Protocol of the Session on November 27, 2020

Lesen Sie einmal, was der DGB, der Mieterschutzbund und viele andere zu Ihrer unsozialen und auch mieterfeindlichen Politik in dem Bereich sagen. Das sollten wir aber an anderer Stelle ernsthaft diskutieren.

(Matthias Kerkhoff [CDU]: Dafür, dass Sie nicht fachkundig sind, legen Sie ganz schön los!)

Dieser Antrag – da sollten wir uns einig sein – hat ein Ziel: Er soll spalten. Wenn ausgerechnet die Realitätsverweigerer von rechts die Rückkehr zur Realität fordern, wissen wir, um was es geht:

Es geht nicht um Problemlösungen, sondern es geht um Populismus, es geht um Ausgrenzung, und es geht um unsoziale Maßnahmen. Deshalb hat es dieser Antrag eigentlich nicht verdient, überwiesen zu werden. Da wir uns aber im Gegensatz zu anderen in diesem Haus an demokratische Spielregeln halten, werden wir der Überweisung zustimmen.

(Beifall von der SPD – Zuruf von Arndt Klocke [GRÜNE])

Danke schön, Herr Zimkeit. – Nun spricht Herr Paul für die FDP-Fraktion.

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Man ist wirklich versucht zu sagen: Über Wohnungspolitik – auch über die Wohnraumförderung und den Mangel, den Sie im öffentlich geförderten Wohnungsbau beklagen – sprechen wir oft genug im Ausschuss; das müssen wir nicht am Freitagnachmittag machen. Wir wollen aber jeden Antrag ernst nehmen.

(Zuruf von Roger Beckamp [AfD])

Wir können den Antrag an den Ausschuss überweisen, aber ich kann Ihnen heute schon sagen: Dieser Antrag ist echt so über.

In § 13 WFNG sind ganz klare Einkommenskriterien angegeben, an denen man nicht so einfach politisch herumdoktern kann. Man muss auch wissen, dass jede Verschärfung gerade Mitbürger mit niedrigem Einkommen trifft. Es ist erstaunlich, dass die AfD das will.

Die Eigentumsförderung haben wir attraktiver gestaltet; Fabian Schrumpf hat dazu ausgeführt. Das Wohngeld ist erhöht worden und wird ab dem Jahr 2022 dynamisiert.

Ich finde, der ganze Antrag ist schon falsch angelegt: den Mangel gerecht verteilen. – Haben Sie denn aus dem Scheitern des Sozialismus als AfD nichts gelernt?

(Beifall von der FDP und von Matthi Bolte- Richter [GRÜNE])

In Nordrhein-Westfalen müssen wir mehr neu bauen, weiter modernisieren, ein positives gesellschaftliches Klima für den Wohnungsbau schaffen sowie die geeigneten rechtlichen und finanziellen Rahmenbedingungen weiter pflegen. Das ist der richtige Weg, den wir bereits erfolgreich gehen. – Ich wünsche Ihnen und euch allen ein gesegnetes Wochenende und einen frohen ersten Advent.

(Beifall von der FDP und der CDU)

Danke schön, Herr Paul. – Jetzt spricht Herr Klocke für die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Es ist schon viel, fast zu viel zu dem Antrag gesagt worden. Allein durch die Überschrift wird deutlich, dass das einfach wirres Zeug ist: „Mangel im sozialen Wohnungsbau gerecht verteilen.“

Die anderen Fraktionen wollen mit Sicherheit den bestehenden Mangel im sozialen Wohnungsbau nicht gerecht verteilen, sondern wir wollen ihn beheben. Wir wollen wirksame Instrumente, damit auch Teilhabe im Bereich des Wohnens gewährleistet ist.

Allein mit der Überschrift machen Sie deutlich, dass das Ganze in die Irre führt.

Die Instrumente, die es dafür gibt, haben wir ausführlich und schon mehrfach diskutiert. Was Sie als Analyse anführen, nämlich, es müsse mehr preisgebundenen Wohnungsraum geben, ist ja richtig. Die gesamte Aufzählung der Maßnahmen, die Sie uns vorschlagen, führt aber in die Irre.

