Protocol of the Session on February 28, 2013

Wichtig ist uns als SPD-Fraktion dabei auch, dass wir immer nur von einem Impfangebot sprechen und explizit nicht von einer Impfpflicht. Uns allen ist bewusst, dass Impfen für viele Eltern ein sehr sensibles Thema ist. Gleichzeitig ist uns aber wichtig, dass es ein Angebot gibt, das ein tatsächliches Angebot darstellt und nicht nur eine theoretische Möglichkeit. Wir möchten, dass das Impfangebot zu den Schülerinnen und Schülern kommt, und zwar in Zusammenarbeit mit den Kinder- und Jugendärzten, um klarzumachen: Ihr seid uns wichtig. Wir reden nicht nur. Eure Gesundheit steht auch für uns im Vordergrund.

Deswegen bitte ich Sie um Ihre Unterstützung. – Danke schön.

(Beifall von der SPD)

Vielen Dank, Frau Kollegin Kapteinat. – Für die Fraktion der CDU

hat nun Frau Kollegin Quik das Wort. Bitte sehr, Frau Abgeordnete.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Sollte das, was das Unternehmen BioNTech/Pfizer uns in Aussicht gestellt hat – nämlich, dass der Coronaimpfstoff ab Juni für Kinder ab 12 Jahren zugelassen werden könnte und ab September auch Kinder im Kindergartenalter geimpft werden könnten –, tatsächlich wahr werden, bin ich in der Situation, meinem jüngsten Sohn, der dann 3 Jahre alt sein wird, gegenüber ein Versprechen brechen zu müssen. Denn ich habe ihm Anfang des Jahres, als er gegen Meningokokken geimpft wurde, was er ziemlich uncool fand, fest versprochen, dass es nun sehr lange dauern wird, bis er wieder geimpft werden muss.

Versprechen, insbesondere meinen Kindern gegenüber, breche ich sehr ungern. Trotzdem werde ich es in diesem Falle guten Gewissens und natürlich mit ausführlicher Erklärung tun; denn dass auch meine Kinder gegen Corona geimpft werden, sobald dies möglich ist, steht für mich außer Frage.

Nur das Impfen ermöglicht uns allen die Rückkehr zu unserem normalen Leben. Und das ist gerade für unsere Kinder und Jugendlichen von elementarer Bedeutung. In dieser Analyse sind wir uns sicher alle, die wir hier sitzen, einig.

Worin wir uns offensichtlich nicht einig sind, liebe Kolleginnen und Kollegen, ist der richtige Weg zu diesem Ziel. Denn dass es für das nordrhein-westfälische Gesundheitsministerium mit Minister Karl-Josef Laumann an der Spitze tatsächlich eines Antrags bedarf, um die Impfkampagne für Kinder und Jugendliche in Nordrhein-Westfalen zu planen und auf den Weg zu bringen, können ernsthaft nicht einmal Sie glauben, sehr geehrte Damen und Herren von der SPD-Fraktion.

Es ist eine absolute Selbstverständlichkeit, diese wichtige Gruppe im Fokus zu behalten.

(Zuruf von Mehrdad Mostofizadeh [GRÜNE])

Die Bedürfnisse von Kindern und jungen Menschen müssen im Mittelpunkt unseres Handelns stehen. Nichtsdestotrotz dürfen wir dabei nicht die Älteren, die bisher noch nicht oder nicht vollständig geimpft sind, aus den Augen verlieren. Insofern stellen die verfügbaren Impfdosen eine Grundvoraussetzung für diese Überlegungen dar.

Jedes Kind ab 12 Jahren soll bis zum Ende der Sommerferien ein Impfangebot bekommen. Das ist unser erklärtes Ziel.

(Zuruf von Mehrdad Mostofizadeh [GRÜNE])

Bereits im April, als BioNTech/Pfizer eine Notfallzulassung für Kinder ab 12 Jahren in den USA beantragt hatte, hat die Landesregierung mit der Entwick

lung einer landesweiten Kinder- und Jugendimpfstrategie begonnen.

In der letzten Sitzung des Ausschusses für Arbeit, Gesundheit und Soziales am 12. Mai hat Minister Laumann bereits ausführlich berichtet, dass es für Kinder und Jugendliche von 12 bis 15 Jahren zusätzlichen Impfstoff geben soll. Die Länder, die früher Sommerferien haben, sollen dabei eher beliefert werden.

Nicht nur betroffene Eltern, sondern auch Kinder und Jugendliche selbst haben zahlreiche Fragen zu einer möglichen Impfung. Um Vertrauen zu schaffen, müssen diese geklärt werden. Sie müssen über Risiken, aber auch über einen Impfstart informiert werden. Es ist wichtig, sie einzubinden und ihnen ein Mitspracherecht einzuräumen. Dies ist gerade für die Akzeptanz der Impfung bei Jugendlichen unabdingbar.

Für die Umsetzung eines möglichst reibungslosen und schnellen Impfangebotes müssen individuelle Lösungen gefunden werden.

