Protocol of the Session on July 13, 2017

(Beifall von der AfD)

Herr Preuß, ich bin gespannt, ob sich der Oppositions-Preuß und der Regierungs-Preuß einig sind.

(Heiterkeit von der AfD)

Es sieht also danach aus, als könne es hier eine Mehrheit für eine maßvolle und vernünftige Ausgestaltung des Nichtraucherschutzes geben.

Möglicherweise wird es Ihnen schwerfallen, zuzugeben, dass die bösen Rechtspopulisten nicht nur rechts sind, sondern ab und zu auch recht haben. Gewiss haben sich Ihre Referenten auch schon eine Reihe formeller Bedenken ausgedacht, hinter denen Sie sich jetzt verstecken können. Möglicherweise ist auch die CDU wieder mal umgefallen oder, wie man das heute nennt, „hat sich weiterentwickelt“.

(Heiterkeit von der AfD)

Und möglicherweise leidet die FDP wieder mal unter Vergesslichkeit, was die Wahlversprechen angeht. Ich hoffe aber, dass Sie an dieser Stelle nicht wortbrüchig werden. Wenn Ihnen etwas an dem Handwerk Ihrer Kollegen aus dem Südwesten nicht gefällt,

dann ist sicher noch Gelegenheit, im Ausschuss darüber zu sprechen.

Meine Damen und Herren von der CDU, Sie haben die Gelegenheit, dieses brutale Existenzvernichtungsprogramm grüner Ideologen zu stoppen und ein Zeichen der Vernunft zu setzen. Sie haben die Gelegenheit, den Menschen ein Stück Kultur und Heimat zu erhalten, und Sie haben die Gelegenheit, zu zeigen, was Ihre Versprechen wert sind. – Danke.

(Beifall von der AfD)

Vielen Dank, Herr Tritschler. – Für die CDU-Fraktion spricht nun Herr Kollege Preuß.

Herr Präsident! Meine lieben Kolleginnen und Kollegen! Ich bin der, von dem eben die Rede war.

(Zuruf von der AfD: Unsere große Hoffnung!)

Das Thema „Nichtraucherschutz in Nordrhein-Westfalen“ hat uns in den vergangenen Legislaturperioden mehrfach beschäftigt. Es kann überhaupt kein Zweifel daran bestehen – und es ist auch von niemandem anders gesehen worden –, dass das Rauchen und insbesondere das Passivrauchen gesundheitsgefährdend ist.

Es ist also abzuwägen zwischen dem Schutz der Gesundheit einerseits und der individuellen Entscheidung andererseits, wann und wo ich rauchen will oder das Rauchen zulasse. Mögliche Umsatzeinbußen, über die man selbst innerhalb der Gastronomie geteilter Meinung ist, sind dagegen kein Aspekt, der einen direkten Einfluss darauf haben kann, wenn es um die Abwägung zwischen Gesundheit und individueller Freiheit geht.

Die CDU-Landtagsfraktion war die erste Fraktion, die den Schutz der Nichtraucher konsequent durchgesetzt hat, und die CDU/FDP-geführte Landesregierung hat 2008 unter dem damaligen Minister Laumann ein gutes Nichtraucherschutzgesetz auf den Weg gebracht. Gut deshalb, weil es Gesundheitsschutz und individuelle Lebensbedürfnisse und Lebensweisen der Bürgerinnen und Bürger in Einklang gebracht hat – ein echter Interessenausgleich.

Das geltende Nichtraucherschutzgesetz in NRW aus dem Jahr 2012 hingegen hat unsere Zustimmung seinerzeit nicht erfahren; denn es ist geprägt von rotgrüner Gängelei und der Vorstellung, den Menschen vorschreiben zu müssen, wie sie zu leben haben.

(Beifall von der CDU – Vereinzelt Beifall von der AfD)

Klatschen Sie nicht zu früh. – Die Zustimmung zu einem Rauchverbot ist in den vergangenen Jahren gestiegen, und dies nicht nur bei den Nichtrauchern,

sondern auch bei den Rauchern. Der Schutz vor dem Passivrauchen ist in unserer Gesellschaft heute mehr denn je akzeptiert. In der Politik gilt das Prinzip der praktischen Vernunft, und das heißt, dass Realitäten anerkannt werden müssen

(Beifall von der CDU – Lachen von der SPD – Zuruf von der SPD: Sehr gut, Herr Kollege!)

und dass nicht mit dem Stachel zu löcken und Teile der Bevölkerung gegen sich aufzubringen oder die Gesellschaft zu spalten ist.

