Protocol of the Session on March 19, 2015

westfälische Unternehmen gegen Wirtschaftsspionage endlich effektiv zu schützen. Das ist doch eine Farce! Stattdessen sollte das Land es besser machen können und zum Beispiel quelloffene Verschlüsselungssoftware fördern.

Eine besondere traurige Rolle spielt unsere Landesregierung beim Thema „Leistungsschutzrecht“. Wir diskutieren hier im Parlament über die Förderung von digitalen Gründungen, während aufgrund dieses Lobby-Spezialgesetzes zugunsten einer speziellen, einzelnen alten Branche bereits elf InternetStart-ups zugemacht haben. Was meinen Sie, wo diese Unternehmer jetzt hingehen? Was meinen Sie, wo das nächste Internet-Megaunternehmen entstehen wird? – Ganz sicher nicht hier!

Die Landesregierung hätte es in der Hand gehabt, dieses Gesetz im Bundesrat aufzuhalten. In der Großen Koalition hätte man anschließend dieses Gesetz neu verhandeln und verhindern können, dass es so schädlich, wie es jetzt ist, in Kraft tritt.

Wir sehen jetzt die Folgen: Ein Schuss in den Ofen, eine Stärkung der Marktmacht des Monopolisten, rechtliche Unsicherheit für alle anderen! Danke für nichts!

(Beifall von den PIRATEN)

Und wir brauchen konsequente Datenschutzstandards im Bereich „Big Data“, nicht zuletzt in der Industrie 4.0. Wenn immer mehr sensible Daten miteinander verknüpft werden, ist die Schreckensvision des gläsernen Bürgers nicht mehr fern. Die Zivilgesellschaft muss sich aktiv gegen Datenkraken und Massenüberwachung zur Wehr setzen. Maximaler Schutz der Privatsphäre muss zum Standard erhoben werden. Die politischen Rahmenbedingungen dafür sind längst überfällig.

Schaut man sich das Kompetenzgerangel verschiedener Ministerien bei digitalen Themen an, dann

muss man zu dem Schluss kommen, dass ein Internetministerium dringend nötig ist; denn dann kommen die Menschen in der digitalen Transformation nicht unter die Räder einzelner Interessengruppen. Damit könnte Frau Kraft ein Zeichen dafür setzen, dass der digitale Wandel in NordrheinWestfalen endlich ernst genommen wird.

(Beifall von den PIRATEN)

Nach diesen Worten können Sie sicher verstehen, warum ich den Beschlussteil des vorliegenden Antrages der CDU reichlich dünn finde. Aber gut – Best-Practice-Beispiele der digitalen Ökonomie zu veröffentlichen, kann nicht schaden. Und die Idee eines virtuellen Innovationszentrums für den Mittelstand klingt in meinen Ohren ein wenig schwammig. In den Beratungen des federführenden Wirtschaftsausschusses können Sie mir den Vorteil eines solchen Konstruktes sicher noch besser erklären.

Jedenfalls: Wir haben in diesem Bereich mit eigenen Anträgen nachgelegt, unter anderem auch heute in dieser Tagesordnung. Der Ausschussüberweisung stimmen wir selbstverständlich zu. – Vielen Dank.

(Beifall von den PIRATEN)

Danke schön, Herr Schwerd. – Für die Landesregierung hat nun das Wort Herr Minister Duin.

Vielen Dank. – Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! In ihrem Antrag fordert die CDU-Fraktion eine empirische Erfassung von Best-PracticeBeispielen für eine erfolgreiche Digitalisierung.

Wer sich – wovon ich bei Herrn Wüst ausgehe – ernsthaft mit der Wirtschaft unseres Landes beschäftigt, mit dem Stärkenprofil und den Marktführern, den Potenzialen in Forschung und Entwicklung, den Innovationstreibern von Weltruf, der kennt sie: PHONIX CONTACT in Blomberg, Beckhoff Automation GmbH & Co. KG in Verl oder Claas in Harsewinkel, EATON Electric GmbH in Bonn, Scheidt & Bachmann in Mönchengladbach und nicht zuletzt Weidmüller in Detmold. Diese Liste lässt sich fast beliebig fortsetzen. Wer unser Land kennt, kennt die Exzellenzen unserer Wirtschaft.

