Die Justiz ist das, was unsere Menschen tagtäglich spüren. Ein funktionierendes Rechtssystem kann verloren gegangenes Vertrauen in den Staat wiederherstellen. Es gibt viele Baustellen im Bereich der Justiz, und Minister Biesenbach hat diese nicht nur offen benannt, sondern geht sie bereits mit Elan an.
Die Gerichtsverfahren müssen kürzer werden – ohne Qualitätseinbußen. Besonders dramatisch ist die Eingangsentwicklung an den Verwaltungsgerichten. Wir wollen auch hier bis 2021 elektronischen Rechtsverkehr einführen – da stehen wir vor einer Mammutaufgabe. Wir wollen einen sicheren und effizienteren Strafvollzug sowie die Sicherstellung ausreichender Haftkapazitäten. Wir wollen die Stärkung des Opferschutzes und einen Opferschutzbeauftragten. Wir wollen Cyberkriminalität und Straftaten mit terroristischem Hintergrund konsequent ahnden.
Ich habe zu Beginn über unsere europäischen und internationalen Verknüpfungen als Land NordrheinWestfalen gesprochen. Europa ist für uns existenziell. Wir brauchen Antworten auf die Bedrohungen unserer Zeit, die nur europäisch zu lösen sind. Wir brauchen mehr und nicht weniger Europa in diesen bewegten Zeiten.
Für uns hat dabei der Beneluxraum eine besondere Bedeutung. Der neue niederländische Botschafter in Deutschland hat in der letzten Woche sein Beglaubigungsschreiben dem Herrn Bundespräsidenten übergeben und dann seinen allerersten Termin in Nordrhein-Westfalen gemacht, mit dem Ministerpräsidenten, mit mehreren Ministern der Landesregierung, um damit zu signalisieren: Für uns, die Niederlande, als Land ist die Beziehung zum föderalen Staat Nordrhein-Westfalen von großer Bedeutung.
Das ist ein wichtiges Signal. Wir haben eine über 350 km lange gemeinsame Grenze mit den Niederlanden: von Aachen über den Niederrhein bis hin zum Münsterland. Wir haben Euregios, die über die Grenze hinweg funktionieren. Deshalb werde ich meine erste Auslandsreise in die Niederlande unter
nehmen. Ich freue mich darüber, wie so etwas wahrgenommen wird. Der König der Niederlande, Willem- Alexander, und Ministerpräsident Rutte haben gesagt: Wir wollen diese Beziehung unterstützen. – Es wird Gespräche mit den Spitzen der Niederlande geben. Gleichzeitig besuche ich unseren Seehafen. Unser Seehafen ist nämlich nicht Hamburg, sondern Rotterdam. Auch das gehört zur wirtschaftlichen Entwicklung Nordrhein-Westfalens dazu.
Dieser Beneluxvertrag bietet Chancen vielfältiger Art: im Umweltschutz, bei grenzüberschreitenden Schulen, bei grenzüberschreitenden Kindertagesstätten. Das Leben der Menschen entlang der 350 km langen Grenze muss besser werden.
Ein Letztes: Nordrhein-Westfalen hat internationale Bezüge. Wir haben den einzigen deutschen Standort der Vereinten Nationen, nämlich in Bonn, und wir stehen beim Brexit vor wichtigen Fragen, die uns unmittelbar betreffen.
Ich habe gerade die Felder beschrieben, in denen Nordrhein-Westfalen Beziehungen hat – schon unter der Vorgängerregierung; damit da keiner Zwischenrufe machen muss; Regierungen stehen in Kontinuität –: zu Belgien, den Niederlanden und Luxemburg, zu unserer Partnerprovinz in Frankreich, zu den Vereinigten Staaten. Wir führen seit vielen Jahren einen Energiedialog mit Russland und haben traditionell enge Beziehungen zu Israel – seit den Zeiten von Johannes Rau und fortgeführt von allen Ministerpräsidenten der letzten Jahre –, zu den palästinensischen Autonomiegebieten, zu Japan – insbesondere durch Düsseldorf und eine große hier lebende Community –, zu China – mit drei Partnerprovinzen, die Ministerpräsidentin Kraft besucht hat, und die ebenfalls in wirtschaftlichem Kontakt und wissenschaftlichem Austausch zu Nordrhein-Westfalen stehen.
