Protocol of the Session on November 11, 2020

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! In Zeiten wie diesen gibt es wahrlich wenig zu lachen. Wirtschaftlich und gesellschaftlich sieht es momentan sehr trüb aus. Corona bestimmt mittlerweile unser aller stark eingeschränktes Leben. Auch für die Menschen, deren Beruf darin besteht, andere zum Lachen zu bringen, gibt es derzeit keine Arbeit.

Ich kann Ihnen dazu ein konkretes Beispiel aus meinem privaten Umfeld nennen. Ich kenne einen Herrn, welcher als Alleinunterhalter und Clown sein Geld verdient – besser gesagt, verdient hat. Dieser Clown hat seit März leider nichts mehr zu lachen. Denn er kann andere Menschen nicht mehr zum Lachen bringen. Durch die Coronaschutzmaßnahmen entfallen all die Firmenfeiern, Jubiläen und Geburtstage, auf denen der Clown in normalen Zeiten den Gästen ein Lächeln ins Gesicht zauberte.

Mit dem fehlenden Lachen ist für ihn auch das Geld verschwunden. Als klassischer Solo-Selbstständiger gibt es für ihn kein Kurzarbeitergeld. Mit diesem Kurzarbeitergeld können Angestellte und Arbeiter immerhin die Miete und die Lebensmittel bezahlen.

Mein Bekannter, der solo-selbstständige Alleinunternehmer und Clown, ist darauf angewiesen, dass seine Rücklagen ausreichen und die Familie ihn noch so lange unterstützen kann, bis er den Bürgern in Nordrhein-Westfalen wieder ein Lachen schenken kann. Wann dieser Moment kommt, steht aber in den Sternen – oder, besser gesagt, hängt von der Entwicklung eines Impfstoffs ab.

Von den Vorschlägen im vorliegenden Antrag von CDU und FDP würde er profitieren. Er würde dann mindestens 1.000 Euro unabhängig von Auflagen als Art Lohn ausgezahlt bekommen. „Ohne Auflagen“ heißt: Dieses Geld dürfte er dann auch dazu nutzen, seine Lebensmittel und seine Miete zu zahlen – ein Fortschritt gegenüber anderen Corona-Hilfsprogrammen.

Solo-Selbstständige galten schon früh in der Coronakrise als Verlierer und die Vergessenen. Jeder vierte Solo-Selbstständige rechnete Ende Mai mit dem Aus innerhalb der nächsten zwölf Monate. Der Antrag packt also richtigerweise ein großes Problem an.

An dieser Stelle könnte die Rede eigentlich zu Ende sein. Aber – jedoch kommt nun das Aber – das Beispiel des Clowns, welches ich Ihnen eben gezeichnet habe, trifft genauso auf viele andere Solo-Selbstständige in Nordrhein-Westfalen zu. Es gibt nicht nur Alleinunterhalter, die keine Präsentationsmöglichkeiten haben. Denken Sie auch an Musiker, die ihre Lieder oder Stücke nicht mehr in Konzertsälen darbieten können, an Balletttänzerinnen, die nicht auftreten

dürfen, an Schauspieler, denen die Bretter, die die Welt bedeuten, verboten sind, und viele mehr.

Viele dieser Selbstständigen haben akute Probleme, ihre Miete zu zahlen und ihren Lebensunterhalt zu bestreiten. Sie alle würden von der vorgeschlagenen unbürokratisch ausgezahlten Hilfe profitieren. Aber genauso gibt es Kunst- und Kulturschaffende, welche nicht besonders stark durch die Coronapandemie betroffen sind. Denken Sie an Maler, Bildhauer oder andere Werke schaffende Künstler – oder zum Beispiel einen Schriftsteller. Er kann derzeit genauso an seinem neuen Roman schreiben und ihn feilbieten wie vor Corona. Autoren profitieren sogar von der Corona-Einschränkung, da die Menschen derzeit wieder mehr lesen – ein zugegebenermaßen positiver Nebeneffekt.

Das Feld der Solo-Selbstständigen ist so groß, dass das Gießkannenprinzip der finanziellen Unterstützung hier meiner Meinung nach sehr genau durchdacht werden muss. Jeden Verdienstausfall abzufangen, wie der Antrag es vorsieht, führt dazu, dass auch Menschen Geld erhalten, die es nicht benötigen. Für die Bürger, die heute oder in sechs Monaten dringend darauf angewiesen sind, ist dann möglicherweise weniger Geld vorhanden.

