Zum Teil fehlen zu Hause Endgeräte, es fehlen Rückzugsräume, es fehlt die Hilfe von den Eltern. Teilweise gibt es existenzielle oder gesundheitliche Sorgen in der Familie.
All das prasselt auf die Kinder ein. Die Kinder waren froh, dass sie wieder zur Schule gehen und etwas mehr Normalität haben durften. Und jetzt wollen Sie, auch wenn es angeblich nur auf 50 % zutrifft, die Kinder wieder alleinlassen? Meine Damen und Herren, das machen wir nicht mit.
Die Kinder müssen zur Schule gehen können. Wir dürfen die Kinder und ihre Familien nicht im Stich lassen.
Stattdessen müssen wir gemeinsam dafür sorgen, dass sie sicher durch die Krise kommen. – Herzlichen Dank.
Vielen Dank, Frau Kollegin Müller-Rech. – Als nächste Rednerin hat nun für die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen Frau Abgeordnete Beer das Wort.
Frau Präsidentin! Ich möchte mich an dieser Stelle auch bei all denen bedanken, die dafür sorgen, dass hier desinfiziert wird. Herzlichen Dank! Wir fühlen uns gut umsorgt.
Werte Kolleginnen und Kollegen! Der Präsident des Lehrerverbands, Heinz-Peter Meidinger, hat einen zutreffenden Begriff geprägt. Er spricht vom SalamiLockdown. Wir brauchen keinen Salami-Lockdown in NRW, Frau Müller-Rech. Das haben Sie offensichtlich noch nicht verstanden. Das ist allein das, was von der FDP-Bildungsgarantie bleibt: der SalamiLockdown.
Sie wollen einfach wegdiskutieren und wegschieben, dass jetzt die vierte Schule in Solingen schließen muss
(Josef Hovenjürgen [CDU]: Jeder Auftritt von Sigrid Beer ist an Peinlichkeit nicht zu überbie- ten!)
Genau das ist das Solinger Modell. Das ist der Ansatz. Und davon wollen Sie nichts wissen? Das ist wirklich kein Ausweis einer schulpolitischen Perspektive.
Ich wollte eigentlich ganz anders anfangen. Eines will ich zu Beginn jedoch noch sagen. Was die Ministerin heute Morgen bezüglich der Stadt Solingen vorgetragen hat, war einer Ministerin unwürdig und unlauter,
(Josef Hovenjürgen [CDU]: Wenn jemand un- lauter ist, Sigrid Beer, dann schau einmal in den Spiegel! Unlauter! Unseriös!)
Im September, kurz nach den Sommerferien, hat sich der Schulleiter in der Tat für die Durchführung eines Tages der offenen Tür ausgesprochen. Als das Infektionsgeschehen jedoch angezogen hat, hat er diesen Tag der offenen Tür von sich aus abgesagt,
Frau Ministerin, das war heute Morgen ein Foulspiel gegen einen Schulleiter, der sich hier in der Debatte nicht wehren kann.
Herr Minister Laumann hat heute Morgen sehr deutlich gemacht, dass die Lage immer noch ernst ist. Mit einem Inzidenzwert von 167,9 in NRW liegen wir weit über dem Bundesschnitt. Also gilt für das Land NRW immer noch: Flatten the curve.
Das, was Sie hier immer vortragen, hält doch nicht mehr. Hessen und Niedersachsen gehen längst einen anderen Weg. Berlin hat einen Stufenplan. Sie haben sich in einen Tunnel manövriert. Dort – das ist schon richtig – hört man zwar die eigene Stimme sehr laut. Aber was draußen passiert, hört man nicht mehr. Und das ist schon fatal.
Sie könnten doch einen Befreiungsschlag machen. Gehen Sie offensiv nach vorne. Lassen Sie das Solinger Modell für vier Wochen laufen. Schauen wir es uns doch einmal insgesamt an. Bestimmen Sie doch einmal die Kriterien. Nichts tun Sie! Sie sagen einfach nur: Blockade! Basta! Geht nicht! – Das ist wirklich keine schulpolitische Expertise.
Ja, Herr Stamp. Ich habe es gerade schon einmal gesagt: Sie stehen für den Salami-Lockdown – und nicht für Bildungsgarantie und Bildungsgerechtigkeit in diesem Land.
(Beifall von den GRÜNEN und der SPD – Zu- ruf: Wenn Sie das Wort „Bildungsgerechtig- keit“ in den Mund nehmen! Frau Beer, Sie soll- ten sich schämen! – Josefine Paul [GRÜNE]: Warum das denn jetzt? – Josef Hovenjürgen [CDU]: Was die Frau macht, ist unsäglich!)
Ganz deutlich wird das auch in dem, was die Ministerin an die Bezirksregierungen als Verfügung geschickt hat. Sie verweist am 20. Oktober in ihrem Erlass darauf – nicht mehr und nicht weniger –, dass
dieses System erst vollständig kollabieren müsse; denn Vertretungsunterricht habe Vorrang vor allem anderen. Vertretung hat immer Vorrang vor Distanzunterricht. Das heißt: Die Kollegen, die schon jetzt am Anschlag arbeiten, müssen noch mehr Arbeit in Kauf nehmen, müssen das erst erledigen. Das heißt: Statt präventiv zu arbeiten, fährt man dieses System lieber an die Wand.
Das sind die Vorgaben der Schulministerin in Nordrhein-Westfalen. Die Schulen dürfen gar nicht mit Wechselunterricht reagieren, weil der Rahmen so eng gefasst wird.
Und obendrauf kommt – das muss ja ein absolutes Thema der CDU sein, Herr Kollege –, dass jetzt auf höchst fragwürdiger Grundlage auch noch in die Privatschulfreiheit eingegriffen wird.
Was kann die Ministerin eigentlich den freien Ersatzschulträgern vorgeben? Dass sie dieses WechselDistanz-Modell nicht anwenden dürfen? Legen Sie uns doch einmal juristisch dar, wo Sie das hernehmen.
Wir haben in der Anhörung genau darüber diskutiert. Es ist extra ein eigener Passus eingefügt worden. Aber in der Realität verweigern Sie das, nur weil Sie als Ministerin den Gesichtsverlust fürchten. Darum geht es.