Protocol of the Session on December 16, 2020

So gibt es in NRW neben vier Verbundtarifen noch einen NRW-Tarif und einen DB-Fernverkehrstarif – alle mit jeweils eigenen Sonderbedingungen. Bei Fahrten über Tarifgrenzen hinweg kommt es dabei häufig zu erheblichen Preissprüngen.

Tarife sind teilweise auch noch davon abhängig, ob Sie von A nach B oder von B nach A fahren. Wer mit dem RRX von Bahnhof zu Bahnhof reisen möchte, zahlt außerdem den Bus im Vor- und im Nachlauf mit – und zwar unabhängig davon, ob er einen eigenen Bedarf hat.

Beim NRW-Tarif gilt häufig die BahnCard, aber – Vorsicht – nicht immer. Beim Verbundtarif gilt die BahnCard generell nicht. Dieses undurchschaubare Tarifsystem kommt dem Kunden oftmals unlogisch und ungerecht vor. Insbesondere ältere Menschen

und Ungeübte kapitulieren deshalb bereits am Fahrkartenautomaten.

Deshalb finden wir die Entwicklung hin zu einem landesweit einheitlichen Tarifsystem mit verbundübergreifend vernetzten Mobilitätsangeboten sehr gut. Es stellt sich aber die Frage, was Sie eigentlich die letzten zehn Jahre gemacht haben, denn die Niederlande haben bereits seit neun Jahren ein landesweit gültiges einfaches Ticketsystem. Das hätte man doch einfach nur kopieren müssen.

Stattdessen haben Sie das letzte Jahrzehnt im Dornröschenschlaf verbracht. Woran lag es? Hat das schlechte Mobilfunknetz ein E-Ticket verhindert? Oder lag es an den lokalen Fürsten – DSW21, BOGESTRA, HCR –, alles mit eigenen Gesellschaften und mit eigenen Gesellschaftern und häufig politisch bestimmt?

Dabei ist es dringend geboten, endlich ein landesweit einheitliches Tarifsystem für den ÖPNV umzusetzen, denn in der heutigen Arbeitswelt wohnen die Menschen eben nicht mehr in der gleichen Stadt, in der ihr Arbeitsplatz ist, sondern häufig weiter entfernt.

Die Menschen brauchen deshalb Flexibilität im ÖPNV bei einem stabilen Tarifsystem. Ein starker ÖPNV entlastet zudem den Autoverkehr und schont damit Zeit und Nerven der Autofahrer.

Nicht nur der Tarifdschungel ist ein Problem im ÖPNV; es krankt doch beim ÖPNV an vielen Ecken. So gibt es in vielen Ruhrgebietsstädten beispielsweise zwei unterschiedliche Schienensysteme: Schienen, die 1 m breit sind, und weitere Schienen, die 1,435 m breit sind.

Allein in Essen gibt es zwei unterschiedliche Schienenbreiten. Das heißt, Sie können noch nicht einmal überall in Essen die gleichen Wagen, die gleichen Züge einsetzen, weil Sie zwei verschiedene Systeme haben.

Das macht die Wagenplanung schwieriger, und Sie brauchen größere Reserven, wenn Züge aufgrund von Reparaturen einfach mal ausfallen. Zudem können Sie nicht einfach von einer in die nächste Stadt fahren, weil die Spurbreiten zum Teil nicht stimmen.

Neben den technischen Problemen gibt es aber auch noch Probleme beim häufigen Umsteigen und mit langen Fahrzeiten. Sie wollen jetzt alle mit dem ETicket in den ÖPNV reinpressen. Doch machen das die Leute wirklich?

Nehmen Sie beispielsweise einen Mitarbeiter, der von Aachen nach Düsseldorf fährt, um hier zum Landtag zu kommen: Wir haben eine Mitarbeiterin, die um 4:30 Uhr aufsteht, um hier um 8 Uhr beim Landtag zu sein, denn um 5:18 Uhr muss sie das Haus verlassen, um zur Bushaltestelle zu kommen. Sie fährt dann 17 Minuten mit ihrem Bus zum Bahnhof, muss dort wieder 5 Minuten zum Bahnsteig laufen, um dann um 5:55 Uhr den RRX von Aachen

nach Düsseldorf mit einer Fahrtzeit von 1:24 Stunde zu nehmen.