Um das alles zu bündeln, um diese internationalen Fragen, die unser Leben heute beeinflussen, in der nordrhein-westfälischen Politik packbar zu machen, schlage ich eine nordrhein-westfälische Akademie für internationale Politik vor. Da müssen wir all das Wissen, das es an unseren Hochschulen gibt, bündeln, um unser Gewicht auch in internationale Fragen mit einzubringen.
Bonn wird in wenigen Wochen Austragungsort der UN-Klimakonferenz „COP 23“ sein. Wir sind das Nord-Süd-Land. Wir sind nicht nur Kohle und Stahl, wir sind das Nord-Süd-Land in Deutschland. Alle Nord-Süd-Institutionen und die großen kirchlichen Hilfswerke haben ihren Sitz in Nordrhein-Westfalen.
Wenn es uns gelingt, diesen Blick in die Welt zum Profil des Landes Nordrhein-Westfalen zu machen, dann haben wir damit einen wichtigen Dienst geleistet. Das gehört zu den Aufgaben der neuen Landesregierung.
Der dritte wichtige Bereich: Wenn die Welt global wird und wir über globale Fragen diskutieren und jeden Abend im Fernsehen globale Konflikte sehen, haben wir ein immer stärkeres Bedürfnis, Heimat und das, wo wir leben, zu sichern. Deshalb haben wir ein Heimatministerium errichtet. Die Heimatministerin Ina Scharrenbach ist nun vor Ort unterwegs und hört genau das, was Menschen dazu sagen, was ihre Identität ist. Sie hat zum ersten Mal die Chance, Kommunalpolitik mit Baupolitik und Städtebauförderung zu verbinden. Das hängt eng zusammen, und deshalb ist die Landesregierung hier neu ressortiert worden.
Für die charmanten Anfrager der Opposition in Pepita: Es ist übrigens auch mal mit einem Umzug verbunden, wenn man einen neuen Schwerpunkt setzt.
Wir glauben, dass Heimat, Kommunales und Bauen zusammengehören, und deshalb werden wir das jetzt als Aufgabe der Landespolitik durchsetzen. Das ist so!
Der Entwurf der Eckpunkte zum Gemeindefinanzierungsgesetz 2018 und das Kommunalinvestitionsförderungsgesetz zeigen bereits: Wir sind Partner der Kommunen, und wir richten den Blick auf die Städte, aber auch auf den ländlichen Raum, der in den letzten Jahren vernachlässigt worden ist. Das muss wieder in Einklang gebracht werden.
Eine der schlimmsten Entscheidungen, nein, nicht eine der schlimmsten, aber eine nicht schöne Entscheidung, die das mangelnde Gespür zeigt, war die Kürzung dieser geringen Mittel für Baudenkmalpflege. Wir werden diese 12 Millionen € wieder einsetzen zur Baudenkmalpflege, weil es auch anerkennt, was Tausende Menschen in diesem Land für Denkmäler und für Baudenkmäler leisten. Das wird ebenfalls wieder eingeführt werden.
Zu unserer Heimat gehört auch die Landwirtschaft. Die Nordrhein-Westfalen-Koalition hat sich eben genau vorgenommen, auch den ländlichen Raum wieder ernst zu nehmen, Umweltschutz und Naturschutz in Einklang zu bringen.
Ja, auch Tierschutz. Selbstverständlich gilt es, auch Tierschutz damit in Einklang zu bringen. Das Landesjagdgesetz ist ein gutes Beispiel. Wir werden es weitreichend überarbeiten und die Fehler der letzten Novellierung zeitnah korrigieren.
Wir werden dem beachtlichen Beitrag der Jagd zu Artenvielfalt und Naturschutz durch Hege und Waidgerechtigkeit wieder seinen angemessenen Stellenwert geben.
Auch das Landesnaturschutzgesetz braucht entsprechend den Leitlinien unserer Naturschutzpolitik eine grundlegende Novellierung. Wir streben neue innovative Lösungen beim ökologischen Flächenausgleich an.
