Liebe Leute, das muss man doch sehen. Dann weiß man doch, was da los ist. Deswegen sind Aussagen wie, in der Fleischindustrie sei die Sozialpartnerschaft unterprivilegiert, und so, das sind alles noch liebe Erklärungen für das, was da abgeht. Von daher ist es schon seltsam, dass ich jetzt hier kritisiert werde, wo ich doch das Thema zum Thema gemacht habe. Ich glaube, ohne meinen Brief an das Coronakabinett wäre gar nichts in Gang gekommen.
Ich will Ihnen das hier ganz klar sagen: Ich hab auch ein gutes Gewissen. Ich fühle mich der Aussage von Karl Arnold „Nordrhein-Westfalen ist das soziale Gewissen der Bundesrepublik Deutschland“ sehr stark verpflichtet.
Das haben wir jetzt in dieser Frage wieder. Dann beschließt das Kabinett einen Gesetzentwurf, der in der gesamten Begründung eins zu eins das ist, was ich ans Coronakabinett geschrieben habe. Ich persönlich würde dem Gesetzentwurf, wenn ich im Bundestag wäre, auch so zustimmen. Aber so ist das politische Geschäft nun mal nicht immer. Deswegen habe ich gesagt: Lasst uns mal überlegen, was könnte man tun, um die Gespräche überhaupt in Gang zu bringen, um eine Verabschiedung vor Weihnachten hinzukriegen? Nun kenne ich mich in der Materie ein bisschen aus. Man kriegt nicht immer 100 %, wenn man etwas in Gang setzen will.
Ihnen aber eines sagen. Ich habe gesagt, bezüglich der 49-er Regelung brauchen wir nicht zu diskutieren. Das ist streitfrei gestellt. Da gilt schlicht und ergreifend: 49 bleibt. Aber die Verkäuferinnen werden nicht mitgezählt. Es geht um die Leute in der Produktion. Und das ist eine sachgerechte Entscheidung, die ich hier in Nordrhein-Westfalen mit dem Innungsmeister der Fleischerinnung am Rande einer Plenarsitzung besprochen habe. Der hat mir gesagt: Wenn ihr es so macht, dann kann das Handwerk in Nordrhein-Westfalen damit sehr gut umgehen, weil wir das dann alles gut hinkriegen.
Wir haben dann eine Situation, dass völlig klar ist, auch in der CDU/CSU-Bundestagsfraktion, dass wir in der gesamten Fleischwirtschaft in Deutschland keine Werkverträge mehr wollen. Und das wird der Bundestag auch so beschließen, um das ganz klar zu sagen.
Dann ist die Frage: Wie ist das mit der Zeitarbeit? Da habe ich gesagt – wenn man das als Umfallen bezeichnet, kann man das ja machen, auch in meine eigene Partei rein –: Wenn man das überlegt, kann es nur mit ganz engen Quoten gehen, mit gleichem Lohn für gleiche Arbeit vom ersten Tag an und unter Tarifvorbehalt. Klar ist, dass es ohne einen Tarifvertrag mit der zuständigen Gewerkschaft nicht geht.
Im Übrigen ist das vernünftig. Es war schon lange meine Position, dass man dann, wenn man ganz enge Gesetze macht, den Tarifvertragsparteien, die die Lage in den Betrieben ein bisschen kennen, die Kompetenz und das Recht gibt, von Gesetzen abweichen zu können, nicht die Betriebsparteien, sondern die Tarifvertragsparteien.
Deswegen habe ich ein wirklich gutes Gewissen bei dem, was ich da gesagt habe. Ich würde mich freuen, wenn die Gespräche in Berlin wieder in Gang kommen, sodass man zu einer Verabschiedung im Bundestag kommt und wir die Dinge endlich umsetzen können.
Man muss es einfach mal sehen: Die Fleischindustrie ist in Nordrhein-Westfalen wirklich eine große Industrie. Wo hat man heute noch in einer Halle 6.000 Leute arbeiten? Das gibt es fast gar nicht mehr. Aber dass da 6.000 Leute arbeiten ohne Tarifvertrag, 6.000 Leute in einer absolut durchgestalteten, effizienten industriellen Anlage ohne Tarifvertrag, teilweise ohne Betriebsräte, das ist schon einzigartig, und das ist nicht das, was unsere Verfassung in NordrheinWestfalen will. Das ist nicht das, wofür NordrheinWestfalen steht. Das ist es nun wirklich nicht.