(Rainer Deppe [CDU]: Die kann doch um 9 Uhr anfangen! Dann kann sie eine Stunde län- ger schlafen!)

Danach geht es natürlich wieder zu Fuß zur Straßenbahnhaltestelle, mit der Straßenbahn hier zur Landtagshaltestelle, dann folgt wieder ein Fußweg. Um 7:42 Uhr ist die Mitarbeiterin nach knapp zweieinhalb Stunden Fahrtzeit da, wenn es keine Probleme beim Bus oder beim Zug gibt. Wenn auch noch der Bus am Anfang wegfällt, verschiebt sich das Ganze um eine halbe oder gar um eine ganze Stunde.

Was ist die Alternative? – Diese Frau fährt natürlich mit dem Auto. Fahrzeit: eine Stunde bzw. mit Stau anderthalb Stunden. Sie kann sich dabei sogar aussuchen, neben wem sie sitzt, die Heizung funktioniert im Winter, die Klimaanlage funktioniert im Sommer, und im Radio kann sie selbst das Programm bestimmen und muss nicht die Gespräche von vielen Nachbarn mithören.

Die Menschen brauchen somit weiterhin auch ihr Auto. Es ist flexibel, man kann damit Sachen transportieren, und es ist häufig viel billiger. Das alles bietet der ÖPNV nicht – ob mit E-Ticket oder ohne.

Die Hauptprobleme des ÖPNV – mehrmaliges Umsteigen, teure Tickets oder auch ein Gefühl der Unsicherheit in den Abendzeiten – verbleiben trotz Ihres Antrags, obwohl wir den ÖPNV übrigens bereits zu mehr als 40 % subventionieren.

All diese Dinge verschlafen Sie weiter. Ihrem heutigen Schönwetterantrag zum Verbundsystem werden wir dennoch zustimmen. – Ich wünsche allen Demokratinnen und Demokraten in diesem Hause ein frohes Fest. Vielen Dank.

(Beifall von der AfD – Zuruf von Stefan Zimkeit [SPD])

Vielen Dank, Herr Abgeordneter Loose. – Für die Landesregierung hat nun Herr Minister Wüst das Wort. Bitte sehr.

Vielen herzlichen Dank. – Frau Präsidentin! Verehrte Kolleginnen und Kollegen! Es macht Spaß, am Ende dieses Jahres auch mal wieder über ein Zukunftsthema zu sprechen. Der eine oder andere hat es gesagt, und ich finde, das Thema ist es auch wert, dass wir noch einen kurzen Moment darüber sprechen:

Der E-Tarif kommt. Das ist deutschlandweit der erste landesweite E-Tarif: einfach, transparent und flexibel. Ich bin dankbar für die einhellige Unterstützung für dieses komplizierte Projekt. Ich bin dankbar für die Arbeit der neuen Fachabteilung im Verkehrs

ministerium, dankbar für das, was Verbünde und Tarifgemeinschaften dazu beigetragen haben.

Wir haben diese Debatte nicht vorweggenommen – so will ich das nicht sagen –, weil die Vorarbeit ein bisschen länger gedauert hat. Schon am 2. Dezember 2020 haben wir ein Memorandum of Understanding unterzeichnet, mit dem wir dem ÖPNV in Nordrhein-Westfalen 100 Millionen Euro zusagen, um Einnahmeverluste zu kompensieren und an anderen Stellen unseren Beitrag zu leisten. Das Land hat insofern geliefert, und die Zusage der Beteiligten ist, bis Ende nächsten Jahres diesen E-Tarif zu liefern.

Neben vielen anderen Bausteinen der ÖPNVOffensive ist das ein ganz wichtiger Beitrag dazu, den ÖPNV in Nordrhein-Westfalen gerade für Gelegenheitsnutzer besser zu machen, weil er übersichtlicher wird. Insofern ist das ein schönes Projekt. Danke für die Unterstützung durch diesen Antrag. – Danke fürs Zuhören. Frohes Fest.