Den Vertragsnaturschutz wollen wir deutlich stärken, um so die Anreize für Landeigentümer und Landnutzer für einen aktiven Arten- und Biotopschutz auszubauen.
Unsere neue Landwirtschaftsministerin und Umweltministerin Schulze Föcking wird eine Politik gemeinsam mit den Betroffenen und nicht gegen die Betroffenen machen. Deshalb setzen wir sehr auf ihre Leistung.
Zusammenhalt entsteht aber auch im Kleinen, in der Familie. Deshalb ist es ein wichtiges Thema im Koalitionsvertrag, die Vereinbarkeit von Beruf und Familie zu stärken. Durch Anreize zur Einführung flexibler Arbeitszeitmodelle, von Homeoffice-Lösungen und zur Abkehr von einer strikten Anwesenheitskultur werden wir neue Ideen entwickeln.
Frauen haben ein Recht darauf, bei gleicher Arbeit und gleicher Leistung genauso entlohnt zu werden wie ihre männlichen Kollegen.
Die Nordrhein-Westfalen-Koalition steht für die Wertschätzung von Vielfalt. Daran, dass das Thema „LSBTTI“ im Familienministerium angesiedelt ist, erkennen Sie gleichzeitig, dass das ein bewusstes politisches Statement für die Gleichstellung ist. Menschen dürfen nicht wegen sexueller Orientierung oder geschlechtlicher Identität diskriminiert werden. Dafür werden wir uns einsetzen. Wir wollen dabei eine Initiative für Gleichstellung und Akzeptanz ergreifen.
Das Thema „Pflege und Gesundheit“ bewegt ebenfalls viele Familien in Nordrhein-Westfalen. Ich kann mir dafür keinen Besseren vorstellen als Karl-Josef Laumann, der in den letzten Jahren als Pflegebeauftragter und Patientenbeauftragter der Bundesregierung in fast jeder Pflegeeinrichtung in NordrheinWestfalen und in ganz Deutschland vor Ort war und der jetzt dieses Wissen zurückführt in das Ministerium, um unsere Pflege- und Gesundheitspolitik besser zu machen.
Wir werden das Verfahren der Investitionskostenförderung überarbeiten und mit einem beherrschbaren Verwaltungsverfahren Planungssicherheit schaffen. Die Leistungen der Pflegeversicherung müssen dort hinkommen, wo die Menschen leben wollen, ob das zu Hause, im Heim oder in einer Wohngruppe ist.
Wir werden das neue Pflegeberufegesetz bis zum Jahre 2020 verbindlich umsetzen und die Rahmenbedingungen für eine qualitativ hochwertige Ausbildung schaffen, um die Versorgung der pflegebedürftigen Menschen sicherzustellen.
Wir werden ein Herzensanliegen, für das Karl-Josef Laumann und die Betroffenen lange gekämpft haben, jetzt umsetzen: Wir werden eine Interessenvertretung für Pflegekräfte schaffen, wenn die Betroffenen es wollen. Die betroffenen Berufsangehörigen werden zeitnah unabhängig dazu befragt, welche Form der Interessenvertretung sie wünschen. Aber so wie wir Ärztekammern haben, wie wir Apothekerkammern haben, brauchen wir auch eine Stimme der Pflegekräfte in diesem Land, die ihre eigenen Interessen definieren.
Wir werden das Problem der Finanzierung der nichtärztlichen Heilberufe lösen. Derzeit bezahlen Physiotherapeuten, Ergotherapeuten und Logopäden für ihre Ausbildung selbst. Es kann nicht sein, dass Ärzte und Apotheker nach Abschluss des Studiums deutlich mehr verdienen und gebührenfrei studieren, während andere ihre eigene Ausbildung bezahlen müssen. Das muss sich ändern.
Wir werden den Blick auf die Gesundheitsversorgung im ländlichen Raum lenken. Wir wollen das Hochschulstudium für Medizin auch denen ermöglichen, die den Numerus Clausus nicht erreicht haben, aber dennoch gute Ärzte sein können. Deshalb müssen wir erreichen, dass alle Medizinischen Fakultäten eine Professur für Allgemeinmedizin haben. Und wir werden in Ostwestfalen-Lippe eine neue Medizinische Fakultät errichten. Das haben wir versprochen, und das wird eingehalten.