Protocol of the Session on December 16, 2020

Ich fange noch einmal an.

Herr Minister, Sie haben vorhin ausgeführt: Es ist ganz gefährlich, sich in eine singuläre Abhängigkeit von Lieferketten zu begeben. Sie sind dann in der pandemischen Lage und haben ein Unternehmen vor sich sitzen, von dem wissen Sie: Die können nähen, die haben die Kenntnisse, und die haben die Produktionskapazitäten. – Sie entwickeln dann mit denen das Konzept: „Ihr versorgt uns jetzt mit Kitteln“, in dem Wissen, es gibt auch andere Unternehmen, die nähen können und die die Produktionskapazitäten haben. Sie haben uns jetzt mehrfach ausgeführt, dass Sie das grundsätzlich wissen und auch mit mehreren solcher Unternehmen zusammengesessen haben.

Wäre es nicht Ihre Verantwortung gewesen, in dem Moment zu sagen: Wir bauen auch da jetzt keine singuläre Abhängigkeit auf, sondern holen uns mehrere Lieferangebote ein?

Bitte, Herr Minister.

Erst einmal ist es nicht so, dass wir nicht auch andere Kittellieferanten hatten. Ich glaube, Koczyba hat uns auch Kittel geliefert. Wir haben auch etwas über den Handel gemacht.

Ich sage Ihnen noch einmal: Es war einfach so, dass unsere Leute, die das mitentwickelt haben, den Eindruck hatten, wir reden hier mit einem äußerst kompetenten, soliden Unternehmen, das uns einen Stoff auf den Tisch legt, der die Qualität hat, Viren abzuweisen. Er war eben nicht vernäht. Ich habe es Ihnen alles schon einmal erzählt. Wir haben den Stoff geprüft. Wir wussten, dass wir es mit einer Firma zu tun haben, die nähen kann. Wir wussten, dass wir es mit einer Firma zu tun haben, die in großen Mengen nähen kann. Wir wussten, dass wir es mit einer Firma zu tun haben, die selber über die Nähkapazitäten in ihrem Eigentum verfügt. Und da schien mir die ganze Sache einfach so solide zu sein, dass es vernünftig ist, das zu machen.

Wir wollen alle nicht hoffen, dass wir wieder Schutzbekleidung kaufen müssen. Wenn es dann so ist, dann werden wir vielleicht auch mal an jemanden anderen denken. Und dann wird es Angebote geben.

Aber Sie müssen einfach – das haben wir heute Abend genug besprochen – die Situation sehen: Wir wollten schnell etwas haben. Wir wollten nicht wieder vertröstet werden: Es kommt alles vier Wochen später. Wir wollten etwas haben, wo wir uns auf die Lieferketten verlassen können und das Gefühl haben – wissen konnten wir es doch vorher auch nicht –, dass uns für das Geld ein Produkt angeboten wird, bei dem Leistung und Geld in einem vernünftigen

Verhältnis stehen. Ich bin nach wie vor davon überzeugt, dass Leistung und Geld in diesem Angebot und angesichts dessen, was wir dann geliefert bekommen haben, in einem vernünftigen Verhältnis standen.

(Vereinzelt Beifall von der CDU)

Danke schön, Herr Minister. – Frau Gebhard hat eine Frage. Bitte, Frau Gebhard.

Danke, Herr Präsident. – Herr Minister, ich bin in Bezug auf einige Ihrer Antworten in gewissem Maße erschrocken. Insbesondere den Hinweis, wir würden diese Fragen hier gar nicht stellen, wenn es nicht diese Verquickung durch das Vater-Sohn-Verhältnis gegeben hätte, finde ich sehr erschreckend, weil damit eine freihändige Vergabe in einer Größenordnung von 45 Millionen Euro in einer Art und Weise relativiert wird, die meines Erachtens wirklich nicht nachvollziehbar ist.

(Zuruf von Thorsten Schick [CDU])

Wenn ich als Geschäftsführerin einer wissenschaftlichen Einrichtung im öffentlichen Dienst eine freihändige Vergabe über 500 Euro machen wollte, dann war ich gezwungen, im Vermerk drei unterschiedliche Angebote festzuhalten, um die Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit nachzuweisen. Ich musste das schriftlich festhalten!

Bei 45 Millionen Euro – das ist das 90.000-fache – soll das nicht notwendig sein? Ich finde, dass das auch in Pandemiezeiten ein Minimum an Anforderungen ist, das man erfüllen können müsste. Ich wüsste gerne, ob dies erfolgt ist. Ist also in einem Vermerk festgehalten, welche weiteren Angebote eingeholt wurden, um, wie Sie selbst sagen, die Grundsätze von Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit bei der Vergabe nachzuweisen? Das ist wirklich das Minimum. Es geht hier nicht um eine Petitesse, sondern um öffentliches Geld, das ausgegeben wird. Da sind wir meines Erachtens auch in Notsituationen gehalten, die Gesetze einzuhalten. Wir können das nirgendwo im Land einfordern, wenn wir selbst es nicht tun.

