Protocol of the Session on June 30, 2017

(Helmut Seifen [AfD]: Tun wir auch!)

Genau in diesem Punkt bin ich sehr gespannt auf Ihr weiteres Verhalten hier im Landtag. Wenn ich Ihnen das sagen darf: Nur weil man demokratisch gewählt ist, ist man nicht automatisch ein Demokrat. Das ist der feine Unterschied.

(Beifall von der FDP, der CDU und der SPD)

Herr Wagner, wenn ich Sie vorhin richtig verstanden habe, dann haben Sie gesagt: Echte Demokraten können sich dem doch gar nicht verweigern.

(Helmut Seifen [AfD]: Genau!)

Ich glaube, wir brauchen hier keine Nachhilfestunde von Ihnen, was echte Demokraten tun und was Demokratie ist. Wer sich mit solch einem Antrag hier und heute als vermeintlicher Retter der Demokratie in Nordrhein-Westfalen hervorspielen möchte, der ist

doch vor allem selbst gefragt, seine eigene Verpflichtung für die demokratischen Grundwerte und die Menschenrechte unter Beweis zu stellen. Darauf sind wir sehr gespannt.

Diesen Antrag werden wir ablehnen; er ist in der Sache unnötig. – Herzlichen Dank.

(Beifall von der FDP und der CDU)

Vielen Dank, Herr Kollege Lürbke. – Als nächste Rednerin hat für die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen Frau Kollegin Schäffer das Wort. Bitte schön, Frau Kollegin.

Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Dass eine rechtspopulistische Partei, die klar rassistische Inhalte vertritt und Rechtsextremisten als Mitglieder führt, den Antrag „NRW gegen Extremismus“ stellt, ist an Ironie eigentlich nicht zu überbieten.

(Beifall von den GRÜNEN und der SPD)

Wenn Sie tatsächlich so in Sorge um unsere Demokratie und Menschenrechte sind, dann sollten Sie als Allererstes in Ihrem eigenen Laden aufräumen, bevor Sie die Arbeit anderer diskreditieren. Und dass Sie Ihren Antrag zu 90 % bei der AfD in der Hamburger Bürgerschaft abgeschrieben haben, zeigt ja, wie wichtig Ihnen die Arbeit gegen antidemokratische und menschenfeindliche Ideologien ist: nämlich gar nicht.

Aber ich denke, es gibt noch mehr, und zwar gute Gründe, diesen Antrag abzulehnen. 2011 haben wir hier in diesem Hohen Hause einen guten Beschluss gefasst. Zugespitzt lautete der Beschluss: Die Extremismusklausel muss weg!

Warum haben wir das damals mehrheitlich so beschlossen? – 2010 hatte die damalige Bundesfamilienministerin Kristina Schröder die Demokratieerklärung eingeführt. Die Träger der verschiedenen Projekte aus dem Bundesprogramm mussten als Fördervoraussetzung diese Demokratieerklärung unterzeichnen. Gegen diese Erklärung hatte sich sehr schnell sehr heftiger Protest formiert,

(Markus Wagner [AfD]: Das wundert mich nicht!)

weil sie sehr exemplarisch für das Misstrauen des damaligen Ministeriums gegenüber Vereinen und Initiativen stand, und auch deshalb, weil sie verschiedene Rechtsunsicherheiten mit sich brachte.

Es gab verschiedene Gutachten; zum Beispiel vom Wissenschaftlichen Dienst des Deutschen Bundestages, der verfassungsrechtliche Bedenken angemeldet hat – zum Beispiel hinsichtlich des Bestimmtheitsgebots und auch der Verhältnismäßigkeit.

(Markus Wagner [AfD]: Das wird in unserem Antrag berücksichtigt!)

Aber nicht nur das – und das finde ich genauso wichtig –: Das Gutachten hat außerdem noch einmal sehr deutlich und klar formuliert, dass diese Demokratieerklärung eben auch eine Misstrauenskultur auslösen könnte und damit der Arbeit gegen Rechtsextremismus entgegensteht. Genau diese Misstrauenskultur wollen wir hier nicht.