Sie schlagen vor, die Bedingung für die Möglichkeit zum Erhalt eines Wohnberechtigungsscheins zu verschärfen. Das hilft niemandem – die Kriterien wurden vorhin genannt –, da es auf dem Wohnungsmarkt in den Ballungsräumen, also da, wo Wohnberechtigungsscheine mehrheitlich genutzt werden, keine Alternativen für die Wohnungssuchenden gibt. Eine Erhöhung der Einkommensgrenzen führt in der Sache nicht weiter, sondern in die Irre. Außerdem ist es schlicht so, dass die Mieten im Vergleich zum verfügbaren Einkommen für viele Menschen in NordrheinWestfalen zu hoch sind. Das ist ein zusätzliches Armutsrisiko, weil die Mieten insbesondere in den Ballungsräumen steigen. Die Instrumente, die Sie in Ihrem Antrag vorschlagen, sind das Gegenteil von dem, was die Menschen brauchen. So viel zu Ihren Forderungen.

Als Gründe führen Sie – alles andere wäre bei der AfD ein Wunder gewesen – die Massenzuwanderung an, wie Sie es nennen. Allein das Wort zu nennen, verbietet sich hier am Redepult eigentlich. Die Kollegen von CDU und FDP haben es soeben ausgeführt: Wir haben eine deutlich sinkende Zuwanderung, aber weiterhin ein großes Problem auf dem Wohnungsmarkt. Zu viele Wohnungen fallen aus der Preisbindung. Wir müssen dringend bezahlbaren Wohnraum schaffen. Dafür gibt es im Land gute Instrumente; diese müssen verbessert und ausgeweitet werden.

Außerdem haben wir in diesem Land Mieterschutzbestimmungen. Diese sind in den letzten Monaten leider geschliffen worden. Da sind Maßstäbe abgesenkt worden, die wir in rot-grüner Regierungszeit auf den Weg gebracht haben. Das haben wir deutlich kritisiert. Es wäre gut, darüber in Bezug auf die Städte und dortigen besonderen Mieterschutz noch einmal zu diskutieren. Das wäre eine Debatte wert. Was Sie hier vorgelegt haben, ist aber keine Debatte wert. Die Kolleginnen und Kollegen haben eben schon gesagt, man müsse die Überweisung des Antrags eigentlich ablehnen. Aus demokratischen Prinzipien werden wir ihr zustimmen. Dieser Antrag wird von grüner Seite aber auf gar keinen Fall Zustimmung finden.

Ich danke Ihnen und wünsche Ihnen ein gutes Wochenende. Ich hoffe, dass Sie am Wochenende gute Gedanken haben werden und Ihnen nicht ähnliche Sachen wie der AfD einfallen. Da bin ich aber ziemlich sicher. Ich danke für die Aufmerksamkeit. Weiterhin gute Beratungen!

(Beifall von den GRÜNEN)

Danke schön, Herr Klocke. – Nun hat Frau Ministerin Scharrenbach das Wort.

Vielen Dank. – Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren Abgeordneten! Zu diesem vorliegenden Antrag ist viel Richtiges gesagt worden. Auch die Landesregierung erstaunt, dass sich die antragstellende Fraktion dafür ausspricht, den Zugang zu Wohnberechtigungsscheinen restriktiver zu gestalten.

Was heißt das am Ende? – Um in den Bildern zu bleiben, die die antragstellende Fraktion hier ganz gerne hervorruft: Viele Wohnberechtigungsscheinempfängerinnen und -empfänger sind lebensältere Frauen, deren Rente nicht ausreicht und die auf dem Wege eines Wohnberechtigungsscheins eine staatliche Unterstützung bekommen. – Es wundert mich, dass ausgerechnet Sie sagen, diese Frauen sollten keinen Wohnberechtigungsschein erhalten.

(Beifall von der CDU, der FDP und Regina Kopp-Herr [SPD])

Das ist doch eigentlich die Klientel, auf die Sie abzielen, um es mal so zu sagen.

Vor diesem Hintergrund und allein aus diesem Grund schießt der Antrag ziemlich an der Realität vorbei.

Außerdem – das ist ein Grundprinzip der Bundesrepublik Deutschland – schauen wir bei der Vergabe von Unterstützungsleistungen des Staates und einer Umverteilung der von uns allen aufgebrachten Steuermittel nicht darauf, woher jemand kommt oder welche Hautfarbe, welche Religion oder welches Geschlecht er hat. Wenn jemand eine Unterstützung braucht, dann bekommt er sie. So bleibt das auch.

