Stichwort: Homeoffice. Während der Coronapandemie konnte man sehen, welches Potenzial in der Arbeit von zu Hause steckt. Unsere Empfehlung ist deshalb, Homeoffice wo möglich und gewünscht zu ermöglichen. Sollte der Arbeitgeber dies ablehnen, muss er das begründen. Damit aber die Heimarbeiter oder die mobilen Arbeiter am Ende nicht mit Rückenschäden und schlechten Augen in Rente gehen, bedarf es einer vernünftigen technischen Ausstattung. Im Sinne des Arbeitsschutzes muss man auch dafür sorgen. Das hat aus meiner Sicht überhaupt nichts mit Überregulierung, sondern schlicht mit Vernunft und Vorsorge zu tun.
Gleiches gilt für die Arbeitszeit, die gerade auch schon thematisiert worden ist. Wir alle haben hier keinen Nine-to-five-Job. Unser Vorteil ist aber, dass wir uns selber eine Auszeit, eine handyfreie Zeit genehmigen können. Das ist ein Luxus, den viele Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer eben nicht haben. Darum müssen wir natürlich über die Arbeitszeiten sprechen. Eine wöchentliche statt einer täglichen Höchstarbeitszeit kommt der beruflichen Realität heute tatsächlich sehr viel näher. Zur Beantwortung der Frage, wie man die vielen kleinen Unterbrechungen im Privatleben jedoch
Der vor uns liegende Bericht macht deutlich, wo wir in Nordrhein-Westfalen stehen. Das ist hier schon mehrfach zum Ausdruck gekommen. Er zeigt Stärken und Schwächen unseres Bundeslandes auf. Die Digitalisierung sorgt dafür, dass Arbeit, wie wir sie kennen, räumliche und zeitliche Grenzen überwindet. Das wirkt sich je nach Geschlecht, Bildungsstand und Region, in der wir leben, unterschiedlich aus. Wertvoll sind deshalb die 120 Empfehlungen, die dieser Bericht auch uns als Gesetzgeber dieses Landes gibt.
Ich wünsche mir deshalb, dass wir alle diesen Bericht noch oft in die Hand nehmen, um zu verstehen, was geschieht, um zu diskutieren, was passieren muss, und um zu beschließen, was für die Menschen in Nordrhein-Westfalen gut ist, die auch künftig von ihrer Hände Arbeit leben wollen.
Dass dies gut möglich ist, beweist dieser Bericht, für den ich mich ausdrücklich bei allen beteiligten Kolleginnen und Kollegen sehr herzlich bedanke. Danke an die Sachverständigen und Referenten der Fraktionen, die den Löwenanteil der Arbeit geleistet haben. Danke auch an die Ausschussassistenz; Frau Meyer ist heute schon mehrfach angesprochen worden. Danke für Ihre großartige Arbeit.
Das größte Kompliment – damit bin ich am Ende meiner Rede –, das man allen, die beteiligt waren, machen könnte, bestünde darin, aus diesem Bericht und seinen Empfehlungen das Beste für unser Bundesland herauszuholen. Für diesen Weg wünsche ich uns ein herzliches Glückauf und allzeit Gottes Segen. – Danke schön.
Vielen Dank, lieber Herr Kollege Schneider von der Fraktion der SPD. – Als nächster Redner hat für die Fraktion der FDP Herr Kollege Abgeordneter Freynick das Wort.
Frau Präsidentin! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Die Chancen der Digitalisierung stehen in diesem Jahr aufgrund der Coronapandemie besonders im Zentrum. Viel zu lange lag das gesellschaftspolitische Augenmerk in diesem Themenfeld primär auf den Risiken. Daher war ich umso mehr erfreut, dass wir uns in dieser Enquetekommission von Anfang an damit befasst haben, inwieweit die digitale Transformation der Arbeitswelt neue positive Möglichkeiten, Chancen und Impulse geben kann.