Deswegen – es ist ganz einfach – muss das jetzt beendet werden. Wir haben der Fleischwirtschaft nun wirklich genug Brücken gebraucht. Wir haben den Mindestlohn eingeführt. Wir haben gedacht, damit
wird es dann besser. Dann führten die Schlachtbarone das Messergeld ein. Das ist doch passiert. Da wurde den Leuten etwas vom Mindestlohn angerechnet, weil sie ihre Messer bezahlen müssen. Dann haben wir gesagt: Damit wir den Mindestlohn kontrollieren können, müsst ihr Zeiterfassung machen. Anstatt Zeiterfassung machen sie eine Zettelwirtschaft, sodass kein Mensch etwas kontrollieren kann.
Deswegen sage ich hier auch mal ganz klar: Den Menschen, die das alles über Jahre gemacht haben, jeden Geist eines Gesetzes in diesem Land ignoriert haben, kann man nicht mehr vertrauen. Herr Pinkwart war ja dabei, als ich die Fleischwirtschaft nach dieser Kontrolle eingeladen habe. Da saßen 30 Unternehmer, die zusammen in Nordrhein-Westfalen Tausende von Menschen beschäftigen. Sie haben es abgelehnt, mit Herrn Pinkwart und mir zu reden. Sie saßen alle stumm in einem Saal. Der Saal heißt auch zufälliger Weise in meinem Ministerium KarlArnold-Saal. Die haben nur einen reden lassen, das war ihr Verbands-Fuzzi. So, um das mal ganz klar zu sagen: So geht man nicht mit einem Minister in Nordrhein-Westfalen um.
Wir haben extra Arbeit und Wirtschaft eingeladen. Deswegen gibt es jetzt eine klare Ansage. Aber ich muss das Ding durch den Bundestag bekommen. Wenn man sich als Minister im Bundestag hinstellt wie der Kollege Heil, den ich in der Frage übrigens sehr schätze, und sagt: „Hier ist das Gesetz, ihr könnt reden, was ihr wollt, an diesem Gesetz wird kein Punkt verändert“, dann führt das natürlich bei einigen Abgeordneten dazu, dass sie sagen: Naja, dann wollen wir mal sehen. Noch werden die Gesetze im Deutschen Bundestag verabschiedet und nicht im Kabinett.
Ich glaube, wenn ich mich hier so hinstellen würde, dann würden Sie das auch machen, und dann würden das da auch einige machen.
Deswegen bin ich in diesen Fragen vielleicht ein bisschen klüger aufgestellt und suche nach Wegen für ein Gesetz, um eine Mehrheit zu bekommen, was sich in diesem Land wahrscheinlich kaum einer mehr wünscht als Karl-Josef Laumann. – Schönen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Bereits vor der Sommerpause wurde das Arbeitsschutzkontrollgesetz im Deutschen Bundestag debattiert. Das, was die SPD uns hier also präsentiert, ist keine Aktuelle Stunde, sondern kalter Kaffee. Und das zeigt sich auch daran, dass die SPD es nicht einmal geschafft hat, einen zweiten Redner hier ans Rednerpult zu stellen. Herr Naumann, was ist das denn das für eine Arbeitsmoral hier?
Aber gerne können wir hier im Landtag über die Zustände in der Fleischindustrie reden. Gerne können wir darüber reden, dass die Flut von bürokratischen Regeln dazu geführt hat, dass kleinere Metzgereien aufgeben mussten und am Ende nur die großen übrig blieben.
Gerne können wir darüber reden, dass in den letzten Jahren in diesen Betrieben kaum Kontrollen, Herr Minister Laumann, stattgefunden haben, weil die Landesregierung und die Bundesregierung am Personal gespart haben.
Gerne können wir also über das Versagen von SPD, FDP und CDU hier im Landtag reden. Sie alle haben schließlich über Jahre weggeschaut. Bei der CDU gab es dafür auch mehr als 150.000 gute Gründe, immer wieder wegzuschauen, gerade bei Tönnies. Denn wer hat in den letzten 18 Jahren mehr als 150.000 Euro an die CDU gespendet, Herr Laumann? Laden Sie den doch mal ein, den Herrn Tönnies, und nicht die 30 Unternehmer. Sie sind doch ganz dicke mit denen.
