Protocol of the Session on March 22, 2018

Zweitens. Mittlerweile gibt es sogar Konvertiten aus dem Kreis derer, die schon länger hier leben. Diese Menschen stehen beispielhaft dafür, was passiert, wenn man zu viele von den Falschen zu schnell in ein Land lässt. Dann integriert sich nicht mehr, wie es normal, üblich und gewünscht wäre, derjenige, der in das Land kommt, sondern es beginnen sich Teile der Aufnahmegesellschaft den Zuwanderern anzupassen. Das sind die Ergebnisse Ihrer Politik, die Sie ständig über immer neue Programme auf Kosten der arbeitenden Menschen verstetigen wollen. Wir als AfD lehnen dies ab.

(Beifall von der AfD)

Vielen Dank, Herr Abgeordneter Wagner. – Für die Landesregierung hat nun Herr Minister Reul das Wort. Bitte schön. – Herr Minister, Sie dürfen reden, wenn Sie möchten.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Das ging plötzlich so schnell. – Die islamistischen Terroranschläge in Europa und Deutschland haben uns vor Augen geführt, wie gewalttätiger Salafismus als menschenfeindliche und hasserfüllte Ideologie unsere freiheitlich-demokratische Grundordnung bedroht.

Deshalb ist auch in diesem Haus Konsens, dass wir uns dem entschieden mit allen Mitteln entgegenstellen müssen. Das Ziel ist, gewaltbereite Extremisten frühzeitig zu identifizieren, ihre Netzwerke zu zerschlagen und damit auch terroristische Anschläge zu verhindern. Das ist so. Dazu gibt es hier auch – Gott sei Dank – einen großen Konsens.

Ich will Folgendes hinzufügen, Herr Wagner – denn das muss man schon einmal deutlich machen –: Die Sache ist leider nicht so leicht damit zu erklären, dass man das auf eine bestimmte Bevölkerungsgruppe projiziert und die Problemlösung „Simsalabim“ anbietet.

Die Wahrheit ist – Frau Schäffer hat das richtig gesagt –: 66 % sind deutsche Staatsbürger. Sie sind nicht letztes oder vorletztes Jahr gekommen und deutsche Staatsbürger geworden. Das ist falsch. Das macht die Sache so verdammt schwierig. Es ist eben nicht so einfach. Deswegen muss man sich damit leider sehr differenziert auseinandersetzen.

(Zuruf von der AfD: Das hat Herr Wagner ge- macht!)

Wir versuchen das, indem wir die Sicherheitsarchitektur stärken, zum Beispiel durch Prävention und Deradikalisierung, aber auch durch repressive Maßnahmen. Das eine ergänzt das andere. Wir wollen junge Menschen vor Radikalisierung schützen und sie sensibilisieren. Sie sollen das Rüstzeug vermittelt bekommen, um nicht in die Radikalisierungsfalle zu laufen und zu den Extremisten von morgen zu werden. Für Menschen, die bereits in solche Strukturen gefangen sind, bieten wir Ausstiegshilfen an. Damit wollen wir dem Extremismus den Nährboden entziehen. Das ist die Grundlage.

Ich sage aber auch ganz deutlich: Der Staat kann den Kampf um die Köpfe und Herzen dieser jungen Menschen nicht alleine gewinnen. Staat und Gesellschaft müssen das als gemeinsame Aufgabe sehen. Das versuchen wir als Landesregierung hier in Nordrhein-Westfalen.

Genau deshalb ist die interministerielle Arbeitsgruppe zum Thema „Salafismusprävention“ als gesamtgesellschaftliche Aufgabe auf Ganzheitlichkeit, Zusammenarbeit und Nachhaltigkeit ausgerichtet. Auf dieser Grundlage gemeinsam definierter Handlungsfelder ist es gelungen, eine Vielzahl neuer Projekte und Maßnahmen zu konzipieren, aber auch bewährte Projekte weiterzuentwickeln.

Im Frühjahr des vergangenen Jahres wurde von der interministeriellen Arbeitsgruppe „Salafismusprävention“ der erste Zwischenbericht vorgelegt, und zwar mit 27 Einzelprojekten – das ist eine ganze Menge –, die jetzt von den zuständigen Fachressorts umgesetzt werden. Ich betone: Es handelt sich um einen Zwischenbericht. Das heißt, es ist kein Abschlussbericht, sondern ein Fahrplan für die zukünftige ressortübergreifende Präventionsarbeit der Landesregierung.

