Protocol of the Session on September 27, 2020

(Jochen Ott [SPD]: Hört! Hört!)

Werden wir doch einmal konkret und gucken nach Dortmund. Im Gegensatz zum Gutachter stellt die Stadt in der Anhörung sehr wohl einen angespannten Wohnungsmarkt fest und belegt das mit eigenen Zahlen, die sie erhoben hat. In Dortmund gibt es bei geringer werdenden Leerständen steigende Nettokaltmieten im Bestand, und zwar um rund 10 %. In Dortmund gibt es insbesondere im unteren und mittleren Preissegment eine doppelt so große Nachfrage nach Wohnungen. 50 % der Dortmunder Haushalte sind berechtigt, öffentlich geförderte Wohnungen zu mieten.

Es kann also in Dortmund – wie in vielen anderen Städten, die Sie aus der Förderkulisse herausgenommen haben – überhaupt keine Rede von einem entspannten Wohnungsmarkt sein.

Sie setzen deshalb mit Ihrer Politik auch falsche Zeichen. Sie nehmen mit Ihrer Politik in Kauf, dass in vielen Städten die Bemühungen zur Schaffung mietpreisgebundener Wohnungen angehalten werden, womöglich auf dem Klageweg. Denn während in vielen Städten mit zahlreichen wohnungs- und bodenpolitischen Instrumenten, mit Instrumenten der nachhaltigen Stadtentwicklung, zum Beispiel einem Quotenbeschluss zum Bauland oder einem Beschluss zur Konzeptvergabe, Bemühungen initiiert werden, mehr mietpreisgebundenen Wohnraum zu schaffen, sagen Sie: Das Problem existiert in diesen Städten gar nicht.

Herr Kollege, entschuldigen Sie die Unterbrechung. Herr Abgeordneter Schrumpf würde Ihnen gern eine Zwischenfrage stellen, wenn Sie das erlauben.

Nein. Ich bin auch gleich fertig.

Dies alles und noch viel mehr – angesichts der späten Stunde möchte ich das nicht weiter ausführen – können Sie im Protokoll der Anhörung zu unserem Antrag nachlesen.

Wir bleiben dabei: Angesichts der dynamischen Entwicklung und der weiterhin vielfach angespannten Lage auf dem Wohnungsmarkt kommen dem Erhalt und der Fortentwicklung des landesrechtlichen Mieterschutzes, wie wir ihn in unserem Antrag gefordert haben, eine immer größere Bedeutung zu – und nicht seiner Reduzierung. Deswegen werden wir unserem Antrag zustimmen und bitten Sie, das auch zu tun. – Vielen Dank.

(Beifall von der SPD)

Vielen Dank, Herr Kollege Becker. – Als nächster Redner hat für die Fraktion der FDP Herr Abgeordneter Kollege Paul das Wort.

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ihr Antrag ist vom 21. April 2020. Wenn man der Debatte folgt, merkt man, dass er im Grunde veraltet ist. Schließlich ist die Mieterschutzverordnung seit 1. Juli 2020 längst in Kraft. Für die parlamentarische Arbeit wäre es daher sachgemäß und gut, den Antrag jetzt zurückzuziehen. Aber das geht wohl nicht; denn es geht um das parteipolitische Signal.

Die Anhörung zu diesem Antrag gibt es auch nicht her, hier davon zu sprechen, dass eine Unterstützung Ihrer Forderung nach Verschärfung des Mieterschutzes durch die Akteure am Wohnungsmarkt erfolgt. So haben die kommunalen Spitzenverbände gesagt, dass die NRW-Wohnraumförderung – die hier ganz entscheidend ist, um echten Mieterschutz zu betreiben, nämlich den Mangel an preisgünstigem Wohnraum zu beheben –

(Vereinzelt Beifall von der CDU)

mit die beste ist, die es bundesweit gibt. Dies zeigen auch die Zahlen. Wir fördern deutlich mehr als alle anderen Bundesländer zusammen.