Wir wollen, dass NRW eine Führungsrolle beim Ausbau von 5G einnimmt. Ebenso muss endlich die Glasfaserinfrastruktur flächendeckend gewährleistet
Neben diesen infrastrukturellen Maßnahmen haben wir aber auch ein besonderes Augenmerk auf die Menschen selbst gelegt. Wir möchten den Beschäftigten in diesem Land mehr Möglichkeiten zu einer selbstbestimmten Arbeit ermöglichen. Daher fassen wir eine Novelle des Arbeitszeitgesetzes ins Auge. Das bedeutet konkret eine Abkehr der Vorgabe einer täglichen Höchstarbeitszeit hin zu einer wöchentlichen Höchstarbeitszeit. Es gibt Menschen, die auch um 22 Uhr gerne noch ihre E-Mails checken würden. Sie dürfen es aber nicht, zumindest dann nicht, wenn sie morgens um 8 Uhr schon wieder mit der Arbeit beginnen wollen. Das ist rechtlich nicht zulässig.
Die vergangenen Monate haben uns allen im großen Ausmaß gezeigt, dass wir endlich verlässliche und gute Regeln für das Homeoffice und für das mobile Arbeiten brauchen. Die Flexibilisierung von Arbeitszeiten ist eine Sache.
Uns ist aber genauso wichtig, den Arbeitsschutz hierbei fest im Blick zu behalten. Diesen müssen wir an die Möglichkeiten der Digitalisierung und des mobilen Arbeitens sowie des Homeoffice im Sinne der Menschen anpassen.
Neben der weiteren Stärkung flexibler Arbeitszeitmodelle wie der Vertrauensarbeitszeit wird zudem die Vereinbarkeit von Familie und Beruf durch steuerliche Anreize für mobiles Arbeiten angeregt.
Ein weiterer positiver Aspekt in der Enquetekommission war nach Meinung der FDP-Fraktion, dass wir die Freelancer und die Selbstständigen stärker in den Blick nehmen müssen. Für Selbstständige, welche bislang nicht pflichtversichert sind, fordern wir unter anderem die Einführung einer Altersvorsorgepflicht in Höhe der Grundsicherung. Dies geht gleichzeitig einher mit dem Vorschlag, die Beitragspflicht von Selbstständigen für die gesetzlichen Krankenversicherungen anzupassen.
Wir verfolgen das Ziel, dass in Zukunft nur noch das tatsächliche Einkommen aus Gewerbebetrieben oder selbstständige Arbeit als Bemessungsgrundlage und Beitragspflicht genommen wird. Die Mindestbemessungsgrenze soll zeitgleich auf 450 Euro gesenkt werden.
Für das Statusfeststellungsverfahren streben wir eine Reform an, nach welcher dann Rechtssicherheit für Erwerbstätige und Unternehmen herrschen soll.
Ein Herzensanliegen der FDP-Fraktion, das wir in Form eines Sondervotums im hinteren Teil des Berichts eingebracht haben, ist das Thema des Freiraumkontos. Dieses Konto sehen wir als wichtigen Baustein der Weiterbildungsrevolution, der jeder Bürgerin und jedem Bürger zugutekommen wird.
Als vom Arbeitgeber unabhängig soll dieses Freiraumkonto Teile des Bruttolohns sowie Boni, Überstunden, ungenutzte Urlaubstage sowie Zahlungen des Arbeitgebers steuer- und sozialversicherungsfrei auf sich verbuchen können. Das angesparte Guthaben kann schlussendlich für Weiterbildung oder für Familienzeiten verwendet werden. Nichts ist ausgeschlossen. Das wollen wir zumindest an dieser Stelle, auch zum Beispiel bei Sabbaticals, nicht tun.
Auszeiten von der Arbeit, weil auch dies einer mentalen Horizonterweiterung dienen kann, finden wir klug.
Die immense Bedeutung eines zweiten Bildungssystems für das gesamte Leben nimmt in Zeiten einer sich nicht nur durch Digitalisierung und Globalisierung wandelnden Arbeitswelt immer weiter zu. Wir brauchen das Konto für eine gerechte und freiheitliche Lösung für Angestellte.
Bei den Herausforderungen der Digitalisierung für die Beschäftigten setzen wir auf das lebenslange Lernen und wollen dies mit einem Midlife-BAföG finanziell unterstützen und begleiten. Menschen mit kleinem Einkommen geben wir damit eine realistische Aufstiegschance unabhängig vom Geldbeutel.