Nicht zuletzt deshalb hat sich die Koalition im Koalitionsvertrag darauf verständigt, das Nichtraucherschutzgesetz unberührt zu lassen, wohl aber begründete Ausnahmen vorzusehen, die sich jedoch nicht auf Räume innerhalb von Gaststätten beziehen. Kneipensterben, Umsatzeinbußen, Belästigung von Anwohnern oder weniger Gemütlichkeit in Kneipen oder im Bierzelt sind keine stichhaltigen Gründe, um den Nichtraucherschutz aufzuweichen. Selbst unter den Gastronomen scheint es keine einheitliche Meinung zum Nichtraucherschutz in Nordrhein-Westfalen zu geben.

Es gibt aber – bezogen auf den Antrag – keinen erkennbaren Handlungsbedarf. Der vorliegende Antrag der AfD liefert keine neuen Aspekte oder Fakten, die eine nochmalige Debatte über das Thema notwendig machen. Nicht zuletzt würde eine erneute Änderung des Gesetzes nur wieder eine Diskussion lostreten, die den Menschen in unserem Lande nicht dient. Aber Einzelheiten können wir gerne im Ausschuss vertiefen. – Vielen Dank.

Herr Kollege, gestatten Sie eine Zwischenfrage, die jetzt schon eine Schlussfrage wird? Herr Tritschler hätte noch eine Frage. Würden Sie sie zulassen?

Ja, bitte.

Das ist nett von Ihnen. – Herr Tritschler, bitte schön.

Herr Kollege, vielen Dank. – Ich habe eine Frage, da Sie es mehrmals angesprochen haben: Halten Sie Diskussionen für etwas Schlechtes in einer Demokratie? Es klang so. Oder habe ich Sie da missverstanden?

Nein, ich halte die Diskussion nicht für schlecht. Ich halte sie nur an dieser Stelle für unnötig, weil der Schutz der Nichtraucher in der Gesellschaft inzwischen akzeptiert ist.

(Beifall von der CDU)

Vielen Dank, Herr Preuß. – Nun spricht Herr Yüksel für die SPDFraktion.

(Zuruf von der AfD: Wir sind mit Ihrer Fortent- wicklung nicht einverstanden! – Gegenruf von Peter Preuß [CDU]: Müssen Sie auch nicht!)

Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Herr Preuß, Sie werden mir erlauben, dass ich am Beginn meiner Rede zu Ihrer Rede Stellung nehme. Es war erstaunlich, zu hören, wie aus „Gängelei“ am Ende „praktische Vernunft in der Politik“ wird. Wie Sie diese Pirouette hinbekommen haben – alle Achtung! Herzlichen Dank für die Vorlage.

(Heiterkeit und Beifall von der SPD)

Verehrte Kolleginnen und Kollegen, wir alle kennen die bundesweiten Zahlen: 86 % der befragten Bürgerinnen und Bürger sind für einen Nichtraucherschutz in der Gastronomie. Hier ist es auch gesagt worden: Sogar 66 % der Raucher stimmen diesem Schutz zu.

Die Forderung nach einem effektiven Gesundheitsschutz wird also nicht mehr hinterfragt, sondern sie ist eine gesellschaftliche Realität, die mittlerweile auch die CDU in Nordrhein-Westfalen, wie wir gerade gehört haben, anerkennt, indem sie ihre ursprünglich kritische Formulierung zum Nichtraucherschutz aus ihrem Wahlprogramm gestrichen hat. Generalsekretär Löttgen begründete dies damit, dass es überwiegend kritische Anregungen von der eigenen Basis gab.

Die Frage lautet also nicht mehr, ob wir einen Nichtraucherschutz brauchen, sondern in welcher Form wir ihn brauchen. Selbst die AfD folgt uns in dieser Hinsicht mit ihrem Gesetzentwurf; auch Sie stellen den Nichtraucherschutz nicht gänzlich infrage.

Die Frage ist jedoch keineswegs neu. Sowohl in der Regierungsverantwortung als auch als Gesetzgeber haben wir uns lange und intensiv mit dieser Frage beschäftigt. Es hätte sowohl der CDU als auch der AfD gutgetan, sich mit unseren Erfahrungen genauer auseinanderzusetzen. Die Erfahrungen mit einem gelockerten Nichtraucherschutzgesetz zeigen uns nämlich, dass ein Gesetz mit Ausnahmen praxisfern und nicht praktikabel und ist.