Die Impfung von Kindern und Jugendlichen ist bei der Bewältigung der Pandemie in mehrfacher Hinsicht von Bedeutung.

Schwere COVID-19-Verläufe sind auch bei Kindern möglich. Nach aktuellem Kenntnisstand erkranken Kinder zwar deutlich seltener schwerwiegend an COVID-19. Schwere Verläufe sind aber dennoch nicht ausgeschlossen.

Kinder sind als mögliche Überträger des Virus an dessen Zirkulation beteiligt und spielen damit eine große Rolle für die Herdenimmunität. Auch muss es so wenig Virusvermehrung wie möglich geben; denn während dieser könnten potenziell gefährliche Mutanten entstehen.

Die Ständige Impfkommission warnt trotz allem vor zu viel Eile. Vor einer generellen Impfempfehlung für Kinder steht eine sehr genaue Prüfung der Daten zu Sicherheit, Verträglichkeit und Wirksamkeit ganz oben auf der Agenda.

(Mehrdad Mostofizadeh [GRÜNE]: Ich dachte, es wäre schon alles klar, Frau Kollegin!)

Gerade für Jugendliche und Kinder muss genauestens geprüft werden, welche Dosis notwendig ist und ob Nebenwirkungen auftreten können. Auch muss geklärt werden, ob der Impfstoff die gleiche Immunität wie bei Erwachsenen hervorruft. Ein mRNA-Impfstoff ist auch für Kinder- und Jugendärzte etwas Neues.

Wir dürfen an dieser Stelle nicht vorschnell handeln. Das Wichtigste ist, dass wir einen zugelassenen, absolut sicheren Impfstoff haben, der auch die STIKOEmpfehlung hat. Hier darf nicht der Wunsch nach Herdenimmunität im Vordergrund stehen. Wichtig ist, Kinder und Jugendliche zu impfen, um sie für sich selbst zu schützen.

Junge Menschen sind bereits jetzt schon deutlich durch die Pandemie belastet. Bildungs- und Lernrückstände sind nur einige Faktoren. Wichtig ist, den verpassten Alltag dieser Generation im Blick zu behalten. Kinder und Jugendliche haben eine entscheidende Phase ihrer Entwicklung nicht ausleben können.

Es ist gut und absolut notwendig, dieses Thema zu diskutieren. Allerdings stellt der vorliegende Antrag nicht die wirklich wichtigen Fragen, sodass wir ihm nicht zustimmen können. Diese gilt es zu diskutieren. Vorsicht und Abwägung sind geboten, aber kein vorschnelles Handeln, wie es der vorliegende Antrag suggeriert. – Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall von der CDU)

Vielen Dank, Frau Kollegin Quik. – Als nächste Rednerin hat nun für die Fraktion der FDP Frau Abgeordnete Kollegin Schneider das Wort. Bitte sehr.

Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Wer hätte noch am Anfang der Pandemie vor wenigen Monaten gedacht, dass wir inzwischen bereits vor der Zulassung eines Impfstoffes für Kinder und Jugendliche ab 12 Jahren stehen? Das ist ein riesiger Erfolg der pharmazeutischen Forschung und ein wichtiger Baustein zur Überwindung der Pandemie.

Kinder und Jugendliche sind von den Maßnahmen zum Infektionsschutz besonders betroffen. Sie mussten lange Zeit auf regulären Schulunterricht oder den Besuch der Kinderbetreuung verzichten. Sie leiden unter den Kontaktbeschränkungen und dem Verzicht auf Sport- und Freizeitangebote. Die alarmierenden Zahlen zum psychiatrischen Behandlungsbedarf sind ein deutliches Warnsignal. Deshalb wäre ein Impfangebot für Kinder und Jugendliche ein sehr großer Schritt zurück zur Normalität.

Kinder und Jugendliche sind zwar kaum gefährdet, selber schwer an COVID-19 zu erkranken. Aber sie können mithelfen, eine Herdenimmunität in unserer Gesellschaft zu erreichen und damit nicht nur ihre Eltern und Familien, sondern auch viele andere Menschen zu schützen. Und vor allem wäre ein sicherer Unterricht in den Schulen mit allen damit verbundene Kontakten wieder ohne Einschränkungen möglich, wenn Infektionsketten durch Geimpfte nachhaltig unterbrochen würden.

Die möglichen Risiken und Nebenwirkungen einer Impfung von Kindern und Jugendlichen werden von EMA und STIKO sorgfältig geprüft. Viele STIKOMitglieder sind Kinderärzte, die aufgrund ihrer Erfahrungen mit Flächenimpfungen im Kindes- und Jugendalter sachgerecht entscheiden können. Daher gehe ich davon aus, dass eine Impfempfehlung hohe

Akzeptanz findet. Verantwortungsvolle Eltern – da bin ich mir sicher – werden ihre Kinder impfen lassen.