(Beifall von der CDU und der FDP sowie von Arndt Klocke [GRÜNE])

Vielen Dank, Herr Minister Wüst. – Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor, sodass wir am Schluss der Aussprache sind und zur Abstimmung kommen können.

Die antragstellenden Fraktionen von CDU, SPD, FDP und Bündnis 90/Die Grünen haben direkte Abstimmung beantragt, sodass ich nunmehr frage, wer dem Inhalt des Antrags zustimmen möchte. – Das sind die Abgeordneten von CDU, SPD, FDP, Bündnis 90/Die Grünen und AfD. Gibt es Gegenstimmen? – Enthaltungen? – Dann darf ich feststellen, dass der Antrag Drucksache 17/11962 – Neudruck – mit Zustimmung aller Fraktionen angenommen wurde.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, gerade haben einige Redner gesagt, das Beste käme zum Schluss. Wir sind noch nicht ganz am Schluss; insofern wollen wir mal schauen, wie sich das im Weiteren entwickelt. Wir haben nämlich noch eine ganze Reihe von weiteren Tagesordnungspunkten auf der Agenda.

Ich rufe auf:

12 Gesetz zur Änderung der Landesbauordnung

Gesetzentwurf der Landesregierung Drucksache 17/12033

erste Lesung

Frau Ministerin Scharrenbach hat ihre Einbringungsrede zu Protokoll gegeben (siehe Anlage 2).

Wir müssen noch über die Überweisungsempfehlung des Ältestenrates abstimmen, den Gesetzentwurf Drucksache 17/12033 an den Ausschuss für Heimat, Kommunales, Bauen und Wohnen – federführend –, an den Ausschuss für Arbeit, Gesundheit und Soziales, an den Ausschuss für Umwelt, Landwirtschaft, Natur- und Verbraucherschutz sowie an den Ausschuss für Digitalisierung und Innovation zu überweisen. Wer dem zustimmen möchte, den darf ich um das Handzeichen bitten. – Das sind die Abgeordneten der CDU, der SPD, der FDP, von Bündnis 90/Die Grünen und der AfD. Gibt es Enthaltungen? – Nein. Neinstimmen? – Ebenfalls keine. Dann ist die Überweisungsempfehlung einstimmig angenommen worden.

Ich rufe auf:

13 Gesetz zur Stärkung des Wohnungswesens in

Nordrhein-Westfalen (Wohnraumstärkungs

gesetz – WohnStG)

Gesetzentwurf der Landesregierung Drucksache 17/12073

erste Lesung

Frau Ministerin Scharrenbach hat auch hier ihre Einbringungsrede zu Protokoll gegeben (siehe Anlage 3).

So bleibt uns noch die Abstimmung über die Überweisungsempfehlung des Ältestenrates, den Gesetzentwurf Drucksache 17/12073 an den Ausschuss für Heimat, Kommunales, Bauen und Wohnen – federführend –, an den Ausschuss für Arbeit, Gesundheit und Soziales sowie an den Ausschuss für Digitalisierung und Innovation zu überweisen. Wer möchte dieser Überweisungsempfehlung zustimmen? – Das sind CDU, SPD, FDP, Bündnis 90/Die Grünen und AfD. Gegenstimmen? – Nicht der Fall. Enthaltungen? – Auch nicht der Fall. Dann ist die Überweisungsempfehlung einstimmig angenommen.

Wir kommen zu:

14 Richtlinien für die Aufhebung der Immunität

von Mitgliedern des Landtags

Antrag der Fraktion der CDU, der Fraktion der SPD, der Fraktion der FDP und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN Drucksache 17/12050

Eine Aussprache ist hierzu nicht vorgesehen. Wir kommen daher direkt zur Abstimmung, die von den antragstellenden Fraktionen in direkter Art beantragt ist. Ich darf damit fragen, wer dem Inhalt des Antrags

Drucksache 17/12050 zustimmen möchte. – Das sind die Abgeordneten von CDU, SPD, FDP, Bündnis 90/Die Grünen. Gegenstimmen? – Keine. Enthaltungen? – Enthaltung bei den Abgeordneten der Fraktion der AfD. Damit ist der Antrag Drucksache 17/12050 angenommen.