Protocol of the Session on September 12, 2014

Eine treibende Kraft hierbei war der jetzige Präsident der Kunststiftung NRW und frühere Vorsitzende des Kulturausschusses des Landtags, Dr. Fritz Behrens.

An dieser Stelle möchte ich neben dem gesamten Ministerium auch ganz besonders Herrn Landmann danken, der diese Gesetzesinitiative im Ministerium

im Besonderen aufgenommen, begleitet und vorangetrieben hat.

Eine Einzelspartengesetzgebung nebst Festschreibung finanzieller Grundbeträge sollte es nicht werden. Vielmehr wurde die Landesregierung gebeten, das Gesetz als Grundlage für die Förderung von Kunst und Kultur insgesamt aufzufassen. Förderkriterien, Ziele, Schwerpunkte und Grundsätze sollten eben nicht für einzelne Sparten, sondern für alle Bereiche gelten.

Das Gesetz behandelt daher zunächst auch die Ziele, Schwerpunkte und Grundsätze der Förderung. Es bestimmt die Aufgaben von Land und Kommune und regelt deren Zusammenwirken in den wesentlichen Aufgaben der kulturellen Daseinsvorsorge, des Erhalts des kulturellen Erbes und der kulturellen Bildung. Zusätzlich erschien es sinnvoll, Querschnittsaufgaben beispielsweise im Hinblick auf Gendergerechtigkeit, Interkulturalität und Inklusion zu benennen.

Anders als die CDU-Landtagsfraktion, die ein Bibliotheksgesetz in den Landtag einbrachte, wurde somit zur Grundlegung der Förderung ein universaler Ansatz verfolgt, der wiederum in einem zweiten Schritt spezialgesetzlichen Regelungen nicht entgegenstehen soll.

Die Initiative für das Kulturfördergesetz NRW ist aber nicht nur den kulturpolitischen Besonderheiten in Nordrhein-Westfalen geschuldet, sondern versteht sich auch im Kontext der allgemeinen Kulturpolitikentwicklung in Deutschland.

Ein wichtiger handlungsleitender Gedanke war hierbei, dass sich die Kulturförderung des Landes nachvollziehbar, verständlich und abgeleitet aus allgemein gültigen Kriterien auch jenseits rein historischer Entwicklung darstellen und begründen lassen müsse.

Außerdem sollte die kulturelle Bildung in dem Gesetz verankert werden, weil sie als ein Schlüssel für kulturelle und gesellschaftliche Teilnahme verstanden wird. Der Gedanke „Kultur für alle“ rückt so erneut, aktuell vermessen, in den Mittelpunkt der Betrachtung. Handlungsleitend ist damit auch die Idee, dass der Mensch als Akteur und Rezipient im Zentrum der Kulturpolitik steht – und nicht bürokratische Verfahren oder institutionelle Strukturen.

Ein weiterer wichtiger Gesichtspunkt bei der Gesetzesinitiative war die Ermöglichung von mehr Transparenz bei der Mittelvergabe durch ein geeignetes Berichtswesen, mit dem im Nachhinein auch festgestellt werden kann, ob die angestrebten Ziele durch die Förderung tatsächlich erreicht wurden, um auf dieser Basis gegebenenfalls Änderungen in der Förderpraxis vorzunehmen.

Die zentralen Elemente dieser Idee, Kulturförderplan und Kulturförderbericht, sollten wiederum auch parlamentarisch verankert werden, um so einen

permanenten Dialog über Förderung und Entwicklung auch im politischen Alltagshandeln anzustoßen und damit Kulturpolitik zu einem zentraleren Thema im Landtag zu machen.

Dieses steten Diskurses bedarf es, um der Kunst und Kultur Stimme zu verleihen, um deren Bedeutung für die Menschen und die Gesellschaft zu artikulieren, um Verbindlichkeiten aufgrund von Überzeugung auch jenseits der Haushalts- und Kassenlage zu erzielen und um zu dokumentieren, dass „freiwillige Leistung“ nicht Beliebigkeit oder Verzicht bedeutet, sondern dass eine Gewährleistungspflicht für Kunst und Kultur auch bei den Selbstverwaltungsaufgaben der Kommunen besteht.

