Protocol of the Session on April 10, 2019

Obwohl der Steuerzahler diesen Fahrzeugen noch staatliche Subventionen hinterherwerfen muss, lesen wir gestern in der Presse, dass der Eigner und gleichzeitig größte Kunde dieses Unternehmens über einen Ausstieg nachdenkt. Aber das ist sicher nichts, was Sie nicht mit ein paar weiteren Steuermillionen regeln können.

Wir sind aber nicht mehr in der Marktwirtschaft, nicht einmal mehr in der sozialen Marktwirtschaft, und schon gar nicht mehr im Kapitalismus. Was Sie predigen und leider auch leben, das ist Korporatismus. Das ist die enge Verflechtung zwischen Staat und Wirtschaft, das ist die Ausschaltung von Wettbewerb – und damit auf Sicht leider auch das Ende unseres Wohlstands.

Wer nicht zu Ihren Hätschelkindern gehört, wer die schwächere oder womöglich gar keine Lobby hat, dem werfen Sie fleißig Knüppel zwischen die Beine. Das sind zum einen die kleinen und mittleren Unternehmen, die Sie zwar bei jeder Gelegenheit als das Rückgrat unserer Wirtschaft bezeichnen, für die Sie aber de facto nicht viel tun. Die ächzen unter Bürokratie, unter Steuerlast, leiden an schlechter Infrastruktur und schlecht ausgebildetem Nachwuchs. Außer weiteren, nicht näher definierten Entfesselungspaketen können sie sich von diesem Papier gar nichts erhoffen.

Noch schlimmer sind eigentlich nur die dran, für deren Vernichtung jetzt freitags Kinder demonstrieren, etwa die Automobilindustrie und ihre Zulieferer – die kommen in Ihrem Papier quasi gar nicht mehr vor.

Was den Leuten dort blüht, dürfen sie aber schon auf Seite 10 nachlesen, wo von einem – Zitat – „Umbau einer energieintensiven, traditionsreichen Industrie zu einem der weltweit innovativsten sowie klima- und umweltfreundlichsten Produktionsstandorte“ die

Rede ist.

Herr Pinkwart, ich habe Nachrichten für Sie: Unsere Automobilindustrie war und ist die innovativste weltweit. Das können Sie nach wie vor an den Absatzzahlen ablesen. Was gut und innovativ ist, das entscheiden zum Glück immer noch die Konsumenten und keine Behörden.

(Beifall von der AfD)

Die Mitarbeiter dieser Industrie, die unseren Wohlstand trägt, die Millionen von Menschen in Lohn und Brot bringt und die die Subventionen erwirtschaftet, die Sie großzügig an Ihre nicht lebensfähigen Hätschelkinder verteilen, die behandeln Sie wie Dreck: etwa die 4.000 Mitarbeiter von Ford Köln, die jetzt entlassen werden – entlassen auch aufgrund Ihrer wahnsinnigen Energiepolitik. Was haben Sie für die getan? Wann haben Sie sich bei denen blicken lassen? – Nichts haben Sie! Es sind halt die Schmuddelkinder, und die sind nicht so wichtig. Man eröffnet lieber wieder einen neuen Hub.

Der Chef der Kölner CDU hat jetzt bezeichnenderweise angeregt, dass man von diesen 4.000 doch die Hälfte in die Dienste der Stadt Köln übernehmen soll. Da sieht man, wie pervertiert Ihre ganze Politik inzwischen ist. Sogar bei der CDU glaubt man, wir könnten davon leben, uns gegenseitig zu verwalten.

So wenig Sie offensichtlich von den einfachsten Gesetzen der Ökonomie verstehen, so wenig verstehen Sie offenkundig auch von Physik. Das Energiekapitel in Ihrem Papier ist da ein neuerlicher Tiefpunkt. Man erwartet nicht mehr sehr viel, nachdem die GrünenBundesvorsitzende den Menschen erklärt hat, man könne Strom irgendwie im Netz oder in der Cloud speichern. Aber Ihnen, Herr Pinkwart, hätte ich zumindest ein bisschen mehr zugetraut.

Viel ist das nicht. Smart soll jetzt alles sein: Smart Grid, Smart Meter usw. Aber ich verrate Ihnen etwas: Ihr Netz kann noch so smart sein – es muss trotzdem den Gesetzen der Physik gehorchen. Das wichtigste Gesetz in diesem Fall ist: Du musst so viel Strom einspeisen, wie du an anderer Stelle wieder herausnimmst.

Speichern ist kaum möglich. Aber auch daran haben Sie gedacht: Sie schreiben, dass das Netz der Zukunft unter anderem auf effizienten Speichern beruhen soll. Punkt. Kein Wort darüber, wo diese Speicher herkommen sollen. Das weiß auch kein Mensch.

Vielleicht müssen wir alle nur ganz fest daran glauben. So ersetzt der fromme Wunsch die politische

Vernunft, und Schwarz-Gelb ist endgültig im ökonomischen Phantasialand der Grünen angekommen.

