Last but not least – Herr Präsident, damit komme ich auch zum Schluss – bitte ich Sie, zumindest an einem Debattentag konsistent zu bleiben. Sie fordern in Ihrem Antrag – ich will das mit Genehmigung des Präsidenten sauber zitieren; es ist der letzte Punkt –, „dass man mit der Zusage einer Arbeitsstelle unabhängig vom Ausgang eines Asylverfahrens ein befristetes Aufenthaltsrecht gewähren soll, damit hier gearbeitet werden kann.“
Vier Tagesordnungspunkte vorher unter TOP 3 fordern Sie, Asylbewerber ohne Aussicht auf Anerkennung nicht den Kommunen zuzuweisen. – Sie wollen also da schon die guten ins Töpfchen, die schlechten ins Kröpfchen sortieren und erreichen, dass diese möglichst schnell das Land verlassen sollen. Auf der anderen Seite sagen Sie, sie sollten aber bleiben und arbeiten. Achten Sie doch bitte darauf, dass wenigstens die Forderungen, die Sie an einem Tag erheben, unter einen Hut zu bringen sind!
Ganz herzlichen Dank für Ihre Aufmerksamkeit. Lassen Sie uns doch wirklich über Konzepte für die Wirtschaft in Nordrhein-Westfalen und nicht für Ihre Frustbewältigung miteinander debattieren. – Herzlichen Dank.
Vielen Dank, Herr Kollege Eiskirch. – Für die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen spricht Frau Kollegin Brems.
Liebe Kolleginnen und Kollegen! Herr Wüst, Ihre Krawattenfarbe war ein kleiner Anfang. Grün ist die Farbe der Hoffnung. Aber es hat mit dem grünen Denken noch nicht ganz geklappt.
Auch Ihr Antrag beginnt vielversprechend. Da kann ich Herrn Eiskirch nur zustimmen. Die Bedeutung von Wertschöpfungsketten für unsere Industrie ist ein Grund dafür gewesen, dass Deutschland so glimpflich durch die Wirtschaftskrise gekommen ist. Dann allerdings verkommt Ihr Antrag doch eher zu Armins wirtschaftspolitischer Resterampe. Sie geben hier ein wildes Potpourri von kruden Behauptungen zur Wirtschaftspolitik und warum sie angeblich den Bach runtergeht von sich.
In der Kürze der Zeit kann ich gar nicht auf alles eingehen, was in dieser Resterampe zum Vorschein kommt. Ein paar Dinge greife ich aber doch exemplarisch auf.
Zunächst zum Thema „Energiepreise“. Hier schaffen Sie, wie ich finde, den sehr schäbigen Eindruck, dass die Energiewende der einzige Grund für die gestiegenen Energiepreise sei. Sie zeichnen hier ein Bild, das so überhaupt nicht stimmt. Die Energiepreise an der Strombörse sind in den letzten Jahren massiv gesunken – auch für die Industrie, eben durch die erneuerbaren Energien. Die überbordenden Befreiungstatbestände in den letzten Jahren haben daran auch einen Anteil. In Deutschland sind beispielsweise die Preise an der Börse und die Preise insgesamt für den Strom und damit auch für die Industrie in den letzten Jahren stärker gesunken als in allen anderen europäischen Ländern.
Betriebe werden aktuell nicht aus diesem Land vertrieben, sondern sie werden sogar angelockt. Ein Beispiel ist dafür die Alu-Hütte in Neuss, wo in den letzten Jahren die Produktion noch einmal ausgeweitet wurde – das auch vor dem Hintergrund der Energiepreise.
Ihr Blick ist an einem Punkt viel zu kurz. Ein wichtiger Standortfaktor für die Industrie in Deutschland und auch in Nordrhein-Westfalen ist beispielsweise die Versorgungssicherheit, die Energiesicherheit. Sie ist nirgends so groß wie in Deutschland. Darauf gehen Sie mit keinem einzigen Wort ein. Diese Energiesicherheit hat natürlich an der einen oder anderen Stelle auch mal ihren Preis.