Nun liegt uns ein Antrag der Grünen vor. Es kommen – das macht es so kompliziert – jetzt acht weitere Maßnahmen hinzu; wenn es denn acht neue sind. Manche sind auch durch das abgedeckt, was wir schon gemacht haben. Darum ist es so schwer, den Antrag zu bewerten.

Man wird feststellen: In dem Antrag sind Maßnahmen enthalten, die längst Inhalt des Handlungskonzeptes sind. Es ist nicht nötig, diese noch einmal zu beschließen. Dann sollte man es lieber machen.

Daneben gibt es Vorschläge, die darauf abzielen, Maßnahmen außerhalb der bestehenden Programme und der bereits etablierten Präventionsstrategie zu initiieren. Ich sage: Darunter sind auch nicht erforderliche Sondermaßnahmen.

Man müsste sie sich im Einzelnen angucken. Als Beispiele nenne ich die Einrichtung einer zivilgesellschaftlich getragenen Beratungsstelle zur Deradikalisierung von Personen, die man aus der neosalafistischen Szene lösen will, und den Einsatz von Streetworkerinnen und Streetworkern, die gezielt muslimische Jugendliche ansprechen können.

Ich finde es nicht dienlich, Doppelstrukturen zu schaffen. Darauf will ich hinweisen. Es macht keinen Sinn, alles doppelt und dreifach zu machen. Vielmehr müssen wir die Kräfte bündeln und Wirkung erreichen.

Fakt ist doch: Gerade die Präventionsangebote vom Verfassungsschutz werden stark nachgefragt. Das gilt insbesondere für die derzeit 13 aktiven „Wegweiser“-Anlaufstellen, die übrigens zu zwei Dritteln von zivilgesellschaftlichen Einrichtungen und zu einem Drittel von kommunalen Stellen geführt werden.

Herr Minister …

Das sind bereits Bindeglieder zwischen Zivilgesellschaft und Staat vor Ort.

Herr Minister …

Darüber hinaus nenne ich das wissenschaftliche Kompetenznetzwerk an der Universität Bielefeld. Es erforscht bereits Aspekte des salafistischen Extremismus in NRW und bündelt Expertise und Kompetenzen.

Herr Minister …

Langer Rede kurzer Sinn: Die existierende Arbeitsgruppe hat die wesentlichen Handlungsfelder herausgearbeitet und nimmt die Handlungsfelder gezielt und nachhaltig in den Blick. Wir befinden uns bereits in der Umsetzung der ersten Ergebnisse dieser Arbeitsgruppe. Daran sollte man weiter arbeiten und nicht neue Strukturen aufbauen, finde ich.

Herr Minister …

Deshalb ist meine Bitte: Lasst uns den gemeinsamen Wunsch, uns darum zu kümmern, nutzen, um gemeinsam an den Projekten zu arbeiten. – Herzlichen Dank.

(Beifall von der CDU und der FDP)

Herr Minister, ich versuche die ganze Zeit, Sie zu unterbrechen, weil die Abgeordnete Schäffer Ihnen gerne eine Zwischenfrage stellen möchte. Die Redezeit hat sich zwar dem Ende genähert. Aber lassen Sie sie zu?

Ja, gerne.

Bitte, Frau Kollegin Schäffer.

Vielen Dank, Herr Minister. – Es ist Ihnen offenbar nicht ganz leichtgefallen, die Ablehnung zu begründen.

Ich habe noch eine Nachfrage. Sie haben gesagt, man solle keine Doppel- und Dreifachstrukturen aufbauen. – Hier würde mich interessieren, wo Sie beim Thema „Streetwork“ eine Doppelstruktur erkennen. Das Gleiche gilt für die zivilgesellschaftliche Aussteigerberatung. Eine solche gibt es derzeit schlichtweg nicht. Wo sehen Sie da Doppel- und Dreifachstrukturen? Können Sie mir das bitte noch einmal erläutern?

Gerne, Frau Schäffer. Ich habe bereits versucht, das an zwei Beispielen zu erklären.

Zum einen gibt es Projekte, deren Bedeutung und Sinnhaftigkeit ich anders einschätze. Darüber muss man sich dann streiten. Das ist der einfachere Fall.