Im Wahlkampf 2017 kamen noch über 30.000 Euro, wenn mich nicht alles täuscht. Doch nun gab es die Coronafälle bei Tönnies, und die Öffentlichkeit bekam mit, welche Zustände dort herrschten.
Doch nun gab es die Coronafälle bei Tönnies, und die Öffentlichkeit bekam mit, welche Zustände dort herrschen.
Stellen Sie ruhig eine Zwischenfrage. Ich beantworte die. Ach, das geht ja nicht bei der Aktuellen Stunde.
Doch nun gab es die Coronafälle bei Tönnies, und die Öffentlichkeit bekam mit, welche Zustände dort herrschen. Und so wird Corona nun als Vorwand genommen, um Maßnahmen gegen die Fleischindustrie zu treffen. Nun sollen in der gesamten Fleischindustrie generell alle Werkverträge und generell alle Zeitverträge verboten werden. Als wenn solche Art von Verträgen irgendetwas mit Corona zu tun hätten.
Nein, die Zustände sind nicht erst seit Corona so. Hier haben schlichtweg alle staatlichen Kontrollinstanzen versagt, von Ihnen, Herr Minister Laumann, und von den Vorgängern. Das Personal für die Kontrollen wurde anscheinend woanders gebraucht. Herr Minister, wofür? Statt nun aber die Kontrollen so durchzuführen, wie dies vom Gesetz vorgeschrieben ist, kommen Sie in Ihrer Panikreaktion und wollen nun alle Werkverträge, alle Zeitarbeitsverträge verbieten.
Verbote, Verbote, Verbote – das scheint das neue Credo der Bundesregierung und der Landesregierung zu sein: Verbote von Verbrennerautos, Verbote von Kohlekraftwerken, Verbote von Weihnachtsmärkten und jetzt Verbote von Werkverträgen und Zeitarbeitsverträgen. Ich frage mich: Wann wacht eigentlich die Bevölkerung auf und erkennt das Muster?
Wir von der AfD halten das Instrument von Werkverträgen und Zeitverträgen in einem begrenzten Maße für notwendig. Denn nur so ist es möglich, in Zeiten mit Spitzenlast, zum Beispiel in der Grillsaison, die Arbeit auch durchzuführen. Sie kennen es doch alle aus dem Postdienstgewerbe: Ohne die Werk- und Zeitverträge wäre das Weihnachtsgeschäft gar nicht abzuwickeln.
Aber die SPD im Elfenbeinturm kennt anscheinend die Betriebsabläufe nicht mehr. Wir müssen aber der Realität ins Auge schauen. Werkverträge und Zeitverträge haben auch eine Berechtigung. Was wir allerdings verhindern müssen, ist die Ausbeutung der Menschen durch Werk- und Zeitverträge.
Deshalb möchte die AfD den Betrieben erlauben, nur bis zu 15 % ihrer Beschäftigten auch mit solchen Verträgen auszustatten – natürlich zu gleichen Bedingungen wie die Stammbelegschaft. Das hilft den Betrieben, um Spitzen abzufangen. Das hilft auch den Arbeitnehmern insbesondere aus dem Ausland, die für ein paar Monate nach Deutschland kommen. Denn die Arbeiter in der Fleischindustrie sind vergleichbar mit den Erntehelfern in der Landwirtschaft.
Wir wollen auch nicht, dass noch mehr Betriebe ins Ausland gehen. Das würde aber passieren, wenn man denen am Ende die Luft zum Atmen nehmen würde. Das wäre bei einem vollständigen Verbot von Zeitarbeit und Werkverträgen der Fall. Dann wandern die Betriebe halt nach Polen, Spanien oder Rumänien ab. Was passiert aber dann? – Das Ergebnis der Abwanderung ist, dass wir die Kontrollen über
Hygieneaspekte, über die Arbeitsbedingungen und vor allem auch über das Tierwohl ins Ausland abgeben.
Ihr Vorschlag – von der SPD und auch von Ihnen, Herr Laumann – ist am Ende zum Schaden der Betriebe, zum Schaden der Arbeitnehmer und auch zum Schaden des Tierwohls. – Vielen Dank.