Protocol of the Session on December 3, 2014

Ja, ich sage Ihnen das! Wie gerne hätten manche von Ihnen das selbst umgesetzt. Es ist Ihnen während Ihrer Regierungszeit nicht gelungen, Kolleginnen und Kollegen. Kollege Wüst, wir haben noch vor drei Wochen zusammen an einem Tisch darüber gesprochen. Das will ich jetzt gar nicht genau erzählen. Ich weiß aber doch, dass die CDU gerne selber ein Mittelstandsgesetz dieser Güte vorgelegt hätte.

Zweitens. Wir sind – das hat die SPD übrigens in Ihrer Oppositionszeit konzeptionell angelegt – stolz, dass wir die Handwerksinitiative durchgesetzt haben. Von Ihnen gibt es dazu bis heute nichts Konstruktives.

(Beifall von der SPD)

Das Dritte Ihrer Jubeltrias müsste eigentlich sein, dass wir das Zielabweichungsverfahren in Datteln organisiert haben, was Sie vorher vor die Wand gefahren hatten.

(Beifall von der SPD)

So etwas erwarte ich, wenn Sie über Wirtschaftspolitik in Nordrhein-Westfalen sprechen. Wenn Sie dazu nicht in der Lage sind und da nicht über Ihren Schatten springen können, wäre es das Mindeste, dass Sie die Zeit in der Opposition nutzen – ich will gar keine Hilfestellung geben; hinterher nutzt es noch etwas –, Konzepte vorzulegen und zu konkreten Politikfeldern einmal zu sagen, wie es dort denn aussehen müsste. Ich kann Ihnen nur sagen: Das hilft ungemein. Sie aber legen gar nichts vor. Sie motzen und meckern. Sie sind eine Motz- und Meckeropposition ohne jedes Konzept in der Wirtschaftspolitik, Kolleginnen und Kollegen.

(Beifall von der SPD – Zurufe von der CDU: Oh! – Weitere Zurufe von der CDU)

Nein, das war bei uns – ich will Ihnen das ganz offen sagen – ganz anders.

(Heiterkeit von der CDU und der FDP – Zuruf von der CDU)

Nein. Ich nehme einmal an, dass das eine Zwischenfrage war. – Als wir in der Opposition waren, haben wir die Handwerksinitiative konzeptionell erarbeitet, und wir haben hier zu den Themen EFRE und Ziel 2 deutlich gesagt, dass es in der neuen Periode, wenn wir wieder an der Regierung sind, anders aussehen muss. Und es sieht auch anders aus.

(Beifall von der SPD – Ralph Bombis [FDP]: Ohne Breitband!)

Ich komme zu dem, was den Landeshaushalt an der Stelle in Bezug auf seine Themen prägt. Die

Wirtschaftspolitik folgt dem Leitgedanken der Vorausschau. Ich will Ihnen – als Bochumer fällt mir das besonders leicht – Folgendes sagen: Wir haben gestern die Übergabe des Förderbescheides in Höhe von 32,2 Millionen € für das erste Drittel der Werksfläche von Opel I in Bochum erlebt. Das ist ein erstes Zeichen. Außerdem ist es, glaube ich, ein Grundsatz vorausschauender Politik, den man auch an anderen Stellen im Blick haben sollte, wo etwas passiert. Das ist nicht so, weil da plötzlich Geld vorhanden ist, sondern weil wir im Gegensatz zu allen anderen Krisensituationen, als es eng bei Opel wurde – Opel ist ein landesweites Thema, Sie haben es auf jede Sitzung des Wirtschaftsausschusses setzen lassen –, nicht erst reagiert haben, als es zu spät war.

Wir haben nicht gesagt, wir jammern, sondern: Wir haben großes Verständnis für alle diejenigen, die dort ihren Arbeitsplatz verlieren, aber wir müssen die Zeit nutzen und uns möglichst früh Gedanken darüber machen, welche Perspektiven man einer Stadt, einer Region und auch den Menschen dort geben kann. Deswegen ist es das Verdienst von Garrelt Duin – er war damals übrigens sehr mutig; ich kann mich an die Diskussionen erinnern, die wir vorher darüber geführt haben – zu einem Zeitpunkt, wo viele der Meinung waren, dass man damit so nicht umgehen kann – das war natürlich eine emotional schwierige Situation –, zu sagen: Wir fangen jetzt an, uns Gedanken über die Zukunft zu machen.

Das führt nämlich jetzt dazu, dass man, wenn Opel nächste Woche wirklich das letzte Auto vom Band rollen lässt und damit beginnt, die Werkshallen, zumindest das Interieur, abzubauen, schon Pläne in der Schublade liegen hat, was man tun möchte. Das ist verantwortungsvolle und vorausschauende Wirtschaftspolitik, weil es den Menschen, den Städten und Regionen Perspektiven eröffnet und sie nicht ins Dunkle fallen lässt, Kolleginnen und Kollegen. – Herzlichen Dank noch einmal an dieser Stelle!

