Protocol of the Session on March 21, 2018

Auch die Landesregierung hat eine Vielzahl von Maßnahmen ergriffen: den Ausbau alternativer Antriebe sowie der entsprechenden Infrastruktur, neue Verkehrskonzepte für Städte und Gemeinden und für Wirtschaftsunternehmen, die Weiterentwicklung emissionsarmer konventioneller Antriebe, den Ausbau des ÖPNV und die Schaffung von elektro- und wasserstoffbetriebenen Linienbussen.

Hinzu kommen 100 Millionen € im Programm „Kommunaler Klimaschutz NRW“ mit 40 Millionen € für das Sonderprogramm „Emissionsfreie Innenstädte“.

Die NRW.BANK stellt in verschiedenen Förderprogrammen zinsgünstige und zinsfreie Darlehen für Kommunen bereit, damit diese durch Ersatzinvestitionen für Lärm- und Schadstoffreduktionen sorgen oder sich Elektrofahrzeuge und entsprechende Infrastruktur anschaffen.

Seit Februar, also seit einem Monat, fördert das Land auch die Errichtung von öffentlichen Ladesäulen und unterstützt die Kommunen bei der Elektrifizierung ihres Fuhrparks. Gleichzeitig arbeiten wir an der Erhöhung von ÖPNV-Kapazitäten auch und vor allem in den besonders belasteten Gebieten wie zum Beispiel mit dem Rhein-Ruhr-Express.

In den Kommunen gibt es ebenfalls große Aktivitäten gerade in den letzten Monaten, zum Beispiel in Düsseldorf und Köln. Die Rheinbahn in Düsseldorf investiert 70 Millionen € in neue Leichtbaubusse und Gelenkbusse mit der Euro-6-Norm sowie elektrisch angetriebene Busse. Die Kölner Verkehrs-Betriebe beschaffen bis 2021 rund 50 weitere E-Busse. Mit dann 58 E-Bussen werden die KVB voraussichtlich die größte E-Bus-Flotte Deutschlands betreiben. Die Wirkung ist groß. Bis 2021 werden alle Dieselbusse Euro 6 erfüllen.

Sie sehen: Bund, Land und Kommunen arbeiten an diesem Thema zusammen.

Darüber hinaus wollen wir auch den Umstieg in die Elektromobilität mit neuer Dynamik versehen. Der Bundespräsident hat ja bei seinem Besuch in Nordrhein-Westfalen in der letzten Woche die RWTH besucht und den Streetscooter der Deutschen Post noch einmal als Modell gewürdigt. Die erste Produktionsstätte hat inzwischen so viel Nachfrage, dass in Düren in wenigen Wochen die zweite Produktionsstätte errichtet werden wird. Wir merken plötzlich: Neue Arbeitsplätze in Nordrhein-Westfalen entstehen aus dem Wissen der Hochschule, die das Ganze in industrielle Produktion übersetzt. Ford in Köln hat ähnliche Absichten, sodass wir in Nordrhein-Westfalen bei diesem Thema „Elektromobilität“ an der Spitze sein können.

(Beifall von der CDU und der FDP)

Der Expertenrat, den wir einberufen haben, beschäftigt sich mit der Förderung der Elektromobilität auf der kommunalen Ebene, mit der Zulieferindustrie am Standort Nordrhein-Westfalen und mit der Entwicklung verschiedener Speichertechnologien sowie dem autonomen Fahren. Unser Ziel ist es, in fünf Jahren 100.000 E-Fahrzeuge in Nordrhein-Westfalen zu haben.

(Zuruf von der AfD)

Im Verkehrsministerium hat der Verkehrsminister eine neue Fachabteilung mit dem Namen „Grundsatzangelegenheiten der Mobilität, Digitalisierung und Vernetzung“ errichtet. Dort steht interdisziplinäres Arbeiten im Mittelpunkt, um die Chancen der vernetzten Mobilität für unser Land auszuschöpfen. Das betrifft alle Verkehrsträger und einen besseren Verkehrsfluss verschiedener Verkehrsmittel – zu Fuß, mit dem Fahrrad, mit dem Auto, mit dem Bus und mit der Bahn. Es gibt für alles eine App, also ÖPNVTicket inklusive Mietfahrrad und Sharingangeboten.

Bei diesem Thema brauchen wir ebenfalls mehr Kreativität und Innovation, die ebenfalls den Verkehr in den Städten entlasten werden.