Diese Enquetekommission hat gezeigt, wie wir die Chancen der Digitalisierung für die Transformation der Arbeitswelt nutzen können. Die in diesem Abschlussbericht vorgestellten Empfehlungen werden Nordrhein-Westfalen innovativer, moderner und insbesondere fit für die Zukunft machen.
Ich danke an dieser Stelle ganz herzlich allen Kollegen und den Experten, die in der Enquetekommission waren. Ich danke Ihnen, Herr Bell, für die nicht immer ganz einfachen Stunden; denn Sie mussten als Vorsitzender der Enquetekommission natürlich auch an vielen Stellen Kompromisse moderieren. Ich finde, das ist Ihnen sehr gut gelungen. Wir alle haben immer konstruktiv unsere Ziele im Blick gehabt und daran gearbeitet. Jetzt geht es darum, dass wir das auf anderen Ebenen umsetzen. Darauf bin ich sehr gespannt. – Vielen Dank.
Vielen Dank, Herr Kollege Freynick für die Fraktion der FDP. – Jetzt hat für die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen Herr Kollege Bolte-Richter das Wort.
Dank. – Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen, liebe Kollegen! Die Arbeitswelt, die Welt um uns herum verändert sich durch die Digitalisierung grundlegend, und sie verändert sich rasend schnell. Die Veränderungen zeigten sich bereits vor der Coronakrise. Es
war insofern gut und ein Stück weit auch weitsichtig, dass der Landtag vor über zwei Jahren diese Enquetekommission zur digitalen Transformation eingesetzt hat.
Wir haben über viele der Entwicklungen und Trends mehr als zwei Jahre lang miteinander verhandelt, etwa dass es mehr Homeoffice geben wird, dass es eine Flexibilisierung von Arbeitsverhältnissen geben wird, dass es eine größere Vielfalt von Beschäftigungsformen geben wird.
Als wir als Kommission dann den größten Teil unserer Arbeit eigentlich abgeschlossen hatten, kam die Coronapandemie und hat gezeigt, dass das, was wir als Trends am Horizont gesehen und verhandelt haben, plötzlich in rasender Geschwindigkeit Realität wird. Insofern war unsere Arbeit vielleicht ein bisschen wegweisend. Auf jeden Fall war sie eine gute Vorbereitung auf das, was wir in den letzten Monaten miteinander als neuen Normalzustand erlebt haben.
Unsere Arbeit als Kommission war davon geprägt, dass wir die Chancen der Digitalisierung gemeinsam in den Mittelpunkt gestellt haben. Viele der lange erkämpften und bewährten Schutzstandards aus der Arbeitswelt geraten durch die Digitalisierung unter Druck. Sie werden herausgefordert.
Wir waren uns in der Kommission im Grundsatz immer darin einig, dass diese Schutzstandards auch in einer sich wandelnden Welt Bestand haben müssen und dass wir in einer sich wandelnden Welt auch schauen müssen, wie wir Flexibilität an den Stellen erreichen, an denen es notwendig ist, ohne die Schutzwirkung dieser Standards infrage zu stellen.
Das ist uns als Kommission, wie ich meine, mit einem sehr weitreichenden Kompromiss auch gelungen. Dieser wird in Bezug auf die Frage der Arbeitszeit auch eine weitreichende Wirkung entfalten. Ich glaube, dass wir darüber noch an vielen weiteren Stellen sprechen werden. Wir werden anhand von Experimentierspielräumen schauen, wo wir etwas anpassen müssen. Diese Diskussion führen wir natürlich gemeinsam mit den Sozialpartnern, damit wir zu für alle Seiten befriedigenden Lösungen kommen.
Wir sind an vielen Stellen weitergekommen, etwa auch bei den rechtlichen Klärungen zu Cloudwork, Clickwork und Gigwork. Wer das nicht versteht, dem seien verschiedene Grafiken empfohlen, anhand derer wir das alles noch einmal wunderbar aufbereitet haben. Die haben auch vielen von uns im Bearbeitungsprozess geholfen.
