Protocol of the Session on November 26, 2020

Es werden sich aber auch weitere Herausforderungen ergeben, und die darf ich hier ansprechen. Es sind sechs Punkte:

Erstens. Der Kulturhaushalt an sich ist eine schöne kleine Insel, aber sie befindet sich im großen Meer der Kommunalfinanzen, die für die Kommunen klar und sicher sein müssen, bzw. es dürfen nicht erneut neue Lasten auf die Kommunen zukommen.

Der Rettungsschirm des Landes muss auch die Kommunen umschließen; sie sind der wesentliche Träger der Kulturfinanzierung in Nordrhein-Westfalen. Wenn die Kommunen nun nur weitere Darlehn anstatt Ausgleiche bezüglich ihrer Steuereinbrüche erhalten, wird das früher oder später in nicht unerheblichem Maße auf die Kultur drücken. Es ist daher wichtig, dass hier Finanzräume und Schutzräume geplant und eingezogen werden.

Der zweite Punkt ist: Kulturförderkriterien müssen weiterhin dem Krisenstatus angepasst werden bzw.

angepasst bleiben, insbesondere in puncto Mehrjährigkeit, Übertragungsfähigkeit, Ausfallhonorare, Probleme bei Co-Aufträgerschaften mit Kommunen etc. Die Probleme sind allbekannt und eigentlich Dauerbrenner in der Kulturfinanzierung.

Drittens. Das sehr erfolgreiche und in seiner Grundanlage völlig überzeugende Stipendienprogramm, künstlerische Tätigkeit zu bezahlen und nicht Notlagen allein zu alimentieren, läuft Anfang des nächsten Jahres aus. Dies sollte dringend neu aufgelegt werden.

Nun könnte ich beleidigt sein, weil Sie alle meine Änderungsanträge abgelehnt haben. Ich kann uns aber auch allen eine Freude machen, denn während Sie einen stark auf Ästhetik, Pflege und Erhalt ausgerichteten Haushalt vorlegen, haben wir versucht, mit unseren Änderungsanträgen den gesellschaftspolitischen und bildungspolitischen Aspekt der Kultur zu stärken.

Wie gesagt, all das ist abgelehnt worden. Wir werden diesbezüglich nun regelmäßig Anträge zur inhaltlichen Beratung einbringen, und ich bin mir sicher: Im Haushalt 2022 wollen Sie dann genau diese Projekte finanzieren.

Diese gesellschaftspolitischen Themen sind relevanten und gerade in der jetzigen Zeit dringend zu behandeln, da sie geeignet sind, eine notwendige Verortung der Kultur vorzunehmen. Das sind Inklusion, Diversität, Gendergerechtigkeit, Antirassismus, Gerechtigkeit und Schutz auch innerhalb des Kultursystems, Interkultur, Digitalität, Klimaschutz, Nachhaltigkeit und öffentliche Vermarktungsplattformen, aber auch die Frage, inwieweit die Kultureinrichtungen, die durch die Pandemie verursachten und befürchteten Defizite im Elementarbereich der Schulen unterstützend mit ausgleichen können.

All unsere Vorschläge, sich dem insbesondere zum Teil auch wissenschaftlich zu nähern, haben Sie, wie gesagt, abgelehnt. Wir werden daher umfangreich in den Diskurs eintreten.

Dieser erscheint uns wichtig, da derzeit vielerorts – und es wird bei knapper werdenden Budgets bestimmt auch nicht besser – Fragen nach der Relevanz von Kunst und Kultur und deren öffentlicher Finanzierung aufgeworfen werden.

Diese Fragen werden wir nicht alleine aus dem Ästhetikzusammenhang heraus befriedigend beantworten können, sondern eher aus einer Position heraus, welche Kultur auch als Ort von Kultus und Bildung versteht, notwendige gesellschaftliche Transformationsprozesse aufgreift und selbst mit initiiert.

Bevor andere diese Fragen nach der Relevanz für uns beantworten – besonders dann, wenn es nicht in unserem Sinne ist –, schlage ich vor, dass wir das selbst machen. – Vielen Dank.

(Beifall von der SPD)

Vielen Dank, Herr Kollege. – Für die CDU-Fraktion hat der Abgeordnete Petelkau das Wort.

Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Wir haben trotz der coronabedingten Probleme auch in diesem Jahr unser Ziel weiterverfolgt, im Haushalt des Jahres 2021 den Aufwuchs, den wir zu Beginn 2017 versprochen haben, umzusetzen.

Wir werden, wie es der vorgelegte Etat zeigt, einen weiteren Aufwuchs haben, sodass wir auch im Jahr 2021 einen neuen Rekordetat für das Land Nordrhein-Westfalen im Kulturbereich haben: 289 Millionen Euro sind über 80 Millionen Euro mehr, als wir bei der alten rot-grünen Regierung vorgefunden haben.