(Vereinzelt Beifall von der SPD)

Bitte, Herr Minister.

Verehrte Frau Gebhard, ich verstehe Ihre Frage und das, was Sie mir damit unterstellen wollen, nicht. Wenn man ganz normale Zeiten hat, dann kann man das mit den drei Angeboten und meinetwegen auch mit einer europaweiten Ausschreibung machen. Das kann man alles machen.

Man kann das aber nicht machen, wenn man in einer Situation ist, wie wir es waren.

Deswegen gab es ja auch den Runderlass in der Landesregierung, dass wir in dieser Situation Ausnahmen machen können. Davon haben wir Gebrauch gemacht.

Natürlich haben die Stellen bei uns im MAGS den Preis, den van Laack von uns verlangt hat bzw. der dann verhandelt worden ist, mit dem verglichen, was damals, wie ich mal sage, Schutzkittel im europäischen Bereich wert waren. Das hat durchaus stattgefunden.

Wenn ich aber keine drei Firmen habe, die mir etwas anbieten, dann kann ich in der Situation, in der wir waren, keine drei Angebote haben.

(Beifall von der CDU)

Daher ist das in Bezug auf die Vergabe – da bin ich ganz ruhig – gut. Man kann das ja auch alles überprüfen. Ohnehin wird sich all das auch der Landesrechnungshof noch einmal anschauen.

Wir sind einfach nicht in einer solchen Situation wie Sie, als Sie damals im öffentlichen Dienst waren. Das waren feine Zeiten. Da gab es das Virus nicht.

Ich sage Ihnen ganz klar: Wir sind mitten im Kampf gegen das Virus. Damals hatten wir keine Munition, sprich Schutzanzüge, und dann wird Munition besorgt. So ist das nun mal in Westfalen. Davon weiche ich auch nicht ab.

(Beifall von der CDU)

Danke, Herr Minister. – Frau Butschkau, Ihre zweite und letzte Frage. Bitte, Frau Butschkau.

Danke, Herr Präsident. – Herr Minister Laumann, wir alle wissen, dass wir alle uns, wenn die Not groß ist, darüber freuen, wenn möglichst viele Menschen mit anpacken. Das gilt wohl auch für die Angebote.

Was ich in dem Zusammenhang aber nicht verstehe – deshalb interessiert mich die Antwort auf die Frage –, ist, warum die zahlreichen Firmen, die Angebote für Schutzkleidung abgegeben haben, keine Rückmeldung von der Landesregierung erhalten haben.

Eben habe ich Ihnen doch das strukturierte Verfahren, das wir im MAGS entwickelt haben, um irgendwie mit diesen rund 7.000 Angeboten umzugehen, vorgetragen. Das kann ich jetzt noch mal machen. Es hat bei uns im MAGS jedenfalls einen richtig strukturierten Prozess zum Umgang mit diesen Angeboten gegeben. Daher haben

wir natürlich trotz der Situation ein möglichst objektives Verfahren durchgeführt, um die herauszufiltern, mit denen es sich zu reden lohnte.

Ich habe Ihnen soeben auch gesagt, dass schon bei den oberflächlichen Vergleichen, ob die Zertifikate glaubhaft und Ähnliches sind, fast 90 % der Anbieter herausgefallen sind. Außerdem wurden Preise verglichen. Das war in der damaligen Zeit schon ein vernünftig strukturiertes Verfahren. Und das kann ich auch jederzeit aus den Akten belegen.

Ich sage Ihnen noch einmal: Bedenken Sie bitte bei allem, was Sie irgendwann urteilen, dass hier ein Ministerium, das kein Beschaffungsministerium ist, eine Aufgabe übernommen hat, weil es in dieser Lage nicht anders ging, weil wir sie übernehmen mussten. Das sollte man nicht ganz vergessen.

Danke schön, Herr Minister Laumann. – Frau Müller-Witt hat eine Frage. Bitte.

Vielen Dank, Herr Präsident. – Herr Minister, gab es Lieferungen anderer Produkte, zum Beispiel Handschuhe, anderer Hersteller, bei denen ebenfalls Qualitätsprobleme vorlagen, und wie sind Sie damit umgegangen?