Dazu einmal zum Vergleich: In Deutschland ist in den letzten Jahren für 21 Minuten pro Stromkunde der Strom ausgefallen. Das ist eine der niedrigsten Ausfallzeiten, die es überhaupt auf der Welt gibt. In Frankreich, das ja immer positiv hervorgehoben wird, ist der Strom dreimal so lange ausgefallen. Von den USA oder von Polen brauchen wir wohl gar nicht zu sprechen. Dort fällt der Strom bis zu zehn– oder fünfzehnmal so lange aus. Das sind eindeutige Gründe, um sich in Deutschland als Industrieunternehmen anzusiedeln. Diese Punkte heben Sie überhaupt nicht hervor.
Zum Klimaschutzgesetz kann ich nur noch ergänzend zu meinem Kollegen Eiskirch sagen, dass dies Nordrhein-Westfalen attraktiv macht. Wir machen so
Ich möchte noch auf einige andere Aspekte kurz eingehen. Ihre Aussagen zu TTIP und Ceta sind sehr einseitig. Ich bin darüber sehr überrascht. Wir werden heute noch einmal an einer anderen Stelle länger darüber diskutieren. Sie nehmen hierzu Bedenken nicht ausreichend ernst. Sie übernehmen unkritisch einfach positive Prognosen für die europäische Wirtschaft. Die Landesregierung ist unserer Meinung nach sehr gut beraten, sich weiterhin konstruktiv-kritisch in diese Debatte einzubringen, wie sie das bisher schon getan hat.
Die Initiativen der Landesregierung zum Thema „Fachkräfte“ haben für Sie überhaupt keine Bedeutung. Sie sind ja Opposition und müssen das auch nicht so herausstellen. Ich finde es aber schon schwierig, wie Sie immer wieder NordrheinWestfalen schlechtreden und über einen Kamm scheren. Sie ignorieren, dass es einerseits natürlich Regionen in Nordrhein-Westfalen gibt, die massiv vom Strukturwandel betroffen sind, andererseits aber auch Regionen, die bezüglich der wirtschaftlichen Entwicklung mit Baden-Württemberg und anderen Regionen zu messen sind.
Liebe Kolleginnen und Kollegen von der CDU, mit dieser Debatte und diesem Antrag machen Sie einen fatalen Fehler. Sie reden den Wirtschaftsstandort Nordrhein-Westfalen schlecht. Sie müssen aufpassen, dass die Leute Ihnen nicht irgendwann glauben. Das wäre nämlich absolut fatal. Wir dagegen glauben an die Zukunftsfähigkeit unserer Industrie und geben ihr mit Klimaschutz, Energiewende und weiteren nachhaltigen Themen genau die Instrumente an die Hand, die sie brauchen. Ich freue mich auf die weitere Debatte im Ausschuss. – Danke schön.
wächst, aber in Nordrhein-Westfalen kommt dieses Wachstum nicht an. Das ist das ernüchternde Fazit der RWI-Prognose für 2015. Nordrhein-Westfalen profitiert demnach unterdurchschnittlich von der deutschlandweit steigenden privaten Konjunkturnachfrage.
Da unser Land schon seit Jahren ein Wachstumsdefizit vor sich herschiebt, verfestigt sich die Wohlstandslücke im Vergleich zu anderen Bundesländern. Meine Damen und Herren, die nackten Zahlen decken schonungslos das wirtschaftspolitische Versagen der rot-grünen Landesregierung auf und zei
Meine Damen und Herren, dies führt trotz der eigentlich günstigen Rahmenbedingungen dazu, dass die Tendenz der wirtschaftlichen Entwicklung Nordrhein-Westfalens sogar nach unten zeigt. Die Indikatoren sind eindeutig, nicht nur die des RWI. Sowohl das tatsächliche Wirtschaftswachstum als auch der ifo-Geschäftsklimaindex in NRW bleiben regelmäßig erheblich hinter dem Bundesdurchschnitt zurück.