(Beifall von der FDP und der CDU – Zuruf von Jochen Ott [SPD])

Der Verband der Wohnungs- und Immobilienwirtschaft, der viele kommunale Gesellschaften und Wohnungsgenossenschaften vertritt, hat in der Anhörung noch einmal deutlich gemacht, dass die Erwartungen an den Mieterschutz auch nicht überzogen werden dürfen, liebe Kolleginnen und Kollegen. Eine Entspannung an den Wohnungsmärkten könne nur erreicht werden, so der VdW, wenn mehr preisgünstiger Wohnraum an den Markt gebracht würde.

Die Interessenvertreter der mittelständischen Wohnungswirtschaft beim BFW haben Zweifel angemeldet und sogar gewarnt, wenn die Mieten zu sehr gedrosselt würden, sei die notwendige Modernisierung kaum möglich, um CO2 zu sparen und den Anstieg der Heizkosten zu dämpfen.

Ich bin daher davon überzeugt, dass Schluss sein muss mit überzogener Regulierung in NordrheinWestfalen, die immer auch Ausdruck eines Misstrauens gegen die große Mehrheit der Anbieter von Wohnraum ist. Ich spreche von den vielen Hunderttausend privaten Kleinvermietern, die eine oder zwei Wohnungen zum Mieten anbieten. Das sind Mitbürgerinnen und Mitbürger von uns, die damit ihre monatliche Rate für den Hauskredit, für die eigene Altersvorsorge oder die Ausbildung der Kinder aufbringen. Wir sind doch froh, dass diese Menschen ihr Wohneigentum anderen zum Wohnen anbieten. Wir sehen, dass sie recht zurückhaltend mit ihren Erwartungen an die Höhe der Mieten sind. In Wahrheit sind doch viele Vermieter heutzutage regelrecht froh, wenn sie zuverlässige Mieter und verlässliche Mieteinnahmen haben. Ihnen allen möchten wir mit Vertrauen, Förderung und Erleichterung begegnen statt mit immer mehr Misstrauen und Vorschriften.

Daher ist unsere neue Mieterschutzverordnung auf genau die Städte konzentriert, die wissenschaftlich nachgewiesen einen stark angespannten Wohnungsmarkt haben.

Wir werden auch nicht fünf Jahre warten, wie Sie in Ihrem Antrag fordern, bis die Verordnung auf ihre Wirksamkeit evaluiert wird. Mieterinnen und Mieter sowie ihre Vermieterinnen und Vermieter haben nicht fünf Jahre Zeit. Wir werden eine erste Evaluation noch in dieser Wahlperiode des Landtags vornehmen, um auch die Gebietskulisse bedarfsgerecht fortentwickeln zu können.

(Beifall von der FDP und der CDU)

Vielen Dank, Herr Kollege Paul. – Als nächster Redner hat für die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen Herr Abgeordneter Kollege Klocke das Wort.

Sehr geehrte Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Das ist eine Debatte, die wir schon intensiv im Ausschuss geführt haben. Diese Debatte ist auch nicht neu.

Bei der vorgelegten Mieterschutzverordnung hat es ja durchaus relevante Veränderungen zu dem gegeben, was Sie im schwarz-gelben Koalitionsvertrag vor gut drei Jahren vereinbart haben. Darin war festgelegt, dass die Verordnungen zum Mieterschutz komplett wegfallen.

Dieser Zahn ist dieser Mieterschutzverordnung gezogen worden – aber nicht deswegen, weil SchwarzGelb zu der Einsicht gekommen ist, dass jetzt einige Sachen revidiert werden müssen. Der Hintergrund ist vielmehr, dass Zehntausende von Menschen in diesem Land ein Volksbegehren unterschrieben haben, dass sie Mieterschutzverbände mobilisiert haben, dass Menschen aufgestanden sind und dass Druck

auf die schwarz-gelbe Landesregierung ausgeübt worden ist, sodass von vier relevanten Bereichen zumindest drei weitergeführt worden sind.

