist sicherlich nicht zu kritisieren. Was wir allerdings erwarten, ist, dass Sie, wenn Sie sagen, die Solarenergie müsse einen wesentlichen Beitrag leisten, dann auch die Maßnahmen nennen, mit denen Sie das in Nordrhein-Westfalen erreichen wollen.

(Beifall von der SPD)

Das ist mit Blick auf die Maßnahmen, die Sie hier im Land realisieren wollen, völlig unklar. Auch insofern hätten wir deutlich mehr erwartet.

Wenn man sich die Energieversorgung, vor allem im Strombereich, anschaut, gibt es zwei Lastesel, die im Prinzip die Energiewende tragen müssen. Auf der einen Seite ist es die Solarenergie, auf der anderen Seite die Windenergie. Man liest das auch in den ersten Presseberichterstattungen, in den ersten Meinungsäußerungen der tangierten Verbände: Die Hoffnung, die in die Landesregierung in Bezug auf die Versorgungsstrategie gesetzt wird – dass sie von ihrem Irrweg in der Windenergie abweiche –, ist auch an dieser Stelle deutlich enttäuscht worden.

(Beifall von der SPD – Dietmar Brockes [FDP]: Emotionen pur! – Zuruf von der SPD: Bei wem denn? – Dietmar Brockes [FDP]: Ich bin geflasht!)

Ach, Herr Brockes!

(Marc Herter [SPD]: Dietmar, du redest gleich noch, da erwarten wir Großes!)

Meine Damen und Herren, Sie halten hier, wider besseren Wissens, an Ihrem Irrweg fest. 1.500 m Abstand zur Wohnbebauung sollen in Nordrhein-Westfalen eingeführt werden. Davon sprechen mittlerweile nicht einmal mehr Ihre Kabinettsmitglieder. Auch Herr Hovenjürgen hat auf einer Veranstaltung gesagt: Diese 1.500 m können wir nicht rechtssicher machen. – Wenn Sie sie nicht rechtssicher machen können, frage ich mich, warum Sie sie dann fordern.

(Beifall von der SPD)

Auch hier kommen am Ende von Ihnen keine Maßnahmen, keine Ideen. Sie verstecken sich nur hinter dem Bund.

Wie hilflos Sie in diesem Bereich sind, zeigt sich doch auch daran, dass Sie im Prinzip bei einer Strategie, die durch Langfristigkeit gekennzeichnet ist – eine der Charakteristika einer Strategie ist die Langfristigkeit – auf 38 Anlagen, die in diesem Jahr in Nordrhein-Westfalen genehmigt und gebaut worden sind, verweisen. Keine dieser Anlagen wäre gebaut worden, wenn Sie zwischen 2010 und 2017 an der Regierung gewesen wären.

(Beifall von der SPD)

Sie definieren Ausbauziele und benennen sie sogar terawattscharf. Sie schaffen aber weder in der Solarenergie noch in der Windenergie Rahmenbedingungen, um diese Ziele zu erreichen. Das ist unser Grundvorwurf, einer der Kernvorwürfe mit Blick auf diese Strategie. Strategie sieht an dieser Stelle deutlich anders aus.

Ich hatte anfangs auf das Erreichen der Ziele dieser Strategie verwiesen, aber es geht natürlich auch um andere Ziele und deren Erreichen. Was jeder Redner immer hier an diesem Pult sagt, wenn es um Klimaschutz und Energiepolitik geht, ist Folgendes: Wir stehen zum Klimaschutzabkommen von Paris, und wir stehen zu den Ergebnissen der WSB-Kom

mission. Ich sage Ihnen: Mit Ihrer Versorgungsstrategie werden Sie beides nicht erreichen. Sie verabschieden sich sowohl von Paris als auch vom WSBKompromiss.

(Beifall von der SPD und Wibke Brems [GRÜNE])

Entscheidend ist – und das sagt der Name –: Sie wollen die Energieversorgung in diesem Land sicherstellen. In diesem zentralen Feld scheitert Ihre Strategie. Deswegen fordern wir Sie auf: Überarbeiten Sie sie, machen Sie sie zukunftsfähig. – Vielen Dank.

(Beifall von der SPD)

Vielen Dank, Herr Kollege Sundermann. – Für die CDU-Fraktion hat nun der Abgeordnete Dr. Untrieser das Wort.

Herr Präsident! Meine lieben Kolleginnen und Kollegen! Die Landesregierung hat heute eine Energieversorgungsstrategie vorgelegt, die den Ansprüchen des Landes Nordrhein-Westfalen und den Chancen und Herausforderungen in jedem Sinne gerecht wird.

(Beifall von der CDU und der FDP)