Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren Abgeordnete! Wie man mit der Kunst umgeht, ist Ausdruck der Kultur eines Landes. Insofern freut es uns als Landesregierung Nordrhein-Westfalen, dass die Unterstützungsmaßnahmen, die wir ja auch gemeinsam mit dem Landtag Nordrhein-Westfalen auf den Weg gebracht haben, auf breite Zustimmung stoßen. Daher darf ich das stellvertretend für Ministerin Pfeiffer-Poensgen gerne zurückgegeben.
Die Landesregierung Nordrhein-Westfalen schließt sich den Ausführungen der Abgeordneten von CDU, SPD, FDP und Grünen an. – Herzlichen Dank.
Vielen Dank, Frau Ministerin Scharrenbach. – Liebe Kolleginnen und Kollegen, damit liegen keine weiteren Wortmeldungen vor. Wir sind am Schluss der Aussprache.
Wir kommen zur Abstimmung. Die antragstellende Fraktion hat direkte Abstimmung beantragt, sodass ich nunmehr frage, wer dem Inhalt des Antrags Drucksache 17/11670 zustimmen möchte. – Das ist die antragstellende Fraktion der AfD. Gegenstimmen? – Das sind die Fraktionen von CDU, SPD, FDP und Bündnis 90/Die Grünen. Gibt es eine Kollegin oder einen Kollegen, der sich der Stimme enthalten will? – Das ist nicht der Fall. Dann stelle ich fest, dass der Antrag Drucksache 17/11670 abgelehnt worden ist.
Ich eröffne die Aussprache. Ich erteile für die Fraktion der SPD Herrn Abgeordneten Sundermann das Wort.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Ich möchte die Chance nutzen, wenn ich heute noch einmal an diesem Platz stehe. Ich habe heute Morgen eine, fand ich, nicht so ganz schlechte Rede gehalten.
Aber ich habe im Zusammenhang dieser Rede dem Minister vorgeworfen, er würde auf die Betroffenen spucken. Dafür entschuldige ich mich ausdrücklich bei Ihnen, Herr Minister. Ich weiß, dass das nicht der Fall ist.
Meine Damen und Herren, lassen Sie uns jetzt zu unserem Antrag zu thyssenkrupp kommen. Dieser Antrag soll allen hier im Plenarsaal, aber auch der Landesregierung die Gelegenheit geben, den Satz von der Systemrelevanz der Stahlproduktion, der immer wieder so gern geprägt wird, mit Inhalt zu füllen. Denn wir sehen hier einen akuten Handlungsbedarf. Wir fordern die Landesregierung an dieser Stelle deutlich auf, von der Seitenlinie auf das Spielfeld zu kommen und hier endlich eine aktive Rolle zu übernehmen.
Schauen wir auf den Gegenstand, thyssenkrupp Stahl. Drei Punkte möchte ich hier erwähnen, warum das Beschäftigen mit diesem Unternehmen so wichtig ist. Das eine – das ist für uns Sozialdemokraten natürlich immer das, was im Mittelpunkt steht – sind die Mitarbeiter. Immer noch arbeiten mehr als 20.000 Menschen bei thyssenkrupp Stahl. Es sind Menschen und Schicksale, um die wir uns kümmern müssen.
Das Zweite ist: Es ist eben nicht nur die Stahlproduktion, die dort stattfindet. Die Stahlproduktion bei thyssenkrupp hat einen sehr wichtigen Auftrag in der ganzen Wertschöpfungskette der Produktion in Nordrhein-Westfalen. Auch auf der Website des Wirtschaftsministeriums findet man die Aussage: Stahl ist das Rückgrat der Industrie. – Das unterstützen wir ausdrücklich.
Der dritte Punkt, den ich ansprechen möchte, betrifft die Fragen des Klimaschutzes und der CO2Reduktion. Auch in dieser Hinsicht ist die Stahlproduktion von zentraler Bedeutung, spielt eine zentrale Rolle. Wenn man sich nur eine Zahl vor Augen hält: 30 % der CO2-Emissionen der Industrie in NordrheinWestfalen stammen aus der Stahlbranche.