(Beifall von der CDU, Regina Kopp-Herr [SPD] und Henning Höne [FDP])

Frau Ministerin, gestatten Sie eine Zwischenfrage von Herrn Beckamp?

Ja.

Bitte schön, Herr Beckamp.

Vielen Dank. – Frau Ministerin, Sie haben eben gesagt, wir sprächen uns in unserem Antrag dafür aus, dass insbesondere alleinerziehende bzw. alleinstehende Frauen mit nicht so hohem Einkommen keinen Wohnberechtigungsschein bekommen sollten und damit am Wohnungsmarkt nur schwer zu versorgen seien. Das ist nicht der Fall.

Herr Beckamp, Sie stellen bitte eine Frage.

Im Gegenteil: Wir wollen schlicht die Einkommensgrenzen absenken. – Daher die Frage: Wie wollen Sie denn Mangel verwalten, wenn zu wenig da ist? Das ist doch die Frage, die wir beantworten und um die Sie herumreden.

Das ist eine sehr spannende Frage. Sie wollen die Einkommensgrenzen absenken. Der Personenkreis, der zum Erhalt von Wohnberechtigungsunterstützungsleistungen berechtigt wäre, soll also kleiner werden. Damit schließen Sie Bevölkerungsteile von der Möglichkeit, einen Wohnberechtigungsschein und damit eine staatliche Unterstützung zu bekommen, aus.

(Beifall von der FDP)

In Nordrhein-Westfalen gehen wir, offen gesagt, genau den gegenteiligen Weg. Im Gesetz zur Förderung und Nutzung von Wohnraum für das Land Nordrhein-Westfalen haben wir für die Beantragung eines Wohnberechtigungsscheins eine Dynamisierungsklausel eingezogen. Die Folge daraus ist, dass wir zu einer periodischen Erhöhung der Einkommensgrenze auf Basis des Verbraucherpreisindexes kommen.

Wir haben hier schließlich immer wieder darüber diskutiert, dass die Einkommensgrenzen zu starr sind und damit vielen, die einer Unterstützung bedürfen, nicht angemessen Rechnung getragen werden kann. Deswegen haben wir zusammen das Gesetz zur Förderung und Nutzung von Wohnraum in Nordrhein-Westfalen entsprechend geändert: Die Einkommensgrenzen wurden dynamisiert und passen sich damit Veränderungen in der Lebenswirklichkeit der Bürgerinnen und Bürger in Nordrhein-Westfalen an.

Wir haben über die Bundesebene noch etwas anderes getan, worüber ich persönlich sehr froh bin. Es ist zum einen gelungen, auch dort eine Dynamisierung einzuziehen. Zum anderen wurden seit dem 1. Januar 2020 die staatlichen Zuschüsse für Geringverdienerinnen und Geringverdiener um durchschnittlich 30 % erhöht und die Höchstbeträge des Wohngeldes regional gestaffelt angehoben. Das berücksichtigt nämlich die Heterogenität der Wohnungsmärkte in der Bundesrepublik.

Allein mit diesen wenigen Ausführungen mache ich wohl deutlich, wie fehlgesteuert der vorliegende Antrag vor diesem Hintergrund eigentlich ist bzw. wie sehr er an der Realität vorbeigeht. Wir werden uns aber ja weiter über ihn austauschen.

Auch von meiner Seite aus wünsche ich Ihnen einen schönen ersten Advent. Er wird in diesem Jahr anders sein, wir lassen aber trotzdem gemeinsam die Kerzen leuchten, und darum geht es. Herzlichen Dank.

(Beifall von der CDU, der FDP und Arndt Klo- cke [GRÜNE])

Herzlichen Dank Frau Ministerin Scharrenbach. – Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor.

Wir kommen zur Abstimmung. Der Ältestenrat empfiehlt die Überweisung des Antrags Drucksache 17/11851 an den Ausschuss für Heimat, Kommunales, Bauen und Wohnen und die abschließende Beratung und Abstimmung dort in öffentlicher Sitzung. Wer hat etwas dagegen? – Niemand. Gibt es Enthaltungen?

(Dr. Günther Bergmann [CDU] und Jens-Peter Nettekoven [CDU] heben die Hand.)

Das wird aufgenommen. Ansonsten ist die Überweisung erfolgt. Enthaltungen dazu kommen selten vor, aber das war ein schöner Gag. Das muss man schon sagen.