Protocol of the Session on November 12, 2020

An einem Punkt bin ich bei Ihnen, Herr Sträßer und Herr Haupt. Sie haben gesagt, wir hätten im Moment so viele Förderprogramme. Ja. Diese Programme laufen aber in verschiedene Richtungen. Sie müssen einmal zusammengebunden werden, weil die Kommunen bei den Planungskapazitäten und den Bearbeitungskapazitäten an den Rand ihrer Möglichkeiten kommen.

Eines will ich Ihnen auch sagen: Das sind immer noch Nachwehen des Kaputtsparens im kommunalen Bereich zwischen 2005 und 2010

(Bodo Löttgen [CDU]: Ja, sicher! – Josef Hovenjürgen [CDU]: Genau!)

unter der schwarz-gelben Landesregierung. Das sind immer noch die strukturellen Nachwirkungen. Das ist sehr deutlich.

(Beifall von den GRÜNEN und der SPD – Hen- ning Höne [FDP]: Sie machen sich lächerlich!)

Das wollen Sie nicht wahrhaben. Aber das ist genau der Punkt.

(Bodo Löttgen [CDU]: Jetzt kommt noch 1983! Da ist auch noch etwas passiert!)

Das müssen Sie schon zur Kenntnis nehmen und sich auch sagen lassen.

(Josef Hovenjürgen [CDU]: Reden Sie doch einmal über 1983!)

Deswegen ist es wichtig, die Kommunen bei der Umsetzung zu unterstützen und eine kontinuierliche Umsetzung möglich zu machen. Es geht auch um Verlässlichkeit, weil jetzt in der Tat viel geplant werden muss.

(Josef Hovenjürgen [CDU]: Das ist so unsäg- lich!)

Es muss die digitale Infrastruktur geplant werden. Es muss die Beschaffung von Endgeräten für Lehrerinnen und Lehrer sowie Schülerinnen und Schüler geplant werden. Es muss geplant werden, dies aus dem Bundesprogramm und der Finanzierung des Landes zusammenzubinden. Es muss der Ganztagsausbau geplant werden. Da kommt das nächste Geld vom Bund. Es muss die Frage der Lüftungsanlagen und der Raumlufttechnik geplant werden. Auch das braucht wieder Planungskapazitäten.

(Ina Scharrenbach, Ministerin für Heimat, Kommunales, Bau und Gleichstellung: Ach!)

“Ach!“, sagt Frau Ministerin Scharrenbach. Mit einem einfachen „Ach!“ lösen sich die Probleme der Kommunen in Nordrhein-Westfalen aber leider nicht. Das muss man sehr deutlich sagen.

(Beifall von den GRÜNEN und der SPD – Bodo Löttgen [CDU]: Vor allem nicht durch Ih- ren Beitrag! – Josef Hovenjürgen [CDU]: Sie- ben Jahre! Das haben Sie zu verantworten, und zwar ganz persönlich!)

Frau Ministerin, dann frage ich Sie einmal, warum Sie an die Presse gegangen sind und das Programm für mobile Lüftungsanlagen verkündet haben, als es noch gar nicht durchs Kabinett gegangen war; die Förderrichtlinie ist erst jetzt gekommen. So gehen Sie mit den Kommunen um. Das war eine bloße Verlautbarung nach draußen, ohne dass die Dinge schon eingestielt waren.

(Zuruf von Bodo Löttgen [CDU])

Frau Scharrenbach, das ist genau das, was in der kommunalen Familie so aufstößt:

(Bodo Löttgen [CDU]: Lächerlich!)

dass die Dinge in die Öffentlichkeit gepustet werden und noch nichts hinterlegt ist.

(Zuruf von Josef Hovenjürgen [CDU])

Bis diese mobilen Lüftungsanlagen in den Kommunen sind,

(Josef Hovenjürgen [CDU]: Lächerlich!)

werden noch Wochen vergehen. Das ist wirklich so. – So viel zu Ihrem „Ach!“, Frau Ministerin. Das müssen Sie sich dann auch sagen lassen.

Mit einer Politik nach dem Motto „linke Tasche, rechte Tasche“ kommen wir nicht weiter. Wir kommen nur mit einer kontinuierlichen Investitionspolitik weiter.

(Henning Höne [FDP]: Also wollen Sie die Schulpauschale senken!)

Man muss die Pauschale nicht senken. Das ist nicht die Frage.

(Henning Höne [FDP]: Ach so, das dann nicht!)

Nur: Es ist nicht das Instrument, das „Gute Schule“ ersetzt. Das ist genau der Punkt.