Meine Damen und Herren, wie ist nun die aktuelle Situation? Ich möchte gern mit Ihnen auf die aktuelle Situation schauen, nicht auf die Kapriolen der letzten Jahre. Wie sieht es im Moment in diesem Unternehmen aus?
Das Unternehmen ist durch die Coronakrise durchaus akut gefährdet, weil die Stahlproduktion, die dort stattfindet, ihren Absatz hauptsächlich in der Automobilindustrie findet, die eine der Branchen ist, die zumindest am Anfang der Pandemie extrem unter den Problemen gelitten haben.
Deswegen stehen aus unserer Sicht der Verkauf und eine Beteiligung wieder auf der Tagesordnung. Auch
thyssenkrupp hat die Beteiligung wieder auf die Tagesordnung genommen. Es gibt aktuell auch einen konkreten Interessenten, nämlich Liberty Steel. Ich möchte von dieser Stelle aus über ein Unternehmen nichts Negatives sagen. Ich möchte nur sagen, wenn thyssenkrupp meine Tochter wäre, dann würde ich ihr sagen: Eine Liebesheirat wird das eh nicht. Schau dich lieber nach etwas Solidem um!
Welche Anforderungen würde ich denn an einen Investor, der sich an dem Unternehmen beteiligen will, stellen? Der Investor muss Interesse am Erhalt des Unternehmens und an der nachhaltigen Entwicklung des Standorts haben. Das ist für uns wichtig, und nicht ein Investor, der nur daran interessiert ist, eine kurzfristige Gewinnmaximierung zu betreiben und das Unternehmen zu filetieren. Das ist für uns im Fokus dessen, was wir fordern, meine Damen und Herren.
Noch einmal deutlich: Es geht uns als Sozialdemokraten nicht um Restauration und Nach-hintenSchauen. Es geht uns wirklich darum, an diesem Punkt Fortschritt zu gestalten. Wir wollen doch alle gemeinsam, dass das Unternehmen langfristig wettbewerbsfähig ist. Deswegen brauchen wir das Land als Ankerinvestor in diesem Unternehmen.
Nein, das ist nicht die Frage, Herr Brockes. Darüber können wir gern diskutieren. – Die Frage ist: Ist das Unternehmen mit staatlicher Beteiligung besser aufgestellt, wenn es um den Erhalt von wettbewerbsfähigen Arbeitsplätzen geht? Diese Frage beantworten wir mit Ja.
Die nächste Frage ist: Ist das Unternehmen mit staatlicher Beteiligung besser aufgestellt, damit es seine wichtige Rolle in der Wertschöpfungskette weiter wahrnehmen kann? Diese Frage beantworten wir ebenfalls mit Ja.
Die nächste Frage ist: Ist das Unternehmen mit staatlicher Beteiligung besser aufgestellt, wenn es um die Transformation in Richtung auf eine CO2-freie Stahlproduktion geht? Diese Frage beantworten wir auch mit Ja, meine Damen und Herren.
Ein Nein ist nämlich nicht faktenbasiert, ein Nein ist häufig ideologisch basiert. Insofern bitten wir Sie: Springen Sie über Ihren ideologischen Schatten und stimmen Sie mit Ja! – Vielen Dank.
Vielen Dank, Herr Abgeordneter Sundermann. – Als nächster Redner hat für die Fraktion der CDU Herr Abgeordneter Rehbaum das Wort.
Frau Präsidentin! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Die Stahlindustrie hat eine enorme Bedeutung für Nordrhein-Westfalen. Zigtausend Arbeitsplätze, 30 % des deutschen Stahls kommen aus Nordrhein-Westfalen. 4,5 % des deutschen CO2-Ausstoßes verursacht die Stahlindustrie. Dadurch hat diese Branche ein Riesenpotenzial für CO2-Einsparungen.