Mitte September gab es in Nordrhein-Westfalen über 4.300 Verfahren wegen Betrugs mit Coronahilfen. Davon hat bislang keiner gesprochen. Allein die Kölner Staatsanwaltschaft bearbeitet rund 900 Verfahren wegen Betrugs. Dabei geht es in der Domstadt um ein Subventionsvolumen von über 9 Millionen Euro. „Unbürokratische Auszahlung eines fiktiven Gehalts“ hört sich in der Theorie gut an. In der Praxis führt aber offensichtlich gerade eine laxe Verteilerpraxis dazu, dass insbesondere bei Coronahilfen eklatant betrogen wird.

Dies ergibt zweifach unnötige Mehrausgaben: zum einen die Gelder, welche in dunklen Kanälen versickern, zum anderen die Aufklärungskosten.

Die „Rheinische Post“ hat sich in der letzten Wochenendausgabe mit diesem Gesamtthema nochmals in einem Artikel und in einem Kommentar auseinandergesetzt. Der Arbeitgeber zahlt den regulären Lohn auch nicht einfach so unbürokratisch an seine Mitarbeiter aus, erst recht nicht an Mitarbeiter, von denen er gar nicht weiß, ob sie für ihn arbeiten.

Was spricht dagegen, auch das fiktive Gehalt an Bedingungen zu knüpfen, zumal im Antrag selbst davon die Rede ist, dass es passgenaue Hilfestellungen in der Krise geben soll?

Gern verweise ich noch einmal darauf, dass es Abgeordnete der AfD waren, welche bereits Ende Januar die Landesregierung in einer Kleinen Anfrage nach konkreten Maßnahmen gegen die Ausbreitung des Coronavirus fragten. Ich empfehle hier die Lektüre der Drucksache 17/8883. Die Antwort der Lan

desregierung war damals kürzer als die Einleitung unserer Kleinen Anfrage.

Ähnlich hätte ich mir heute auch einen etwas detailreicheren Antrag gewünscht. Der jetzt vorliegende Antrag der Regierungskoalition geht dennoch in die richtige Richtung. Wir werden ihm folglich auch zustimmen.

Bezüglich der beiden Entschließungsanträge ist schon einiges gesagt worden. Wir werden nicht dagegenstimmen, sondern uns hier enthalten, da wir selbstverständlich dafür sind, dass den Solo-Selbstständigen unbedingt geholfen werden muss. – Vielen Dank.

(Beifall von der AfD)

Vielen Dank, Herr Abgeordneter Strotebeck. – Als nächster Redner hat nun für die Landesregierung Herr Minister Professor Dr. Pinkwart das Wort. Bitte sehr, Herr Minister.

Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich möchte mich seitens der Landesregierung sehr für die Beratung zu diesem Punkt bedanken und auch für die Art der Beratung, weil sie zeigt, wie sehr dem Hohen Hause daran gelegen ist – das teilt die Landesregierung –, dass wir uns besondere Gedanken über das Schicksal Zigtausender Solo-Selbstständiger, die hier auch beschrieben worden sind, in den verschiedenen Lebensbereichen unseres Landes machen. Sie haben es in dieser schwierigen Zeit allemal verdient, dass wir als Politik und als Regierung ihren Anliegen auch gerecht werden.

In diesem Sinne sehen wir auch den Antrag der Koalitionsfraktionen. Wir bedanken uns für diese erneute Initiative, hier zusätzliche Absicherungen für die Solo-Selbstständigen in den nächsten Monaten zu schaffen.

Lassen Sie mich in Bezug auf die Genese, auf die Herr Becker ja ein wenig abgestellt hat, und den Verlauf der Debatte noch einmal Folgendes deutlich machen: Wir haben versucht, sehr schnell zu handeln. Der Wunsch aller Fraktionen im März, als wir die Notlage sahen, war ja, dass wir schnell handeln sollen. Das haben wir auch getan – mit großartiger Unterstützung der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in den Bezirksregierungen. Wir haben auch sehr schnell Mittel bereitgestellt.