Dies alles und wissend, was passiert, muss man jetzt das Urteil in den Blick nehmen, das die Vorgängerregierung beim Bundesverwaltungsgericht angestrengt hat. Dieses Urteil ist ein gutes Urteil. Manche haben

versucht, es umzuinterpretieren – nicht hier im Parlament, nicht im politischen Streit, sondern lnteressenvertreter von außerhalb –,

(Zuruf von Mehrdad Mostofizadeh [GRÜNE])

als hätte das Bundesverwaltungsgericht gesagt: Es kommen Fahrverbote.

Das aber war gar nicht der Klagegegenstand. Die Vorgängerregierung hat gesagt: Es gibt keine bundesrechtliche Grundlage für Fahrverbote. Das Bundesverwaltungsgericht hat gesagt: Ja, das stimmt. Da habt ihr recht. Es gibt keine bundesweite Rechtsgrundlage für Fahrverbote. Man kann aber im alleräußersten Falle als Ultima Ratio unter strenger Beachtung des Verhältnismäßigkeitsprinzips aus dem europäischen Recht ableiten, dass gegebenenfalls auch ein Fahrverbot in Betracht kommen könnte.

Meine Antwort darauf ist: Angesichts der umfassenden Maßnahmen, die Bund, Land und Kommunen zur Luftreinhaltung jetzt ergriffen haben, angesichts der externen Faktoren, die mit dem Fahren gar nichts zu tun haben – wie Flughäfen, Schiffen, Industrieanlagen – und angesichts der ohnehin Stück für Stück sinkenden Werte wären Fahrverbote in NordrheinWestfalen unverhältnismäßig und damit rechtswidrig. Das ist die Position der Landesregierung.

(Beifall von der CDU und der FDP)

Das Urteil gibt uns vor, sie trotzdem zu prüfen. Das Urteil gibt vor, diese Abwägung vorzunehmen. Aber in die Abwägung hat das einzufließen, was ich gerade gesagt habe.

Ich kann Ihnen mitteilen – ich weiß gar nicht, ob es hier im Rahmen des Parteienstreits überhaupt ein strittiges Thema ist; das ist nicht immer ganz so klar –: Unter den Ministerpräsidenten der deutschen Länder – wie Ministerpräsident Kretschmann, Ministerpräsident

Weil und anderen, die betroffen sind –, die letzte Woche mit Jean-Claude Juncker über die europäischen Regeln in Brüssel gesprochen haben, gibt es eine hohe Übereinstimmung in der Auslegung dieses Urteils.

(Beifall von der CDU und der FDP)

Deshalb sollten wir alles tun, um die Luftqualität in unseren Städten zu verbessern. Wir sollten alles tun, um Fahrverbote zu vermeiden. Wir sollten vor allem alles tun, um nicht jeden Tag aufs Neue dieses Schreckensszenario der Fahrverbote an die Wand zu malen. Denn mit jeder Diskussion in dieser Weise verunsichern wir Millionen Menschen und gefährden Arbeitsplätze unserer Zukunftsindustrie. Wir sind es unserem Land schuldig, hier verantwortlich zu handeln!

(Anhaltender Beifall von der CDU und der FDP)

Vielen Dank, Herr Ministerpräsident Laschet, für die Unterrichtung. – Der Ministerpräsident hat die Redezeit der Landesregierung um 2:13 Minuten überzogen.

(Michael Hübner [SPD]: Das haben wir gar nicht gemerkt!)

Die Überziehung der Redezeit wird den Fraktionen bei der Aussprache gutgeschrieben. – Aussprache ist das Stichwort. Ich eröffne die Aussprache zur Unterrichtung der Landesregierung. Für die SPDFraktion erhält Herr Kollege Dahm das Wort.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Sehr geehrter Herr Ministerpräsident! Am 22. Februar dieses Jahres hat das Bundesverwaltungsgericht Leipzig das Urteil über die Zulässigkeit von Dieselfahrverboten verkündet. Danach wurden explizit Fahrverbote für Dieselfahrzeuge als Maßnahme zur Senkung der Stickstoffdioxidbelastung – NO2 – genannt.