So untersuchte das Deutsche Krebsforschungszentrum im Jahr 2013 knapp 2.000 Gaststätten in 15 verschiedenen Städten in Nordrhein-Westfalen. Heraus kam, dass die Umsetzung des gelockerten Nichtraucherschutzgesetzes ungenügend war. Über 50 % der Raucherräume wurde gar nicht gekennzeichnet. In rund einem Drittel der Gaststätten waren Abtrennungen zwischen Raucher- und Nichtraucherbereichen nicht eingehalten worden. In rund 15 % war der Raucherbereich sogar größer als der Nichtraucherbereich.

Das ist übrigens kein nordrhein-westfälisches Spezifikum, sondern auch in anderen Bundesländern, die damals einen Nichtraucherschutz mit Schlupflöchern vorgesehen hatten oder ihn heute noch haben, hapert es bei der konkreten Umsetzung.

Das dort zuständige Sozialministerium hat bei der Evaluierung des Nichtraucherschutzgesetzes festgestellt, dass es umfangreiche Defizite bei der Umsetzung des Gesetzes gibt. Kontrollen wurden von den Kommunen viel zu selten durchgeführt; den Kommunen fehlt das Personal für die Überprüfung der Ausnahmen beim Nichtraucherschutz.

Diese Erfahrungen zeigen uns ganz klar, liebe Kolleginnen und Kollegen: Nichtraucherschutz gibt es nur ganz oder gar nicht. Wir wollen keine Ausnahmen und Unklarheiten, die Schlupflöcher ermöglichen, die mit der Zeit immer größer werden und den Nichtraucherschutz schließlich aushöhlen.

Im Hinblick auf diese Tatsachen erscheint der Gesetzentwurf der AfD sehr naiv, insbesondere weil der Entwurf suggeriert, dass man mit einer einfachen Kennzeichnung – die aber schon im Jahr 2013 nicht eingehalten worden ist – alle Probleme lösen könnte.

Herr Kollege, gestatten Sie eine Zwischenfrage von Herrn Dr. Vincentz?

Ja, gerne.

Herr Dr. Vincentz, bitte schön.

Herr Yüksel, danke für die Erlaubnis, eine Zwischenfrage stellen zu können. – Sie sprachen es gerade an: In Baden-Württemberg gibt es eine andere Regelung, und dieser hätten wir uns jetzt mit diesem Gesetzentwurf ein wenig angepasst.

Sie haben völlig recht: Der Nichtraucherschutz ist absolut wichtig. Die Frage ist aber: Ist es tatsächlich so, dass nur das Rauchen in der Kneipe dazu führt, dass die Menschen früher sterben? Oder ist es vielleicht auch so, dass zum Beispiel die Kinder zu Hause dem Qualm durch ihre rauchenden Eltern ausgesetzt sind und letztlich dadurch eine erhöhte Sterblichkeit zu verzeichnen ist? Denn Tatsache ist: In Baden-Württemberg haben die Menschen die längste Lebenserwartung, im Saarland hingegen – das Saarland ist genauso wie Nordrhein-Westfalen mit einem sehr strengen Nichtraucherschutz versehen – gibt es die kürzeste Lebenserwartung in der Bundesrepublik Deutschland.

Die Lebenserwartung in Deutschland hängt sicher nicht nur vom Rauchen ab;

da spielen auch noch andere Faktoren eine wesentliche Rolle. Daher sollte man die Lebenserwartung nicht nur am Tabakrauch festmachen.

Zigarettenrauch bleibt in Baden-Württemberg in den jeweiligen Räumen, in denen geraucht wird – im Auto oder wenn zu Hause –, genauso gefährlich wie beispielsweise im Saarland. In Ihre Privaträume, wo die Unverletzlichkeit der Wohnung gilt, lassen Sie nicht jeden hinein, der vielleicht rauchen möchte. In öffentlich zugänglichen Räumen hingegen besteht das Problem, dass sich auch Nichtraucher darin aufhalten und dann dieser Gefahr ausgesetzt sind. Da würde ich den Unterschied machen. – Herzlichen Dank für die Zwischenfrage.