Nicht nur dank einer starken Unternehmerschaft hat Nordrhein-Westfalen blendende Voraussetzungen für die Bewältigung der Aufgabe bei der Digitalisierung. Die RWTH Aachen, die Universität DuisburgEssen, das Heinz Nixdorf Institut an der Universität Paderborn, die TU Dortmund mit dem Lehrstuhl für Kommunikationsnetze oder das Horst Görtz Institut für IT-Sicherheit an der Universität Bochum sind ebenfalls nur einige Beispiele für die lange Liste nordrhein-westfälischer Innovationstreiber.

Im Spitzencluster „EffizienzCluster LogistikRuhr“ in Dortmund arbeiten heute 160 Unternehmen und zwölf Forschungs- und Bildungseinrichtungen an komplexen, vernetzten Logistiksystemen. Im Spitzencluster „it’s OWL“ haben sich 174 Unternehmen, Hochschulen und Forschungseinrichtungen zusammengeschlossen, um gemeinsam den Innovationssprung von der Mechatronik zu intelligenten technischen Systemen zu gestalten.

In insgesamt 45 anwendungsorientierten Forschungsprojekten im Umfang von 100 Millionen € entwickeln die Partner zukunftsweisende Technologien für die nächste Generation von Produkten und Systemen. Damit ist das Spitzencluster deutschlandweit Vorreiter bei der Umsetzung des Industriekonzepts 4.0.

Kein Wunder, dass die IKT-Branche in diesem überaus günstigen Klima glänzend wächst. IKT ist nicht nur Innovationsmotor für die Digitalisierung, sondern auch für sich allein genommen ein absolutes Schwergewicht in Nordrhein-Westfalen. Hier arbeiten mehr als 200.000 Beschäftigte in nahezu 25.000 Unternehmen und erwirtschaften einen Umsatz von nahezu 100 Milliarden €. Deutsche Telekom, E-Plus oder Telefonica, Ericsson, Huawei Technology, Vodafone, ZDE – alle haben ihren Hauptsitz hier an der Rheinschiene.

Das heißt, Kollege Wüst: Darauf jetzt noch einmal eine Evaluierung zu setzen oder – wie haben Sie es genannt? – eine empirische Erfassung von BestPractice-Beispielen, ist meines Erachtens nicht notwendig. Eine solch aufwendige Studie wird unsere Erkenntnis dabei nicht mehren. Wir werden ganz sicher keine teure Untersuchung dafür auflegen.

Das müssen wir auch nicht. Wir sind uns in dem Ziel, dies zu einem Markenzeichen des Landes zu machen, völlig einig. Die Frage ist doch, mit welchen Aktionen und Mitteln man das machen kann. Ich glaube schlicht, dass eine solch teure Studie zu keiner neuen Erkenntnis führt. Wir kennen die Best Practices im Land. Wir machen uns sogar die Mühe, sie vor Ort zu besuchen.

(Zuruf von Hendrik Wüst [CDU])

Ihr Bewegungsprofil habe ich gerade nur von Weitem gesehen. Ich kenne auch mein eigenes nicht; ich bin nicht dort angemeldet. Deswegen gibt es nicht so eine schöne Karte, wie Sie sie gezeigt haben. Aber ich glaube, sie wäre sogar noch etwas bunter.

Wir müssen unsere Leistungsträger in NordrheinWestfalen nicht über eine zusätzliche Studie kennenlernen. Wir kennen sie bereits.

(Zuruf von der CDU)

Liebe CDU-Fraktion, in Ihrem Antrag heben Sie auf die Notwendigkeit eines intensiven Informationsaustausches vor allem zur Unterstützung des Mittelstandes ab. Ich sage Ihnen ganz offen: Da laufen

Sie offene Türen ein. Selbstverständlich ist es unser Ziel, Nordrhein-Westfalen zum Digitalland Nummer eins zu machen. Das wird mit allem Ehrgeiz verfolgt.

