Auch damals gab es eine Debatte darüber, ob das eine Klagewelle zur Folge haben würde. Die Ergebnisse der Untersuchungen, die dazu gemacht worden sind, beweisen das Gegenteil: Es gab einige exemplarische Rechtsverfahren, die dann auch zu einer neuer Rechtsetzung geführt haben, aber insgesamt gab es sehr wenige Verfahren.
Aber – das ist eine Erfahrung die damit verbunden ist – im Vorfeld von Entscheidungen, auch von Verwaltungsentscheidungen, werden die Organisationen zukünftig stärker einbezogen, und damit kann der Tierschutz bereits im Verwaltungsverfahren präventiv besser berücksichtigt werden. Es ist auch Sinn und Zweck einer solchen Gesetzgebung, bereits im Vorfeld einer konkreten Entscheidung dafür zu sorgen, dass der Tierschutz entsprechend berücksichtigt wird.
Es handelt sich also letztlich um eine Selbstverständlichkeit in unserem Rechtsstaat. Wir schließen damit eine bisher vorhandene Lücke. Der Tierschutz ist Staatsziel, aber bisher nicht wirklich durchsetzbar. Mit einem solchen Verbandsklagerecht machen wir den Tierschutz durchsetzbar. Es geht dabei um die Einbeziehung zusätzlicher Treuhänder beim Tierschutz, um damit die Tierrechte letztlich einklagbar zu machen. Ich finde, das ist überfällig.
Das Gesetz ist ein Meilenstein. Wir wissen das auch aus der Diskussion auf der Ebene der Bundesländer. Auch in anderen Bundesländern wird über eine solche Stärkung der Tierrechte diskutiert. Ich bin sicher, dass andere Länder uns folgen werden.
Vielen Dank, Herr Minister Remmel. – Für die SPD-Fraktion spricht der Kollege Börner. Herr Börner, könnte es sein, dass das auch Ihre Jungfernrede ist? – Dann darf ich Ihnen im Namen des Hohen Hauses viel Erfolg wünschen.
„Die Größe und den moralischen Fortschritt einer Nation kann man daran messen, wie sie ihre Tiere behandelt.“
So sagt es Mahatma Gandhi. Zehn Jahre nach der verfassungsrechtlichen Verankerung des Tierschutzes als Staatsziel haben wir heute die Möglichkeit, dieses Ziel weiter mit Leben zu erfüllen, indem wir zusammen daran arbeiten, ein ebenso echtes wie wirkungsvolles Verbandsklage- und Mitwirkungsrecht für anerkannte Tierschutzorganisationen zu installieren.
Mehr Tierschutz ist in diesem Fall gleichbedeutend mit einer Verbesserung des Schutzes von Menschen. Es ist bekannt, dass unwürdige Haltungsbedingungen direkte negative Auswirkungen auf die Angehörigen von in Kontakt mit leidenden Tieren stehenden Berufsgruppen haben. Über die Nahrungskette gilt das mittelbar bis hin zum Endverbraucher.
Meine Damen und Herren, der heutige Schritt zu einer weiteren parlamentarischen Beratung ist ebenso ein Meilenstein bei der Weiterentwicklung und des Vertiefens unseres ethischen Selbstverständnisses. Aus der Menschenwürde leitet sich unter anderem auch unsere Verantwortung im Umgang mit den uns anvertrauten Tieren ab.
Wir, die SPD-Landtagsfraktion und der Koalitionspartner Bündnis 90/Die Grünen, sind uns sicher, dass sich die anerkannten Tierschutzvereine, die strenge gesetzliche Voraussetzungen erfüllen müssen, im Bewusstsein ihrer gesamtgesellschaftlichen Verantwortung mit Augenmaß für die Beseitigung bestehender Ungleichgewichte im Tierschutz einsetzen werden.
Zurzeit kann nur gegen ein Zuviel und nicht gegen ein Zuwenig von Tierschutz geklagt werden. Es ist unsere Pflicht und unsere Verantwortung, Tiere, denen ohne Grund Schmerzen, Leiden oder Schäden zugefügt werden, zu schützen. Auch deswegen haben wir uns im Koalitionsvertrag auf dieses Verbandsklagerecht verständigt.
Die im Gegensatz dazu von CDU und FDP in diesem Hohen Haus gebetsmühlenartig vorgetragenen Horrorszenarien von einer Klageflut vor den Gerichten über das Aufrichten von bürokratischen Hürden bis hin zur Massenflucht von Wissenschaftlern aus NRW entbehren jeder rationalen Grundlage. Die
Einwände aus Wissenschaft und Forschung und auch aus dem Bereich Religion waren bereits Gegenstand eingehender Erörterungen eines ordentlichen parlamentarischen Anhörungsverfahrens und schriftlicher Eingaben. Deren Ergebnisse sind in den vorliegenden Gesetzentwurf mit eingeflossen.