Im Übrigen stehen den gerade angesprochenen 4.300 Verfahren 430.000 Anträge gegenüber. Wir reden also über 1 % der Fälle, in denen noch einmal aufgeklärt und beleuchtet wird, ob das alles sachgerecht erfolgt ist. Das heißt: In der ganz überwie

genden Zahl der Fälle haben wir sehr gut helfen können und schnell helfen können.

Wir haben in Nordrhein-Westfalen bis zur Höchstgrenze ausgezahlt. Das hat den Solo-Selbstständigen bis heute viel Liquidität gegeben, auch wenn sie nicht alles werden behalten können. Das wissen sie, aber sie können damit auch Brücken bauen.

Wir haben uns in der Wirtschaftsministerkonferenz und auf allen anderen Ebenen dafür eingesetzt, dass der Bund anerkennen möge, dass Lebenshaltungskosten geltend gemacht werden können. Den Verlauf kennen wir. Das ist bei der Soforthilfe nicht zugestanden worden.

Hier möchte ich den Regierungsfraktionen noch einmal einen ganz herzlichen Dank aussprechen, gerade Ihnen, lieber Herr Löttgen, für den tollen Einsatz und die Unterstützung der Landesregierung. Es war nicht selbstverständlich, dass wir wenigstens einen Vertrauensschutz gewähren konnten und dass wir bei der Überbrückungshilfe 1 sowie bei der Überbrückungshilfe 2 ein Soforthilfeprogramm Plus für Nordrhein-Westfalen und unsere Solo-Selbstständigen beschließen konnten.

Ich möchte Ihnen ein paar aktuelle Zahlen zur Überbrückungshilfe 1 geben: Anfang November sind insgesamt 33.217 Fälle abgerechnet und 302.105.000 Euro Bundesmittel sowie 48.941.000 Euro Landesmittel ausgezahlt worden.

Hierin sind 11.088 Solo-Selbstständige enthalten, und zwar interessanterweise nicht nur mit Landesmitteln, also mit unserem Soforthilfeprogramm Plus in Höhe von 21.672.000 Euro, sondern die SoloSelbstständigen, die an der Überbrückungshilfe teilgenommen haben, haben auch Bundesmittel beziehen können, weil sie Betriebskosten nachweisen konnten, und zwar in der durchaus beachtlichen Höhe von 44.923.000 Euro. Den Solo-Selbstständigen ist mit der Überbrückungshilfe 1 sowohl dank des Sonderprogramms NRW als auch mit Bundesmitteln geholfen worden. Das zeigt, dass die SoloSelbstständigen in Nordrhein-Westfalen nicht im Stich gelassen werden.

Ich komme zu den Verhandlungserfolgen. Herr Becker, Sie fordern das seitens Ihrer Fraktion im Deutschen Bundestag. Ich habe mal gehört, Sie seien an neun Landesregierungen beteiligt. So viel können Sie da nicht erreicht haben, wenn der Bund seine Meinung dazu noch nicht geändert hat.

(Beifall von Dr. Ralf Nolten [CDU] und Dietmar Brockes [FDP])

Die FDP ist bislang jedenfalls nur an drei Landesregierungen beteiligt. Trotzdem tun wir zusammen mit unserem Koalitionspartner und mit unserer Regierung alles, damit wir hier besser werden.

Ich würde für uns schon in Anspruch nehmen, dass wir über die Staatskanzlei, über das Finanzministerium und über mein Haus in einem sehr engen Miteinander mit der Bundesregierung eine Menge erreichen konnten, auch was die Ausgestaltung der Überbrückungshilfe anbetrifft.

So ist die Überbrückungshilfe 2 deutlich verbessert worden. Wir können dort mit deutlich erleichterten Zugängen arbeiten. Die Grenzwerte nach oben wurden aufgehoben. All das ist auch auf unser Bemühen zurückzuführen.

Für unseren Ministerpräsidenten und auch die anderen Ministerpräsidenten möchte ich hier im Einvernehmen mit der Bundesregierung festhalten, dass die jetzt beschlossenen Maßnahmen des Teil-Lockdowns ausdrücklich mit der sogenannten Novemberhilfe verbunden sind. Wir bezeichnen das technisch auch als außerordentliche Wirtschaftshilfe.

