Protocol of the Session on November 15, 2018

(Mehrdad Mostofizadeh [GRÜNE]: Hat Ihr Kol- lege auch gemacht!)

dann fassen sich die Leute an den Kopf, wenn sie hören, was Sie hier erzählen.

(Beifall von der CDU und der FDP)

Haben Sie immer noch kein Gefühl dafür entwickelt, was im Umfeld von Shisha-Bars passiert? Dass die wie Pilze aus dem Boden schießen – aber nicht deshalb, weil dort Leute rauchen wollen, sondern weil da krumme Geschäfte gemacht werden, weil da Geldwäsche betrieben wird und anderes mehr?

(Zurufe von der SPD, den GRÜNEN und der AfD)

Nicht in jeder einzelnen Shisha-Bar – damit das auch geklärt wird –, aber in deren Umfeld allgemein! Das Umfeld dieser Bars ist in Nordrhein-Westfalen der Boden für Clankriminalität.

(Beifall von der CDU und der FDP – Zurufe von der SPD, den GRÜNEN und der AfD)

Darum muss man sich kümmern. Das kann man nicht einfach laufen lassen.

Meine Damen und Herren, dazu gehört auch eine saubere Analyse; da haben Sie recht. Erstens: Warum sind in den 80er-Jahren diese Menschen ins Ruhrgebiet gekommen?

(Zuruf von der SPD)

Warum hat sich die Politik nicht darum gekümmert? Warum sind die Probleme entstanden? – Ich glaube, es sind einige kritische Fragen zu stellen, warum das Ganze überhaupt entstanden ist; das stimmt. Und zweitens: Warum ist in den letzten Jahren gar nichts passiert? Warum hat sich eigentlich nie jemand darum gekümmert?

(Zuruf von der CDU: Genau!)

Warum fangen wir erst jetzt damit an, uns systematisch um dieses Problem zu kümmern?

(Zuruf von der SPD)

Es geht nicht nur um die Shisha-Bars. Das ist viel komplizierter, da haben Sie recht.

(Zuruf von Mehrdad Mostofizadeh [GRÜNE] – Zurufe von der SPD)

Es geht auch darum, was in diesem Umfeld an kriminellen Aktivitäten entsteht, wenn sich Clans bilden, wenn bestimmte Familienclans glauben, sie könnten bestimmen, welche Regeln in einer Stadt, in einer Straße, in einem Stadtviertel zu gelten haben. Da muss ich sagen, dass ich fassungslos bin, dass Sie bei solch einem Thema anfangen, über Nichtraucherschutz zu debattieren.

(Beifall von der CDU und der FDP – Zuruf von Lisa-Kristin Kapteinat [SPD] – Zuruf von den GRÜNEN)

Das können Sie von mir aus auch gerne weitermachen. Ich sage Ihnen nur, dass wir in den letzten Monaten verdichtete Kontrollen durchführen – und zwar nicht durch die Polizei allein, nicht durch die Landesregierung allein, sondern weil da Gott sei Dank und dankenswerterweise die unterschiedlichen Kräfte zusammenarbeiten: Zoll, Finanzamt, Ordnungsamt, Gesundheitsamt und Polizei kümmern sich gemeinsam um das Problem.

Sie kümmern sich erstens kontinuierlich – also immer wieder, nicht eine Shownummer – darum, und zweitens sind sie in aller Konsequenz damit unterwegs. Sie sind gemeinsam, kontinuierlich und konsequent unterwegs. Das führt dann dazu, dass 278 Strafanzeigen und 542 Ordnungswidrigkeiten aufgenommen wurden. Es wurden 40 Personen festgenommen, 445 Objekte kontrolliert. Es gab über 600 Maßnahmen anderer Behörden hinsichtlich Tabak, Hygiene, Glücksspiel, Gaststättenverordnung usw., und 15 der kontrollierten Objekte wurden geschlossen.

Noch ein Satz dazu: Ich halte das für richtig und zwingend notwendig. Es war höchste Zeit, dass es passiert. Aber es glaube bitte keiner, dass damit das Problem der Clankriminalität schon gelöst wäre. Das ist viel komplizierter. Jahrzehntelang ist nichts gemacht worden, und es wird lange dauern, das alles wieder zu lösen. Dazu braucht es drei Schritte:

Erstens muss intensiv im Bereich der Organisierten Kriminalität – Geldströme und anderes mehr – gearbeitet werden. Wir haben eine Taskforce in Nordrhein-Westfalen eingerichtet.

(Mehrdad Mostofizadeh [GRÜNE]: Am Wo- chenende?)

Das ist aber eine Arbeit, die sehr, sehr langwierig ist; die ist nicht schnell zu erledigen.

Zweitens. Man muss im Rahmen solcher Razzien – dazu muss ich jetzt sicher nichts mehr sagen – gemeinsam mit unterschiedlichen Institutionen konsequent und kontinuierlich dranbleiben und den Kontrolldruck erhöhen.

Drittens – das gehört auch dazu – muss sich die Politik Antworten darauf einfallen lassen, welche Hilfsangebote man denjenigen machen kann, die aus diesen Clans herauswollen, weil sie dieses Leben satt haben und sich eine neue, eigene Karriere auf normalem Wege aufbauen wollen. Dazu haben wir uns noch nichts einfallen lassen. Ich will auch gar nicht sagen, dass wir das …

(Mehrdad Mostofizadeh [GRÜNE]: Dann macht doch mal eine Aktuelle Stunde dazu!)

