Die Verpflichtung, Deutsch und Mathematik als Fächer zu belegen, lässt darüber hinaus viele derjenigen scheitern, denen Mathematik einfach nicht so liegt. Zum Beispiel sind bei einer Prüfung im Jahr 2016 in Berlin 40 % der angehenden Grundschulpädagogen durch eine Klausur im Pflichtbereich Mathematik gefallen, und es wären 80 % gewesen, hätte die Dozentin nicht im Nachgang eine Aufgabe gestrichen.
Studenten beklagen, dass die mathematischen Anforderungen für angehende Grundschullehrer gerade im Hinblick auf Arbeitsaufwand und Schweregrad deutlich zu hoch seien.
Das Ergebnis ist eine wundersame Form der Professionalisierung: Die Absolventen sind hochprofessionalisiert, aber es sind so wenige, dass die Ministerin jede Menge Seiteneinsteiger einstellen muss, die zum größten Teil überhaupt kein Pädagogikstudium absolviert haben. – Ist das ein Zeichen von Professionalisierung?
Die Absolventen sind hochprofessionalisiert, aber die Leistungen der Grundschüler gehen immer mehr zurück. Die Absolventen sind hochprofessionalisiert, sollen aber neben ihrer Arbeit als Grundschullehrer noch die Tätigkeit des Förderschullehrers ausüben.
Betrachtet man diese Situation mit dem Auge der Vernunft, so erkennt man leicht, dass das neue Lehrerausbildungsgesetz ein Teil der jetzt zu beklagenden Misere ist. Da ist mit einer Besoldungserhöhung nichts gewonnen. Steuern Sie endlich um. Reformieren Sie das Lehrerausbildungsgesetz! Beseitigen Sie die unsinnigen Belastungen, denen die Lehrkräfte ausgesetzt sind, und sorgen Sie so für die Attraktivität des Lehrerberufs, damit wir den Lehrermangel beheben können. – Vielen Dank.
Vielen Dank, Herr Kollege Seifen. – Weitere Wortmeldungen liegen mir nicht vor. – Das bleibt auch so. Ich schließe die Aussprache zu Tagesordnungspunkt 10.
Wir kommen zur Abstimmung. Der Ältestenrat empfiehlt die Überweisung des Antrags Drucksache 17/5630 an den Ausschuss für Schule und Bildung – federführend – sowie den Haushalts- und Finanzausschuss zur Mitberatung. Die abschließende Beratung und Abstimmung soll im federführenden Ausschuss in öffentlicher Sitzung erfolgen.
Möchte jemand gegen die Überweisung stimmen? – Sich enthalten? – Beides war nicht der Fall. Damit haben wir so überwiesen.
Ich eröffne die Aussprache. Als erster Redner hat für die antragstellende Fraktion der CDU Herr Kollege Voussem das Wort.
Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Fahren, Fliegen oder Laufen – wie bewegen wir uns in 20, 30 oder 40 Jahren? Werden alle Autos autonom und elektrisch sein? Gibt es Drohnentaxis, und fahren wir bald auf Elektrotretrollern?
Das sind nur einige wenige der Fragen, auf die wir bei der Beschäftigung mit der Mobilität der Zukunft eine Antwort erhalten wollen. Schon heute ist für uns klar, dass Mobilität eine entscheidende Voraussetzung für Wachstum, Beschäftigung und Wohlstand in Nordrhein-Westfalen ist.
Damit die Wirtschaft unseres Landes im internationalen Standortwettbewerb bestehen kann, braucht sie eine moderne und leistungsfähige Infrastruktur. Zudem ist Mobilität eine wichtige Voraussetzung für gesellschaftliche Teilhabe der Bürgerinnen und Bürger unseres Landes. Politik und Verwaltung haben die Aufgabe, individuelle Mobilität für alle zuverlässig und unkompliziert zu gewährleisten und die erforderlichen Rahmenbedingungen dafür zu schaffen.
Daher haben wir als NRW-Koalition den Erhalt, die Modernisierung und den bedarfsgerechten Ausbau der Verkehrsinfrastruktur zu einem Schwerpunkt unserer Politik gemacht. Mit unserem Antrag zeigen wir auf, welche Weichen jetzt gestellt werden müssen, um in Nordrhein-Westfalen künftig nicht nur die klassische Verkehrsinfrastruktur – sprich: Straße und Schiene –, sondern vor allem auch verstärkt neue Formen der Mobilität in den Blick zu nehmen.