(Beifall von der SPD)

Vorausschauende Wirtschaftspolitik heißt aber

auch, sich mit den Themen der Zukunft auseinanderzusetzen. Das bedeutet, das Thema „Industrie 4.0“ in den Blick zu nehmen – und zwar nicht als Schlagwort, sondern sehr konkret.

Was sind die Punkte, bei denen gesellschaftliche Relevanz vorhanden ist, um Voraussetzungen zu schaffen? Das sind zum Beispiel bei der Industrie 4.0 die Themen „Datensicherheit“ und „Arbeitnehmerrechte“.

Vorausschauende Wirtschaftspolitik, um einen zweiten Schwerpunkt des Haushalts von Minister Duin zu benennen, betrifft die Ressourcenwirtschaft und die Außenwirtschaft. Das ist übrigens einer der Bereiche, in denen das Land Akzente setzen kann und

dies auch tut. Ich habe das auch schon am Beispiel der Direktinvestitionen verdeutlicht.

Klar ist aber auch – das habe ich bereits zu Oppositionszeiten der Ehrlichkeit halber gesagt, und das sage ich auch jetzt –: Die Wirtschaftspolitik wird nicht durch das Geld des Landes entschieden. Das muss man konstatieren. Das ist nicht die Antwort auf die entscheidende Frage, ob NordrheinWestfalen zu den Gewinnern oder zu den Verlierern in diesen Bereichen gehört.

Das wird dadurch entschieden, ob Unternehmen in diesem Land – Arbeitgeber und Arbeitnehmer – die Chance haben, sich positiv zu entwickeln, und ob sie das Gefühl haben, dass sie mit sich, ihren Produkten und ihren Herausforderungen in diesem Land willkommen sind. Das sind sie für uns von der Sozialdemokratie, und das sind sie für uns von der Koalition. Der Haushalt setzt dazu die richtigen Rahmenbedingungen.

(Zuruf von Dietmar Brockes [FDP])

Ich bin übrigens davon überzeugt, dass der Haushalt die richtigen setzt. Sie wissen das auch. Deswegen haben Sie immer nur die Jammertrias von irgendwelchen anderen Geschichten angeführt. In den nunmehr neun Jahren, die ich hier bin, habe ich es nie in einem Wirtschaftsausschuss erlebt, dass die Opposition gar keine Kritik am vorgelegten Einzelplan an irgendeiner Stelle geübt hat und üben konnte. – Herzlichen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall von der SPD und den GRÜNEN)

Vielen Dank, Herr Kollege Eiskirch. – Für die FDP-Fraktion erteile ich Herrn Kollegen Bombis das Wort.

Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen, sehr geehrte Herren! Noch vor kurzer Zeit war die Stimmungslage in unserem Land ausgesprochen gut. Trotz der internationalen Krise erwies sich unsere Wirtschaft als ausgesprochen stabil. Das war nicht zuletzt auch der industriellen Struktur unserer Wirtschaft geschuldet.

In den letzten Monaten hat sich bedauerlicherweise die Stimmung deutlich eingetrübt. Sie wurde immer schlechter, und auch trotz einer kurzen Aufhellung vor Weihnachten geben die Aussichten Anlass zur Sorge, weil insbesondere auf Bundesebene die Weichen falsch gestellt werden.

Die großkoalitionären Belastungen der Sozialkassen und damit auch der Betriebe durch die Mütterrente und die Rente mit 63 tragen dazu bei – genauso wie die weitergehende Überförderung der erneuerbaren Energien, steigende Belastungen der Bürger durch die kalte Progression, der Wortbruch beim Soli oder die Rückabwicklung von Arbeitsmarktreformen. Das alles führt zu einem Abwürgen

der Konjunktur, wie es kürzlich im Herbstgutachten auch die führenden Wirtschaftsforschungsinstitute festgehalten haben.

Umso wichtiger wäre es, dass wir hier im größten Bundesland Nordrhein-Westfalen mit einer starken Wirtschaft und vielen fähigen und fleißigen Menschen diesem Trend etwas entgegensetzen und dass wir die Weichen so stellen, dass die Rahmenbedingungen positiv sind und die gute Stimmung in den Unternehmen dazu führt, zusätzliche Investitionen vorzunehmen.