Daneben gibt es aber auch Doppelstrukturen. Es findet bereits in einigen Bereichen eine Zusammenarbeit zwischen Zivilgesellschaft und Staat statt. Das Programm „Wegweiser“ ist ein ideales Beispiel dafür. Sie loben es doch auch bei jeder Gelegenheit. Hier finde ich es vernünftiger, darüber nachzudenken, ob und wie wir diese Programme weiter ausbauen, anstatt neue Einrichtungen zu schaffen. Das war der Wunsch, den ich vorgetragen habe.

Wenn es irgendwo noch eine Lücke gibt, bei der es vernünftig und klug ist, sie zu schließen, dann müssen wir das – hier sage ich Ihnen meine Unterstützung zu – mit in das Handlungskonzept einbauen. Das ist auch kein Problem. – Herzlichen Dank.

(Beifall von der CDU und der FDP)

Vielen Dank, Herr Minister Reul. – Es hat sich noch einmal für die Fraktion der AfD der Abgeordnete Wagner zu Wort gemeldet. Weil es hier einen Hinweis auf die Technik gegeben hat, teile ich Ihnen mit: Herr Wagner hatte zum Ende seiner Rede noch 46 Sekunden Redezeit

übrig. Die Uhr zeigte eine kürzere Zeit an. Daher werden wir jetzt händisch stoppen und zu gegebener Zeit die Uhr wieder einschalten. – Bitte. Sie haben das Wort.

Vielen Dank, Frau Präsidentin. – Herr Minister Reul, wir machen es uns nicht so einfach, wie Sie uns das vorwerfen. Aber wir sagen, dass wir natürlich Druck vom Kessel nehmen können, wenn wir konsequent abschieben und dafür sorgen, dass unsere Grenzen so gesichert werden, dass beispielsweise IS-Rückkehrer aus Syrien nicht mehr nach Deutschland kommen.

Wir sind aber in Nordrhein-Westfalen nicht einmal in der Lage, den Leibwächter von Osama bin Laden abzuschieben. Da haben wir doch schon das Grundproblem, um das es hier geht. Wir müssen, wenn wir Salafismus bekämpfen wollen, auch den Druck vom Kessel nehmen. Wir lassen allerdings zu, auch durch eine verfehlte Zuwanderungspolitik, dass der Druck im Kessel immer weiter steigt. Genau das haben wir kritisiert. – Danke.

(Beifall von der AfD)

Vielen Dank, Herr Abgeordneter Wagner. – Liebe Kolleginnen und Kollegen, sehr verehrte Damen und Herren, weitere Wortmeldungen liegen mir nicht vor. – Das bleibt auch beim Blick in die Runde so, sodass wir am Schluss der Aussprache sind.

Wir kommen zur Abstimmung. Der Innenausschuss empfiehlt uns in Drucksache 17/2171, den Antrag Drucksache 17/472 abzulehnen. Somit kommen wir zur Abstimmung über den Antrag Drucksache 17/472 selbst und nicht über die Beschlussempfehlung. Ich darf fragen, wer dem Antrag seine Zustimmung geben möchte. – Das sind die Abgeordneten der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen und der Fraktion der SPD. Gegenstimmen? – Das sind die Abgeordneten der Fraktion der CDU, der Fraktion der FDP, der Fraktion der AfD sowie alle drei fraktionslosen Abgeordneten. Dann frage ich noch, ob es Enthaltungen gibt. – Das ist nicht der Fall. Damit hat der Antrag Drucksache 17/472 keine Mehrheit des Hauses gefunden und ist abgelehnt.

Ich rufe auf:

4 Gewalt gegen unsere Einsatz- und Rettungs

kräfte konsequent benennen, systematisch erforschen und selbstbewusst bekämpfen

Antrag der Fraktion der AfD Drucksache 17/2150

Entschließungsantrag der Fraktion der AfD

Drucksache 17/2241

Der Entschließungsantrag ist während des letzten Tagesordnungspunktes, wenn ich richtig informiert bin, eingegangen, wird gerade gedruckt und auch verteilt. Ich will nur für den Fall, dass er noch nicht überall vorliegen sollte, darauf hinweisen, dass er im Prozess ist und auch auf ihn verwiesen werden soll, wenn das Parlament nachher der Überweisungsempfehlung folgen möchte.