Frau Präsidentin, sehr geehrte Damen und Herren, die Impfung von Kindern und Jugendlichen steht aber vor den gleichen Problemen wie diejenige von Erwachsenen. Unser größtes Problem ist dabei die Verfügbarkeit des Impfstoffes. In der Frage der Beschaffung von Impfstoffen hat der Bund einfach viel zu viel Zeit verloren.

Nordrhein-Westfalen liegt inzwischen an der Spitze der Bundesländer, was die Impfungen betrifft. Okay, das Saarland liegt noch vor uns. Aber bereits 7 Millionen Menschen haben hier eine Erstimpfung erhalten. Wir können aber auch nicht mehr verimpfen, als der Bund uns liefert.

In dieser Hinsicht habe ich mich über einige Punkte des Antrags schon gewundert. Forderungen nach konkreten zeitlichen Vorgaben für Informationen und Formulare werden den dynamischen Entwicklungen in der Pandemie nicht gerecht. Wir brauchen nicht noch mehr Bürokratie, sondern pragmatische und flexible Lösungen. Die Antragsteller wollen zu viele Dinge vorab planen. Dabei gilt es doch, entschlossen zu handeln, sobald Impfstoff für Kinder und Jugendliche verfügbar ist.

Die entscheidende Rolle bei der Impfung von Kindern und Jugendlichen sollte den pädiatrischen Fachärzten zukommen. Sie kennen ihre jungen Patienten und Patientinnen sowie deren Eltern, sie haben das Know-how für Impfungen auch in großer Zahl, und sie wissen ebenfalls, wie sie auf mögliche Bedenken von Eltern eingehen können. Diese Kompetenzen der Kinder- und Jugendärzte sollten wir vollumfänglich nutzen.

Impfzentren und mobile Impfteams können die Impfungen in pädiatrischen Praxen zwar ergänzen, aber nicht ersetzen. Da sollte die Rangfolge auch klar bleiben und nicht umgekehrt werden. Kinder- und Jugendärzte sollten die ersten Ansprechpartner bleiben. Nur für diejenigen, die wir ansonsten nicht erreichen, brauchen wir alternative Angebote.

Beim Einsatz von mobilen Impfteams in Schulen und Kitas würde die gezielte Ansprache der Eltern kaum möglich sein. Das würde auch für anonyme Impfzentren gelten.

In Bezug auf den Vorrang der Kinder- und Jugendärzte unterscheiden wir uns hier also klar vom vorliegenden Antrag.

Frau Präsidentin, werte Kolleginnen und Kollegen, dass die Landesregierung nicht handeln würde, ist eine aus der Luft gegriffene Unterstellung. Die Gespräche zwischen Bund und Ländern laufen auf Hochtouren. Ein weiterer Impfgipfel ist geplant. Sicher wird über die besten Wege der Impfkampagne noch diskutiert.

Aber immer bürokratischere Vorgaben sind da keine Lösung. Wir brauchen hier Flexibilität und Pragmatismus. Nur so werden wir eine erfolgreiche Impfkampagne für Kinder und Jugendliche auf den Weg bringen können. – Vielen Dank.

(Beifall von der FDP – Vereinzelt Beifall von der CDU)

Vielen Dank, Frau Kollegin Schneider. – Als nächster Redner hat für die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen Herr Abgeordneter Kollege Mostofizadeh das Wort.

Frau Präsidentin! Werte Kolleginnen und Kollegen! Das waren hier schon zwei beeindruckende Auftritte der Kolleginnen der Regierungsfraktionen –

(Zuruf: Allerdings!)

wobei ich Frau Kollegin Schneider zugestehen will, dass sie sich wirklich sehr zur Sache geäußert hat. Frau Kollegin Quik hat hingegen aus einer AGSSitzung berichtet, und offensichtlich wurde ihr falsch zugetragen, was da gelaufen sein soll.

Wir haben im AGS tatsächlich die Frage aufgeworfen, wie es jetzt mit der Impfkampagne für Kinder und Jugendliche ab 12 Jahren aussehen sollte. Die Antwort war – ich fasse das einmal mit meinen Worten zusammen –: Wir gucken einmal in alle Bereiche, wie es gehen könnte.

Frau Kollegin Quik, Sie haben hier auch die Spannbreite aufgemacht. Der Präsident des Berufsverbands der Kinder- und Jugendärzte, Herr Fischbach, sagt, alle Kinder und Jugendlichen sollten in den Praxen geimpft werden. Andere sagen, es sei besser, eine Reihenimpfung zu machen. Wieder andere sagen: Na ja, ob wir überhaupt impfen sollten, ist gar nicht so sicher. – Der Chef der Ständigen Impfkommission, Herr Mertens, der in diesem Zusammenhang ja nicht ganz irrelevant ist, sagt, es sollten zunächst einmal nur diejenigen Kinder und Jugendlichen geimpft werden, die eine Vorerkrankung haben, weil die Relation zwischen Nutzen und Schaden bei der Impfung bei Kindern und Jugendlichen deutlich geringer sei als bei Erwachsenen, insbesondere bei Hochaltrigen.