Protocol of the Session on April 10, 2019

Frau Kollegin Pfeiffer-Poensgen will mit ihrem Haus die Chancen der Digitalisierung konsequent zur hochschulübergreifenden Zusammenarbeit nutzen und unterstützt diesen Prozess seit Anfang dieses Jahres mit jährlich 50 Millionen Euro aus der landesweiten Digitalisierungsoffensive. Erste Projekte sind hier bereits gestartet. Ich nenne nur beispielhaft den

modular aufgebauten hochschulübergreifenden ELearning-Beitrag für die höhere Mathematik sowie den Aufbau einer „hochschulcloud.nrw“.

Die Arbeitswelt verändert sich durch die Digitalisierung stark. Meinem Kollegen Karl-Josef Laumann und mir ist es besonders wichtig, die Digitalisierungsprozesse überall beteiligungsorientiert zu gestalten. So, wie wir die Digitalisierung von Wirtschaft und Arbeit auf der Ebene des Landes im Dialog mit Sozialpartnern, Kammern, Arbeitsagenturen und Wissenschaft in der Initiative Wirtschaft & Arbeit 4.0 vorantreiben, entwickeln die Regionen in enger Kooperation mit den Regionalagenturen im Dialogprozess „NRW 4.0: Gute und faire Arbeit“ passende Aktivitäten für ihre Bedarfe.

Die Digitalisierung im Gesundheitswesen hat besonderen Nachholbedarf bei der elektronischen sektorenübergreifenden Kommunikation. Ein umfassender Informations- und Datenaustausch zwischen Arzt und Facharzt, Arzt und Krankenhaus sowie Arzt und Apotheker ist außerhalb von Modellprojekten bis heute nicht möglich.

Mit dem Aufbau der Telematikinfrastruktur – und an dieser Stelle bitte ich um Ihre besondere Aufmerksamkeit: 15 Jahre, nachdem die gesetzlichen Grundlagen dafür geschaffen wurden – haben wir uns auch hier ein ehrgeiziges Ziel gesetzt. Bis 2020 will mein geschätzter Kollege Karl-Josef Laumann in Nordrhein-Westfalen bis zu 40.000 Arzt- und Zahnarztpraxen, über 350 Krankenhäuser und bis zu 4.400 Apotheken sowie Pflegeheime und weitere Einrichtungen des Gesundheitswesens vernetzen.

(Beifall von der CDU und der FDP)

Auch das Thema „Mobilität“ bewegt die Menschen in Nordrhein-Westfalen. Gerade die Teilnehmer an unserem Onlinebeteiligungsprozess haben das sehr hoch bewertet. Mein Kollege Hendrik Wüst baut systematisch daran, die Möglichkeiten autonomen Fahrens für unser Land umfassend zu nutzen.

Für den Übergang werden bis 2021 mehr als 40 neue dynamische Wegweiser mit integrierter Verkehrsinformation errichtet. Weitere Maßnahmen betreffen die stadtverträgliche Lkw-Navigation, die weitgehende digitale Erfassung von Mobilstationen und ÖPNV-Haltestellen sowie das Hinwirken auf die Entwicklung verbundübergreifender elektronischer Ticketlösungen im ÖPNV.

Im Bereich von Forschung und Innovation schreitet der Aufbau einer landeseigenen Kompetenzplattform Künstliche Intelligenz Nordrhein-Westfalen zügig voran. KI made in Nordrhein-Westfalen wollen wir mit einem Dreiklang aus Exzellenz in Forschung und Bildung, Erfolg in der Wirtschaft und Ethik in der Umsetzung in die europaweite Spitze führen. Hierzu wer

den neue Flagship-Professuren geschaffen, Nachwuchswissenschaftler berufen und der Transfer zum Mittelstand ausgebaut.

Nach der erfolgreichen Einwerbung des Max-PlanckInstituts für Cyber Security – ermöglicht durch meine geschätzte Kollegin Pfeiffer-Poensgen und den Herrn Ministerpräsidenten Laschet – arbeiten wir an der Gründung des europäischen Blockchain-Instituts am Fraunhofer-Institut für Materialfluss und Logistik in Dortmund und planen im Rheinischen Zukunftsrevier die Einrichtung eines Reallabors für BlockchainAnwendungen im Bereich Energie und öffentliche Daseinsvorsorge.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, dadurch wollen wir erreichen, dass Nordrhein-Westfalen bei den ganz großen Themen „Künstliche Intelligenz“, „Cybersicherheit“ und „nächste Entwicklungsstufe des Internets der Werte“ zum Vorreiter wird – hier in Deutschland und in Europa.

(Beifall von der CDU und der FDP)

Um bei der Digitalisierung glaubwürdig zu sein, muss der Staat bei sich selbst anfangen. Die Digitalisierung der Landesverwaltung wollen wir bis 2025 und nicht erst bis 2031 realisieren und auch die Kommunen bei ihrer Digitalisierung unterstützen.