Der Schwarze Peter liegt damit bei den Bezirksregierungen, die für die Prüfung und Genehmigung der Luftreinhaltepläne zuständig sind, und bei den Kommunen, die diese umsetzen müssen. Betroffen wären all jene Dieselfahrer, die ihren Pkw als vermeintlich umweltschonende Variante gekauft haben und nun feststellen müssen, dass sie betrogen wurden.

Interessanterweise hat gestern – ich glaube, das fällt nur zufällig zusammen – nur einen Tag vor der heutigen Unterrichtung die Umweltministerin über die Beurteilung der Luftqualität in Nordrhein-Westfalen im Jahr 2017 berichtet. Erfreulicherweise hat sich, wie vom Ministerpräsidenten dargestellt, die Anzahl der Kommunen mit Grenzwertüberschreitung von 32 im Jahr 2016 auf 27 im Jahr 2017 reduziert. Nach wie vor sind aber Kraftfahrzeugverkehr und insbesondere Dieselfahrzeuge als Hauptursache der hohen Stickstoffdioxidbelastung anzusehen.

Herr Ministerpräsident, Sie haben uns Abgeordnete im Landtag heute darüber informiert, was aus Sicht der Landesregierung unternommen werden soll, um Fahrverbote in Nordrhein-Westfalen zu vermeiden. Herr Ministerpräsident, wir erwarten von Ihnen eine klare und deutliche Haltung der Landesregierung, wie Sie den Kommunen aktiv helfen wollen,

(Zuruf von der SPD: So ist es!)

wie Sie Fahrverbote vermeiden wollen,

(Sven Wolf [SPD]: Genau!)

wie Sie die Gesundheit der Bürgerinnen und Bürger in Nordrhein-Westfalen schützen wollen.

Und: Wir erwarten von Ihnen klare Handlungskonzepte.

(Widerspruch von der CDU – Zuruf von Bodo Löttgen [CDU])

Ich sage Ihnen: Davon haben wir eben nichts gehört.

(Beifall von der SPD – Bodo Löttgen [CDU]: Sie haben nicht zugehört!)

Davon haben wir heute nichts gehört, Herr Löttgen!

(Zuruf von Bodo Middeldorf [FDP])

Was Sie uns heute vorgetragen haben, ist schon enttäuschend. Das ist nichts Neues. Ganz offen und ehrlich gesagt: Neues habe ich auch nicht erwartet.

Zu den von Ihnen vorgebrachten Vorschlägen zur Verbesserung der Infrastruktur frage ich Sie: Was ist bisher in Düsseldorf an der Corneliusstraße passiert, was ist bisher in Köln am Clevischen Ring passiert, damit die Stickstoffdioxidbelastung gesenkt wird? Eine Senkung wurde im Übrigen auch durch die Oberbürgermeisterin beziehungsweise durch die dortige Ratsmehrheit verhindert.

Sie haben die Elektrifizierung angesprochen. Das ist durchaus positiv. Aber machen wir uns nichts vor, sondern machen wir uns ehrlich: Problematisch sind die Dieselfahrzeuge der Kategorien Euro 3, 4 und 5. All das, was Sie angesprochen haben, reicht nicht aus, um an das Problem heranzugehen.

Eines ist doch klar, meine Damen und Herren: Wir brauchen einen Maßnahmenkatalog des Landes Nordrhein-Westfalen, der nicht die Besitzer von Dieselfahrzeugen für das Versagen der Industrie bestraft. Wir brauchen einen Schulterschluss mit den Städten und Gemeinden in Nordrhein-Westfalen, damit die nicht allein die Suppe auslöffeln. Und wir brauchen ein landesweit abgestimmtes Luftreinhaltekonzept, das die Betroffenheit von Regionen und Städten beinhaltet.

Wir brauchen keine Landespressekonferenzen von Ihnen, Herr Ministerpräsident, oder Sonntagsreden wie heute Vormittag in diesem Parlament. Denn die verhindern wahrlich keine Fahrverbote und schützen erst recht nicht die Gesundheit der Menschen in diesem Land.

(Beifall von der SPD)

Ich frage Sie an dieser Stelle: Wo bleiben eigentlich die neuen Maßnahmen der Mitte-rechts-Regierung,

(Widerspruch von der CDU)

die keine Fortschreibung der Maßnahmen aus den Jahren 2016 und 2017 der Vorgängerregierung von Rot-Grün sind, sondern zusätzliche Instrumente beinhalten, die die neue Situation nach der Rechtsprechung aufnehmen?