Protocol of the Session on March 1, 2018

Sie kennen offensichtlich Ihre eigenen Anträge nicht. Das wundert mich jetzt auch nicht unbedingt.

Eine Aktuelle Stunde sollte sich mit tagesaktuellen Themen befassen. Das tagesaktuelle Thema waren jedoch die drohenden Dieselfahrverbote, die Sie genauso zu verantworten haben wie die unsägliche Energiewende. Auch hier werden wir gebraucht, um die wirklich schmerzlichen Dinge auf das Tableau zu bringen.

Was dieses Land braucht, ist keine Energiewende. Nein, was Nordrhein-Westfalen braucht, ist endlich eine bürgerliche und rechtsstaatliche Wende.

Seit der Vereidigung von Herrn Laschet und seinem Kabinett am 30. Juni 2017 zieht sich die Tragik seiner Amtsführung wie ein rot-grüner Faden durch die Legislaturperiode. Gleich nach der Vereidigung in der 3. Plenarsitzung haben wir als einzige demokratische Fraktion im Landtag zum Thema „Tihange“ deutlich gemacht, dass Belgien ein souveräner Staat ist.

(Christian Loose [AfD]: So ist es! – Beifall von der AfD)

Meine Damen und Herren – und da schließe ich gern die Grünen und die SPD ein –, Außenpolitik ist eine Angelegenheit des Bundes. Das wussten Sie vielleicht nicht. Tihange kann nicht per Beschluss des Landtages sofort und endgültig stillgelegt werden.

(Dr. Günther Bergmann [CDU]: Sie haben es wieder nicht begriffen!)

Aber unsere Warnungen wurden ja ignoriert. Sie alle wollten unbedingt Handlungsfähigkeit simulieren. Sie alle haben sich im Plenum weit aus dem Fenster gelehnt und dabei ganz perfide Zehntausende Menschen, die damals in der Menschenkette „Kettenreaktion Tihange“ für die Abschaltung demonstrierten, für Ihre politischen Reden instrumentalisiert.

(Beifall von der AfD)

Die Landesregierung hat versprochen, bald Ergebnisse zu liefern, um die erhitzten Gemüter zu besänftigen. Wir waren damals schon sehr skeptisch. Am 9. Oktober 2017 folgte dann der Eilantrag von CDU, FDP und Grünen. Wir haben Ihnen erneut gesagt, dass Sie sich verrennen. Sie haben Ergebnisse versprochen. Wo sind die Ergebnisse? Ich sehe nichts, gar nichts. Ihre Ergebnisse sind nicht der Rede wert. Sie haben ganz bewusst und absichtlich Sand in die Augen der Bürger gestreut und Ängste geschürt. Sie haben Ökopopulismus der übelsten Art betrieben.

(Beifall von der AfD)

Wäre die Landesregierung eine Praxis und Herr Laschet der behandelnde Chefarzt, dann würden Patienten, die mit einer leichten Angststörung zur Behandlung kämen, die Praxis mit einer schweren Angstpsychose und einer Jodtablette verlassen.

(Beifall von der AfD – Widerspruch von der CDU)

Der Gipfel der Frechheit war dann das Interview mit Herrn Laschet im „Kölner Stadt-Anzeiger“: Sie haben am 16. Dezember 2017 gesagt, dass Sie mit Belgien bereits im Gespräch seien und dies fortsetzen wollten. Das war – ich drücke mich einmal höflich aus – bewusst die Unwahrheit. Es hat zu diesem Zeitpunkt überhaupt keine Gespräche gegeben; das hat auch die belgische Energieministerin Marghem öffentlich zu Protokoll gegeben. Erst auf das Folgeschreiben vom 15. Januar hat Belgien überhaupt auf Ihre „Postille“ geantwortet. Sie haben sich schlicht beim Flunkern erwischen lassen.

Am 20. Februar fand dann das offizielle Gespräch statt. Es ist krachend gescheitert, und die Enttäuschung stand Herrn Laschet auf dem Foto im „Handelsblatt“ förmlich ins Gesicht geschrieben. Das „Handelsblatt“ titelte passend: „Laschet beißt bei AKW-Abschaltung in Belgien auf Granit“.

(Karl Schultheis [SPD]: Belgischer Granit!)

Die Reaktion Belgiens ist einfach erklärt: Es ist ein Schutzreflex. Belgien – das können sich auch die anderen Linksparteien hier gern anhören –

(Vereinzelt Lachen von den GRÜNEN)

möchte nicht die Strommüllhalde für minderwertigen Zufallsstrom in Europa werden.

Sie reden über die Verantwortung für die europäische Energieversorgungssicherheit, wollen aber ein souveränes Land von unserer Zufallsstromlieferung abhängig machen. Das ist das genaue Gegenteil von Versorgungssicherheit.

Ihre Vorstellungen von der europäischen Energieversorgungssicherheit werde ich zu einem späteren Zeitpunkt – Sie haben ja einen Antrag dazu eingebracht – widerlegen. Nur so viel jetzt: Diesen Antrag haben die Regierungsfraktionen vor Ihren Gesprächen mit Belgien eingereicht. Nach dem Scheitern der Gespräche hätten sie diesen Antrag eigentlich zurücknehmen müssen, um sich eine erneute Demütigung zu ersparen. – Danke schön.