Seit dem Regierungswechsel hat dieser Prozess nun Fahrt aufgenommen. Wir haben bereits vieles geschafft, was auch für Bürgerinnen und Bürger erfahrbar ist. Wichtige Basiskomponenten für das EGovernment wie das Servicekonto und E-Payment stehen jetzt zur Verfügung. An einer ergänzenden App-Lösung mit sicherer Authentifizierung wird gearbeitet.

Die landesrechtliche Umsetzung der elektronischen Rechnungsstellung ist mit dem Entfesselungspaket II erfolgt. Ein zentraler elektronischer Behördenzugang für Eingänge wie De-Mails und verschlüsselte Mails ist eingerichtet, und die betroffenen Behörden sind fristgerecht angebunden. Das Wirtschafts- und Digitalministerium hat elektronische Akten und Laufmappen im Pilotbetrieb gestartet und wird sie bis Herbst dieses Jahres im gesamten Haus einsetzen. Der Rollout in die anderen Ressorts der Landesregierung ist für die kommenden drei Jahre geplant. Die Bezirksregierungen arbeiten arbeitsteilig als Modellbehörden an ihrer Digitalisierung.

Ich möchte hier Folgendes hervorheben – und ich bitte, das nicht misszuverstehen –: Ich hatte von 2005 bis 2010 schon einmal die Ehre, Minister in der Landesregierung Nordrhein-Westfalen sein zu dürfen. Als ich im Sommer 2017 wieder die Ehre hatte, hier in einer Landesregierung mitzuwirken, habe ich meine Arbeit innerhalb von 48 Stunden wieder vollständig aufnehmen können, weil sich in diesen sieben Jahren im Ministerium nichts verändert hatte. Es war komplett so wie damals. Insofern glaube ich

schon, dass wir ein bisschen etwas erreichen können und müssen, damit es vorwärtsgeht.

(Beifall von der CDU und der FDP)

Ich freue mich, dass die Beamtinnen und Beamten – dafür möchte ich ihnen Dank sagen – das Ganze offen angenommen haben und annehmen. Sie haben mit dem eigenen Konzept MWIDE Digital 2022 ein Leitbild und einen Fahrplan entwickelt, wie die Digitalisierung umgesetzt werden kann.

Zu meiner großen Freude befindet sich unser Team beim 18. eGovernment-Wettbewerb des Bundes unter Schirmherrschaft von Helge Braun unter den drei letzten Teams. Heute entscheidet sich, welches Team gewinnt. Unter 83 Teams sind wir in die Endrunde gekommen. Das ist doch ein schönes Zeichen dafür, dass sich Anstrengung lohnt.

Wir können es nur schaffen, wenn wir uns trauen und wenn alle mitmachen wollen. Wir sollten uns über die Erfolge freuen und dort, wo wir Fehler machen, aus den Fehlern lernen und versuchen, besser zu werden. So müssen wir das Ganze Schritt für Schritt voranbringen.

(Beifall von der CDU und der FDP)

Das Gleiche gilt für unsere Digitalen Modellregionen, die wir an den Start gebracht haben. Es liegen bereits 50 Projektideen im Gesamtvolumen von 50 Millionen Euro vor, darunter 25 im Bereich E-Government. Hier geht es zum Beispiel um digitale Bürgerservice-Portale, Open-Data-Projekte und Bürgerbeteiligung.

Dies alles zeigt, dass die Digitalisierung in unserem Land endlich Fahrt aufnimmt. Dabei konnte ich aus Zeitgründen jetzt nur einige Breispiele nennen. Auch in den anderen Ressorts gibt es zahlreiche ehrgeizige Digitalisierungsprojekte, die Sie in unserer Strategie finden und an deren Realisierung wir gemeinsam als Landesregierung arbeiten.

Auch länderübergreifend setzen wir auf Zusammenarbeit. Denn wir können nur besser werden, wenn wir voneinander lernen. Wir arbeiten hier unter anderem mit der Bayerischen Staatsregierung als Vorreiter zusammen, weil wir zusammen noch besser werden wollen. Deshalb haben wir bei der gemeinsamen Kabinettsitzung mit der Bayerischen Staatsregierung den Digital-Dialog ins Leben gerufen. Hier tauschen wir im kommenden Jahr Best-Practice-Beispiele miteinander aus.

Aber wir arbeiten nicht nur in Deutschland miteinander, sondern auch auf europäischer Ebene – ob es die niederländische Regierung ist, ob es die belgischen Kollegen sind, ob es Estland und die anderen baltischen Staaten sind oder ob es Großbritannien ist, wo wir gerade im Bereich KI eine Zusammenarbeit verabreden.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, Digitalisierung endet nicht an den Landesgrenzen, sondern findet auch außerhalb statt. Wir müssen die Anregungen, Ideen und Erfahrungen der anderen mit aufnehmen. Wir müssen sie für Nordrhein-Westfalen nutzbar machen.