(Christian Dahm [SPD]: Die Frage ist doch falsch gestellt!)

Sie müssen auch zugestehen, dass dieses Spiel nach dem Motto „linke Tasche, rechte Tasche“ lediglich eine Feststellung und lediglich eine Festlegung in dem Rahmen ist.

(Josef Hovenjürgen [CDU]: Sie sind wider- sprüchlich! – Zuruf von Eva-Maria Voigt-Küp- pers [SPD])

Ihre Politik des Dazwischenbrüllens,

(Stephan Haupt [FDP]: 320 Millionen in den letzten acht Monaten!)

Herr Hovenjürgen, ändert an den Gegebenheiten überhaupt nichts.

Deswegen sind wir für eine kontinuierliche Investitionsunterstützung bei einem aktuellen Sanierungsstau

(Zurufe von Bodo Löttgen [CDU] und Josef Hovenjürgen [CDU])

von 9 bis 10 Milliarden Euro allein in Nordrhein-Westfalen. Deswegen ist es so richtig, wie es angelegt ist. Wir müssen es weiterführen. Das erwarten auch alle. Das erwartet die Kollegin Schneckenburger in Dortmund. Das erwarten die Verantwortlichen in jeder Kommune in Nordrhein-Westfalen. Das erwarten die Schulen, damit ihre Ausstattungen erneuert werden können. Auch das Handwerk erwartet, dass kontinuierlich fortgeschrieben wird, damit die Dinge dort vor

Ort erledigt werden können, wo sie erledigt werden müssen.

(Bodo Löttgen [CDU]: Alles Worthülsen! Nichts als Worthülsen!)

Sie verweigern sich dieser Aufgabe und dieser Herausforderung. Das, was Sie bisher geleistet haben, reicht leider nicht aus.

(Beifall von den GRÜNEN und der SPD)

Vielen Dank, Frau Kollegin. – Für die AfD hat nun der Abgeordnete Herr Tritschler das Wort.

Frau Beer, ich weiß nicht, ob das jetzt eine kabarettistische Einlage war. Ich stehe ja nicht im Ruf, CDU und FDP zu verteidigen. Aber wenn Sie diesen beiden Fraktionen vorhalten, sie hätten in ihrer fünfjährigen Regierungszeit die Kommunen kaputtgespart, und behaupten, das sei nicht etwa in den 30 Jahren davor passiert, in denen Sie teilweise zusammen mit der SPD regiert haben, ist das schon ein bisschen eigenartig. Aber Sie sind ja ein alter Profi und dabei nicht einmal rot geworden.

(Josef Hovenjürgen [CDU]: Ist ja auch eine Grüne!)

Also Lob und Anerkennung dafür von meiner Seite.

Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Was ich der Debatte entnommen habe, ist – und das ist gut –, dass offensichtlich kein Dissens darüber besteht, dass der Zustand der Schule im Land vielfach unbefriedigend ist. Ich erinnere mich noch gut daran, als ich letztes Jahr im Vorfeld der Europawahl zu vielen Podiumsdiskussionen in Schulen eingeladen gewesen bin. Das war quasi meine persönliche Feldstudie. Sie war wirklich sehr erkenntnisreich. Ich habe nagelneue Schulen in Topzustand mit Topeinrichtungen besucht, aber traf auch auf das genaue Gegenteil. Besonders eindrucksvoll fand ich ein Gymnasium in meiner Heimatstadt Köln, das eingezäunt war, damit den Schülern die marode Fassade nicht auf den Kopf fällt.

Nun sind grundsätzlich erst einmal die Kommunen für die Ausstattung der Schulen zuständig.

Das Problem ist auch nicht neu. Die Sachverständigen in der Anhörung waren sich zwar nicht einig darüber, wie groß der Investitionsstau genau ist. Aber sie waren sich, Frau Beer, sehr einig darüber, dass er über Jahrzehnte aufgelaufen ist. Und das müssen sich die Grünen genauso wie die antragstellende SPD dann schon vorhalten lassen, Herr Dahm. Ihre Misswirtschaft über Jahrzehnte hat dafür gesorgt, dass unsere Kommunen strukturell unterfinanziert sind. Sie haben den Verbundsatz in den 80er-Jahren gesenkt, und seither fehlt das Geld.

Deswegen wundert es mich auch nicht, dass Herr Dahm in seiner Rede sagt, das interessiere heute keinen mehr. Das würde ich an Ihrer Stelle wahrscheinlich auch sagen.

Jedenfalls hat das auch dazu geführt, dass die Kommunen ihren Aufgaben insbesondere bei der Ausstattung der Schulen nicht nachkommen konnten.