Vieles ist in den vorherigen Beiträgen schon gesagt worden. Der Wandel von analoge auf digitale Technologien wird mit sehr tiefgreifenden und nachhaltigen Veränderungen von Wirtschaft, aber auch von Gesellschaft einhergehen, verstärkt allerdings durch den globalen Wettbewerb.

Ich habe es im Anschluss an die Regierungserklärung der Ministerpräsidentin schon einmal gesagt: Es besteht die Gefahr, dass Maschinen in China gebaut werden und die Software dafür im Silicon Valley entwickelt wird. Wir haben aber die einmalige Chance, in Form einer Symbiose dieser beiden Dinge als Ausrüstung oder Enabler in der Welt von uns reden zu machen. Anhand der von mir gerade genannten Beispiele bin ich da sehr optimistisch. Das wird von Ihnen genauso oder ähnlich beschrieben.

Deswegen nimmt die Landesregierung gerade im Interesse der mittelständischen Wirtschaft neben den neuen Technologien auch die wirtschaftlichen und sozialen Auswirkungen – insbesondere Fragen der Datensicherheit und des Datenschutzes – besonders in den Blick. Nach meinem Studium des CDU-Antrags muss ich sagen, dass dies dort deutlich zu kurz kommt. Das ist für die Verbreitung von Industrie 4.0 jedoch von zentraler Bedeutung.

Abweichend von der ursprünglichen Konzeption will ich das an einem Beispiel deutlich machen, damit noch mal klar wird, worum es geht:

Am vergangenen Freitag durfte ich in Harsewinkel den M2M-Teledesk abnehmen; der Kollege Hans Feuß war mit dabei. Dieses Projekt ist über eine längere Zeit gelaufen. Konkret ging es darum, dass in einer Kooperation vom Landmaschinenhersteller Claas, der Deutschen Telekom und der Hochschule Dortmund ein Projekt entwickelt wurde, das nicht nur für die beteiligten Unternehmen nutzbar ist, sondern offen ist für alle anderen Hersteller zum Beispiel von Landmaschinen. Wir haben dieses Projekt mit unserem Geld ermöglicht; wir haben es nach Ziel-2-Maßgabe entsprechend gefördert.

In der gesamten Diskussion wurde am vergangenen Freitagnachmittag eines deutlich: Wir haben dem Mittelständler seit Jahren gesagt, dass ihn der Schutz von Intellectual Property besonders beschäftigen muss, dass er dafür Vorsorge treffen muss, dass er seinen Wettbewerbsvorsprung schützen muss, den er auf der Basis von Forschung und Entwicklung in seinem Unternehmen erlangt hat.

Wenn wir jetzt dem gleichen Mittelständler – egal ob im Sauerland, in Ostwestfalen, im Münsterland oder sonst wo hier in diesem Lande – nun sagen: „Die Cloud ist dafür der richtige Ort, obwohl wir dir nicht sagen können, wo der Server eigentlich steht“, dann

ist es doch mehr als nachvollziehbar, wenn er dem skeptisch gegenübersteht.

Deswegen ist das Thema der Datensicherheit und der hierzu entwickelten Programme und Lösungen von so entscheidender Bedeutung. Das Horst Görtz Institut habe ich gerade schon erwähnt. Es gibt natürlich noch eine ganze Reihe anderer Playern, die in diesem Bereich unterwegs sind.

Das heißt nicht, dass wir uns zu einer Insel machen wollen. Das wäre bei diesem Thema komplett lächerlich. Wir setzen aber Impulse dafür, wie wir uns vor entsprechenden Angriffen zum Beispiel in der Machine-to-Machine-Kommunikation schützen können. Wir müssen uns nicht nur gegen Eingriffe schützen, die physische Abläufe verändern, sondern wir müssen uns auch vor Zugriffen auf entsprechende Daten schützen. Ob das nun von Privaten, von Kriminellen oder von staatlichen Organisationen anderer Länder organisiert wird, ist dabei gar nicht das Entscheidende. Es geht darum, dass wir den Schutz organisieren und ihn in die eigene Hand nehmen müssen. Wir sollten uns nicht auf Entwicklungen zum Beispiel aus den USA verlassen.

