Protocol of the Session on July 12, 2017

Wir kommen damit zu:

11 Trotz steigender Trinkwasserkosten: CDU/FDP

verweigern sachgerechte Umsetzung der Düngeverordnung

Antrag der Fraktion der SPD Drucksache 17/80

Ich eröffne die Aussprache und erteile für die antragstellende Fraktion der SPD Frau Abgeordneter Watermann-Krass das Wort. Bitte schön, Frau Kollegin.

Sehr geehrte Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Nach Durchsicht des Koalitionsvertrags im Hinblick auf das, was dort zur zukünftigen Landwirtschaftspolitik steht, drängt sich uns die Frage auf: Für wen macht diese Landesregierung Politik? Für eine kleine Gruppe von Wählerinnen und Wählern aus der Landwirtschaft oder für einen großen Teil der Verbraucherinnen und Verbraucher?

(Zuruf von der CDU)

Deshalb wollen wir von der SPD gleich zu Beginn klarstellen: Wir stehen für die Interessen der Verbraucherinnen und Verbraucher.

(Beifall von der SPD – Zurufe von der CDU)

Deshalb haben wir diesen Antrag gestellt. Wir brauchen eine sachgerechte Umsetzung der Düngeverordnung, damit nicht am Ende der Verbraucher wegen einer nachlässigen Umsetzung der Düngeverordnung die steigenden Trinkwasserkosten zahlen muss. Ich zitiere einmal unseren Wasserversorger Gelsenwasser:

„Wenn dieser Zustand anhält, müssen Trinkwasserversorger in Zukunft bestehende Brunnen schließen und dafür dann neue und tiefere Trink

wasserbrunnen bohren oder komplexe technische Verfahren anwenden, um dem Problem der Nitratbelastung zu begegnen.“

Das Problem ist schon länger bekannt. Der Nährstoff- und Nitratbericht für NRW aus dem Jahr 2014 und verschiedene Studien belegen, dass wir in NRW vor allem in den landwirtschaftlich stark genutzten Gebieten Grundwasserprobleme haben. Trotz diverser staatlich finanzierter Maßnahmen hat sich diese Situation nicht verbessert, sondern in Teilen sogar noch verschlechtert. Insgesamt können wir heute sagen, dass rund 40 % der Grundwasserkörper in Nordrhein-Westfalen davon betroffen sind.

In unserer Regierungszeit haben wir daher vehement eine Änderung des Düngegesetzes und der Düngeverordnung gefordert. Auch hierzu habe ich mehrfach das Wort ergriffen. Wir sehen, dass das Düngegesetz und die Düngeverordnung endlich – übrigens trotz Widerstands der CDU – verabschiedet sind.

Mit der Düngeverordnung wurden lange überfällige Schritte eingeleitet. Allerdings – auch das erleben wir auf der Bundesebene –: Für die Wasserwirtschaft im Land geht diese Verordnung nicht weit genug. Die aktuelle Studie des Bundesumweltamts, aber auch das Gutachten der Wasserwirtschaft sprechen von einer Preissteigerung zwischen 32 % und 45 %. Für eine vierköpfige Familie würde das immerhin mehr als 130 € im Jahr bedeuten.

Jetzt zu der Aussage im Koalitionsvertrag: Man kann lesen:

„Bei der Düngeverordnung wird es keine Verschärfung über die Länderöffnungsklausel hinaus geben.“

(Beifall von der CDU)

Dazu muss man wissen: In der neuen Düngeverordnung ist ganz klar geregelt, dass die einzelnen Bundesländer mindestens drei von 14 verschärfenden Maßnahmen zur Verbesserung der Wasserqualität ergreifen müssen.

(Zuruf von der SPD: So ist es!)

Ich frage die Vertreter von CDU und FDP – Sie haben ja gleich das Wort –, aber auch unsere Ministerin, Frau Schulze Föcking: Wie kommen Sie zu solchen Aussagen? Liegen Ihnen bereits neue Erkenntnisse zur Nitratbelastung vor, sodass Sie meinen, nur die notwendigsten Maßnahmen für NRW einleiten zu müssen? Sollen in diesem Fall die Kosten für die Grundwasserverschmutzung die Verbraucher zahlen und nicht die Verursacher? Gilt hier nicht das Verursacherprinzip? Oder wollen Sie in erster Linie die Landwirtschaft schonen?

CDU und FDP versprechen ohne Prüfung und Kenntnis der realen Probleme vor Ort eine fachgerechte Lösung. Aber wenn noch keine neuen Er

kenntnisse vorhanden sind, wie kann man dann solche Versprechungen machen? Warum nutzen Sie denn nicht den Sachverstand der Wasserwirtschaft, die sich zu dem Bereich ausführlich geäußert hat?

Deshalb fordern wir in unserem Antrag die Umsetzung der Düngeverordnung mit einer intensiven fachlichen Prüfung und mit passgenauen, regional ausgerichteten Lösungen. Nur dann werden wir es hinbekommen, den Stickstoffeintrag deutlich zu senken.