Nur ab und an schimmert ein bisschen traurige Wahrheit durch, wenn zum Beispiel von intelligentem Lastenmanagement im Stromnetz die Rede ist. Was das heißt, werden die Bürger spätestens dann erfahren, wenn Sie die letzten Kohle- und Kernkraftwerke abgeschaltet haben.

Wenn dann kein Wind weht und französische oder belgische Kernkraftwerke die Lücke nicht mehr schließen können, wird es zum sogenannten Lastabwurf kommen. Dann werden Sie Verbraucher vom Netz nehmen. So macht man das in unterentwickelten Ländern: Man rationiert den Strom.

Das ist die traurige Realität, die Sie in diesem Papier wieder einmal hinter vielen blumigen Buzzwords verstecken. Wenn Sie wirklich unseren Wohlstand erhalten und ausbauen wollen, dann zerschlagen Sie nicht weiter seine Fundamente. Wenn Sie eine neue Gründerzeit wollen, dann schaffen Sie mehr Freiheit und nicht neue Bürokratie.

Ihre planwirtschaftlichen Blütenträume jedenfalls bringen unser Land keinen Millimeter voran. – Vielen Dank.

(Beifall von der AfD)

Vielen Dank, Herr Kollege Tritschler. – Für die Landesregierung hat Herr Minister Professor Dr. Pinkwart jetzt das Wort.

Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Zunächst, Frau Kampmann, zur Zustellung der Strategie: Ich bitte um Nachsicht. Wir haben dem Landtag am Montag um 17:58 Uhr elektronisch die Digitalstrategie mit der Bitte um Weitergabe zur Verfügung gestellt. Das ist dann offensichtlich erst am Dienstagmittag erfolgt. Ich bitte dafür sehr um Verständnis. Sollten dadurch Fehler unsererseits entstanden sein, bitte ich dafür um Entschuldigung.

Uns war sehr daran gelegen, dass die Digitalstrategie die Abgeordneten möglichst noch am Montag erreicht. Am Dienstag habe ich einen Hintergrund gemacht mit der Maßgabe, dass nichts vor der heutigen Debatte veröffentlicht wird, weil sich das dem Hohen Haus gegenüber auch nicht anders gehört.

Ich hoffe und denke, Sie hatten trotzdem Gelegenheit, die Strategie gestern Nachmittag oder gestern Abend zu lesen. Das ist dann natürlich schwierig in der Vorbereitung; das räume ich auch ein: Es sind wirklich viele Felder.

Das würde ich auch gerne zu Herrn Bolte-Richter sagen, bezogen auf sein Thema „Klimaschutz“; aber zunächst komme ich zu Ihnen, Frau Kampmann.

Wir haben thematische Schwerpunkte in den Mittelpunkt gestellt und dann Querschnittsthemen. Von den fünf inhaltlichen Schwerpunkten ist „Wirtschaft und Arbeit“ das erste, das ganz große Thema. Ich bitte Sie, das noch einmal ganz in Ruhe zu lesen und auf sich wirken zu lassen, weil mir das sehr wichtig ist, und dem Kollegen Laumann und der gesamten Landesregierung auch.

Wir haben eine sehr intensive Aussprache mit den Sozialpartnern, mit den Unternehmen wie den Gewerkschaften, die wir beteiligt haben. Ich finde es auch nicht fair, den Beteiligungsprozess so kleinzureden. Es waren auch Abgeordnete bei unserer großen Digitalisierungsveranstaltung dabei, es waren Gewerkschaftsvorsitzende dabei, es waren Arbeitgebervertreter dabei. Sie haben sich an den Workshops beteiligt. Sie haben Ideen eingebracht.

Das ist uns ganz wichtig, weil wir wissen, dass uns die Digitalisierung – das hat auch die Debatte natürlich gezeigt – in nahezu allen Lebensbereichen vor große Herausforderungen stellt. Deswegen ist uns gerade die Frage, wie sich das auf den Arbeitsmarkt auswirkt und wie wir die Unternehmen und die Beschäftigten mitnehmen können, ein so zentrales Anliegen.

Aus dem Grund habe ich Ihre diesbezügliche Kritik – das muss ich ganz ehrlich sagen – überhaupt nicht verstanden. Bitte schauen Sie sich das noch einmal an. Möglicherweise war es in der kurzen Zeit nicht möglich, das alles zu überblicken.

Wir jedenfalls sind der Meinung,: Nur dann, wenn es uns gelingt, die Chancen der Digitalisierung möglichst schnell für die Menschen nutzbar zu machen, die Themen „berufliche Bildung“ und „Weiterbildung“ viel stärker in den Mittelpunkt zu rücken – hier haben wir klare Ziele definiert –, werden wir es schaffen, dass möglichst viele Menschen die Chancen der Digitalisierung für sich nutzen, sich weiterentwickeln und auch neue Berufe annehmen können.

Das ist eine große Herausforderung, aber eben auch eine große Chance. Wir gehen das mutig an und versuchen, das nicht auf einfache Parolen zu reduzieren; das würde uns nicht weiterhelfen.

