Protocol of the Session on December 16, 2020

Sie haben es aber in dem Zusammenhang in Ihre Rede eingebaut, die Sie zu diesem Thema halten. Damit suggerieren Sie dem Zuhörer, vor allem vielleicht auch dem, der nicht so fachkundig ist wie Sie –

das wissen Sie auch –, einen Zusammenhang. Der ist vor allem beim Kiebitz so nicht zulässig.

(Mehrdad Mostofizadeh [GRÜNE]: Auf Deutsch nennt man so was Unterstellung!)

Dieser Zusammenhang ist so nicht gegeben. Pflanzenschutzmittel sind sicherlich nicht das größte Problem des Kiebitz, sondern ein Zusammenwirken vieler verschiedener Faktoren. Ich bin sehr froh darüber, dass sich inzwischen viele Menschen darum kümmern, dass der Kiebitz trotzdem bleibt. Da geht es um Prädatoren, sicherlich auch in einem großen Ausmaß. Da geht es um geeignete Flächen, die man frei lassen muss, vielleicht auch von landwirtschaftlicher Nutzung. Das kann man auch entschädigen. Dann ist das auch richtig. Da bleiben wir auch dran.

Aber diese einseitigen Vorwürfe und dieses Versimplifizieren von komplizierten Zusammenhängen in der Natur sind einfach fehl am Platz und helfen uns nicht weiter. In dem Sinne bis zum Ausschuss. – Vielen Dank.

(Beifall von der FDP und der CDU)

Vielen Dank, Herr Diekhoff. – Als nächster Redner hat für die Fraktion der AfD Herr Dr. Blex das Wort.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Jeder Winzer fürchtet sich vor dem Mehltau. Die Rebenkrankheit ist ein flächendeckendes Problem und betrifft alle deutschen Weinanbaugebiete. Vor vier Jahren wurde das Pflanzensterben so groß, dass selbst Ökowinzer zu konventionellen Gegenmitteln gegriffen haben, auch wenn dieser Einsatz den Verlust des Ökolabels bedeutet hat. Da können wir sagen: Gut, dass es Pflanzenschutzmittel gibt.

Jeder Rübenbauer fürchtet die Fraßschädlinge der Zuckerrübe. Sie fressen gut und gerne bis zu 50 % der Erträge weg, wenn Neonicotinoide nicht eingesetzt werden.

(Norwich Rüße [GRÜNE]: Da geht es um Blattläuse!)

Gut, dass es Pflanzenschutzmittel gibt.

Jeder Kartoffelbauer fürchtet sich vor der Kartoffelfäule. Und für die historisch weniger Gebildeten von Ihnen: Es war der Kartoffelpilz, der während der großen Hungersnot in Irland, in einer der größten Hungerskatastrophen in Europa der letzten 200 Jahre … Das hat damals 12 % der irischen Bevölkerung das Leben gekostet. Das war ein Kartoffelschädling. Da können wir nur sagen: Gut, dass es Pflanzenschutzmittel gibt.

Die moderne Landwirtschaft kann ohne den Einsatz von Pflanzenschutzmitteln nicht mehr funktionieren

und die Ernährung einer stetig wachsenden Weltbevölkerung sicherstellen. Wir sollten wirklich dankbar dafür sein, dass es effektiven Pflanzenschutz gibt.

Doch was wollen die grünen Ideologinnen? – Sie wollen den Einsatz von Pflanzenschutzmitteln reduzieren, einschränken und am besten gleich ganz verbieten. Mit anderen Worten: Sie legen die Axt an die Versorgungssicherheit unserer Bevölkerung.

Als Begründung führen die Ökojüngerinnen und auch Sie gerade, Herr Rüße, die Krefelder Studie von 2017 an. Schon wieder! Diese Studie im besten Fall von Hobbyinsektenforschern genügt keinerlei wissenschaftlichen Standards. Die gewählten Messzeiten sind beliebig. Einige Jahre fehlen komplett. Es gibt keine einzige Referenz. Dennoch werden da die Landwirte pauschal beschuldigt. Wenn so etwas als Facharbeit im Gymnasium abgegeben würde, wäre das Ganze mangelhaft, selbst auf einem NRWGymnasium.

Daran ändert auch nichts, dass es immer wieder angeführt wird, und auch nicht, dass der Insektensammler aus Krefeld den DBU-Ehrenpreis bekommen hat. Es ist alles grüner Ökopopulismus, und deshalb natürlich sehr nützlich für Ihre politische Agenda.

Deshalb heißt es ja auch im vorliegenden Antrag – Zitat –:

„Als einer der Hauptgründe für das massive Insektensterben wird von den allermeisten Wissenschaftlern der starke Einsatz von Pestiziden in der intensiven Landwirtschaft ausgemacht.“

Das ist schon wieder vollkommen faktenbefreites Bauern-Bashing. Die Grünen setzen sich nämlich nicht für die Landwirte ein. Sie hauen auf den Berufsstand noch so richtig drauf. Sie geben vor, vermeintlich irgendwelche Insekten retten zu wollen, doch in Wahrheit wollen Sie die konventionelle Landwirtschaft zerstören. Das ist Ihr Ziel. So war es in der Vergangenheit, und so bleibt es wohl auch in der Zukunft.

