Protocol of the Session on November 25, 2020

Und wenn Sie sagen, dass das im Justizvollzug vielleicht etwas anderes ist, ist meine Antwort: Ja, klar. Es ist auch viel schwieriger, Menschen zu finden, die diesen Beruf ausüben können. Dazu taugt nicht jeder. Man muss die Kraft haben, täglich in die Anstalten zu gehen. Man muss die Kraft haben, dort mit den Menschen umzugehen, die einen weiß Gott nicht jeden Tag ermuntern, zu sagen: Arbeitet gut mit uns zusammen.

Die Anstalten schreiben aus, die Anstalten stellen ein, führen die Gespräche. Die Anstalten selbst suchen sich aus, wen sie haben wollen. Wenn das nun etwas länger dauert, dann liegt das daran, dass wir in den Anstalten keine Probleme haben wie vielleicht in anderen Bereichen. Das ist doch ein Vorteil und spricht dafür, dass wir eine gut funktionierende Situation haben. Wenn Sie also sagen – dann einige ich mich sofort mit Ihnen –, der Wunsch ist, die Stellen zu besetzen, dann haut das hin.

Frau Präsidentin, ich bitte um Nachsicht, wenn ich die Redezeit ein wenig überziehe, aber ich muss mich noch ein wenig mit Herrn Engstfeld auseinandersetzen.

Herr Engstfeld, Sie haben so nett gefragt: Warum müssen die freien Träger in Sachen „Haftvermeidung“ aufgeben? Ganz einfach: Wir hatten in zwei Anstalten noch freie Träger, die Haftvermeidung und Haftverkürzung bearbeiten konnten. Da wir wollen, dass in allen Anstalten das Thema „Haftvermeidung und Haftverkürzung“ bearbeitet wird, versuchen wir, das Übergangsmanagement entsprechend auszuweiten. Wenn Sie den Haushalt sehen, stellen sie fest, dass dort die Stellen für die entsprechenden Sozialarbeiter ausgebracht sind.

Unser Ziel ist es, das in allen Anstalten anzubieten. Wir haben den freien Trägern angeboten, dass wir, wenn sie es denn möchten, das Personal, das sie da haben, übernehmen. Hier wird also nichts aufgegeben, sondern hier wird aufgebaut. Wir wollen die Haftvermeidung zu einem umfassenden Angebot machen.

Jetzt zu einem Punkt, der der Hauptteil Ihrer heutigen flammenden Rede war: Cum-Ex. Lieber Herr Engstfeld, Sie wissen, wir wissen beide, dass wir uns gegenseitig schätzen. Aber ich kann Ihnen hier den Vorwurf nicht ersparen, dass Sie sich in dieser Sache nicht rundherum informiert haben. Als ich das Amt übernahm, habe ich das Personal im Vergleich zu heute nicht nur vervierfacht, sondern auch gesagt: Wir sorgen dafür, dass wir massiv angreifen.

Sie sagen, dass ich zugegeben hätte, im November nicht ausschließen zu können, dass einige Sachen vielleicht schon verjährt seien. – Ja, natürlich, aber

die waren verjährt, als ich das Amt übernahm. Herr Engstfeld, beim Aufarbeiten der ganzen Situation erfahren wir, dass wir möglicherweise gar nicht wissen, was aus Vorzeiten schon alles verjährt ist.

(Henning Höne [FDP]: Wer war denn vorher Justizminister?)

Ich mache keinem einen Vorwurf, wir mussten das alles erst aufarbeiten. Wenn Sie wollen, können wir darüber in Ruhe debattieren. Auch heute kann es immer noch zu der Situation kommen, dass Sachen verjährt sind, die wir gar nicht kennen. Es kann immer noch sein, dass Sachen verjähren, weil wir sie noch nicht kennen. Das ist eben der Wust, der da kommt; aber die Sachen, die wir kennen, gehen wir auch entsprechend an.

Sie fragen, ob wir hartnäckig genug seien. – Ich werde Ihnen von einem tollen Erfolg berichten: Wir haben vor wenigen Wochen im Bundesrat einen Antrag gestellt, die relative Verjährungsfrist zu verändern und – der Rechtsprechung des BGH folgend – bezüglich der Einziehung von Vermögen die Vorschriften zu ändern, um auch da keine Verjährung zu riskieren. Es gab Bewegungen sowohl im Bundesfinanzministerium als auch im Bundesjustizministerium dahingehend, diesen Weg nicht mitzugehen.

Ich bin heute richtig stolz darauf, dass wir es inzwischen geschafft haben, dass CDU/CSU-Fraktion und SPD-Fraktion das, was wir für richtig halten, in diesem Jahr im Jahressteuergesetz 2020 verabschieden werden und damit diese Risiken beseitigen. So arbeiten wir – im Stillen, aber konsequent und erfolgreich. Ich finde es toll, dass der Bund in der Lage war, zu sagen: Ja, wir machen das, wir halten das für richtig, und wir übernehmen das. – Das sind die Dinge, die wir brauchen, damit wir die Arbeit erfolgreich erledigen können.