Wie ist die Lage tatsächlich? Nordrhein-Westfalen weist ein erhebliches Wachstumsdefizit auf. In der Langzeitbetrachtung ist das genauso wie in der kürzeren Betrachtung, die hier noch entscheidender ist. Seit dem Ende der schwarz-gelben Regierungszeit ist unser Land von Platz drei unter den westdeutschen Flächenländern auf den drittletzten Platz gefallen. Im letzten Jahr war Nordrhein-Westfalen sogar auf dem vorletzten Platz; nur noch das Saarland befand sich hinter uns.

(Dr. Joachim Stamp [FDP]: Großartig!)

Das ist nicht nur Statistik, meine Damen und Herren. Einem Bürger in Nordrhein-Westfalen bringt das konsequent negative Auswirkungen. Beim Durchschnittseinkommen stehen einem NordrheinWestfalen mehrere Hundert Euro weniger zur Verfügung als einem Bürger, der zufällig in Bayern, Hessen oder Baden-Württemberg lebt. Hier ist also viel Raum für eine Landesregierung, Dinge zu verbessern.

Doch was passiert in Wahrheit? Diese rot-grüne Regierung schwächt den Wirtschaftsstandort Nordrhein-Westfalen weiter.

(Beifall von der FDP und der CDU)

Und, meine Damen und Herren, das passiert in erster Linie aus ideologischen Gründen. Ich will das an einigen Punkten kurz verdeutlichen. Natürlich haben Sie auch bei mir schon lange und sehnsüchtig darauf gewartet – ich bin davon überzeugt –: Das passiert unter anderem durch ein völlig unsinniges und unwirksames Tariftreue- und Vergabegesetz.

(Britta Altenkamp [SPD]: Ah ja! – Thomas Eiskirch [SPD]: Der Untergang des Abend- landes! – Gegenruf von Dr. Joachim Stamp [FDP]: Dann sprechen Sie mal mit den Un- ternehmen! – Gegenruf von Rainer Schmelt- zer [SPD]: Machen wir! – Weitere Zurufe)

Ich wiederhole mich da gerne: Natürlich sind die Ziele, die in diesem Gesetz beschrieben sind, zu begrüßen. Sie sind wahrscheinlich auch von der Mehrheit in diesem Haus getragen, aber sie sind eben im Vergaberecht völlig falsch angesiedelt; das müssen Sie doch einsehen. Sie belasten Menschen, Betriebe und Kommunen. Das ist einfach nur Bürokratie. Dieses Gesetz gehört abgeschafft.

Meine Damen und Herren, ich sage auch in Richtung der Union, die diesen Antrag neulich gestellt hat: Es ist auch durch eine Evaluation nur dann zu retten, wenn Sie dieses Gesetz bis zur Unkenntlichkeit aushöhlen. Schaffen Sie es ab!

(Beifall von der FDP)

Bekennen wir uns gemeinsam zu den Zielen des Gesetzes, aber schaffen Sie es auf Landesebene ab, und verfolgen Sie die Ziele auf der europäischen Ebene!

Ein zweites Beispiel ist das Klimaschutzgesetz. In unserem Land werden industrielle Strukturen völlig unnötigerweise belastet, um anderswo gleichzeitig alte, umweltschädliche Strukturen in der Industrie zu erhalten. Wir verteuern die Rahmenbedingungen hier, und wir vergünstigen sie anderswo für alte Anlagen. Das ist nicht nur kein Klimaschutz, sondern das ist völlig idiotisch, meine Damen und Herren.

(Beifall von der FDP)

Das alles geschieht nur deshalb, damit die Grünen in NRW ein Prestigeobjekt haben. Anders ist im Übrigen auch die völlig zur Unzeit und ohne Not erfolgte energiepolitische Festlegung in Sachen Garzweiler nicht zu erklären. Hier werden auf dem Altar der Koalition Zukunftsoptionen unseres Bundeslandes und vor allem Perspektiven der Menschen im Rheinischen Revier geopfert.

(Kai Schmalenbach [PIRATEN]: Perspektiven auf Umzug, oder was?)

Hiergegen hätte ich mir ein deutliches Signal vom Wirtschaftsminister dieses Landes gewünscht, meine Damen und Herren.

(Beifall von der FDP)

Gleiches lässt sich für den Landesentwicklungsplan sagen. Sein erster Entwurf lässt für die industriellen Perspektiven in diesem Land Böses ahnen. Auch hier sollte der Wirtschaftsminister gegenhalten, und zwar nicht, indem einfach nur beruhigend wirtschaftsfreundliche Positionen formuliert werden, sondern indem die Landesregierung diese Positionen konkret übernimmt.

Als drittes Beispiel ist die Breitbandversorgung angesprochen worden. Nur damit wir uns nicht falsch verstehen, sage ich: Auch wir wissen, dass der Landeshaushalt keine großen Sprünge für Fördermittel in Aussicht stellen kann und dass viel durch private Initiativen erreicht werden muss.