Das ist bei Ihnen ja nicht die bessere Einsicht gewesen, Frau Scharrenbach. Wir kennen uns zu gut, als dass ich Ihnen das unterstellen würde. Es ist einfach politischer Druck gewesen, auch aus Ihrer eigenen Partei, aus der CDU, von der CDA und anderen, der dafür gesorgt hat, dass Sie noch einmal in sich gegangen sind und zumindest übereingekommen sind, dass Mietpreisbremse, Kappungsgrenzenverordnung und Kündigungssperrfristverordung weiterhin bestehen bleiben.

Die Umwandlungsverordnung haben Sie herausgenommen. Sie soll ersatzlos wegfallen. Die Mieterschutzverordnung gilt auch nur noch für 18 statt bisher 37 Kommunen. Sie ist also um die Hälfte reduziert worden. Außerdem ist die Kündigungssperre, die bisher acht Jahre betrug, jetzt auf fünf Jahre verkürzt worden.

Ich muss ganz ehrlich sagen: Wenn man ein bisschen im Land unterwegs ist … Frau Ministerin, das sind Sie ja. Ich weiß nur nicht, mit welchen Eindrücken Sie zurückkommen. Es sind offensichtlich andere als meine.

Meine Heimat ist Ostwestfalen. Meine Schwester lebt in Bielefeld. Wie Sie darauf kommen, dass die Stadt Bielefeld keine Probleme beim Thema „Miete“ und beim Thema „Mieterschutz“ hat, frage ich mich. Da muss man schon beide Augen zumachen, wenn man durch Bielefeld fährt oder Termine in Bielefeld hat. Mit dem gerade wiedergewählten guten SPDOberbürgermeister, Pit Clausen, sollten Sie sich vielleicht doch etwas intensiver austauschen. Er wird Ihnen schon deutlich sagen, was in diesem Bereich in seiner Stadt los ist und wo es auch Handlungsbedarf gibt.

Ich war selber im Kommunalwahlkampf in Aachen bei Frau Keupen und habe dort an einer wohnungspolitischen Veranstaltung teilgenommen. Auch

Aachen haben Sie ja aus der Gebietskulisse herausgenommen. Das ist nicht nachvollziehbar, wenn man sich die Zahlen anschaut. Das Wahlergebnis für Frau Keupen bzw. das Wahlergebnis für die CDU in Aachen spricht ja Bände. Die Wohnungspolitik der CDU, die da im Angebot war, ist vom Wähler entsprechend nicht honoriert worden.

Sie haben zwar recht, Kollege Paul; der Antrag ist etwas älter. Er kommt aus dem April dieses Jahres. Aber die Forderungen sind weiterhin topaktuell. Es gibt natürlich nach wie vor die Aufforderung und die Notwendigkeit, die Mieterschutzverordnung zu überarbeiten. Wir fordern die vollständige Wiedereinsetzung der bisherigen Mieterschutzverordnung, die bis zum 1. Juli dieses Jahres gegolten hat, statt der Verschärfungen, die Sie vorgenommen haben.

Die Gebietskulissen, die Sie uns hier anbieten, sind viel zu eng gefasst.

Dass Sie die Umwandlungsverordnung wegfallen lassen, ist vor allen Dingen deshalb falsch, weil das auch entsprechende Auswirkungen auf Milieuschutzsatzungen hat. Die Stadt Köln, in der ich lebe, hat mehrere Milieuschutzsatzungen erlassen. Diese Milieuschutzsatzungen machen nur mit einer entsprechenden Umwandlungsverordnung Sinn.

Durch den Wegfall auf Betreiben der Landesregierung ist dieses Instrument ein zahnloser Tiger geworden. Sie nehmen den Städten die Möglichkeit, über sinnvolle und wirksame Milieuschutzsatzungen in den jeweiligen Stadtteilen, in den Veedeln, aktiv zu werden.

Deswegen ist die Forderung, die die SPD in diesem Antrag erhebt, weiterhin richtig. Wir werden dem Antrag auch zustimmen.