Der erklärte Wille der Landesregierung und der sie hier im Landtag tragenden Fraktionen von CDU und FDP ist es, Nordrhein-Westfalen in den nächsten Jahren zu einer Modellregion für Mobilität 4.0 weiterzuentwickeln.
Mit der Einrichtung der Abteilung IV „Grundsatzangelegenheiten der Mobilität, Digitalisierung und Vernetzung“ im Verkehrsministerium hat die Landesregierung die administrativen Voraussetzungen geschaffen, um sich diesem wichtigen Themenfeld in der Zukunft verstärkt zu widmen und konkrete Projekte voranzutreiben. – Hierfür danke ich der Landesregierung, namentlich unserem Verkehrsminister Hendrik Wüst.
Meine Damen und Herren, unsere Verkehrspolitik steht unter den Prämissen der Ideologiefreiheit, der Nutzerorientierung und der Technologiefreiheit. Das bedeutet für uns als NRW-Koalition ganz konkret:
Erstens. Die Menschen in unserem Land sollen frei von staatlicher Bevormundung selber entscheiden, welches Verkehrsmittel für sie geeignet erscheint.
Zweitens. Eine einseitige Bevorzugung oder Benachteiligung einzelner Verkehrsträger wird es mit uns nicht geben.
Wir wollen die unterschiedlichen Verkehrsträger nicht gegeneinander ausspielen, sondern ihre jeweiligen Stärken in einer inter- und multimodalen Mobilität kombinieren.
Wir wollen künftig konsequent auf den Einsatz intelligenter Systeme setzen, mit dem Ziel, die Verkehrsträger verstärkt zu vernetzen. Dabei sind digitale Technologien von besonderer Bedeutung. Sie ermöglichen neue Mobilitätskonzepte mit intelligenten und vernetzten Angeboten und werden die Mobilität für die Bürgerinnen und Bürger am Ende komfortabler, effizienter, sicherer und auch umweltfreundlicher machen.
Die entscheidenden Voraussetzungen für eine erfolgreiche Digitalisierung und Vernetzung im Bereich des Verkehrs sind funktions- und leistungsfähige Infrastrukturen und Datennetze von hoher Qualität. Nordrhein-Westfalen wird daher in den nächsten Jahren verstärkt am Mobilfunk-, Gigabit- und 5GAusbau mit überall nutzbaren mobilen Informations- und Kommunikationstechnologien arbeiten, denn ohne den Aufbau eines leistungsfähigen 5GDatennetzes sind Projekte wie das autonome Fahren in der Realität nicht umsetzbar.
Automatisiertes und autonomes Fahren wird die Mobilität der Zukunft grundlegend verändern. Das Erproben und Umsetzen autonomer Fahrsysteme ist für uns als NRW-Koalition daher ein wichtiger Aspekt, auf den wir einen ganz besonderen Fokus legen werden.
Auf eine Auflistung der zahlreichen Maßnahmen und Projekte im Bereich der Förderung neuer Mobilitätsformen, die die Landesregierung bereits auf den Weg gebracht hat, verzichte ich an dieser Stelle; die umfangreiche Liste können Sie unserem Antrag entnehmen.
Wegen der weiter wachsenden Verkehrsaufkommen und der steigenden Mobilitätsbedürfnisse der Menschen muss die Politik Rahmenbedingungen für eine neue Mobilität der Zukunft setzen. Daher arbeiten die Landesregierung und die Fraktionen der NRWKoalition seit Regierungsübernahme vor zwei Jahren intensiv daran.
Mit dem heute vorliegenden Antrag machen wir deutlich, welche weiteren Weichen für eine Mobilität der Zukunft in Nordrhein-Westfalen zu stellen sind. Wir wollen einen Wettstreit guter Ideen. Es ist höchste Zeit, damit jetzt anzufangen, um Daten und Wertschöpfung nicht anderen zu überlassen.
Last but not least: Keine gute Idee, kein gutes Projekt darf am Geld scheitern. Daher ist auch die Verfügbarmachung von EFRE-Mitteln Teil unseres Antrags.