Es handelt sich auch nicht um den Ausdruck grundsätzlichen Misstrauens gegenüber unseren Bauern. Die Bauernverbände betonen immer wieder, dass mit den bestehenden Gesetzen weitreichende Schutzvorkehrungen gegeben sind. Gerade deshalb wollen wir, dass diese durch ein gutes Verwaltungshandeln vollzogen werden. Wenn nicht, soll den Tierschutzverbänden die Möglichkeit der Klage gegen solche Planungen gegeben werden. So sorgen wir für allgemeine Rechtssicherheit.
Wir werden so die Mehrzahl der Betriebe in Nordrhein-Westfalen, die ihre Ställe in Ordnung halten, vor unseriösen Wettbewerbern schützen, die schon bei der Planung neuer Ställe und im Umgang mit Tieren bewusst zu deren Leid sparen wollen, um hierdurch Wettbewerbsvorteile zu erzielen. Dies müssen wir in Zukunft verhindern.
Der Tierschutz als gesamtdeutsches Staatsziel ist schön und gut, aber zu seiner Verwirklichung sind konkrete landespolitische Schritte notwendig. Dazu zählt notwendigerweise ein Verbandsklagerecht für Tierschutzvereine.
Lassen Sie uns gemeinsam ein Stück mehr Demokratie wagen, wie es Willy Brandt sagen würde, ein Stück mehr Transparenz im Verwaltungshandeln ermöglichen, und den Tieren, die unseren Züchtern und Bauern mit primär erwerbswirtschaftlicher Motivation anvertraut sind, eine Stimme geben. Tiere sollen um ihrer selbst willen geschützt werden. Deshalb laden wir Sie aufrichtig ein, konstruktiv im Gesetzgebungsverfahren mitzuarbeiten – Glück auf!
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ein Sprichwort sagt: Nichts können ist keine Schande, aber nichts lernen.
Sie, Herr Minister Remmel, haben jedenfalls nichts gelernt. Denn Ihre Rede enthält die gleichen Argumente wie schon bei der Einbringung des Gesetzentwurfes in der vergangenen Wahlperiode. Wir als CDU finden es bedauerlich, dass Sie aus der dama
ligen Anhörung der Fachleute nichts gelernt haben. Wir finden es bedauerlich, dass Sie mit diesem Gesetz die gute und bewährte Kooperation von Landwirten, den Zoos, den Forschungseinrichtungen – den Tierhaltern eben – und den Veterinären ohne Not beenden. Jeder, der sich mit Landwirtschaft oder beispielsweise der Zootierhaltung etwas auskennt, weiß, wie wichtig es ist, einen fachlich guten Tierarzt an seiner Seite zu haben. Beide zusammen – sowohl Tierhalter als auch Tierarzt – haben das Ziel, die Tiere gesund zu halten.
Landwirte haben ein besonderes Verhältnis zur Natur und zu unseren Mitgeschöpfen. Nachhaltigkeit und Tierschutz sind keine leeren Begriffe. Es ist die Geschäftsgrundlage ihres Handelns wie auch das langfristige Denken in Generationen. Sie leben nicht nur von ihren Tieren, sondern sie leben auch mit ihren Tieren. Außerdem sind unsere Behörden hervorragend aufgestellt und verfügen über ein sehr gutes fachliches Niveau. Unser weltweit vorbildlich hohes Tierschutzniveau wird wie selbstverständlich praktiziert und in der täglichen Arbeit umgesetzt. Das anzuerkennen kommt selbst der Abgeordnete Rüße nicht umhin. Sie haben nämlich in der Plenardebatte am 21. Juli 2011 folgendes formuliert:
„… wir Grüne und auch die SPD, wir zweifeln überhaupt nicht daran, dass die allermeisten Tierhalter und auch die Erbauer von Ställen diese Regelung beachten.“
Sie argumentieren aber gerne mit dem Begriff des „Sachwalters für die Tiere“ und stellen ein „Ungleichgewicht der Kräfte“ fest. Ich frage Sie und Herrn Börner: Welche Bedeutung haben für Sie die Tierschutzkontrollbehörden? Was sind die anderes als Treuhänder für die Tiere?
Meine Damen und Herren, Tierschutz ist keine Sache, die jemals abgeschlossen ist, die jemals abgeschlossen sein kann und darf. Die Landwirte und die Forschung sind deshalb seit jeher dabei, die Tierhaltung tiergerechter und besser zu gestalten.
Das ist die Realität. Kaum ein Bereich wird so eng, so genau und so lückenlos überwacht und reglementiert, wie der der Tierhaltung. Manchmal frage ich mich, wenn ich völlig verfettete und kurzatmige Stadthunde sehe, häufig noch in eine Jacke gezwängt, wo eigentlich hier derjenige bleibt, der sich für die Tiere einsetzt, wo hier die Lobby bleibt. Schweigen!
Richtig, es sind Ausnahmen, genauso wie es Ausnahmen in anderen Bereichen gibt. Ich frage Sie: Warum nutzen Sie dann bei diesen Ausnahmen eigentlich nicht die Instrumente, die Ihnen als Minister im Bereich Tierschutz bereits heute in Ihrem umfangreichen Werkzeugkoffer zur Verfügung stehen? Wenn Sie der Auffassung sind, es gäbe Vollzugsdefizite beim Tierschutz, warum schaffen Sie nicht die
Wenn Sie der Auffassung sind, es gäbe Defizite beim Tierschutz, warum verbessern Sie nicht die Fachaufsicht, und warum weisen Sie nicht das LANUV an, intensiver tätig zu werden. Dafür braucht es kein öffentlichkeitswirksames Gesetz.
Ihnen, Herr Remmel, geht es nicht um die Sache der Tiere, sondern Ihnen geht es um ein politisches Schaulaufen. Das ist Ihr gutes Recht. Sie müssen den Menschen dann aber auch erklären, warum sie den Fach- und Sachverstand der Landwirte, der Tierärzte, der Verwaltungsbehörden usw. so geringschätzen, dass Sie die Tätigkeit von Laien als höherranging einstufen.
Glauben Sie, dass es dem Forschungsstandort Nordrhein-Westfalen Sicherheit verschafft, wenn im Nachhinein die Rechtmäßigkeit einer erteilten Genehmigung rechtlich überprüft werden kann? Sind Sie der Ansicht, das stärke den Forschungsstandort Nordrhein-Westfalen? Wie erklären Sie das potenziellen Drittmittelgebern? Machen Sie das, Herr Remmel, oder überlassen Sie das Wissenschaftsministerin Schulze, diese Wettbewerbsdefizite zu erklären?
Die CDU ist gerne bereit, über Verbesserungen im Tierschutz zu sprechen. Das ist gar keine Frage. Aber wie so oft spalten Sie, Herr Minister, das Land. Tierschutz geht nach unserer festen Auffassung nur über den Weg einer verbesserten und guten Kooperation aller Beteiligten. Den von Ihnen eingeschlagenen Weg der Konfrontation lehnen wir hingegen strikt ab.
Herr Präsident! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Frau Schulze Föcking, ich glaube, Sie haben eins noch nicht verstanden. Das, was Sie mit Verbesserung im Tierschutz beschreiben, wollen wir, glaube ich, alle. Aber die Verbandsklage hat eine ganz andere Funktion.
Die kann man auch machen, und sie ergänzt das, was Sie wollen. Deshalb sollten Sie hier auch nicht immer so dagegen sein.
Beginnen wollte ich eigentlich – das trifft sich wieder mit Ihnen, Frau Schulze Föcking, oder mit Ihrer Partei – mit einem Zitat. Das Zitat hat mir nämlich außerordentlich gut gefallen und lautet:
„Wir setzen uns dafür ein, Tiere artgerecht zu halten und sie als Teil der Schöpfung zu achten und zu schützen.“
Herr Deppe, kommt Ihnen das bekannt vor? Herr Deppe, das Zitat haben Sie vor einem Jahr, als wir hier schon einmal das Gesetz eingebracht haben, vorgetragen. Dieses Zitat ist nämlich aus dem CDUGrundsatzprogramm. Und ich sage Ihnen: Dieses Zitat, diesen Satz aus dem Grundsatzprogramm, unterschreibe ich sofort. Da bin ich mit Ihnen 1:1 einer Meinung. Jedoch haben wir einen Unterschied an dieser Stelle. Wenn man dieses Zitat wirklich ernst nimmt und wenn man Tiere wirklich aktiv schützen will, kommt man am Verbandsklagerecht für den Tierschutz nicht mehr länger vorbei.
Frau Schulze Föcking, Sie haben eben so eine Darstellung von Tierhaltung und Landwirtschaft gegeben, als ob dort alles zum Besten stünde. Ich stimme Ihnen völlig zu, als Sie mich zitiert haben: Natürlich ist es im überwiegenden Bereich in Ordnung; das ist überhaupt keine Frage. Natürlich haben Bauern kein Interesse daran, Tiere zu quälen.