(Beifall von der AfD)

Ich erteile nun dem fraktionslosen Abgeordneten Herrn Pretzell das Wort.

Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren Kollegen! Eine Aktuelle Stunde, weil der Herr Ministerpräsident möglicherweise den Mund etwas zu voll genommen hat! Deswegen wollen wir hoffentlich nicht jedes Mal gleich eine Aktuelle Stunde durchführen.

(Zuruf von der SPD: Das wird ein regelmäßi- ger Tagesordnungspunkt!)

Das wird ein regelmäßiger Tagesordnungspunkt? Vielleicht kennen Sie die Situation noch von vor einem halben Jahr und der Zeit davor.

Meine Damen und Herren, welch Überraschung, dass der nordrhein-westfälische Ministerpräsident es nicht geschafft hat, Belgien zu erklären, wie man die Energiepolitik im eigenen Land zu gestalten hat!

Es wird Sie schmerzen, aber ich muss Ihnen sagen: Belgien ist ein souveräner Staat. Daher kann es nicht verwundern, dass Belgien den deutschen – überstürzten – Weg „Raus aus der Kernkraft!“ nicht nachmacht. Der Ausstieg aus der Kernkraft ist auch in Belgien letztlich beschlossene Sache. Der Ausstieg wird erfolgen, aber die Belgier sind klüger, als wir es in Deutschland waren. Man wird das nicht überstürzt, nicht ohne Plan B machen. Man wird eben keine Versorgungsengpässe bei der Energie riskieren, und damit werden wir hier im nordrhein-westfälischen Landtag leben müssen.

Und ja: Ich finde es gut, dass Belgien ein souveränes Land ist. Ich finde es gut, dass man sich weder aus Nordrhein-Westfalen noch aus ganz Deutschland die Politik diktieren lässt. Europa profitiert eben davon, dass es nach wie vor souveräne Staaten hat, die dann auch – hoffentlich – souverän handeln. – Herzlichen Dank.

Ich darf dann für die Landesregierung Herrn Ministerpräsidenten Laschet das Wort erteilen.

Vielen Dank. – Herr Präsident! Ich danke zunächst für die Beantragung der Aktuellen Stunde;

(Heiterkeit bei der SPD)

denn das bietet uns die Gelegenheit, Ihnen einige Informationen über die Gespräche des Wirtschaftsministers am gestrigen Tage und über meine Reise zu geben.

Ich möchte auf die hier geäußerte Kritik …

(Mehrdad Mostofizadeh [GRÜNE]: Sie hätten ja auch eine Regierungserklärung machen können!)

Ich möchte zunächst auf die hier geäußerte Kritik, Herr Mostofizadeh, die heute in ähnlicher Tonlage und mit ähnlichen Argumenten von AfD, SPD und Grünen vorgetragen worden ist, entgegnen.

(Marc Herter [SPD]: Das ist ja infam!)

Erstens. Herr Pretzell hat gerade damit geendet: Belgien ist ein souveräner Staat. – Ja, Belgien ist ein souveräner Staat, ohne jeden Zweifel. Nach dem europäischen Recht entscheidet jedes Mitgliedsland über seine Energieversorgung.

Es ist möglicherweise ein weiterzuentwickelnder Aspekt in der europäischen Politik, dass wir in diesem Punkt mehr Europa brauchen. Wir brauchen, weil eine Katastrophe, die passieren würde, über Grenzen hinweggeht und dann eben keine nationale Angelegenheit mehr ist, eigentlich eine europäische Behörde, die nach objektiven Kriterien entscheidet, ob das Kraftwerk sicher ist oder nicht,

(Martin Börschel [SPD]: Das wussten Sie al- les, bevor Sie geflunkert haben!)

und es am Ende auch stilllegen kann. – Ob Ihnen das gefällt oder nicht, Herr Börschel, das ist meine Position zur europäischen Politik. Der Euratom-Vertrag hatte eine andere Anlage.

(Martin Börschel [SPD]: Sie flunkern!)

Deshalb werde ich auch weiter für diese Grundidee einer Veränderung der europäischen Verträge werben.

(Beifall von der CDU – Zurufe von der SPD)

Dass Sie und manche andere im Hause das vielleicht anders sehen, ist ja in Ordnung. Mein Verständnis von Europa ist, dass wir, wenn wir über Grenzen hinweg leben, auch gemeinsame Sicherheit brauchen. Da muss der Nationalstaat überwunden werden.

(Christian Loose [AfD]: Im europäischen Su- perstaat? – Weitere Zurufe von der AfD)

Ja, Sie können das anders sehen. Das wissen wir. Sie haben heute bei Ihren Reden auch von manchen Partnern Zustimmung gehört. Meine Position in dieser Frage ist klar.

(Thomas Kutschaty [SPD]: Eine Frechheit! Vorsicht!)

Was heißt denn hier „Frechheit“? Entschuldigung! Sie haben doch eben die Begeisterung von Herrn Schultheis hören können, als Herr Pretzell hier sagte: Der Ministerpräsident ist gescheitert; wir machen das jedes Mal.

(Zurufe von der SPD: Das ist doch Unsinn! Quatsch! – Thomas Kutschaty [SPD]: Das ist die nächste Frechheit, Herr Ministerpräsident, die Sie hier abgeben!)

Sie haben den gleichen Stil drauf wie die von der rechten Seite des Hauses, den gleichen Stil!