Protocol of the Session on October 8, 2020

Unredlich ist wirklich nur, was Sie hier machen: Dass Sie das Akzeptanzthema und die Abstände bei der Windenergie immer nach vorne schieben und all das hier auf einmal gar kein Problem ist.

(Zuruf: Sie hatten 100 m Abstand!)

Das ist doch totaler Wahnsinn.

(Josef Hovenjürgen [CDU]: Das ist der vierfa- che Abstand im Vergleich zu dem, was Sie ge- nehmigt haben! Ungeheuerlich, was Sie hier abliefern! – Zurufe von der CDU)

Frau Kollegin Brems, Entschuldigung, dass ich Sie unterbreche. Es gibt von Herrn Kollegen Klenner den Wunsch nach einer Zwischenfrage.

Nein, jetzt nicht.

Nein? – Okay.

Nach der inhaltlichen Kritik komme ich jetzt noch zum Verfahren.

(Zuruf von der CDU: Machen Sie sich doch endlich mal ehrlich!)

Es ist fahrlässig, wie die Landesregierung die Entscheidung mehrmals verschoben hat – zunächst mit dem Verweis auf die Bundesebene, zum Schluss war diese Ausrede dann nicht mehr möglich.

Ohne Grund wurde der Beschluss im Kabinett von „Ende August“ auf „in den Herbstferien“ verschoben. Offenbar haben Sie vor der Kommunalwahl den Konflikt in der Region gescheut.

(Zuruf von Armin Laschet, Ministerpräsident)

Solche Gründe dürfen bei einem so wichtigen Thema aber wirklich nicht ausschlaggebend sein.

Weil die Zeit rennt, begrenzt die Landesregierung in der Konsequenz jetzt das Beteiligungsverfahren auf Kosten einer breiten, fairen und transparenten Öffentlichkeitsbeteiligung auf zwei Monate, von denen sogar zwei Wochen in den Herbstferien liegen. Damit macht diese Landesregierung die ganze Öffentlichkeitsbeteiligung zu einer Farce; das muss ich leider sagen.

(Zuruf von Josef Hovenjürgen [CDU])

Dagegen ist die Frechheit beim Vorgehen zur heutigen Unterrichtung – der Kollege Kämmerling ist ausführlicher darauf eingegangen –, uns den Entwurf erst 14 Stunden vor der heutigen Debatte zuzuleiten, schon fast eine Kleinigkeit.

(Beifall von den GRÜNEN)

Diese Leitentscheidung ist an so vielen Stellen unklar, aber an einer Stelle, in einer Sache ist sie völlig klar: Diese Landesregierung hat nicht den Mut zu handeln.

Sehr geehrter Herr Ministerpräsident, sehr geehrter Herr Minister, seien Sie mutig, und stellen Sie sich der Realität.

(Lachen von Josef Hovenjürgen [CDU] und Bodo Löttgen [CDU] – Bodo Löttgen [CDU]: Das ist das Lächerlichste, was ich je gehört habe!)

Stellen Sie sich der Realität, dass die Kohleverstromung keine Zukunft mehr hat und dass die Dörfer nicht untergehen müssen. Nutzen Sie in den nächsten Wochen endlich die verbleibende Zeit. Nehmen Sie endlich die notwendigen Berechnungen zu den tatsächlich benötigten Kohlemengen vor. Retten Sie die Dörfer.

(Josef Hovenjürgen [CDU]: Die Dörfer kom- men für Sie an zweiter Stelle!)

Machen Sie klar, dass keine wertvollen Flächen für Abraum zerstört werden dürfen. Überführen Sie den Hambacher Wald in öffentlichen Besitz.

(Beifall von den GRÜNEN)

Kurzum: Schaffen Sie mit einer überarbeiteten Leitentscheidung endlich Klarheit für alle Beteiligten, denn so darf diese Leitentscheidung nicht bleiben.

(Beifall von den GRÜNEN)

Vielen Dank, Frau Kollegin Brems. – Bevor ich den nächsten Redner aufrufe, komme ich im Nachgang auf Tagesordnungspunkt 9 unserer gestrigen Sitzung zurück. Ich hatte mit Frau Kollegin Brems im Anschluss an ihren Redebeitrag bereits persönlich darüber gesprochen.

Wir haben den Vergleich zur Tierwelt, den Sie gezogen haben, prüfen lassen und sind zu dem Ergebnis gekommen, dass Sie sich mit diesem Vergleich unparlamentarisch geäußert haben. Deshalb erteile ich Ihnen eine nichtförmliche Rüge.