Die Zahlen des ifo Instituts oder auch des Statistischen Bundesamtes zeigen: In schwierigen Zeiten fällt der wirtschaftliche Einbruch in NordrheinWestfalen stärker aus als im Bundesdurchschnitt. In günstigeren Zeiten ist die Erholung der Wirtschaft in Nordrhein-Westfalen dagegen unterdurchschnittlich ausgeprägt. Die relativ schwache Position des Landes innerhalb Deutschlands wird dadurch leider immer weiter zementiert. Meine Damen und Herren, im Standortwettbewerb hat Nordrhein-Westfalen in der Folge immer häufiger das Nachsehen. Leider bleiben deshalb auch Investitionen von Unternehmen aus. Betriebe wandern ab. Arbeitsplätze und damit Perspektiven für die Menschen entstehen woanders.
Sie müssen endlich erkennen, dass das immer stärkere Abkassieren, Bürokratisieren und Bevormunden der Menschen und der Betriebe NordrheinWestfalens seine Spuren hinterlässt. Es fing beim Tariftreue- und Vergabegesetz an, geht über den industriefeindlichen Landesentwicklungsplan und reicht bis zum geradezu gierigen Griff in die Budgets junger Familien durch die Erhöhung der Grunderwerbsteuer, meine Damen und Herren.
Wenn es aber um die Chancen und Perspektiven der Menschen geht, hatten Sie bisher immer nur Rhetorik im Angebot. Dass Nordrhein-Westfalen nach Bremen die höchste Arbeitslosigkeit in Westdeutschland hat, müssen SPD und Grüne doch endlich einmal zur Kenntnis nehmen. Dass Ihre sogenannte vorbeugende Sozialpolitik allerdings ein kolossaler Reinfall ist, hat sich bei Ihnen leider noch immer nicht flächendeckend herumgesprochen.
Immerhin scheint es aber die ersten zaghaften Erkenntnisse zu geben, dass ein leichtes Einschwenken notwendig ist. Die angekündigten vorsichtigen Überarbeitungen des Landesentwicklungsplanes sind ja ein schwaches Zeichen dafür, das jedoch bei Weitem nicht ausreicht. Der Unwille und das Unvermögen der Landesregierung, endlich Impulse für Wirtschaft, für mehr Wachstum, für mehr Beschäftigung zu setzen, müssen endlich durchbrochen werden.
Der vorliegende Antrag bezeichnet zutreffend einige Handlungsfelder für eine wachstumsorientierte Wirtschafts- und Industriepolitik. Auch die FDP-Fraktion hat bereits im Januar einen Antrag mit konkreten Vorschlägen für Wachstums- und Qualifizierungspakete vorgestellt. Herr Eiskirch, Sie haben eben von einer konstruktiven Opposition gesprochen. Wissen Sie, was Sie mit diesen Vorschlägen gemacht haben? Sie haben wie immer einfach dagegen gestimmt, weil sie von den falschen Fraktionen kommen! Das ist Ihre Politik hier in diesem Lande, meine Damen und Herren.
Behaupten Sie nicht immer, von uns kämen keine Vorschläge! Es sind konstruktive Vorschläge da, die Sie aber immer niederwälzen, weil Sie sich in der Sache gar nicht mit ihnen beschäftigen.
Meine Damen und Herren, es gibt noch viele andere Punkte, die wir heute aufgreifen könnten. Es gibt viel Kritik in diesem Land, und es lohnt sich, darüber zu sprechen, endlich einzulenken und den Kurs auf Wachstum und Beschäftigung zu setzen. Deshalb freue ich mich und deshalb werden wir die Diskussion auch wieder im Ausschuss führen, damit es in Nordrhein-Westfalen endlich vorangeht. – Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.