Ich bitte daher um Zustimmung zur Beschlussempfehlung des Verkehrsausschusses und um Annahme unseres Antrags. – Herzlichen Dank.
Herzlichen Dank, Frau Präsidentin. – Meine Damen und Herren! Herr Kollege Voussem, NRW stellt die Weichen für die Mobilität der Zukunft. Zukunftsversprechen sind in der Politik beliebt. Mobilität ist nicht nur ein Stück Freiheit, sondern auch ein Grundbedürfnis, das die meisten Menschen auch einlösen wollen. Das bedeutet oftmals, viele Stunden im Land unterwegs sein zu müssen.
Wir haben Ihren Antrag wohlwollend zur Kenntnis genommen und ihn bereits im Verkehrsausschuss diskutiert. Ihr Zukunftsversprechen in allen Ehren, aber wir wollen uns heute einmal mit der Gegenwart beschäftigen; das ist ja legitim.
Wenn man einmal schaut, was die Landesregierung bisher auf den Weg gebracht hat, so stellt man fest: Das ist insbesondere ein Investitionshochlauf beim Straßenbau. Damit haben Sie bereits eine Priorität gesetzt. Wir meinen aber, dass das nicht reicht. Sie müssen eine Vorstellung entwickeln, wie die Mobilitätswende in Zukunft konkret ermöglicht werden kann.
Nach zwei Jahren Regierungszeit muss da mehr kommen. Sie haben in Ihrem Antrag viele Absichten vorgetragen; das ist auch in Ordnung. Es war aber vor allem wortreich und klangstark, was Sie hier eingebracht haben; inhaltlich war da wenig zu hören.
Am 28. März dieses Jahres hat sich der Deutsche Städtetag zur Situation in NRW geäußert. Daraus möchte ich zwei Absätze zitieren, damit deutlich wird, welche Vorstellungen entwickelt werden sollen und was betroffene Städte hierzu zusammengetragen haben. Zitat:
Der Vorstand stellt fest, dass sich das Engagement des Landes für eine Verkehrswende im Wesentlichen auf das Durchreichen der Bundesmittel für Regionalisierung und Gemeindeverkehrsfinanzierung beschränkt. – Das ist doch ein interessanter Satz und zugleich ein Hinweis darauf, wie Sie die Verkehrswende zurzeit vor allem finanziell abbilden, nämlich mit dem Durchreichen von Mitteln des Bundes.
Es gilt zu klären, welche finanziellen Mittel vom Land Nordrhein-Westfalen aufgebracht werden sollen, um eine entsprechende Transformation der Verkehrssysteme, insbesondere was nachhaltige Mobilität angeht, zu beschleunigen. Wir reden heute nicht darüber, was wir irgendwann in der Zukunft machen wollen, sondern wie die Verkehrswende jetzt ganz konkret gelingen kann.
Mit Blick auf die Einlassungen der Leopoldina von gestern wird deutlich, wie falsch die Debatten über die Zukunft der Mobilität derzeit laufen. Hinweise auf entsprechende Messstellen und Probleme mit Fahrverboten sind nach dem Motto eingeordnet worden: Das alles sind Scheindebatten, die uns nicht wirklich voranbringen. Solche Scheindebatten sollten wir möglichst kurzfristig beenden. – Wir sind dazu bereit, aber wir erwarten natürlich auch, dass hier Inhalte eingebracht werden, sodass wir uns tatsächlich mit der Mobilitätswende in NRW beschäftigen können.
Wir laden Sie herzlich zum Mitmachen ein. Bisher haben wir noch keine Einladung von Ihnen erhalten; vielmehr haben Sie uns immer nur vorgetragen, was Sie in Zukunft alles machen wollen. Lassen Sie es mich anders ausdrücken: Der richtige Weg ist der von der Leopoldina beschriebene – wir brauchen eine Verkehrswende. Diese müssen wir groß denken. Die Zeit ist knapp. Viele müssen bereit sein, sich zu verändern.
Eines steht fest: Die Denkrichtung kann man nur ändern, wenn man genau hinschaut, wohin der Weg in die Zukunft führt.
Diesen Weg haben Sie heute nicht skizziert. Die SPD bleibt natürlich am Ball. Ihr Antrag bietet zu wenig, um ihm heute zuzustimmen. – Herzlichen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.