Der nächste Redner ist für die Fraktion der FDP Herr Kollege Bombis.

Vielen Dank. – Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen, sehr geehrte Herren! Zu Anfang meiner Rede würde ich Sie gerne in das Jahr 2014 mitnehmen, genauer gesagt zum 28. März 2014.

Es war ein sonniger Tag, und ich war nach drei anstrengenden Plenartagen – ich war kaum zwei Jahre Abgeordneter hier im Hohen Hause – auf dem Weg zu einem Termin, den ich an diesem Freitagnachmittag noch hatte.

Ich telefonierte die ganze Zeit. Ich weiß nicht mehr genau, mit wem, aber es war ein durchgehendes Telefonat, seit ich auf dem Weg zu meinem Termin in Köln die Tiefgarage des Landtags verlassen hatte.

Ich habe kurz vor meinem Termin aufgelegt, sofort klingelte mein Telefon wieder, und ich ging dran.

(Zuruf von Heike Gebhard [SPD])

Es war ein Journalist aus dem Rhein-Erft-Kreis, wo ich herkomme, der mich fragte, was ich denn zu der Pressekonferenz von Frau Kraft und Herrn Remmel sagen würde.

Ich war nicht sprechfähig; das war ein bisschen peinlich. Ich sagte: Entschuldigen Sie, können Sie mir vielleicht kurz sagen, was Sie meinen? Ich habe die ganze Zeit telefoniert, und wir hatten drei Plenartage; möglicherweise ist mir etwas durchgegangen.

Am Freitag, den 28. März 2014, nachdem wir hier drei Tage lang debattiert hatten, nachdem Wirtschaftsthemen in diesem Plenum rauf und runter diskutiert worden waren, sind Frau Kraft und Herr Remmel vor die Presse getreten und haben völlig überraschend angekündigt, dass es eine neue Leitentscheidung geben werde und der Tagebau Garzweiler verkleinert werden solle.

Es hat an den drei Plenartagen keine Unterrichtung gegeben, es hat keine Informationen gegeben, und es hat kein Hintergrundgespräch gegeben.

(Beifall von der FDP und der CDU)

Herr Kämmerling, Frau Brems, es ist doch wohl nicht Ihr Ernst, sich hier zu beklagen.

Diese Landesregierung nimmt die Menschen und das Parlament mit. Sie tut das in Abarbeitung des politisch gewollten Ausstiegs, der durch die WSBKommission sowie das Kohleausstiegsgesetz und das Strukturstärkungsgesetz im Bund entschieden worden ist.

Wir als Nordrhein-Westfalen sind besonders betroffen. Wir haben auch eine besondere Verantwortung; die Menschen im Rheinischen Revier haben eine besondere Verantwortung.

So wie sie über viele Jahre und Jahrzehnte hinweg die Verantwortung für die sichere Energieversorgung unseres Landes hatten, haben sie jetzt eine besondere Verantwortung und sind bereit, diese wahrzunehmen – auch mit dem Willen zur Transformation – hin zu einem besonderen Klimaschutz, der von unserem Land ausgeht.

Diese Leitentscheidung ist ein weiterer wichtiger Baustein für die Umsetzung dieses Ausstiegspfads aus der Braunkohle. Es ist daher eine historische Entscheidung, es ist eine konsequente Entscheidung, und es ist – anders als in den Jahren 2014 bis zur Leitentscheidung im Jahr 2016 – eine Entscheidung, die auf einer breiten Ebene fußt.

(Beifall von der FDP – Vereinzelt Beifall von der CDU)

Wir haben mit dieser Leitentscheidung Verlässlichkeit und eine Zukunftsperspektive für die Menschen im Rheinischen Revier und in NRW.

Wir verbinden den Klimaschutz mit dem Gedanken der Versorgungssicherheit für die Menschen und die Wirtschaft in unserem Lande.

Diese wichtigen Rahmenbedingungen sind entscheidend für den Erfolg der Energiewende.

Sie sind auch für den Klimaschutz entscheidend, da wir in Deutschland und in Nordrhein-Westfalen eine besondere Verantwortung dafür tragen zu zeigen, dass die Energiewende möglich ist, die den Klimaschutz mit energiewirtschaftlicher Verlässlichkeit und einer starken Volkswirtschaft verbindet.

Das, Frau Brems, verlieren die Grünen leider immer wieder aus dem Blick.

(Beifall von der FDP und der CDU)