Protocol of the Session on September 13, 2012

Wir dürfen das Versprechen, das die Politik den Familien in diesem Land gegeben hat, nicht brechen. Wir sollten uns da auf gar keine Gedankenspiele einlassen. Der Vorschlag des Städte- und Gemeindebundes, den Rechtsanspruch zu strecken, ist der Sorge um den Ausbaustand geschuldet. Das kann ich auch gut nachvollziehen. Aber dann muss die Landesregierung den Kommunen eben umso mehr zur Seite stehen.

Für die FDP-Fraktion sage ich hier noch einmal deutlich: Wir stehen zu dem Rechtsanspruch, und wir werden eine Aufweichung nicht mitmachen.

(Beifall von der FDP)

Ich will allerdings zugestehen, dass einige nun diskutierte Änderungen durchaus in die richtige Richtung gehen, wie zum Beispiel die Anpassung der Außenfläche. In dem CDU-Antrag wird mir hier allerdings etwas zu wenig differenziert.

Was wir aber definitiv nicht mitmachen werden, das ist eine Absenkung von Qualitätsstandards. Das ist die rote Linie, die in diesem Parlament gelten muss. Wenn die Landesregierung meint, die Gruppen könnten mit Kindern vollgestopft werden, dann ist das genau das Gegenteil von Qualität: Das ist bloße Verwahrung nach dem Motto „sauber, satt und trocken“.

(Beifall von der FDP)

Diese Realität werden wir demnächst in den Kitas haben. Dadurch wird die individuelle Förderung der Kinder auf der Strecke bleiben.

Liebe Kolleginnen und Kollegen von SPD und Grünen, liebe Kollegin Andrea Asch, das Zitat müsste Ihnen bekannt vorkommen. Das ist das Zitat von der größten KiBiz-Kritikerin unter der Sonne, nämlich von meiner lieben Kollegin Andrea Asch aus dem Jahre 2007. Was haben Sie, Frau Asch, damals die Welt untergehen sehen. Jetzt reden Sie ebenfalls über größere Gruppen. Ich sage das noch mal in dieser Deutlichkeit, damit wir fair und wachsam bleiben.

Frau Asch, Sie haben das eben alles so schön ausgeführt. Sie regieren seit zweieinhalb Jahren. Ich würde von Ihnen Maßnahmen erwarten und eine klare Idee, wie Sie nächstes Jahr den Rechtsanspruch erfüllen. Stattdessen schieben Sie die Schuld nur von links nach rechts.

(Beifall von der FDP)

Das ist ja wohl der absolut falsche Weg. Übernehmen Sie endlich mal Verantwortung!

Herr Abgeordneter, würden Sie eine Zwischenfrage der Abgeordneten Asch zulassen?

Heute leider nicht. Entschuldigung! Aber das können wir auch im Ausschuss ausdiskutieren. Sie hatte ja eben die Möglichkeit, ihre Ideen zu präsentieren.

Sehr geehrte Damen und Herren, den offen so zur Schau gestellten Optimismus der Landesregierung kann ich nicht nachvollziehen. NRW hat im letzten Jahr unter großen Anstrengungen 17.000 Plätze geschaffen.

(Zuruf von Andrea Asch [GRÜNE])

Gut. Dann stellen Sie jetzt bitte Ihre Frage.

Bitte schön, Sie können jetzt Ihre Zwischenfrage stellen. Der Abgeordnete hat das gerade zugelassen.

Lieber Herr Hafke, Sie haben Rot-Grün eben vorgeworfen, wir hätten keinen Plan, kein Konzept oder keine Idee, wie wir den U3Ausbau bewältigen. Würden Sie zur Kenntnis nehmen, dass wir nicht nur Ideen, Pläne und Konzepte haben, sondern dass wir den Kommunen auch 1,8 Milliarden € zur Verfügung gestellt haben, um genau diesen Ausbau zu schultern? Würden Sie außerdem bewerten, dass die schwarz-gelbe Landesregierung im Gegensatz dazu die Kommunen eben nicht unterstützt hat, weil sie ihnen nämlich

keinen einzigen Cent an Landesmitteln zur Verfügung gestellt hat?

Bitte schön, Herr Abgeordneter.

Liebe Frau Asch, ich nehme zwei Sachen zur Kenntnis. Das eine ist, dass diese Landesregierung, wie sie ja selber gesagt hat, unter größer Anstrengung im letzten Jahr 17.000 Plätze geschaffen hat und bis heute nicht erklären kann, wie sie in elf Monaten 27.000 Plätze schaffen kann.

(Beifall von der FDP und der CDU)

Zum Zweiten nehme ich zur Kenntnis, dass Sie ein beitragsfreies Kindergartenjahr eingeführt haben, welches 150 Millionen € kostet, dass dieses Geld eben nicht in die Qualitätsverbesserung investiert werden kann und dass genau dieses Geld den Kommunen jetzt fehlt.

(Beifall von der FDP)

Das sind die zwei Sachen, die ich von Ihnen in den letzten zweieinhalb Jahren zur Kenntnis genommen habe.

Und das ist auch genau der Punkt, um den es hier geht: Sie rechnen immer 32 % vor. Das ist ein schöner statistischer, mathematischer Wert. Aber ein Rechtsanspruch bezieht sich auf jedes Kind in Nordrhein-Westfalen. Die Regierung müsste also auch mal sagen, wo wir denn tatsächlich liegen. Es gibt doch Kommunen, in denen wir vielleicht gar nicht bei 32 % sind, sondern bei 60 %. Die Landesregierung kann aber nicht beziffern, wie die Ausbausituation aussieht und ob wir den Rechtsanspruch nächstes Jahr überhaupt erfüllen können. Deshalb, liebe Landesregierung, wäre es jetzt an der Zeit, dass Sie von den 32 % abrücken. Diese Strategie ist durchschaubar. Sie hoffen, dass Sie mit diesen 32 % gerade so die Quote erfüllen und sich dann herausreden können, dass Sie den Rechtsanspruch erfüllt haben. Ich würde mir wünschen, wenn Sie die tatsächliche Situation heute auch beim Namen nennen würden.

Was Sie ebenfalls auf meine Nachfrage hin zugeben mussten, ist: Die Gefahr von Klagen besteht, und sie ist mehr als real. Sollten Familien keinen U3-Platz bekommen, dann haben sie gute Chancen, ihn einzuklagen. Das ist für die Kommunen in unserem Land eine riesige Gefahr. Hier würde ich von der Landesregierung erwarten, dass sie deutlich sagt, wie sie mit diesem Problem umgehen möchte.

Ich möchte abschließend einen Aspekt in die Debatte einbringen, der mir viel zu kurz kommt – übrigens leider auch im Antrag der CDU –, nämlich das Thema „Betriebliche Kitas und privat-gewerbliche Träger“. Wir verschenken unglaublich viel Potenzial, weil wir private Träger aus der Förderung aus

schließen. Wir haben schon 2010 einen Antrag zur Gleichstellung eingebracht. Vielleicht hilft der Druck, der jetzt beim U3-Ausbau herrscht, dass Sie sich noch einmal mit diesem Thema beschäftigen.

Abschließend: Verabschieden Sie sich von 32 %, und nennen Sie das Ausbauziel, das weit darüber liegen wird, beim Namen! Sagen Sie, wie Sie der Gefahr von Klagen begegnen und die Kommunen unterstützen möchten! Legen Sie ein Konzept für die Fachkräftegewinnung vor! Denken Sie noch einmal über die Förderung privat-gewerblicher Träger nach! Insgesamt: Werden Sie konkret! Zeigen Sie auf, wie Sie den Rechtsanspruch umsetzen wollen! – Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall von der FDP – Vereinzelt Beifall von der CDU)

Vielen Dank, Herr Abgeordneter Hafke. – Verehrte Kolleginnen und Kollegen, ich habe eine Bitte, die ich an Sie herantragen möchte. Wenn Sie Zwischenfragen stellen, bitte ich Sie, das von Ihrem jeweiligen Abgeordnetenplatz aus zu tun. Wenn Sie nicht auf Ihrem eigenen Platz sitzen, besteht die große Gefahr, dass wir Sie mit falschem Namen ansprechen.

(Andrea Asch [GRÜNE]: Das kriegen Sie aber hin!)

Wir sind 237 Abgeordnete im neuen Landtag. Viele neue Kolleginnen und Kollegen sind dabei. Wir kennen noch nicht alle. Daher meine herzliche Bitte, Zwischenfragen von Ihrem eigenen Abgeordnetenplatz aus zu stellen. Damit erleichtern Sie auch dem Präsidium die Arbeit. – Vielen Dank.

Für die Fraktion der Piraten spricht Herr Kollege Wegner.

Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen! Liebe Mitbürger! Leider finden die Gespräche und Diskussionen zur U3Betreuung in diesem Hause, zumindest seit ich in diesem Haus Mitglied bin, sehr, sehr selten auf einer sachlichen und konstruktiven Ebene statt. Und das ist noch sehr milde ausgedrückt.

(Vereinzelt Beifall von den PIRATEN)

In allen Gesprächen und Sitzungen, an denen ich bisher teilgenommen habe und in denen das Thema „U3“ besprochen wurde, bestand der Hauptteil der Gespräche aus Sticheleien und Vorwürfen zwischen CDU und FDP auf der einen und SPD und Grünen auf der anderen Seite.

(Vereinzelt Beifall von den PIRATEN)

Größtenteils wurde hierbei der jeweils anderen Seite der Vorwurf gemacht, dass sie für die schlechte Situation beim Ausbau der U3-Betreuung verantwortlich sei.

Auf der einen Seite wirft die CDU Frau Ministerin Schäfer vor, dass die schlechte Situation beim Ausbau der U3-Betreuung durch Fehler in den letzten zwei bzw. zweieinhalb Jahren bedingt sei. Frau Ministerin Schäfer weist ihrerseits auf ihre schlechte Ausgangslage vor zwei Jahren hin, welche die CDU und die FDP zu verantworten hätten.

Ich kann Sie beide beruhigen: In meinen Augen haben Sie beide recht.

(Vereinzelt Beifall von den PIRATEN)

Ja, Herr Tenhumberg, wir Piraten sind auch der Meinung, dass in den letzten Jahren beim Ausbau der U3-Betreuung viele Fehler gemacht worden sind, wobei ich den größten Fehler darin sehe, dass die Aufgabe, die U3-Betreuung auszubauen, viel zu spät intensiv angegangen wurde.

Und auch Ihnen, Frau Ministerin Schäfer, muss ich recht geben. Die Ausgangslage, die Sie damals von der CDU und der FDP übernommen haben, war katastrophal. Auch hier kann ich den in meinen Augen größten Fehler benennen: Es sind die Gesetze, Verordnungen und Vereinbarungen, die aus der Zeit der schwarz-gelben Koalition stammen. Hier wimmelt es nur so von Soll-Bestimmungen und SollRegeln, die viel Spielraum bei Gruppengröße, Betreuungsschlüssel und Quadratmeterzahl pro Kind zulassen.

Aber sind es denn nicht gerade diese Gesetze, Verordnungen und Vereinbarungen, hinter denen Sie in Deckung gegangen sind, als ich im Ausschuss in der letzten Woche meine Bedenken hinsichtlich der von Ihnen geplanten Vergrößerung von Gruppen äußerte?

Bemerkenswert finde ich, dass Sie meinen Bedenken hinsichtlich der Qualitätsminderung nicht widersprochen, sondern sofort darauf hingewiesen haben, dass Sie sich immer im rechtlichen Rahmen bewegen werden.

(Vereinzelt Beifall von den PIRATEN)

Ich muss sagen: Solche Bedenken hatte ich gar nicht geäußert.

Einen Abbau der U3-Qualitätsstandards lehnen wir Piraten strikt ab. Wir werden uns hierbei auch auf keine Milchmädchenrechnungen, wie Sie sie, Frau Ministerin Schäfer, auf dem Krippengipfel vorgebracht haben, einlassen.

(Vereinzelt Beifall von den PIRATEN)