Wenn wir es falsch machen, dann verschieben wir die Stahlproduktion ins Ausland. Damit wäre dem Klima und auch den Arbeitsplätzen hier vor Ort in keiner Weise geholfen. Wir als NRW-Koalition wollen beides. Wir wollen den Erhalt der Stahlproduktion mit Zigtausenden Arbeitsplätzen, und wir wollen die Einsparung gewaltiger Mengen CO2 in der heimischen Stahlproduktion, um die Klimaziele von Paris schneller zu erreichen.
Die Lage der Stahlindustrie und insbesondere von thyssenkrupp war schon im Jahr 2017, lange vor Corona, sehr schwierig. Ich entsinne mich noch an die Pressekonferenz des damaligen Thyssen-Vorstands zum Fusionsprojekt mit Tata Steel. Damals waren die Probleme wie heute: Überkapazitäten im Markt, Dumpingstahl aus China, hohe Energiekosten.
Jeder kennt die weitere Entwicklung bei Thyssen. Vorstands- und Aufsichtsratsmitglieder gingen von Bord. Der Betriebsrat hielt die Stellung. Die Fusion mit Tata wurde untersagt. In dieser kritischen Lage schaltete sich Ministerpräsident Armin Laschet als Brückenbauer, als Vermittler, als Unterstützer ein. Das zeigt, dass uns die Zukunft von thyssenkrupp sehr am Herzen liegt.
Die Lage ist nicht besser geworden, der Weltmarkt ist schwierig. Worauf kommt es jetzt an? Die weltweiten Wettbewerbsbedingungen müssen fair sein. Dumpingpreise und Zölle verzerren den Wettbewerb immer mehr. Überkapazitäten machen den Markt kaputt und sorgen für hohe Verluste bei fast jedem Stahlwerk. Deshalb ist es richtig und wichtig, dass die EU-Handelsbeschränkungen gegenüber chinesischem Billigstahl erhalten bleiben.
Worauf kommt es jetzt weiter an? In einem Stahlmarkt in Turbulenzen ist die Gefahr der feindlichen Übernahme, des Squeeze-outs oder der Zerschlagung von eigentlich gut aufgestellten Unternehmen groß. Daher müssen Stahlwerke stark sein. Diese Bedingung erfüllt Thyssen zweifelsohne. Stahlwerke müssen betriebswirtschaftlich fit, also kosteneffizient sein. Auch hier ist thyssenkrupp Steel mit seinen 20.000 Mitarbeitern gut aufgestellt. Und Stahlwerke
Die schwierige Marktlage, vielleicht auch befeuert durch Corona, ist existenziell bedrohend für Stahl in NRW und damit auch für Thyssen, und sie hat Auswirkungen bis hin zu den Maschinenbau- und Automotive-Clustern in Südwestfalen, OstwestfalenLippe und im Münsterland.
Der Bund hat einen Werkzeugkasten für Schieflagen von Großunternehmen. Aber Vorsicht, nicht jedes Werkzeug hilft, ein Großunternehmen vor einem turbulenten Markt zu schützen; nicht jedes Werkzeug ist rechtlich zulässig. Manches Werkzeug weckt große Hoffnung bei Beschäftigten und Aktionären und in der Öffentlichkeit, und manches Werkzeug verschafft Zeit bis zum nächsten Step.
Wir wissen, dass der Bund intensive Gespräche mit Thyssen über die richtigen Instrumente staatlicher Unterstützung bis hin zur Staatsbeteiligung führt. Wir als NRW-Koalition haben großes Interesse, dass der Bund bei seinen Gesprächen die richtigen Instrumente wählt, die geeignet sind, um den größten und effizientesten Stahlstandort Europas mit seinen Arbeitsplätzen zu erhalten, damit er sich fit machen kann für die Zukunft, für den nächsten Step.