Ja, wir haben viele Qualitätsprobleme gehabt. Es hat Waren gegeben, die wir nicht abgenommen haben. Es hat Waren gegeben, die wir nicht bezahlt haben. Wenn das Produkt am Flughafen Düsseldorf oder auch in den Messehallen – wir hatten unser Lager zur damaligen Zeit in den Messehallen in Düsseldorf – angekommen war, dann sind unsere Fahrer – oft auch mein persönlicher Fahrer – mit diesem Material nach Sankt Augustin gefahren, haben es getestet, und wenn es nicht in Ordnung war, haben wir es nicht genommen.

Selbstverständlich haben wir getestet. Wir haben gute Sachen gekriegt, wir haben aber auch Sachen gekriegt, die uns etwa als OP-Maske verkauft worden sind, die aber nicht einmal als Alltagsmaske zu gebrauchen waren. Das hat es alles gegeben, klar. Aber wenn es dann nicht bezahlt worden ist, ist es ja auch egal. Es hat auch gute Produkte gegeben, die nachgebessert worden sind, und es hat auch Vertragsrücktritte gegeben.

In der damaligen Zeit gab es auch viele Leute, die zum Beispiel nach China, wo es einen Ausfuhrstopp gab, Handelsbeziehungen hatten, die immer noch meinten, sie könnten trotzdem Ware aus China irgendwie auf umschlungenen Wegen nach Deutschland bringen. Sie glauben gar nicht, was es in solch einer Situation alles für Angebote gibt.

Ich meine, dass auch vielen Abgeordneten durchaus Angebote gemacht worden sind, sich darum zu kümmern, und Anfragen kamen, ob sie nicht ins Geschäft kommen könnten. Ich bin andauernd angesprochen worden. Da ich schon mein ganzes Leben lang im Telefonbuch stehe, haben sie selbst am Wochenende bei mir zu Hause angerufen und haben gesagt: Ich kann Ihnen was besorgen. – Auch aus meinem eigenen Kreis Steinfurt kamen Anfragen von Personen, die überhaupt nichts mit Medizinprodukten zu tun hat, die dann auf einmal Händler bestimmter Produkte wurden. Das war einfach so.

Das hat uns in der Menge vielleicht auch wirklich ein bisschen überfordert. Dass man da nicht jedes Angebot so gewichtet hat, als hätte man normale Zeiten, in denen man sich mit 20 Angeboten auseinandersetzt, ist auch die Wahrheit. Aber das war doch einfach in vollem Umfang der ganzen Situation geschuldet.

Danke schön, Herr Laumann. – Herr Wolf mit seiner zweiten und letzten Frage. Bitte.

Vielen Dank. – Herr Minister, Sie haben meine Frage von soeben nicht beantwortet. Das bin ich ja in manchen Fällen auch gewohnt. Ich will nur noch mal daran erinnern, dass wir nicht auf der Bundeskegelbahn, sondern im Landtag sind. Sie haben gerade davon gesprochen, Munition zu besorgen. Aber dann müssen Sie auch sicherstellen, dass das keine Knallerbsen sind.

Ich will noch mal ganz konkret auf die Frage der Transparenz eingehen: Warum hat die Pressestelle in der aktuellen Situation – nicht vor drei bzw. sechs Monaten, als die Lage sehr unübersichtlich war – Anfragen zu den Schutzkitteln, unter anderem des Journalisten Christopher Lauer, aus der letzten Woche immer noch nicht vollständig beantwortet?

Also, ich meine schon, dass die beantwortet sind. Meine Pressestelle beantwortet alle Anfragen. Ob die Fragesteller mit der Antwort immer einverstanden sind, ist eine andere Frage, aber eine Antwort kriegen sie schon.

(Beifall von Dr. Ralf Nolten [CDU])

Vielen Dank, Herr Minister. – Frau Kapteinat, Ihre zweite und letzte Frage. Bitte schön.

Vielen Dank, Herr Präsident. – Ich komme noch mal zurück auf Seidensticker. Wie kann es sein, dass der größte

Textilhersteller aus Nordrhein-Westfalen nicht einmal eine Antwort bekommen hat, zumal ja hier – anders als eben angedeutet – die Frage der Seriosität nicht das Problem sein dürfte?

Eine ganz klare Antwort hat er schon bekommen, nämlich dass wir die Alltagsmasken von ihm nicht kaufen. Er hat uns eine Alltagsmaske angeboten, und wir haben gesagt: Wir kaufen keine Alltagsmasken, weil wir die für das medizinische Personal nicht brauchen.

Ich habe eben zu Seidensticker schon etwas gesagt. Natürlich hätte man auch dahin gehen können. Umgekehrt muss ich auch sagen, dass ein so renommiertes Unternehmen in Nordrhein-Westfalen auch wahrscheinlich wissen müsste, wer hier Gesundheitsminister ist. Sie hätten mich auch ansprechen können.