Vielen Dank, Herr Kollege Brockes. – Bevor wir fortfahren, darf ich alle Kolleginnen und Kollegen daran erinnern, dass das Telefonieren während der Plenarsitzung in diesem Saal nicht gestattet ist. Das gilt auch für die Abgeordneten in der letzten Reihe. Ich darf doch sehr herzlich bitten, das zu berücksichtigen.
Nach diesem geschäftsleitenden Hinweis erteile ich für die Fraktion der Piraten Herrn Kollegen Schwerd das Wort.
Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Sehr geehrte Damen und Herren auf der Tribüne und am Stream! Ich glaube an das Pferd. Das Automobil ist eine vorübergehende Erscheinung,
war Kaiser Wilhelm der Zweite überzeugt. Genauso hält heutzutage die CDU an Überzeugungen fest, die längst überholt sind und mit denen man keinen Blumentopf mehr gewinnen kann. Deutlich wird das, wenn man den vorliegenden Antrag zur Stärkung der heimischen Industrie liest. Herr Armin Laschet reist öffentlichkeitswirksam nach Kalifornien ins Silicon Valley und bringt außer einigen schönen Pres
sefotos keine weiteren Erkenntnisse nach Hause. Denn sonst hätten wir in diesem Antrag deutlich mehr gefunden als das Loblied der klassischen Industrieproduktion, die in NRW schon seit Jahrzehnten schwindet, oder die Verteufelung des Klimaschutzplans oder stets zu hoher Steuern.
Stattdessen würden Sie den Wandel zur datenbasierten Informations- und Wissensgesellschaft der Zukunft thematisieren. In diesen Bereichen findet das Wachstum statt. Es ist klar, dass dazu Breitbandausbau notwendig ist. Dazu hätte es freilich der vielen Pressetermine in den USA nicht bedurft.
Ist das die einzige Erkenntnis aus dem Silicon Valley? Die USA sind mit einer im Vergleich schwachen Industriebasis inzwischen recht gut aus der Krise gekommen. Industrieproduktion ist eben nicht alles. Man sollte den dringend notwendigen Strukturwandel in Nordrhein-Westfalen durch eine falsche Akzentsetzung der wirtschaftspolitischen Vorgaben nicht auch noch abwerten.
Die Industrie in NRW hat das Vorkrisenniveau immer noch nicht erreicht. Umsatz und Beschäftigung liegen immer noch hinter 2008 zurück. Im letzten Jahr ist der Industrieumsatz sogar um 0,7 % geschrumpft. Darin einen Wachstumstreiber für die Zukunft zu sehen, ist also aufs falsche Pferd gesetzt. Neue Arbeitsplätze und nachhaltige Wertschöpfung werden nämlich in ganz anderen Bereichen geschaffen.
In der globalisierten, arbeitsteilig organisierten Welt kann es doch nicht ernsthaft darum gehen, dass unsere Güter allein über die Preise konkurrenzfähig werden, wie es Ihr Antrag suggeriert. Das war in Deutschland in den letzten 60 Jahren auch nicht so. Unseren Platz in der Weltwirtschaft haben wir nicht trotz, sondern wegen der hohen Umwelt- und Verbraucherschutzstandards gefunden.
Wir treffen einen Nerv durch Innovation, durch Nachhaltigkeit und durch Produktivität. Wir müssen führend sein in der Informations- und Wissensgesellschaft des 21. Jahrhunderts. Ein Stichwort ist „Industrie 4.0“ – sowie möglichst viel Bildung kostenlos für alle. In Billigproduktion und niedrigen Standards liegt unsere Zukunft nicht.
Wenn die CDU also beispielsweise die heimische Textilbranche wiederbeleben will, dann möge sie den Leuten bitte auch erklären, dass sie dazu das Lohngefüge im ganzen Land absenken muss, um auf dem Weltmarkt mitzuspielen. Wollen wir jetzt aus Wettbewerbsgründen Lohndumping betreiben, um mit Pakistan und Bangladesch zu konkurrieren? Das ist geradezu lächerlich.