Das ist ein wichtiges Signal, denn wir alle hoffen, dass die Impfstoffe die entsprechenden Entlastungen bringen. Dann wollen wir natürlich im nächsten Jahr wieder zu einem Normalzustand im Kulturbereich zurückkommen.

Für die Unternehmen, die Vereine und die vielen Kulturschaffenden ist vor allen Dingen Planungssicherheit wichtig; das gilt für alle Teile der Kultur- und Kreativwirtschaft. Die haben wir zugesagt, und die wollen wir umsetzen.

Das Ziel, den Kulturetat von 2017 bis 2022 um 50 % zu steigern, ist wichtig; wir werden es in den nächsten zwei Jahren weiterverfolgen.

Wenn wir zurückblicken, ist gerade die Kulturbranche einer der am meisten von der Pandemie betroffenen Bereiche. Schließungen und Auftrittsverbote haben letztlich dazu geführt, dass wir sowohl die Infrastruktur als auch die Kulturschaffenden selbst in einen hohen Zustand der Bedrohung versetzt haben und viel persönliches Leid entstanden ist.

Nordrhein-Westfalen war das erste Land mit einem Direktprogramm – noch vor der Bundeshilfe –, um den Kulturschaffenden entsprechende Entlastung zu bringen. Auch das Stipendienprogramm – der Kollege vor mir sprach es gerade an – war ein wichtiger Beitrag, um dem Einzelnen in der Kulturbranche diese notwendige Sicherheit zu geben.

Wir wollen diese Sicherheit fortsetzen, aber wir wollen auch neue Akzente setzen. Kulturelle Bildung, die der Kollege angesprochen hat, hat in den letzten Jahren immer eine Rolle gespielt.

Für das Jahr 2021 ist vor allen Dingen eine Musikschuloffensive das Ziel. Der Zuwachs um 3 Millionen Euro gegenüber 2017 ist eine erste Verdopplung.

Eine weitere Erhöhung um 4 Millionen Euro ab 2022 soll mit den öffentlichen Musikschulen fest vereinbart werden.

Damit können – das ist dann wieder wichtig für die Struktur – nicht nur der Anteil der Festangestellten erhöht, sondern auch sinnvolle Weiterentwicklungen angestoßen werden wie im Bereich der Digitalisierung, aber auch der Talentförderung.

Die Förderung des Landes für kommunale Häuser wird weiter fortgesetzt; auch hier haben wir in den letzten Jahren deutliche Zuwächse gesehen. Die im Beitrag des Vorredners heraufbeschworene Gefahr, dass gerade die Kommunen in der Pandemie besonders betroffen wären, haben wir gestern mit dem Beschluss, bei der Hälfte der Gewerbesteuerausfälle in diesem Jahr zu entlasten, deutlich reduziert.

Wenn wir die Stärkungsinitiative in dieser Form beschließen – egal ob bei den Dritten Orten oder dem Stärkungspaket Kunst und Sammlungen –, haben wir weitere wichtige Bausteine, um den Kulturstandort Nordrhein-Westfalen entsprechend voranzubringen.

Wir haben nächstes Jahr ein besonderes Highlight: den 100. Geburtstag unseres NRW-Künstlers Josef Beuys. Der soll unterstützt werden und ist auch ein wichtiger Punkt für die Kulturlandschaft NordrheinWestfalens. Hierfür sollen entsprechende Finanzmittel zur Verfügung gestellt werden.

Man kann sagen, dass wir mit vielen weiteren Initiativen auf einem sehr guten Weg sind. In manchen Bereichen wie im Bibliothekswesen würden wir uns wünschen, dass besonders bei den Gewerkschaften ein anderes Verständnis für die Öffnung an Sonntagen entstehen würde, denn wir wollen Dritte Orte unterstützen. Dazu gehört auch, dass diese Orte an Sonn- und Feiertagen zur Verfügung stehen.

Neben dem erfolgreichen Stipendienprogramm und den anderen Stützungsmaßnahmen muss all das sicherlich auch im nächsten Jahr Fortsetzung finden – genauso wie aus der Novemberhilfe jetzt schon eine Dezemberhilfe geworden ist.

Solange die Pandemie da ist, muss es unser aller Ziel sein, Infrastruktur im Kulturbereich, aber auch die Kulturschaffenden selber so zu schützen, dass wir insgesamt sagen können: NRW ist gut durch die Krise gekommen, und die Kultur wird in 2022 besser dastehen als zuvor. – Vielen Dank.

(Beifall von der CDU – Vereinzelt Beifall von der FDP)

Vielen Dank, Herr Kollege. – Für die Fraktion der Grünen spricht der Abgeordnete Keymis.

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich will mich mit einem Dank an das anschließen, was Kollege Bialas gesagt hat.