(Beifall von der CDU und der FDP)

Ich will zu Herrn Bolte-Richter das Gleiche zum Klimaschutz sagen. Ich weiß nicht, wie Sie es jetzt mit der Suchmaschine durchsucht haben. Ich komme auf 16 Seiten von den 76, die sich auch mit Klimaschutzthemen beschäftigen. Das ist ein eigenes Kapitel, 5. Schwerpunkt „Energie und Klimaschutz“.

Das will ich auch zu Herrn Tritschler sagen: Man kann das hier alles kritisieren, aber wir haben uns als

Weltstaatengemeinschaft mit dem Pariser Abkommen entschieden, jetzt in einen Transformationsprozess zu beschreiten. Dafür brauchen wir Zeit.

Wir brauchen vor allem Innovationen, neue Technologien, und die Digitalisierung ist gerade für diesen Transformationsprozess der Industrie hin zu mehr Klimafreundlichkeit einer der zentralen Enabler.

Auch deshalb steht das als ein Schwerpunkt in der Digitalstrategie: Wir wollen die Digitalisierung nutzen, damit wir die sicherlich noch großen Herausforderungen dieses Transformationsprozesses gemeistert bekommen.

Es gibt auch tolle Gründungen in Nordrhein-Westfalen. Ich nenne das NEXT-Kraftwerk in Köln, ein virtuelles digitales Kraftwerk, das 4.500 Stromquellen in Europa vernetzt, zu flexiblen Angeboten im Netz führt und optimiert.

Das haben zwei junge Leute aus einem Forschungsinstitut des Landes heraus gegründet, was auch zeigt: Wir haben eine lebendige Gründerszene, die sich dieser neuen Themen annimmt und mithilfe der Digitalisierung bessere Lösungen erarbeitet.

Herr Bolte-Richter, es ist ja in Ordnung: Klar sagen Sie, wir hätten noch schneller sein sollen, und der Zeitplan wäre zweimal gerissen worden. Das hört sich dramatisch an, weil wir vielleicht nicht Ende März, sondern erst im April oder Mai liefern.

Ich glaube nicht, dass Sie uns ernsthaft vorwerfen können, dass wir in den letzten 18 oder 20 Monaten etwas verzögert hätten – im Gegenteil: Wir sind sehr zügig vorangeschritten.

Bei der Breitbandabdeckung hatten wir im Jahr 2017 86 %, jetzt haben wir 96 %. Sie haben gesagt, die letzten Prozente wären die schwierigsten. Sie wissen, wir haben für die nächsten 2 % Projekte in Arbeit; dann kommen wir hier in Nordrhein-Westfalen auf 98 %.

Beim Mobilfunkpakt kritisieren Sie, wir hätten schlecht verhandelt. Ich habe es hier schon mal gesagt: Wir waren die Ersten in Deutschland, die überhaupt eine Initiative ergriffen haben. Fünf Monate später hat Ihr grüner Wirtschaftsminister in Hessen nach dem Vorbild unseres Mobilfunkpakts auch einen solchen Pakt gemacht.

Jetzt sagen Sie, wir hätten schlecht verhandelt. Lesen Sie sich den hessischen Pakt mal durch. Hessen hat noch 50 Millionen Euro zusätzlich an Landesgeld an die Mobilfunkbetreiber gezahlt. Wir haben nichts bezahlt und trotzdem ganz klare Verabredungen getroffen.

(Beifall von der CDU und der FDP)

Und noch ein Unterschied: Wir haken auch nach und fragen schon nach dem ersten Halbjahr: Wie viele

neue Masten sind da? Wie viele sind nachgerüstet? – Es wird durchaus anerkannt, dass wir bei den Nachfragen „Wo stehen wir, und wie können wir das besser machen?“ ehrgeizig sind.

Jedoch können auch wir nicht ausschließen, dass wir Fehler machen. Auch wir können nicht ausschließen, dass es hier und da nicht so schnell geht, wie wir uns das wünschen. Wir könnten uns Vorwürfe machen lassen, wenn wir uns keine klaren Ziele setzen und diese nicht ehrgeizig controllen würden.

Das sind zwei entscheidende Dinge, die wir hier so nicht angetroffen haben; das will ich in aller Klarheit und Freundschaft sagen. Diese zwei Dinge vermissen wir gelegentlich in der Politik insgesamt; denn wir haben doch in Deutschland kein Erkenntnisproblem.

Beim Thema „Digitalisierung“, wie in vielen anderen Fällen, haben wir ein riesiges Umsetzungsproblem, an dem wir arbeiten müssen. Deswegen setzen wir uns in der Digitalstrategie klare Ziele, und wir lassen uns auch daran messen. Wir monitoren diese Ziele und arbeiten daran, sie tatsächlich zu erreichen. Das ist aus meiner Sicht zentral.

Dann kommen Sie noch mal mit den Digital Hubs; darüber haben wir auch gesprochen. Wir haben nicht wie Sie damals versucht, alles rückgängig zu machen, was die Vorgängerregierung an guten Taten für NRW auf den Weg gebracht hat. Was gut ist, führen wir auch weiter, weil wir schneller werden wollen.