Die neue Regierung sollte sich in dieser Frage nicht einseitig vor die Landwirtschaft stellen, sondern erkennen, dass das Wasser unser wichtigstes Lebensmittel ist und dass nicht am Ende der Verbraucher die Zeche für eine zunehmende Grundwasserverschmutzung zahlen darf.

Wir freuen uns auf eine intensive Auseinandersetzung im Fachausschuss. Ich bin auch ganz gespannt auf Ihre Antworten zu den Fragen, die ich hier gestellt habe. – Herzlichen Dank.

(Beifall von der SPD)

Vielen Dank, Frau Kollegin Watermann-Krass. – Als nächster Redner hat für die Fraktion der CDU der Kollege Deppe das Wort. Bitte schön, Herr Abgeordneter.

Meine Damen und Herren Kolleginnen und Kollegen von der SPD, als ich Ihren Antrag gelesen habe, habe ich gedacht: Die haben aus der Wahlniederlage überhaupt nichts gelernt.

(Beifall von der CDU und der FDP)

Diese Übertreibungen und diese Panikmache nimmt Ihnen doch keiner mehr ab. Wenn Sie jetzt auch noch versuchen, die Grünen zu überholen, dann müssen Sie aufpassen, dass Sie nicht irgendwann auch mit den Wahlergebnissen bei den Grünen landen.

(Beifall von der CDU und der FDP)

6,4 % sind ja noch eine echte Zielmarke für die SPD.

(Christian Dahm [SPD]: Geht es noch dicker, Herr Deppe? Geht es noch dicker?)

Frau Watermann-Krass, Sie spielen mit den Sorgen der Bürger vor höheren Gebühren. Wenn Sie sich die Wasserpreise in Nordrhein-Westfalen anschauen und einmal eine Rückwärtsbetrachtung von 2008 bis 2016 machen, dann sehen Sie: Die sind um 2,5 % gestiegen.

Wenn Sie auch einmal die Preise vergleichen, die der Bürger für das Abwasser bezahlt – in der Regel bekommt er dafür eine gemeinsame Rechnung –, dann sehen Sie: Die sind um 13,1 % gestiegen.

Hier sieht man doch, was der SPD wichtig ist und was ihr unwichtig ist. Sie versuchen, ein Thema zum Thema zu machen, das in Wahrheit gar keines ist.

Sie stützen Ihren Antrag auf die Studie des Umweltbundesamtes zu den Kosten der Trinkwasseraufbereitung. Das Dumme ist nur, dass die Studie – das hätten Sie eigentlich wissen können, wenn Sie sich in der Sache etwas auskennen würden – naturwissenschaftliche Erkenntnisse schlichtweg ausblendet.

So ist zum Beispiel die Denitrifikation in der Studie überhaupt nicht berücksichtigt.

Die Studie unterscheidet noch nicht einmal zwischen dem Sickerwasser, das in etwa 1 m oder maximal 1,50 m unter der Erdoberfläche gewonnen wird oder gemessen wird, und dem Grundwasser, das im Schnitt 30 m unter der Erdoberfläche gewonnen wird und aus dem das Trinkwasser produziert wird.

Im rechtlichen und politischen Bereich berücksichtigt diese Studie auch noch nicht das neue Düngerecht, das seit Anfang Juni dieses Jahres in Kraft ist.

So ist das eben, Frau Watermann-Krass, wenn man wieder einmal stur blind Frau Hendricks hinterherläuft, die schon ganz oft danebengelegen hat und bewiesen hat, dass sie weder von Landwirtschaft noch von naturwissenschaftlichen Dingen irgendetwas versteht.

(Beifall von der CDU)

Meine Damen und Herren, natürlich führt der Mehrheitswechsel im Landtag nicht zu geringeren Stickstoffanteilen in der Gülle. Wir gehen – offenbar ganz anders als die SPD in Nordrhein-Westfalen – davon aus, dass das neue Düngerecht, das Bundestag und Bundesrat beschlossen haben, den Nährstoffeintrag in das Grund- und Oberflächenwasser wirksam reduzieren wird. In Nordrhein-Westfalen wird das nicht anders sein als in den anderen Bundesländern.

Übrigens: Beim Schutz des Trinkwassers sind wir uns mit der Landwirtschaft vollkommen einig. Gerade noch hat der Präsident des Rheinischen Landwirtschafts-Verbandes in der „Rheinischen Post“ vom 7. Juli 2017 erklärt: Wir Bauern möchten das Trinkwasser für die nächsten Generationen in Ordnung halten.

(Vereinzelt Beifall von der CDU)

Bitte konstruieren Sie hier also keine Gegensätze zwischen Bauern und Verbrauchern.

Unsere neue Ministerin wird den ehrlichen Dialog mit den Landwirten wieder aufnehmen. Im Rahmen des Bundesrechts werden wir die Ziele auch erreichen. Da bin ich mir ganz sicher.

Wenn Sie unseren Koalitionsvertrag gelesen hätten, wüssten Sie auch, wie. Ich empfehle Ihnen einmal Seite 83 – so weit sind Sie vielleicht nicht gekommen –:

(Zurufe von der SPD: Oh!)

„Wir werden das Erfolgsmodell der Wasserkooperationen zwischen Landwirtschaft und Wasserwerken stärken“