Es gibt jetzt erstmalig diesen Ankerpunkt „75 % des Vorjahresumsatzes“ als Fixkostenfiktion, wenn man so will, und damit die Anerkennung der Lebenshaltungskosten des Unternehmers als Fixkosten. Das macht Sinn, weil er sich ja nicht selbst nach Hause und in Kurzarbeit schicken kann. Das ist dort eingebaut worden. Unser Ministerpräsident hat mit den anderen gemeinsam erstmalig erreichen können, dass die Bundesregierung den Unternehmerlohn mittelbar möglich macht. Das müssen wir hier doch erst mal festhalten. Das ist doch ein toller Erfolg.

(Beifall von der CDU – Vereinzelt Beifall von der FDP)

Das ist ein toller Erfolg. Ich verstehe die Regierungsfraktionen, wenn sie sagen: Das ist wunderbar, jetzt bewegt sich etwas.

Wenn das jetzt gelingt, müssen wir darüber nachdenken, wie wir da weiterkommen. Es geht um das Interesse der Menschen. Ihnen wollen wir doch helfen. Jetzt kommen wir einen großen Schritt weiter. Wir sind noch in den Abstimmungen der technischen Umsetzung. Das ist in der Kürze der Zeit nicht trivial, aber auch hier werden wir gute Lösungen finden.

Die Finanzminister hatten erst vorgestern ihre Abstimmung. Wir haben uns gestern den ganzen Abend mit Herrn Altmaier abgestimmt. Wir werden alles tun, damit wir die Novemberhilfe sehr schnell an den Start kriegen, damit wir gerade den Solo-Selbstständigen schnell helfen können. Das geschieht in einem vereinfachten Verfahren.

Wir haben gestern auch angesprochen, dass es, wenn wir dort tätig werden und wenn auch der Bund tätig wird, logisch ist, bei der Überbrückungshilfe 3 darüber nachzudenken, das fortzusetzen. Genau das hat der Antrag zum Gegenstand.

Herr Altmaier hat gestern schon angedeutet, dass es wenig Sinn macht, wenn wir mit der Novemberhilfe

jetzt eine Lösung finden, im Dezember keine haben – mit Ausnahme des Soforthilfeprogramms NRW, das es aber nur in wenigen Bundesländern gibt – und dann im Januar vielleicht wieder etwas für die SoloSelbstständigen machen.

Eigentlich müsste man den Gedanken ab Dezember fortsetzen. Das muss das Ziel sein. Genau in diese Richtung zielt der Antrag der Koalitionsfraktionen. Deswegen begrüße ich ihn ausdrücklich. Das hilft uns sehr. Das hilft vor allen Dingen den Menschen, die sehr stark belastet sind und eine gute Zukunft verdienen.

Wir sehen die Solo-Selbstständigen in sehr vielen Bereichen unseres Landes. Das Land kann es sich überhaupt nicht erlauben, dass sie sich aus ihren Tätigkeiten zurückziehen, weil dann gewisse Bereiche nach der Coronakrise gar nicht mehr hochgefahren werden können. Ich nenne die Kultur, den Sport, die Medien, Messebauer und vieles mehr. Sie alle wissen das.

Insofern herzlichen Dank für diese Initiative. Wir werden alles tun, um für die Solo-Selbstständigen eine gute Regelung zu finden, auch im Hinblick auf die Soforthilfe, damit sie uns weiter im Land erhalten bleiben. – Herzlichen Dank.

(Beifall von der CDU und der FDP)

Danke schön, Herr Minister Professor Dr. Pinkwart. – Nun spricht Herr Kollege Petelkau für die CDU-Fraktion.

Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Wir haben uns hier im Hohen Hause in den letzten Monaten gemeinsam dafür eingesetzt, dass wir Strukturen, die durch die Pandemie bedroht werden, und vor allem die Menschen, die dahinter stehen, gemeinsam unterstützen und damit diese Strukturen und auch Lebensmodelle für die Zeit nach der Pandemie bewahren. Das ist unser gemeinsames Ziel gewesen, das wir über vielfältige Wege erreicht haben.

Trotzdem sind wir immer noch in einer Phase, in der wir in vielen Bereichen – nicht nur in der Veranstaltungs- und Eventbranche, sondern gerade in der Kultur – nach wie vor eine Ausnahmesituation haben. Nicht nur Kinos, Theater, Konzerthäuser und Livespielstätten sind bedroht, sondern auch Kulturorte, an denen die einzelnen Künstlerinnen und Künstler auftreten, an denen Dinge passieren, die unser Leben Tag für Tag bereichern.