Die Demokratieklausel ist inzwischen abgeschafft worden – nicht zuletzt auch deshalb, weil es diesen Druck aus den Ländern, auch aus Nordrhein-Westfalen gegeben hat. Insofern ist das Thema erledigt. Die Debatte dazu ist schlicht durch; Sie kommen einfach zu spät damit.

(Beifall von den GRÜNEN)

Ich will noch einmal auf eines hinweisen, und das ist mir in dieser Debatte auch wichtig: Angesichts von steigenden rechtsextremistischen Straftaten – auch hier in Nordrhein-Westfalen –, insbesondere von rechtsextremer Gewalt,

(Markus Wagner [AfD]: Linksextremistisch auch!)

einer insgesamt polarisierten Stimmung in der Gesellschaft und auch einer Diskursverschiebung nach rechts, die wir derzeit erleben, ist es nötiger denn je, die Zivilgesellschaft zu unterstützen und sie zu stärken. Dabei leisten gerade die Projekte gegen Rechtsextremismus, gegen gruppenbezogene Menschenfeindlichkeit einen ganz unverzichtbaren Beitrag zur Stärkung unserer Demokratie und zur Achtung der Menschenrechte.

(Beifall von den GRÜNEN – Vereinzelt Beifall von der SPD)

Mit Ihrer Forderung, mit Ihrer Formulierung unterstellen Sie genau diesen Projektträgern in Nordrhein Westfalen – das sind die mobilen Beratungsteams, das sind die Jugendverbände; das geht hin bis zu den kirchlichen Trägern, die diese Projekte machen –, sie würden nicht auf dem Boden des Grundgesetzes stehen. Das ist unhaltbar, das ist nicht belegt. Es gibt überhaupt keinen Anlass für diesen Antrag, weil das schlichtweg hier nicht zutrifft.

(Beifall von den GRÜNEN)

Sie verlangen in einem zweiten Schritt auch noch, dass diese Projektträger ihre Partner überprüfen sollen. Ich bin der Meinung: Mit dieser Art des Umgangs mit Menschen, die sich gerade aktiv für Demokratie, für Vielfalt einsetzen und das schon seit Jahren und Jahrzehnten hier in Nordrhein Westfalen tun, schaffen Sie eine Misstrauenskultur gegenüber diesen wichtigen Partnern – aber das ist offensichtlich von Ihnen auch gewünscht.

Eines will ich hier auch noch sagen: Das Motiv der AfD-Fraktion ist ja relativ klar. Sie wollen genau den Demokratinnen und Demokraten, die sich immer wieder engagiert für solche Themen einsetzen, die bei jedem Ihrer Parteitage gegen Ihre rassistische Politik demonstrieren, Stöcke zwischen die Beine werfen.

(Zuruf von Markus Wagner [AfD])

Das wird Ihnen nicht gelingen; denn wir werden auch weiterhin, auch hier in diesem Hohen Hause, gemeinsam mit den demokratischen Vereinen, mit den Initiativen, mit den Verbänden vertrauensvoll zusammenarbeiten und die Zivilgesellschaft weiter stärken und weiter unterstützen. – Deshalb lehnen wir Ihren Antrag ab.

(Beifall von den GRÜNEN und der SPD)

Vielen Dank, Frau Kollegin Schäffer. – Als nächste Rednerin hat für die Landesregierung Frau Ministerin Pfeiffer-Poensgen das Wort. Bitte schön, Frau Ministerin.

Meine Damen und Herren! Empfänger staatlicher Fördermittel müssen sich auf dem Boden des Grundgesetzes bewegen; der Förderzweck für staatliche Zuwendungen muss mit den Prinzipien des Grundgesetzes vereinbar sein. Das ist eine Selbstverständlichkeit und gängige Praxis im Fördergeschäft.

Mit ihrem Antrag fordert die Fraktion der AfD die Landesregierung auf, eine Demokratieklausel als Fördervoraussetzung für die Mittelvergabe im Bereich der Präventionsarbeit gegen Rassismus und Extremismus einzuführen. Eine derartige Demokratieerklärung, auch bekannt als Extremismusklausel, wurde 2011 im Rahmen des Bundesprogramms „TOLERANZ FÖRDERN – KOMPETENZ STÄRKEN“ eingeführt. Wir haben das gerade schon gehört.