Dabei wissen Sie in Ihrer EU-Besoffenheit, dass nationale, gar landeseigene Alleingänge dank der Brüsseler Eurokratie überhaupt nichts bringen können. Der Einsatz von Pflanzenschutzmitteln ist im EUAusland ohnehin größer als in Deutschland. Frankreich, die Niederlande und Belgien spritzen ganz vorne mit. Diese Länder werden sich freuen, wenn die Grüninnen zusammen mit der CDU-Ökoministerin, Frau Heinen-Esser – ja, Herr Diekhoff, das ist auch noch Ihre Ministerin –,

(Josef Hovenjürgen [CDU]: Hey! – Zuruf von Norwich Rüße [GRÜNE])

die deutsche Landwirtschaft zerstören und dann aus diesen Ländern mehr importiert werden muss. Das

vergisst man manchmal bei Reden wie derjenigen von Herrn Diekhoff. Das ist auch Ihre Ministerin.

(Dr. Ralf Nolten [CDU]: Auch Ihre!)

Die Forderung nach Minderung des Einsatzes von Pflanzenschutzmitteln in unserem Bundesland ist aufgrund des freien Wettbewerbs innerhalb der EU deshalb vollkommen sinnbefreit.

Ich gebe Ihnen ein Beispiel. Chlorpyrifos ist ein Pflanzenschutzmittel, das bei Zitrusfrüchten eingesetzt wird, bei Mandarinen, Orangen und Zitronen.

(Henning Höne [FDP]: Die werden auch in NRW angebaut! – Zuruf von Markus Diekhoff [FDP])

Der Wirkstoff wird auf der Schale aufgetragen. Wir würden annehmen, dass zumindest die informierten Verbraucher – man weiß das nicht so genau, aber wir glauben an den informierten Verbraucher – das Obst vor dem Essen schälen und waschen würden.

(Henning Höne [FDP]: Die heimische Orange!)

Dennoch ist der Wirkstoff in Deutschland nicht mehr zugelassen. Nur: Trotz all Ihres Geredes vom anthropogenen Klimawandel werden in Deutschland keine Mandarinen, Orangen und Zitronen angebaut,

(Henning Rehbaum [CDU]: Noch nicht!)

allerdings in Spanien, Italien, Griechenland und Portugal. Und dank der EU sind Zitrusfrüchte, die mit diesem Wirkstoff behandelt werden, hier auf dem Markt.

Auch außerhalb von Naturschutzgebieten wollen Sie noch den Einsatz von Pflanzenschutzmitteln reduzieren. Es soll eine Pufferzone geschaffen werden. Das ist vorhin schon angesprochen worden. Doch wie groß soll diese Pufferzone denn sein? Wie groß soll sie sein? – Das beantworten Sie nicht konkret; denn für Sie ist das ein Instrument zur vollständigen Abschaffung der Pflanzenschutzmittel – nicht nur in Naturschutzgebieten.

(Das Ende der Redezeit wird angezeigt.)

Ihr Antrag kann an den Ausschuss überwiesen werden, aber wir sind uns ganz sicher, dass er dort nicht besser werden wird. – Danke schön.

(Beifall von der AfD)

Das war Herr Abgeordneter Dr. Blex.

(Josef Hovenjürgen [CDU]: Nee, ist er leider immer noch!)

Herr Dr. Blex, wenn ich es richtig gesehen habe, darf ich Sie bitten, sich auch an die Regeln zum Tragen einer Maske zu halten. Vielen Dank.

(Dr. Christian Blex [AfD]: Ja, mache ich! Danke!)

Liebe Kolleginnen und Kollegen, als nächste Rednerin hat nun für die Landesregierung Frau Ministerin Heinen-Esser das Wort. – Bitte sehr.

Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich war so ergriffen von der Rede vor mir, dass ich jetzt fast ein bisschen durcheinander erzählt hätte. Ich bitte um Nachsicht.

(Heiterkeit – Helmut Seifen [AfD]: Das ist auch angemessen!)

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich möchte mal ein bisschen versöhnlicher anfangen. Das liegt vielleicht auch ein bisschen an der Zeit, in der wir uns gerade befinden.

Über das Ob des Insektenschutzes gibt es, denke ich, mit Ausnahme der Fraktion ganz rechts keinen Dissens. Die Frage, mit der wir uns hier auseinandersetzen, ist, wie der Insektenschutz am besten durchgeführt wird und wie er am effektivsten ist. Wie bringen wir Insektenschutz, wie bringen wir das Thema „Landwirtschaft“, wie bringen wir den Naturschutz, wie bringen wir all dies zusammen?

Das ist ein Weg, um den wir ringen. Mir hat die Debatte ganz gut gefallen, weil sie mal wieder so eine richtig lebhafte Debatte war, in der wir sehen konnten, wie die unterschiedlichen Ansätze der einzelnen Fraktionen aussehen. Deshalb ist es auch gut, dass wir uns im Ausschuss noch einmal ganz intensiv damit beschäftigen.

Die Studie des entomologischen Vereins in Krefeld war eine wichtige Studie.

(Zuruf von Dr. Christian Blex [AfD])

Sie hat wachgerüttelt. Sie hat klargemacht, dass es hier ein Thema gibt, um das wir uns kümmern müssen.

Wir begleiten diese Studie als Umwelt- und Landwirtschaftsministerium hier in Nordrhein-Westfalen gemeinsam mit der Hochschule Osnabrück, die ebenfalls Daten zu diesem Thema sammelt. Über den Weltbiodiversitätsrat verfügen wir über Daten zum Verlust der Biodiversität der Insektenmasse. Es gibt also verschiedene Studien, die aber im Grunde alle dasselbe sagen, nämlich dass wir bei uns einen sehr starken Verlust an Insektenmasse verzeichnen. Und das hat natürlich Auswirkungen auf die gesamte Nahrungskette und eben nicht nur auf einen bestimmten Bereich.