Meine Damen und Herren, zur Förderung der Forschung und Entwicklung haben wir den Aufbau einer Wissenstransferplattform CPS.HUB – CyberPhysical System Hub – in Angriff genommen. Auch das hat Kollege Eiskirch schon erwähnt. Ich möchte das ein bisschen erläutern; die Fachleute wissen das alles schon. Es geht dabei um die Frage, wie Maschinen untereinander und ganz eigenständig miteinander kommunizieren. Das ist im Kern das Thema, um das es dort geht.

Diese Transferplattform wird den Wissenstransfer durch die weite Verbreitung von Forschungsergebnissen, von Studien, von entsprechenden Tools und von Methoden deutlich verbessern. Dazu zählen der Aufbau einer virtuellen Plattform mit einer komplexen Datenbank, aber auch die Veröffentlichung und Bereitstellung von Publikationen und von Präsentationen auf Messen und Veranstaltungen. Dieser Wissenstransfer wird vor allem den kleinen und mittelständischen Unternehmen zugutekommen. Sie können darauf zugreifen.

Zu den Aufgaben der neuen Plattform gehört es auch, Forschung und Entwicklung noch einmal neu zu initiieren und dabei zu helfen, branchenübergreifende Standards abzustimmen. Das ist nämlich die nächste große Baustelle, auf die es bei der ganzen Entwicklung ankommt. Wir kennen das – um es etwas plastischer zu machen – aus der Elektromobilität: Solange man sich nicht wenigstens auf den gleichen Stecker geeinigt hatte, konnte das Ding überhaupt nicht funktionieren.

Um diese Frage der Standards geht es auch, wenn wir über die Weiterentwicklung von Industrie 4.0 sprechen. Wir haben dort auch wieder zwei Möglichkeiten. Wir können entweder so lange warten,

bis beispielsweise von den USA sämtliche Standards definiert sind. Oder nutzen ein Fenster, das wir jetzt noch haben, indem wir uns selbst in die Lage versetzen können, Standards mit zu definieren. Dieses Fenster müssen wir aber auch nutzen.

Ob man es nun hören mag oder nicht: Nicht nur die Besuche auf der CeBIT Anfang dieser Woche, sondern auch der Besuch auf der Mobile World in Barcelona haben deutlich gemacht, wo unsere Akteure im Mittelpunkt stehen. Das habe ich auch einigen Abgeordneten berichtet; Herr Brockes gehörte mit dazu. Das gilt auch für andere Akteure wie Huawei, die aber ihren Sitz in Düsseldorf haben.

Wir haben allerbeste Startvoraussetzungen für die Bewältigung dieser zweifellos großen Aufgabe der kommenden Jahre. Wir setzten weiterhin alles daran, dass unser Industrie- und Forschungsland, dass unsere Unternehmen und Forschungseinrichtungen nach Kräften unterstützt werden.

Die Leitmärkte sind dafür ein ganz wichtiger Beitrag, aber sie werden natürlich nicht alles sein. Deswegen führen wir diesen Dialog mit den Akteuren vor Ort – nicht nur hier in Düsseldorf, sondern auch in den Regionen des Landes, wir führten ihn auch auf den dafür wichtigen internationalen Messen.

Deswegen sind wir davon überzeugt: Wir kennen unsere Best-Practice-Beispiele, und wir organisieren den Dialog der Akteure in diesem Land, damit wir ein starkes Industrieland 4.0 werden. – Herzlichen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall von der SPD und den GRÜNEN)

Vielen Dank, Herr Minister Duin. – Für die SPD-Fraktion spricht nun Herr Vogt.

Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Meine Damen und Herren! Wir haben gerade von Ihnen, Herr Wüst, und sogar von Herrn Brockes gehört – wobei ich da ein paar Dinge abziehe, die Sie mit Ihren Textbausteinen stets wiederholen, wie Erbschaftsteuer, Landesentwicklungsplan usw. –, dass bei Ihnen im Moment alles digital ist.

(Dietmar Brockes [FDP]: Das Tariftreue- und Vergabegesetz habe ich vergessen!)

Das Tariftreue- und Vergabegesetz haben Sie noch vergessen; wir haben die ganze Zeit darauf gewartet. Sie haben gleich noch eine Minute Redezeit, dann können Sie das auch noch bringen.