Wenn Sie wollen, können wir das gerne in aller Ruhe vertiefen. Wir wollen, dass diese kriminelle Industrie, die Steuerhinterziehungsindustrie, da angepackt wird, wo es weh tut. Wir wollen ihr Geld, und wir wollen alle diejenigen, die dort kriminell sind, vor Gericht bekommen.

(Vereinzelt Beifall von der CDU)

Damit Sie den aktuellen Stand kennen: Wir haben das erste Gerichtsurteil in Bonn. Dort sind die Akteure der – wenn Sie so wollen – operativen Ebene verurteilt worden. Es läuft jetzt ein Prozess – Sie können es nachlesen – mit einem prominenten Verteidiger: Peter Gauweiler. Wir haben die mittlere Ebene im Augenblick nicht nur angeklagt, vielmehr hat das Verfahren schon begonnen. Wir werden in kurzer Zeit, in wenigen Wochen, auch die obere Ebene, die Leitungsebene, vor Gericht haben. Dann werden alle drei Verfahren zu Ende sein.

Was die Gerichtsverfahren angeht, werden wir richtig loslegen können, wenn wir wissen, wie sich der Bun

desgerichtshof verhält: Macht er bei der operativen Ebene, der mittleren Ebene oder auch der Führungsebene mit? Hier wird intensiv darüber nachgedacht werden müssen, wie die subjektive Seite aussieht. Kann der Vorwurf auch entsprechend nachgewiesen und erhärtet werden? Aber in dieser Situation brauchen wir die Entscheidung durch den Bundesgerichtshof.

Sie müssen sich keine Sorgen machen. Im Haushalt stehen – bitte lesen Sie nach – Richter für drei weitere Kammern am Landgericht Bonn nur für Cum-ExVerfahren; für die nächsten Jahre ist das ebenfalls vorgesehen.

Das sind die Fakten. Wenn Sie sagen würden, dass Sie das gut fänden, würden sie auch Verständnis für die Arbeit zeigen, die wir machen. Wir machen viel mehr im Stillen, als allgemein bekannt wird, aber das mit Erfolg. Ich finde, das ist eine gute Politik für unser Land. – Vielen Dank.

(Beifall von der CDU und der FDP)

Vielen Dank, Herr Minister Biesenbach, auch für die Ankündigung der Redezeitüberziehung; es waren 4:18 Minuten. – Das vorwegstellend, möchte ich fragen, ob es weitere Wortmeldungen gibt? – Das ist erkennbar nicht der Fall.

Dann, liebe Kolleginnen und Kollegen, sind wir am Schluss der Aussprache und kommen nun zur Abstimmung über den Einzelplan 04, den Einzelplan des Ministeriums der Justiz. Der Haushalts- und Finanzausschuss empfiehlt in Drucksache 17/11904, den Einzelplan 04 unverändert anzunehmen. Somit kommen wir zur Abstimmung über den Einzelplan 04 selbst und nicht über die Beschlussempfehlung.

Ich darf fragen, wer dem Einzelplan 04 zustimmen möchte? – Das sind die Abgeordneten der Fraktion der CDU und der Fraktion der FDP. Gibt es Gegenstimmen? – Das sind die Abgeordneten der Fraktion der SPD und der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen. Gibt es Enthaltungen? – Enthaltungen gibt es bei der Fraktion der AfD. Damit stelle ich fest, dass der Einzelplan 04 in der zweiten Lesung angenommen wurde.

Ich rufe auf:

Einzelplan 11 Ministerium für Arbeit, Gesundheit und Soziales

Beschlussempfehlung des Haushalts- und Finanzausschusses Drucksache 17/11911

Änderungsantrag der Fraktion der SPD Drucksache 17/11932

Wir beraten zunächst den Teilbereich

a) Arbeit, Soziales

Ich eröffne die Aussprache und erteile für die Fraktion der SPD Herrn Abgeordneten Kollegen Neumann das Wort.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Der Haushalt für den Bereich Arbeit und Soziales, den Herr Minister Laumann uns hier vorlegt, zeichnet sich durch zwei Dinge aus: Es gibt weder einen Plan, noch gibt es ein Ziel.

Dem Haushalt fehlt ein tragfähiges Konzept und eine Strategie, wie man in den drängenden Fragen der Arbeitsmarkt- und der Sozialpolitik Nordrhein-Westfalens nicht nur aktuell, sondern auch in den nächsten Jahren eine Gestaltung vorantreiben will.

Welche Ziele verfolgen Sie, Herr Minister, um die Digitalisierung in der Arbeitswelt voranzubringen? Die Digitalisierung wird unser Arbeitsleben verändern. Das merken wir schon jetzt, aber sie wird auch die gesamten Produktionsabläufe verändern. Wir wissen, dass davon viele Bereiche betroffen sein werden. Es wird zu neuen Formen des Arbeitens kommen. Ich kann im Haushalt aber nicht erkennen, dass es darauf irgendwelche Antworten gibt.

Wie wollen Sie die drängendsten Fragen des demografischen Wandels lösen? Häusliche Pflege, die allgemeine Betreuung, das Thema „Fachkräfte“ – wie wollen wir diese großen Herausforderungen der nächsten Jahre angehen, ohne von der Hand in den Mund zu leben? Auch hier erkenne ich weder ein Ziel noch eine Strategie.