An vielen Stellen sind wir weitergekommen, aber vielleicht nicht ganz bis zum Schluss. Wir haben uns etwa bei der Frage „Homeoffice“ darauf verständigen können, dass wir Homeoffice stärken wollen.
Das ist im Übrigen auch ökologisch sinnvoll. Uns ist kürzlich eine Greenpeace-Studie präsentiert worden, aus der hervorgeht: Wenn diejenigen, die es können,
an zwei Tagen in der Woche im Homeoffice arbeiteten, könnten wir in Deutschland 5,2 Millionen Tonnen CO2-Emissionen einsparen. Insofern wird die Digitalisierung einen klaren Beitrag zur Bekämpfung der Klimakrise leisten.
Aber wir sind an dieser Stelle nicht so weit gekommen, dass wir uns auf das verständigt hätten, was wir eigentlich bräuchten, nämlich ein echtes Recht auf Homeoffice, und zwar ein Recht auf Homeoffice, das so ausgestaltet ist, dass die Beschäftigten wirklich davon profitieren, dass Homeoffice freiwillig und auch alternierend, als Ergänzung zum festen Arbeitsplatz, begriffen und angeboten wird. Es ist natürlich notwendig, dass das alternierend funktioniert, damit die Beschäftigten auch weiterhin in die Betriebskultur eingebunden sein können.
Selbstverständlich darf Homeoffice auch nicht zu unbezahlter Mehrarbeit führen. Arbeit muss dokumentiert und am Ende auch bezahlt werden. Homeoffice darf nicht zu einer Entgrenzung führen, so wie wir es im Shutdown teilweise faktisch erlebt haben, dass neben dem Homeoffice auch noch Kinderbetreuung anstand, sondern wir brauchen einen klaren Grundsatz: Home ist Home, und Office ist Office.
Wir haben in der Kommissionsarbeit festgestellt, dass Nordrhein-Westfalen in vielen Sektoren gut aufgestellt ist, dass wir viele Studierende haben und dass wir auch in Zukunftsbranchen stark sind. Aber wir haben natürlich einen Nachholbedarf bei Expertinnen und Experten im IT-Bereich und auch im MINT-Bereich. Eine Herausforderung bedeutet es für uns, die vielen Patentanmeldungen, die wir bei uns im technischen und digitalen Bereich haben, an den Markt zu bekommen. Einen großen Nachholbedarf haben wir auch nach wie vor bei der digitalen Infrastruktur und bei der digitalen Verwaltung.
Eine Erkenntnis ist wirklich sehr wichtig. Das ist auch etwas, was wir in der Kommunikation über diesen Bericht immer wieder mit nach vorne stellen müssen, nämlich dass die Gesamtarbeitsplatzbilanz der Digitalisierung wahrscheinlich positiv sein wird. Wir können insofern auch Ängsten entgegenwirken, allerdings nur dann, wenn wir uns das Thema Bildung und Weiterbildung jetzt vornehmen und das auch entsprechend gestalten.
Ich will, liebe Kolleginnen und Kollegen, mich zum Schluss gerne bedanken. Ich hoffe, dass das noch drin ist, auch wenn meine Redezeit schon abgelaufen ist.
Ich möchte mich bei den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern der Fraktionen ganz herzlich bedanken, die bekanntermaßen die zentrale Rolle bei der Entwicklung eines solches Berichtes und auch in der Vorbereitung der Debatten spielen. Mein Dank gilt Frau Meyer und Frau Beydeda für die Begleitung der
Enquetekommission seitens der Landtagsverwaltung. Wir haben Sachverständige bei uns gehabt, die uns mit ihrer Expertise bereichert haben.
Lieber Dietmar, du hast uns als Vorsitzender wirklich richtig gut durch diesen Prozess geführt. Dafür ganz, ganz herzlichen Dank. Das war richtig gut. Wir haben etwas richtig Gutes vorgelegt. Das muss jetzt alles noch umgesetzt werden. Aber du hast uns auf dem Weg sehr gut unterstützt und sehr gut da durchgeführt. – Herzlichen Dank.