Entschuldigen Sie, ich bin jetzt ein Jahr im Amt. Sie haben hier zehn Jahre regiert und das alles versemmelt. Es ist überhaupt nichts passiert.

(Beifall von der CDU – Zurufe von der SPD: Oh!)

Wenn ich zu diesem Thema von Rot und Grün den Hinweis bekomme, man möge sich darum kümmern, kriege ich Lachkrämpfe.

(Mehrdad Mostofizadeh [GRÜNE]: Ich habe über ein parlamentarisches Instrument ge- sprochen! Das ist gespielte Aufregung!)

Waren Sie schon mal ein, zwei Nächte unterwegs und haben sich angeschaut, was da los ist, oder kennen Sie das nur aus dem Fernsehen?

(Frank Müller [SPD]: Wie lange haben Sie da- für vor dem Spiegel geübt, Herr Minister?)

Wissen Sie, was für ein Problem sich da entwickelt hat? Haben Sie verstanden, dass sich das über Jahre und Jahrzehnte entwickelt hat und dass man sich jetzt endlich kümmern muss? Ich sage Ihnen: Wir kümmern uns mit aller Konsequenz darum. Das gilt für alle drei Bereiche: Bekämpfung der Organisierten Kriminalität, vermehrte Razzien und somit Erhöhung des Kontrolldrucks sowie Erarbeitung von Ausstiegschancen.

Im Übrigen machen wir das auch in anderen Bereichen schon so, und wir werden es auch in diesem Bereich anbieten. Wir werden dafür sorgen, dass diejenigen, die aus diesen Clans aussteigen wollen, Hilfe vom Staat bekommen. Dessen können Sie sich

ganz sicher sein. Aber das kann man nicht mal eben so aus dem Ärmel schütteln.

In diesem Sinne: Herzlichen Dank, dass Sie zugehört haben. Ich wäre Ihnen dankbar, wenn Sie in Zukunft nicht nur über den Nichtraucherschutz sprechen würden, sondern auch über die Clankriminalität.

(Beifall von der CDU – Lisa-Kristin Kapteinat [SPD]: Dann müssen Sie den Antrag so for- mulieren! – Zuruf von der SPD: Das ist eine Frechheit, Herr Minister!)

Vielen Dank, Herr Minister Reul. – Für die SPD erteile ich noch einmal dem Kollegen Yüksel das Wort.

Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich hatte eigentlich nicht die Absicht, in der zweiten Runde noch einmal darauf einzugehen, weil ich der Auffassung war, dass wir über ein gesundheitspolitisches Thema sprechen. Die Kolleginnen und Kollegen von FDP und CDU haben das auch getan. Herr Minister, ich habe den Eindruck, dass Sie den Antrag Ihrer eigenen Fraktion nicht gelesen haben. Anders kann ich mir das nicht erklären.

(Beifall von der SPD – Minister Herbert Reul: Das ist kein Antrag, das ist eine Aktuelle Stunde!)

Ja, zu diesem Thema wurde eine Aktuelle Stunde mit einer gesundheitspolitischen Diktion beantragt.

(Mehrdad Mostofizadeh [GRÜNE]: Der Minis- ter darf nicht reinrufen, Herr Präsident! – Zu- rufe von der CDU: Oh!)

Wenn Sie die Kleinkriminalität, sprich: die Organisierte Kriminalität, in den Fokus hätten stellen wollen, dann hätten Sie heute Morgen einen anderen Antrag stellen müssen.

(Beifall von der SPD)

Wir haben im Gesundheitsausschuss auch darüber diskutiert. Ich möchte einmal aus dem Ausschussprotokoll zitieren, was der Kollege der FDP dazu gesagt hat, als ich auf die Problematik, die Herr Reul zum Teil angesprochen hat, eingegangen bin. Herr Rainer Matheisen sagte, es gehe hier nicht um ein Problem von Shisha-Bars im Allgemeinen. Diese fänden doch bei so vielen Menschen Anklang und seien akzeptiert. Den Shisha-Bars, wie gerade gefordert, den Garaus zu machen, hielte er für völlig daneben.

Das war Ihre gesundheitspolitische Betrachtung im Ausschuss.

(Beifall von der SPD – Zurufe von der CDU und der FDP: Oh! – Mehrdad Mostofizadeh [GRÜNE]: Ich sehe das viel strenger!)

Sie müssen sich in der Koalition schon darauf einigen, ob Sie Shisha-Bars als Hort der Kriminalität ansehen oder nicht. Wenn dem so ist, dann müssten Sie als Innenminister konsequent vorgehen, statt bei einem solchen Antrag – das ist völlig daneben – ein innenpolitisches Thema daraus zu machen. Vielleicht gilt aber auch das, was der FDP-Kollege gesagt hat. Deshalb wäre es nicht schlecht, wenn Sie sich einig würden über die Diktion, wie Sie weiter mit den Shisha-Bars umgehen wollen.

(Marc Lürbke [FDP]: Dann hätten Sie mir nur zuhören müssen! – Zurufe von der SPD)

Ich habe Ihnen zugehört, aber Sie haben genau das Gegenteil von dem gesagt, was Ihr Kollege gesagt hat. Das ist das Problem. Deshalb wäre es nicht schlecht gewesen, wenn Sie sich vorher mit Ihrem Kollegen abgestimmt hätten, in welcher Diktion Sie das Thema behandeln wollen.