Unser Land hat unglaubliche Potenziale. Wir haben riesige Chancen. Natürlich müssen wir auch die Risiken und Gefahren sehen. Nach meiner festen Überzeugung und auch nach Überzeugung der Landesregierung sind die Chancen aber größer als die Risiken, wenn wir sie rechtzeitig erkennen, sie nutzen und die Menschen mitnehmen in eine digitale Zukunft, in der der Mensch im Mittelpunkt steht, sozialer Aufstieg möglich bleibt und es fair und sozial zugeht. Das ist unsere Vorstellung für das digitale NordrheinWestfalen. – Herzlichen Dank für Ihre Aufmerksamkeit. Ich freue mich auf die weitere Diskussion.

(Beifall von der CDU und der FDP)

Vielen Dank, Herr Minister. – Ich eröffne nun die Aussprache und erteile als erster Rednerin für die SPD-Fraktion Frau Abgeordneter Kampmann das Wort. Außerdem darf ich darauf hinweisen, dass die Fraktionen die Möglichkeit haben, ihre Redezeiten jeweils um 1:52 Minuten zu überziehen.

Vielen Dank. – Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Sehr geehrter Herr Minister Pinkwart, Sie sind selbst Ihr größter Fan. Das haben Sie hier wieder einmal deutlich gemacht.

(Beifall von der SPD und den GRÜNEN – Ar- min Laschet, Ministerpräsident: Zu Recht!)

Zu Recht, sagt Herr Laschet. Das sehen wir ja gleich.

Das, was Sie hier mit so überbordender Leidenschaft in feinster Spiegelstrichmanier vorgetragen und aufgelistet haben, sodass es die SPD fast von den Sitzen gerissen hat,

(Bodo Löttgen [CDU]: So viele sind gar nicht da, dass man sie von ihren Sitzen reißen könnte!)

haben die Menschen hier in Nordrhein-Westfalen ganz bestimmt nicht verdient.

(Beifall von der SPD und den GRÜNEN – Zu- rufe von der CDU und der FDP – Unruhe – Glocke)

Das ist eher die Fortsetzung Ihrer Strategie, die Sie schon im Wahlkampf hatten, mit schmissigen Slogans nach dem Motto: heiße Luft, aber nichts dahinter.

(Zurufe von der CDU und der FDP: Oh!)

Noch nicht einmal Ihr Koalitionspartner hat wirklich zugehört.

(Vereinzelt Beifall von der SPD und den GRÜNEN – Dietmar Brockes [FDP]: Sprechen Sie doch einmal für sich!)

Denn als Sie hier standen, Herr Minister Pinkwart – das war wirklich das Schönste –, Herrn Laumann in die Augen schauten und sagten,

(Zurufe von der SPD und den GRÜNEN: Oh! Schau mir in die Augen, Kleines! – Heiterkeit)

das Thema „Arbeit der Zukunft“ sei ein Thema, das Sie gemeinsam bewege, hat Herr Laumann Sie unglaublich ungläubig angeschaut und ganz schnell den Raum verlassen. Das ist nämlich mit Sicherheit kein Schwerpunktthema Ihrer Digitalstrategie.

(Beifall von der SPD und den GRÜNEN)

Das Ganze fing ja schon im Wahlkampf an. Wir erinnern uns noch gut daran. Ihre Versprechen waren nahezu grenzenlos. „Die Digitalisierung ändert alles. Wann ändert sich die Politik?“, fragte die FDP und warb mit einem Zukunftsthema, das unglaublich gut zu ihrem dynamischen Spitzenkandidaten zu passen schien. Aber niemanden schien wirklich zu interessieren, was sich hinter diesen hippen Slogans eigentlich verbirgt.

Die CDU hingegen trat von Anfang an bescheidener auf. Ich habe noch einmal nachgeschaut. Dreieinhalb Seiten standen zu dieser Thematik im insgesamt 112-seitigen Wahlkampfprogramm. Dazu kam das Wissen, dass Alexander Dobrindt das Thema „Breitbandausbau“ schon irgendwie vergeigt hatte.

Wenn die CDU eine Stärke hat, liebe Kolleginnen und Kollegen, dann ist es das Wissen um die eigene Schwäche. Mehr steht bei Ihnen nicht dahinter. Das zeigt sich auch in der Digitalstrategie.

(Beifall von der SPD)

Umso größer war die Euphorie auch bei uns in der Opposition, als aus dieser Mischung aus Selbstüberschätzung auf der einen Seite und Ambitionslosigkeit auf der anderen Seite