Ich würde meine Rede gerne mit einem Eindruck aus der Enquetekommission „Einsamkeit“ abschließen, in der ich zusammen mit dem Kollegen Paul sitze. Die FDP hatte vor einigen Wochen einen sehr interessanten und sehr kompetenten Sachverständigen eingeladen, einen Berliner Sozialforscher. Es ging um die Wohnungspolitik und um die Zusammenhänge zwischen sozialer Milieubildung, Einsamkeitsphänomen und Wohnungsbau. Dieser von der FDP eingeladene Experte aus Berlin fasste seinen Vortrag auf Nachfrage so zusammen, dass er sagte:

In Nordrhein-Westfalen gibt es seit 25 Jahren eine hervorragende Wohnungsbaupolitik, eine hervorragende Wohnraumförderung und vor allen Dingen einen wirksamen Mieterschutz. Das macht NordrheinWestfalen aus.

Ich sage das an dieser Stelle, weil ich mir hier bei jeder Rede von Ihnen anhören muss, dass die von Ihnen so viel gelobte NRW-Koalition jetzt die große Trendwende beim Wohnungsbau und bei der Wohnraumförderung geschaffen hat. Selbst FDP-Experten in Enquetekommissionen attestieren vorherigen rotgrünen Landesregierungen und grünen Bauministern – wir hatten mit Michael Vesper ja zehn Jahre einen grünen Bauminister in diesem Land –, dass sie eine hervorragende Wohnungsbaupolitik und eine hervorragende Mieterschutzpolitik gemacht haben. Davon sollten Sie sich eine Scheibe abschneiden.

Überlegen Sie noch einmal, ob man die Mieterschutzverordnung nicht besser an den Stellen, die ich jetzt aufgeführt habe, ergänzen sollte. Das ist wirksamer Mieterschutz. Das braucht NordrheinWestfalen. Das brauchen unsere Städte. Vor allen Dingen brauchen es Städte wie Bielefeld und Aachen. Es ist absolut neben der Spur, dass Sie diese Städte aus der Verordnung herausgenommen haben. – Danke für die Aufmerksamkeit.

(Beifall von den GRÜNEN und der SPD)

Vielen Dank, Herr Kollege Klocke. – Als nächster Redner hat Herr Abgeordneter Beckamp das Wort.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Die SPD erwähnt in Ihrem Antrag „die soziale Realität des Wohnungsmarktes“ in diesem Land. Sie schreibt, dass sich die Wohnungsnot in den Städten deutlich verschärft habe und die Mieten weiter stiegen. Ich zitiere –:

„Tatsache ist: hohe Mietpreise … verfestigen und verstärken soziale Ungleichheit.“

Ich zitiere weiter:

„Die Problematik Wohnraummangel und bezahlbares Wohnen trifft in den verstädterten Ballungsräumen und den weiteren Städten des Landes weite Teile der Bevölkerung.“

Und was machen Sie dann? Sie wollen, dass die neue sogenannte Mieterschutzverordnung NRW ausgeweitet wird. Diese Verordnung beinhaltet Mietpreisbegrenzungen bei Neuvertragsmieten und bei Bestandsmieten sowie Kündigungsschutz.

All das gab es bisher schon. Aber die Landesregierung hat in ihrer unermesslichen Weisheit festgelegt, dass diese Regeln seit dem 1. Juli 2020 in weniger Städten gelten als zuvor, weil in den nun herausgenommenen Städten angeblich ein nicht so angespannter Wohnungsmarkt herrsche. Die SPD möchte das zurückdrehen. Das kann man machen.

Aufgrund dieser oder auch einer verschärften Verordnung wird jedoch keine einzige Wohnung gebaut. Und das aktuelle Problem ist doch: Viele Menschen finden keine Wohnung, zumal keine bezahlbare Wohnung. – Der beste Mieterschutz ist es daher, das Wohnungsangebot zu verbreitern. Das schützt Mieter nachhaltig und sorgt für bezahlbaren Wohnraum. Da sind wir uns wahrscheinlich alle einig.

Manchmal sind die Dinge im Leben also ganz einfach: Wenn es viel Angebot und wenig Nachfrage gibt, fallen die Preise. Wenn es hingegen wenig Angebot und mehr Nachfrage nach diesem Angebot gibt, steigen die Preise logischerweise.