Ich möchte mich ausdrücklich für das Engagement der letzten Wochen und Monate bedanken: bei der Ministerin, bei den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern, beim Staatssekretär, bei der Staatssekretärin, bei den vielen Behörden, die im Nachgang tätig sind – insbesondere bei den Bezirksregierungen –, und auch bei allen, die vor Ort mitarbeiten.

Wir alle haben uns überhaupt nicht vorstellen können, einmal in dieser Situation, in der wir jetzt den Etat diskutieren, leben zu müssen. Vor diesem Hintergrund ist gerade das, was in Nordrhein-Westfalen von der Kultur und der Kulturpolitik geleistet wurde, wirklich beachtlich.

Überall in Deutschland wird darauf verwiesen. Egal, wo wir hinkommen und mit wem wir reden – momentan kommen wir ja nicht wirklich irgendwo hin, aber wir reden mit vielen –, sagen alle: Es ist wirklich vorbildlich, wie es in Nordrhein-Westfalen gelaufen ist.

Wir hatten zwischendrin einen kleinen Stocker. Im März haben Sie, Frau Ministerin, mit einem ersten Programm über 32 Millionen Euro losgelegt, das sofort greifen konnte. Dann gab es im Mai die verstockten Diskussionen mit dem Bund, die uns in eine starke Verzögerung getrieben haben. Die Leute wurden unruhig, wie es denn weitergeht.

Dann wurde das Ganze im Juni von dieser Landesregierung mit einem wirklich beispielhaften Betrag von 185 Millionen Euro noch einmal mit einem großartig aufgelegten Stipendienprogramm über 105 Millionen in Gang gebracht. Dies hat wirklich vielen, vielen Tausenden Menschen geholfen, die sich in unserem Land kreativ engagieren und davon leben.

Sie haben dazu das entsprechende Programm in Höhe von 80 Millionen Euro für die Einrichtungen aufgelegt. Das sind Summen, die wir im Kulturbereich so ohne Weiteres sonst nicht bewegt haben. Danke, dass Sie das möglich gemacht haben. Dass das hier im Hause immer die politische Unterstützung fand, ist auch einen Dank an alle, die das unterstützt haben, wert.

(Beifall von der CDU und der FDP und von An- dreas Bialas [SPD])

Nun zum Zweiten. Die Steigerungen, von denen auch Herr Petelkau noch einmal sprach – das muss man ganz klar sagen –, sind genauso vorbildlich. Als Fachpolitiker kann man sich nur freuen, wenn jedes Jahr auf einen Etat draufgesattelt werden kann, und zwar in einem Maße, wie es gerade in der Kultur in den letzten Jahren nicht der Fall war.

In den vergangenen Jahren, in denen Sie die Verantwortung tragen, ist das so. Darüber freuen sich alle, die mit mehr Engagement für die Kultur auch wollen,

dass dieses Lebenselixier für die Menschen bleibt. Es ist eines; das merken wir im Moment in den Diskussionen, denn ganz viele Leute sagen: Verdammt noch mal, dass die Läden jetzt zubleiben müssen, obwohl die doch so gut funktionieren, können wir eigentlich nicht verstehen.

Ich merke in vielen Gesprächen, dass wir noch Kommunikationsarbeit leisten und noch einmal erläutern müssen, warum natürlich auch das Kulturerlebnis wie auch ein Kinobesuch und alles, was damit zusammenhängt, Kontakt hervorruft.

Kontakt können wir im Moment nicht gebrauchen, weil die Pandemie uns alle in einer Weise herausfordert, die wir uns – auch ich – so nicht haben vorstellen können. Man hat so etwas mal gelesen, man hat darüber womöglich dystopische Filme gesehen, aber dass das so plötzlich Realität ist, dass wir hinter Plexiglas sitzen und mit Masken herumlaufen, ist schon eine merkwürdige Form von Realität.

Dass dies auch eine kreative Verarbeitung braucht und wir das dringend auch miteinander verarbeiten müssen, darauf kommt es, glaube ich, an.

Ich würde nach all dem Dank und Lob gerne noch zwei oder drei Vorschläge für das nächste Jahr machen. Ich glaube, Frau Ministerin, dass wir uns ganz konkret noch einmal gemeinsam Gedanken machen müssen, wie wir ein Ergänzungsersatzprogramm im Sinne eines Stipendienprogramms oder Ähnlichem liefern können.

Da muss man meines Erachtens auch noch einmal einen größeren Betrag in Betracht ziehen, der sich sicher in einem Bereich bewegt, den wir sonst in der Kultur nicht bewegen. Neben dem, was wir an Aufwuchs für nächstes Jahr geplant haben, werden wir offensiv miteinander darüber beraten müssen.

Man wird überlegen müssen, ob man noch einmal in eine größere Kommunikationsoffensive geht. Mit dem Vorschlag, die Kulturstätten wieder öffnen zu können, muss möglicherweise auch ein Kommunikationsangebot einhergehen, bei dem man sagt: Wir wollen euch helfen.