Wie wollen Sie die Lehren aus der Coronapandemie in eine dauerhafte und durchstrukturierte Sozialpolitik überführen? Auch hier gibt es im Haushalt keinerlei Hinweise. Ich nenne aber auch hier das Thema „Digitalisierung“: Wenn wir sehen, wie herausfordernd Digitalisierung jetzt für den gesamten Bereich des Sozialen ist, wissen wir, vor welchen großen Herausforderungen wir stehen. Auch dazu findet sich im Haushalt kein Ansatz.

Wie wollen Sie dazu beitragen, dass die Inklusion in Nordrhein-Westfalen vorankommt und die UN-Behindertenrechtskonvention umgesetzt wird? Der letzte Bericht der Monitoringstelle stellt dem Land NRW kein gutes Zeugnis aus. Welche Konzepte und Strategien muss man daraus ziehen? Auch hierzu gibt es keinerlei Ansätze.

Wenn in Nordrhein-Westfalen ein Mensch mit Behinderung ein Jahr oder länger braucht, um einen Antrag auf einen Schwerbehindertenausweis genehmigt zu bekommen, spricht das Bände. Auch hier

kann ich nicht erkennen, dass sich in der Versorgungsverwaltung etwas ändert. Wie Sie sehen, wirft Ihr Haushalt viele Fragen auf, bietet aber relativ wenig konkrete Lösungen für die Menschen in Nordrhein-Westfalen.

Ich habe schon mehrfach die Situation der Erwerbslosenberatungsstellen und Arbeitslosenzentren angesprochen. Dort vergeben Sie neue Aufgaben, Sie wollen die Effizienz steigern, und Sie wollen neue Zielgruppen erreichen. Das Einzige, was Sie nicht tun, ist mehr Geld dafür auszugeben.

Wie soll eigentlich die Zukunft des nordrhein-westfälischen Arbeitsschutzes jenseits der bereits von Ihnen geplanten Stellen aussehen? Wie wird die zukünftige Arbeitsschutzverwaltung gestaltet sein? Wie kann man sie so ausrichten, dass nicht nur Großbetriebe mit Kontrollen rechnen müssen? Es wäre schon ein Teilerfolg, wenn diese nicht nur alle 36 Jahre, sondern vielleicht alle 15 Jahre stattfänden. Auch dies ist in diesem Haushalt an keiner Stelle zu erkennen, dass es dafür eine Strategie gibt.

Ja, Herr Minister, das ist uns zu wenig. Sie sind in Nordrhein-Westfalen an vielen Stellen – das merken wir natürlich – ein Gefangener Ihres Koalitionspartners, der mit seiner Entfesselungspolitik durchaus auch andere Ziele verfolgt.

Im Bereich der beruflichen Inklusion von Menschen mit Behinderung ist insgesamt festzustellen, dass die Mittel zur Förderung der beruflichen Integration von Menschen mit Behinderung stagnieren. Oder anders ausgedrückt: Wenn es Mittel gibt, dann werden sie nicht proaktiv so beworben, dass diese Mittel auch abgerufen werden. So kann man Arbeitsmarktpolitik zur Teilhabe von Menschen mit Behinderung eigentlich nicht betreiben. Ja, damit verhindert man nicht nur den inklusiven Ansatz, sondern die gesamte Teilhabe am gesellschaftlichen Leben.

Zusammenfassend: Der Einzelplan 11 des Ministeriums für Arbeit, Gesundheit und Soziales hat wenig Konzept und erst recht wenig Schwung. Es ist ein „Weiter so“ ohne neue Strategie.

Noch nie war – auch durch Corona – so viel Geld in den Haushalten vorhanden, aber Sie nutzen diesen historischen Geldsegen nicht. Kein Konzept, kein Plan, keine Ideen – so fasse ich den Einzelplan 11 zusammen.

Die SPD-Fraktion wird diesem Plan nicht zustimmen. – Ich danke Ihnen für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall von der SPD)

Vielen Dank, Herr Abgeordneter Neumann. – Für die Fraktion der CDU hat nun Herr Kollege Abgeordneter Schmitz das Wort.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Zunächst einmal: Ich möchte – ganz anders als der Kollege Neumann – mich beim Haus bedanken. Denn trotz Corona haben wir einen Haushalt, der im Ministerium das Gleiche umfasst wie in den letzten Jahren, und es ist nichts zugunsten von Corona abgebaut worden. Das ist, meine ich, auch mal ein großes Lob an das Ministerium wert.

(Beifall von der CDU, Susanne Schneider [FDP] und Stephen Paul [FDP])

Man muss natürlich sagen, dass gerade im Ministerium für Arbeit, Gesundheit und Soziales ein Großteil der Ausgaben festgelegt ist. Man hat hier nicht sehr viel Spielraum, sondern es sind viele gebundene Ausgaben mit dabei.

Nichtsdestotrotz möchte ich auf einige Punkte im Bereich Arbeit eingehen: