Protocol of the Session on January 28, 2015

viel Wichtiges und Richtiges, wie man so schön sagt. Die CDU legt den Schwerpunkt eher auf die Ausbildung der Allgemeinmediziner mit verschiedenen Hilfsprogrammen, Anreizen und die Gründung einer Medizinischen Fakultät in Ostwestfalen-Lippe. Zu der habe ich 2012 schon geredet. Im rot-grünen Entschließungsantrag werden zahlreiche Maßnahmen aufgelistet, die aber die Regierung bereits umsetzt. Ich sage nicht, dass alles, was darin steht, falsch ist. Aber die zentrale Aussage des Antrags ist: Weiter so! – Man kann einmal das Wort „weiter“ in dem Beschlussteil des Antrags zählen. Da kommt man auf eine ganze Menge.

Wir sind der Meinung, dass in ländlichen Regionen mit Unterversorgung auch das Modell „Mobile Arztpraxen“ und die Anstellung von Ärzten durch die Kommunen eine sinnvolle Ergänzung sind. Wir sehen die Trägervielfalt – öffentliche, frei gemeinnützige und private Träger – als Anreiz für einen Wettbewerb um die Versorgungsqualität. Hier muss eine Konkretisierung des Bundesgesetzes erfolgen, sodass die Akteure stärker in die Pflicht genommen werden können. Denn in der Anhörung haben wir feststellen müssen, dass ein freiwilliges Engagement nicht automatisch erfolgen wird.

Ich möchte mit einem Appell zum Schluss kommen. Wir sprechen die ganze Zeit von Herausforderungen, die nur scheinbar weit in der Zukunft liegen. Wir reden über Strukturen, die wir jetzt schaffen müssen. „Fünf vor zwölf“ wurde gesagt. Diese Strukturen sind nicht nur für Opa Bernd oder Oma Berta in 25 Jahren, sondern für alle Menschen, die in 25 Jahren einen Hausarzt im ländlichen Raum brauchen. Auch wir sind es, die in 50 Jahren davon profitieren werden – oder eben nicht.

Sie wissen, wie es läuft: Die beste Versorgung für unseren Körper ist eine gesunde Lebensweise. Also sorgen Sie vor! Prävention wird Ihnen ein Vielfaches mehr an Vergnügen bereiten als der tägliche Hausarztbesuch.

Für den FDP-Antrag empfehle ich vor allem aus hochschulpolitischer Sicht – Punkt 1 – die Ablehnung und für die anderen beiden Anträge die Enthaltung. – Vielen Dank.

(Beifall von den PIRATEN)

Vielen Dank, Herr Kollege Bayer. – Für die Landesregierung spricht Frau Ministerin Steffens.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich möchte gern mit folgendem Punkt einsteigen: Ich finde es schon schade, dass wir als Gesundheitspolitiker und -politikerinnen im Gesundheitsausschuss das zentrale Thema der Studienplätze in den Mittelpunkt stellen, dies auch jetzt wieder mit dem FDP-Antrag, und das

Ganze vor dem Hintergrund der Historie, was wir gemacht haben und wo wir begonnen haben, und dabei die Historie, was Schwarz-Gelb gemacht hat, in Gänze ausblenden und dabei so getan wird, als ob hier in Nordrhein-Westfalen die Situation und die Zahl der Studierenden nicht mit einem Riesenkraftakt ausgebaut worden ist.

Frau Schneider, vielleicht haben Sie sich die Zahlen noch nie angeschaut: Sie haben 2004/05, als die Regierungsübernahme war, die Studienplätze von 1.934 auf 1.885 in 2009/10 abgebaut. Wer unter Schwarz-Gelb vorsorgen wollte, hätte also nicht noch Medizinstudienplätze reduzieren dürfen. Wir haben ausgehend von dieser Zahl bis 2013/14 wieder auf 2.136 aufgestockt.

Das heißt, es gibt in Nordrhein-Westfalen im Gegensatz zu vielen anderen Bundesländern einen großen Kraftakt, die Studienzahlen anzuheben. Gerade Bundesgesundheitsminister Gröhe hat auf einem Termin in Nordrhein-Westfalen gesagt, dass Nordrhein-Westfalen mit der Zahl der Studierenden im Medizinbereich vorbildlich ist. Deswegen ist die Diskussion, die wir hier führen, eine Scheindiskussion.

(Beifall von den GRÜNEN)

Auch mehr Studienplätze würden die Probleme perspektivisch überhaupt nicht lösen, sondern wir haben ganz andere Probleme im System. Insofern bin ich schon erstaunt darüber – vielleicht hat es mich auch gar nicht so erstaunt –, dass die FDP mit der einzigen Botschaft nach vorne kommt: Wenn wir den Ärzten die Freiheit lassen, dann wird sich alles regeln, und wir werden dann auch keine Probleme mehr haben.

Frau Schneider, an diese Position, die Sie hier vertreten haben, glauben Sie doch nicht selber; denn das ist absoluter Quatsch. Wir wissen, dass sich die Ärzte da niederlassen, wo wir attraktive Hochburgen, interessante Städte und ein wunderschönes Ambiente haben. Das hat auch eben der Kollege von den Piraten gesagt. Also: Mit einer Freigabe der Niederlassungen in allen Bereichen werden wir das Problem, das wir heute im Bereich der Kinderärzte haben, nicht lösen. Das Thema kennen Sie. Wir haben gerade im Ausschuss diskutiert, dass wir gerade in den Brennpunktstadtteilen keine Ärzte mehr haben, die die Kinder versorgen, weil sie in die attraktiven Gebiete gehen, wo sie dann auch noch viele Privatversicherte zu versorgen haben.

Das ist also keine Antwort. Die Antwort, die Sie hier geboten haben, ist eine Fortsetzung dessen und eine Potenzierung der Probleme, die wir heute haben. Dies würde dafür sorgen, dass wir in den Gebieten, wo wir die Ärzte dringend brauchen, auch noch viele Ärzte verlieren würden.

(Beifall von den GRÜNEN)

Was ist der richtige Weg nach vorn? Ich finde die Formulierung „weiter“ in dem rot-grünen Entschließungsantrag natürlich eine richtige Botschaft. Wir sind nämlich in Nordrhein-Westfalen an vielen Stellen weiter als andere Bundesländer. Wir sind nicht nur weiter mit dem, was wir machen, sondern vor allem mit dem, wo wir hinwollen. Da wäre ich auf eine Einlassung der FDP gespannt gewesen.

Wir wollten in Nordrhein-Westfalen in der letzten Legislaturperiode endlich eine Systemumkehr haben, dass wir nämlich nicht mehr die Sektoren „Krankenhaus“ und „ambulante Ärzte“ nebeneinander haben, dass wir als Land die Krankenhäuser und die Ärzte in der Selbstverwaltung den ambulanten Bereich planen, sondern dass wir einer anderen Form vor Ort und überall die Möglichkeit haben, diese Sektoren miteinander verschränkt zu planen. Uns als Patientinnen und Patienten ist es am Ende des Tages egal, ob der Arzt, der uns behandelt, ein niedergelassener ist, der in seiner eigenen Praxis sitzt, ob es einer ist, der aus einer anderen Kommune dahin reisen und behandeln kann, oder ob es ein Krankenhausarzt ist. Wir wollen behandelt werden, wenn der Notstand in der Versorgung da ist.

Solche offenen Möglichkeiten zu neuer Planung, zu innovativer Planung hätten wir gebraucht. Aber der damalige Bundesgesundheitsminister der FDP hat den Ländern diese sektorübergreifende Planung nicht ermöglicht, sondern hat sie der Machtfrage zwischen Bund und Ländern überlassen. Das ist der falsche Weg gewesen. Trotzdem versuchen wir in Nordrhein-Westfalen, sektorübergreifend mit allen Akteuren zu planen, zunächst in Modellen, um dann die Bundesebene davon zu überzeugen, wie es richtig geht.

„Sektorübergreifend“ heißt, dass wir effektiver werden müssen, weil wir so viele Studienplätze bzw. Studierende bei einer Abnahme der Erwerbspersonen in Zukunft nicht haben können. Wenn wir nur noch die Hälfte an Schülern haben, die demnächst das Abitur machen, werden wir nicht mehr Studierende in dem Bereich haben, sondern wir können froh sein, wenn wir die Studienplatzzahlen und die Zahl der Studierenden halten können. Wir müssen also effektiver, innovativer werden und auch mit Televisiten und mit anderen Modellen miteinander vernetzt arbeiten. Außerdem müssen wir präventiver werden, damit die Menschen weniger krank werden, weniger chronisch erkranken, sodass wir am Ende weniger Versorgungsbedarfe haben.

Wir brauchen also Modelle und Konzepte, die letztendlich uns allen in der Versorgung helfen. Es wäre schön gewesen, wenn wir über diese Dinge intensiver gesprochen hätten – statt darüber, ob wir im Wissenschaftsbereich noch den einen oder anderen Studienplatz mehr brauchen; denn das wird unsere Strukturen nicht retten. – Herzlichen Dank.

(Beifall von der SPD und den GRÜNEN)

Vielen Dank, Frau Ministerin. – Mir liegen keine weiteren Wortmeldungen vor. Wir sind damit am Schluss der Aussprache.

Wir kommen zur Abstimmung. Wir stimmen erstens ab über den Antrag der Fraktion der CDU Drucksache 16/3232. Der Ausschuss für Arbeit, Gesundheit und Soziales empfiehlt in Drucksache 16/7786, den Antrag Drucksache 16/3232 abzulehnen. Wir stimmen somit nicht über die Beschlussempfehlung, sondern über den Antrag selbst ab. Wer dem seine Zustimmung geben kann, den bitte ich um das Handzeichen. – Wer kann dem nicht zustimmen? – Wer enthält sich? – Damit ist der Antrag Drucksache 16/3232 mit den Stimmen von SPD und Bündnis 90/Die Grünen gegen die Stimmen der CDU bei Enthaltung der FDP-Fraktion und der Fraktion der Piraten abgelehnt.

Wir kommen zweitens zur Abstimmung über den Entschließungsantrag der Fraktionen von SPD und Bündnis 90/Die Grünen Drucksache 16/5491. Wer dem seine Zustimmung geben kann, den bitte ich um das Handzeichen. – Wer kann dem nicht zustimmen? – Wer enthält sich? – Damit ist der Entschließungsantrag Drucksache 16/4591 mit den Stimmen von SPD und Bündnis 90/Die Grünen gegen die Stimmen der CDU und der FDP bei Enthaltung der Fraktion der Piraten angenommen.

Wir kommen zur Abstimmung – drittens – über den Entschließungsantrag der Fraktion der FDP. Das ist die Drucksache 16/7832. Wer dem seine Zustimmung geben kann, den bitte ich um das Handzeichen. – Wer kann dem nicht zustimmen? – Wer enthält sich? – Wer enthält sich? Ich habe das Votum der Piraten nicht erkennen können.

(Oliver Bayer [PIRATEN]: Abgelehnt!)

Ablehnung. Danke schön. Damit ist der Entschließungsantrag der Fraktion der FDP Drucksache 7832 abgelehnt. Die FDP hat für den Antrag gestimmt, dagegen waren die Fraktionen der SPD, der CDU, der Grünen und der Piraten.

Wir kommen zu:

3 Taten statt Worte zur Rettung des Kulturbe

standes in Nordrhein-Westfalen – Kulturministerin Ute Schäfer muss berechtigte Erwartungen an Kulturgipfel erfüllen

Antrag der Fraktion der FDP Drucksache 16/7778

Entschließungsantrag der Fraktion der PIRATEN Drucksache 16/7837

Ich eröffne die Aussprache und erteile für die Fraktion der FDP der Frau Kollegin Schmitz das Wort.

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Es scheint, dass dieses bisher brisante und unglaubliche Kunstdrama Nordrhein-Westfalen nun doch noch ein gutes Ende findet. Möge uns dieser Schein nicht trügen!

Dank der Erkenntnis der Ministerpräsidentin in wahrlich letzter Minute ergibt sich nun für das Kunst- und Kulturland NRW eine neue Situation, die wieder hoffen lässt. Liebe Frau Ministerpräsidentin, Ihr offensichtliches Machtwort gegenüber Ihrem Finanzminister kam zwar viel zu spät, aber besser viel zu spät als nie. Es war richtig, den massiven Beschädigungen des kulturpolitischen Ansehens von Nordrhein-Westfalen durch Ihren Finanzminister endlich einen Riegel vorzuschieben. Der Imageverlust für Nordrhein-Westfalen ist allerdings bereits beträchtlich.

Wir erinnern uns: Die Frage des Umgangs mit Kunst und Kultur im öffentlichen Eigentum begann ja nicht erst mit dem Thema Portigon. Der kulturpolitische Dammbruch setzte schon mit dem Verkauf der beiden Werke von Andy Warhol durch den landeseigenen Casinobetreiber WestSpiel ein. Diesen hätte die rot-grüne Landesregierung bereits verhindern müssen.

Ich rufe in Erinnerung: WestSpiel hatte den Verkauf der beiden Warhol-Werke an Öffentlichkeit und an Kunstexperten vorbei vorangetrieben, und zwar nicht, um den Erlös in neue Kunstwerke zu investieren oder damit wenigstens Kulturförderung im weitesten Sinne zu betreiben. Nein, mit dem Erlös werden die Verluste des landeseigenen Casinos ausgeglichen, und es wird der Neubau einer Spielhalle finanziert. Was für eine kulturpolitische Bankrotterklärung.

(Beifall von der FDP, Prof. Dr. Thomas Stern- berg [CDU] und Dietmar Schulz [PIRATEN])

Die Kulturministerin versuchte seinerzeit erst gar nicht, den Verkauf zu verhindern. Die Ministerpräsidentin duckte sich und hoffte, dass das Thema an ihr vorbeiziehen möge. Der Finanzminister goss sogar noch mutwillig Öl ins Feuer. Ich zitiere aus den „Rheinischen Post“:

„Ein Kunstwerk hat einen Wert, wenn es zu veräußern ist.“

Meine Damen und Herren, was für ein Verständnis von Kunst und Kultur vermittelt eine solche Aussage eines führenden Mitglieds der Landesregierung?

(Beifall von der FDP und Prof. Dr. Thomas Sternberg [CDU])

Was für ein Signal sendet sie an die vielen Künstlerinnen und Künstler in und außerhalb NordrheinWestfalens, an ehrenamtlich engagierte Bürgerinnen und Bürger, an Kommunalpolitiker, die mit leeren Kassen zu kämpfen haben, an unzählige Stiftungen und Museen, an In- und Ausland? Ganz of

fensichtlich ist das Kulturverständnis dieser Landesregierung schwer gestört.

Das zeigt sich auch nach der Versteigerung der Warhol-Werke in New York. Nicht nur die FDPFraktion, sondern auch unzählige Initiativen und Verbände hatten vor einem Dammbruch durch den Warhol-Verkauf gewarnt.

Schon mit dem Fall Portigon hat die Landesregierung dann die nächste Flut zu spüren bekommen. Endlich deutet zumindest die Kulturministerin mit der Einladung zu einem runden Tisch erste zaghafte Rettungsversuche an. Der Finanzminister aber ließ sie auflaufen. Er ließ verbreiten, der runde Tisch habe nichts zu entscheiden. Ich zitiere – mit Erlaubnis des Präsidenten – aus der „Rheinischen Post“:

„Norbert Walter-Borjans (SPD) machte am Donnerstag deutlich, dass die Portigon AG über eine Veräußerung ihrer Kunstwerke allein zu entscheiden habe. Er werde jedenfalls ‚nicht zulassen‘, dass ein runder Tisch darüber spreche, sagte Walter-Borjans im Haushalts- und Finanzausschuss des Landtags. Man könne einem Unternehmen, das ‚auf Dauer vom Markt genommen wird und sich letztendlich auflösen muss‘, nicht verbieten, seine Aktiva in Form von Kunstwerken anzutasten.“

Und dass die Portigon AG selbstständig entscheiden werde, wie sie – ich zitiere erneut aus der „Rheinischen Post“ – ihre Aktiva in Form von Kunstwerken antastet, Kunstwerke als Aktiva eines Unternehmens in Staatsbesitz – auch hier kann ich über das hinter dieser Aussage liegende Kulturverständnis nur mit dem Kopf schütteln.

Ich bin froh darüber, dass die Kritik an einem solchen Kulturverständnis durch die FDP-Fraktion und durch mich persönlich im Kulturausschuss des Landtags offenbar fraktionsübergreifend geteilt wird. Das Machtwort der Ministerpräsidentin kam in höchster Not. Aber eines ist auch klar: Nur durch die Ankündigung der Landesregierung, sich für den Erhalt der Kunstsammlung einsetzen zu wollen, ist noch kein einziges Kunstwerk gerettet.

(Beifall von der FDP, Prof. Dr. Thomas Stern- berg [CDU] und Dietmar Schulz [PIRATEN])