Diese Klausel umfasste ein Bekenntnis des Mittelempfängers zur freiheitlich-demokratischen Grundordnung. Zudem wurden die Träger verpflichtet, ihre Kooperationspartner dahin gehend zu überprüfen, ob diese mit den Zielen des Grundgesetzes übereinstimmen. Von Trägern der Präventionsarbeit wurde die Aufforderung zur Unterzeichnung der Demokratieerklärung als Ausdruck des Misstrauens bezüglich ihrer Einstellung zum Grundgesetz empfunden. Die öffentliche Diskussion hierüber drohte die eigentliche Arbeit gegen Rassismus und Extremismus zu überlagern.

Das Verwaltungsgericht Dresden hat die der Extremismusklausel zugrunde liegende Verwaltungsvorschrift im Jahr 2012 für rechtswidrig erklärt, weil sie zu unbestimmt sei. Anfang 2014 haben Bundesinnenminister Thomas de Maizière und die damalige

Bundesfamilienministerin Manuela Schwesig vereinbart, dass die Demokratieerklärung nicht mehr eigenhändig zu unterschreiben ist. Stattdessen wird nun im Zuwendungsbescheid geregelt, dass keine Fördergelder an extremistische Organisationen oder Personen gehen dürfen.

Diese Praxis im Rahmen des Bundesprogramms hat bei den Trägern Akzeptanz gefunden. Mit den Trägern im Bereich der Prävention arbeitet die Landeszentrale seit vielen Jahren höchst vertrauensvoll zusammen; es bedarf keiner zusätzlichen Regelung.

(Beifall von der CDU und der FDP)

Vielen Dank, Frau Ministerin. Meine lieben Kolleginnen und Kollegen, weitere Wortmeldungen liegen mir zu diesem Tagesordnungspunkt nicht vor, sodass wir am Schluss der Aussprache sind.

Die antragstellende Fraktion hat direkte Abstimmung beantragt, sodass wir nun zur Abstimmung über den Inhalt des Antrags Drucksache 17/38 kommen. Ich darf fragen, wer dem Antrag zustimmen möchte. – Das sind die Abgeordneten der Fraktion der AfD. Wer stimmt gegen den Inhalt des Antrags? – Das sind die Abgeordneten der Fraktion der CDU, der Fraktion der SPD, der Fraktion der FDP und der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen. Ich frage der guten Ordnung halber, ob es Enthaltungen zu dem Antrag gibt. – Das ist nicht der Fall. Damit ist der Antrag Drucksache 17/38 abgelehnt.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, wir kommen damit zu:

5 Verfassungsgerichtliches Verfahren wegen

Prüfung der Verfassungsmäßigkeit von § 19 Abs. 6 Sätze 2 und 3 des Gesetzes über die Beamtinnen und Beamten des Landes Nordrhein-Westfalen (Landesbeamtengesetz – LBG NRW) in der Fassung des Art. 1 des Dienstrechtsmodernisierungsgesetzes für das Land Nordrhein-Westfalen vom 14.06.2016 (GV. NRW. S. 310, 642)

VerfGH 5/17 Vorlage 16/5002

Beschlussempfehlung des Hauptausschusses Drucksache 17/36

Eine Aussprache ist nicht vorgesehen, sodass wir sofort zur Abstimmung kommen können. Der Hauptausschuss empfiehlt in Drucksache 17/36, in dem Verfahren vor dem Verfassungsgerichtshof Stellung zu nehmen, sodass wir nun zur Abstimmung über die Beschlussempfehlung in der Drucksache 17/36 kommen können.

Wer der Beschlussempfehlung folgen möchte, den darf ich jetzt um das Handzeichen bitten. – Gegenstimmen? – Enthaltungen? – Dann ist die Beschlussempfehlung Drucksache 17/36 einstimmig, mit Zustimmung aller Abgeordneten des Hauses, so angenommen.

Meine Damen und Herren, wir kommen damit zu: