Ich möchte trotzdem kurz auf den Artikel eingehen, damit draußen in der Bevölkerung und hier im Hause klar wird, worauf Sie sich eigentlich beziehen. Der Artikel – ich zitiere mit Erlaubnis des Präsidenten – bezieht sich auf eine Studie in Amerika. Dort heißt es:
Das K-Modell bezieht sich auf die USA, wo die Regierung wenig getan hat, um Pleiten und Massenentlassungen zu verhindern. Der starke Sozialstaat Deutschland hat einige Härten der Pandemie abfedern können, sagt Marcel Fratzscher, Präsident des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung.
Sie beginnen Ihren Antrag mit einer Studie, die sich auf Amerika und nicht auf Deutschland bezieht. Okay, das akzeptiere ich. Sie brauchten etwas, um heute etwas sagen zu können. Wo jedoch die Aktualität ist, habe ich noch nicht erkannt, weil das Problem schon vorher bekannt war.
(Sarah Philipp [SPD]: Das sollten Sie den Prä- sidenten fragen! – Weitere Zurufe von Stefan Zimkeit [SPD] und Gordan Dudas [SPD])
Lassen Sie mich weitermachen. – Sie gehen in dem Artikel weiterhin auf die Werkvertragsarbeitnehmer aus der Fleischindustrie ein, schreiben dazu, dass die noch viel stärker betroffen sind. Das Zitat in der „Bild“-Zeitung lautete aber: Der Coronaausbruch bei Tönnies zeigt: Schlachthofarbeiter tragen für wenig Lohn ein extremes Infektionsrisiko. Andererseits – das steht auch so darin –: Auch Hollywoodstars, Fußballnationalspieler und milliardenschwere Unternehmer wurden positiv getestet. Das Virus macht auch vor Villenmauern nicht Halt.
Also, wenn Sie zitieren, dann nehmen Sie auch die gesamte Bandbreite, und erzählen Sie nicht, es seien nur einzelne Berufsgruppen betroffen.
(Beifall von der CDU – Lisa-Kristin Kapteinat [SPD]: Die Reichen können sich aber besser schützen als die Arbeiter in der Fleischindust- rie!)
Frau Kapteinat, Sie haben gleich die Möglichkeit zur Erwiderung; Sie stehen ja auf der Redeliste. Ich bin mir sicher, Sie werden das tun.
Also noch einmal: Normalerweise bin ich von Ihnen durchaus Besseres gewohnt als Zitate aus der „Bild“Zeitung, und dann ist das auch noch die einzige Recherche.
Der von Ihnen schnell gestrickte Antrag erweckt eher den Anschein, dass Sie nicht mehr wissen, welches Klientel der Wählerinnen und Wähler sie denn bedienen sollen. Kümmern wir uns gerade um die Mitte der Gesellschaft, oder aber versuchen wir, am linken Rand zu sammeln? Sie schmeißen eben mal alle alten Ideen der linken Sozialdemokratie in einen Topf und schreiben sie auf einer Seite zu einem Antrag zusammen. Bevor wir hier ernsthaft eine Debatte über Chancengerechtigkeit führen, sollten Sie sich erst einmal selber bewusst werden, wo Ihr politischer Kompass momentan hinzeigt.
Die Debatte um die K-Frage ist nicht neu. Aber anstatt eine immer weiter auseinandergehende Schere zwischen Arm und Reich heraufzubeschwören, tun wir im Gegensatz zu Ihnen etwas dagegen. Wir sind uns der Verantwortung bewusst, sind aber im Gegensatz zu Ihnen auch dabei, konkrete Maßnahmen zur Abfederung der Härten der Pandemie umzusetzen. Einige reden halt, aber die NRW-Koalition setzt bereits um.
Wir haben mehrere Maßnahmen auf Landesebene verabschiedet, um Arbeitsnehmerinnen und Arbeitnehmern, die von Corona betroffen sind, schnell und effizient unter die Arme zu greifen. Damit ist uns ein wesentlicher Stabilisierungserfolg gelungen. Hinzu kamen die überregionalen Maßnahmen, die der Bund verabschiedet hat. Gerne möchte ich noch einmal einige Maßnahmen in Ihre Erinnerung rufen.
Es gab das Kurzarbeitergeld vom Bund. Es gab die Soforthilfen und Zuschussprogramme für SoloSelbstständige und Kleinstunternehmen. Wir haben Überbrückungshilfen des Bundes bekommen. Es gab, weil das nicht ausreichte, die Überbrückungshilfe Plus vom Land NRW. Es gab Anpassungen im Sozial- und Zivilrecht gerade in dem Bereich. Es hat eine Vereinfachung bei der Beantragung von Hartz IV gegeben, indem die Prüfung vereinfacht worden ist, damit die Menschen jetzt möglichst schnell und unproblematisch an ihr Geld kommen.
Ich möchte gerne noch auf einiges eingehen, die was nicht in Ihrem Antrag steht, was Sie aber eben in Ihrer Rede angesprochen haben, Herr Kutschaty.
Zum einen war ich doch erstaunt, dass Sie eben davon sprachen, dass das Dreiklassenwahlrecht wieder eingeführt werden soll oder dass es gefühlt
wieder eingeführt wird. – Wir leben in einer starken Demokratie. Im Gegensatz zu vielen anderen Ländern hat jeder hier die Möglichkeit, zu wählen bzw. von seinem Wahlrecht Gebrauch zu machen.
Ich finde es schlimm, wenn Parlamentarier hier Verhältnisse wie in anderen Ländern heraufbeschwören, in denen nicht jeder die Möglichkeit hat, zu wählen. Da wäre ich mit der Wortwahl etwas vorsichtiger.
(Beifall von der CDU – Zuruf von der SPD: Er hat es nicht verstanden, oder er will es nicht verstehen!)
Dann noch etwas zum Mindestlohn. Ich glaube, mit Karl-Josef Laumann haben wir einen Arbeitsminister, von dem keiner behaupten würde, wir würden uns nicht um die Einhaltung des Arbeitsschutzes und die Zahlung des Mindestlohns kümmern. Wir haben zusätzliche Stellen für den Arbeitsschutz bereitgestellt. Wir kontrollieren regelmäßig. Was die Krise in der Fleischwirtschaft angeht, ist die Einhaltung der Vorschriften auch schon vor Corona kontrolliert worden.
Wir haben – Sie hätten sich vielleicht mit den Kollegen aus der Fraktion austauschen sollen – zum Thema „Mindestlohn in der Fleischbranche“ in der letzten oder vorletzten Woche eine Anhörung durchgeführt. Auch da wurde noch einmal deutlich, dass es eine Anhebung des Mindestlohns geben muss. Dem ist ja gerade Rechnung getragen worden. Dem widersetzen wir uns nicht. Aber die Sozialpartner haben schon ein Problem damit, wenn die Politik über den Lohn bestimmen möchte, was eigentlich Aufgabe der Sozialpartner ist. Also, da sollten wir gucken, dass wir denen nicht zu sehr in das Geschäft hineinpfuschen.
Ja, das tue ich ununterbrochen. Ich pfusche ununterbrochen hinein. Aber wir setzen es um. Das ist der große Unterschied. Wir gehen auf die Menschen zu, arbeiten mit ihnen und fragen sie, wo die Probleme sind. Wir halten keine Sonntagsreden, sondern wir setzen um.
Sie können ja die Leute im Land fragen, ob das eine Autosuggestion ist oder ob die Hilfen bei ihnen angekommen sind und sie eben nicht die Probleme gehabt haben.
Wir in Deutschland und in Nordrhein-Westfalen sind so durch die Krise gekommen, dass wir keinen zurückgelassen haben. Da würde ich mir überlegen, was denn wichtiger ist, eine Sonntagsrede zu halten oder etwas umzusetzen. Das sollten Sie sich einmal überlegen.
Guten Morgen! – Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen, sehr geehrte Herren! Wir alle wissen, dass die Coronakrise die Menschen in Nordrhein-Westfalen bereits seit vielen Monaten vor große Herausforderungen stellt. Sowohl im wirtschaftlichen Leben, aber natürlich auch im Privatleben müssen wir viele Veränderungen bewältigen. Eingespielte Routinen mussten von einem auf den anderen Tag geändert werden. All das ist zweifelsohne eine Belastung, wirtschaftlich, psychisch, für jeden Einzelnen.
Die wirtschaftlichen Folgen des Shutdowns zeigen sich immer deutlicher, ebenso natürlich auch ganz allgemein die Folgen für eine verunsicherte Gesellschaft. Wirtschaftlich bedeutet das, die Kurzarbeit steigt stark an, Unternehmen geraten in Liquiditätsschwierigkeiten, Arbeitsplätze sind bedroht.
Der Bund, die Länder, wir als NRW-Koalition und die von uns getragene Landesregierung haben in einem seit Bestehen der Bundesrepublik einmaligen Kraftakt Hilfsprogramme auf den Weg gebracht, die unsere Betriebe und die Beschäftigten schützen sollen. Wir in NRW haben besonders schnell gehandelt und mit 25 Milliarden Euro den größten finanziellen Schutzschirm für Betriebe und die Menschen in diesem Land gespannt. Wir helfen kleineren Unternehmen. Wir stocken die Zuschüsse des Bundes deutlich auf. Kleinstunternehmen bekommen Hilfe. Es gibt Landesbürgschaften. Die NRW.BANK hat ihre Kreditlinien verbessert. Wir haben also sehr viel getan.
Aber – auch das gehört zur Wahrheit – kein Betriebe wird auf Dauer von Staatshilfen leben können, und kein Betriebe will auf Dauer von Staatshilfen leben.
Auch wenn wir alle Maßnahmen der Coronaverordnung immer kritisch auf Wirksamkeit und Verhältnismäßigkeit hin überprüfen müssen, werden wir noch einige Zeit mit den Einschränkungen leben müssen.
Deswegen haben am letzten Donnerstag der TÜV und der DEHOGA gemeinsam beispielhaft für die Gastronomie ein Konzept vorgelegt, nach dem Hygienemaßnahmen und Innovationen dazu führen können, dass wir hier kontrolliert zu einer Normalisierung gelangen. Das ist auch dringend nötig.
Während wir jetzt noch die letzten Sonnenstrahlen in Biergärten und Straßencafés genießen, sehen wir den Herbst und Winter auf uns zukommen. Auch wenn wir vielleicht durch Maßnahmen wie beispielsweise die Zulassung von Heizpilzen ein wenig länger draußen sitzen können, ist es für die Hotels und für die Gastronomie jedoch entscheidend, dass wir Konzepte finden, mit denen wir ihnen auch im Winter einen möglichst normalen Betrieb ermöglichen.
Ein vielversprechender Ansatz ist zum Beispiel, die Filtertechnologie zu fördern und zur Anwendung zu bringen, damit die Luft ausgetauscht wird. Diese innovative Technik könnte verbindliche Einschränkungen wie etwa Mindestabstände einer neuen Bewertung zuführen.
Am Ende des Tages ist das nicht nur für die Gastronomie und für die Hotellerie interessant, sondern das kann auch beispielhaft für andere Bereiche wirken. Das könnte zum Beispiel im Tourismus, im Beherbergungsgewerbe insgesamt, im Einzelhandel, aber auch in nichtgewerblichen Bereichen wie Schulen oder Behörden eingesetzt werden.
Die NRW-Koalition und die Landesregierung gehen deswegen den richtigen Weg, um Innovationen zu ermöglichen, um zu einer möglichen Normalisierung des Lebens zu gelangen, um den Menschen wieder eine Perspektive zu geben und um Arbeitsplätze und Betriebe in Nordrhein-Westfalen zu sichern.
Das, was Sie, Herr Kutschaty, in Ihrer Rede vorgebracht haben, hat mich demgegenüber wirklich enttäuscht. Die Coronakrise stellt doch alle Menschen in Nordrhein-Westfalen, in Deutschland, ja weltweit vor eine Herausforderung.