Denn leider löst das Gesetz das Problem der Kommunalfinanzen nicht. Das kann es auch nicht. Es kann auch keinen – von einigen erhofften – Paradigmenwechsel zu einer zentralistischen Kulturfinanzierung geben.

Das Gesetz rückt aber – neben seinem regulativen Charakter – die Diskussion über Kunst und Kultur sowie Bildung in den zentralen Blickpunkt aktuellen politischen Handelns und ist geeignet, die Kulturpolitik aus ihrem Nischendasein in die Mitte parlamentarischer Behandlung und Entscheidung zu rücken.

Damit – um es der Opposition schon vorwegzunehmen – ist es auch das Papier wert, auf das es gedruckt werden wird; denn die Kunst, das Besondere, verträgt die politische Befassung, das Alltägliche, sehr gut.

Danken möchte ich für die Einbringung. Und um es kurz zu machen: Wir stimmen der Überweisung zu.

(Beifall von der SPD und den GRÜNEN)

Vielen Dank, Herr Kollege. – Für die CDU-Fraktion erteile ich Herrn Kollegen Prof. Dr. Sternberg das Wort.

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Meine Damen und Herren! Ein wichtiges Politikfeld in der Mitte der parlamentarischen Debatte – das hätten wir gerne. Man sieht aber schon an der Platzierung dieses Themas ganz am Ende unserer Plenartage,

(Mehrdad Mostofizadeh [GRÜNE]: Daran war auch Herr Lienenkämper beteiligt!)

inwiefern so etwas tatsächlich in der Mitte liegt. – Ich komme aber zur Sache.

In der letzten, kurzen Legislaturperiode des Landtags überraschte der damalige Vorsitzende des Kulturausschusses, der SPD-Abgeordnete Behrens, mit der Ankündigung eines Kulturfördergesetzes. Es sollte wie das Schulgesetz alle gesetzlichen Regelungen der Landeskulturpolitik erfassen und eine größere Verbindlichkeit der Förderung sicherstellen.

Das war nicht zuletzt eine Reaktion auf den Entwurf eines Bibliotheksgesetzes, den wir kurz vor Ende der vorhergehenden Legislaturperiode vorgelegt hatten. Dies sollte Eingang in dieses große Gesetzeswerk finden, was es übrigens ausweislich der jetzt vorliegenden Texte nicht tut. Das bleibt nach wie vor eine Aufgabe.

Die Ankündigung wurde dann im Koalitionsvertrag 2012 erneuert. Dort heißt es:

„Kulturförderung braucht eine verlässliche

Grundlage. Deshalb werden wir den bereits begonnenen Prozess für die Erarbeitung eines NRW-Kulturfördergesetzes fortsetzen.“

Meine Damen und Herren, das ist auch passiert. Es ist fortgesetzt worden. Wir warten seit Langem darauf, aber das Gesetz hat mehr und mehr auf sich warten lassen. Es wurde medienwirksam diskutiert. Wir haben vorhin schon von der Ministerin gehört, welche Veranstaltungen es da alles gab.

Jetzt liegt das Papier vor. Der Text enttäuscht auf ganzer Linie. Man erwartete den großen Durchbruch. Jetzt hat der Berg gekreißt, herausgekommen ist jedoch ein Mäuslein: Zwölf Seiten mit 34 Paragrafen und weiteren 66 Seiten Begründung.

Der Begründungsteil – im Referentenentwurf übrigens über 87 Seiten lang – ist eine sehr lohnende Lektüre, wirklich sehr empfehlenswert. Da findet man kulturpolitische Grundsätze. Da wird die Landesverfassung mit dem Staatsziel „Kulturförderung“ interpretiert, die Verbindung von Kultur und Bildung festgestellt, da wird auf die Ergebnisse der EnqueteKommission Kultur des Bundes zurückgegriffen – aber eine verlässliche und verbindliche Grundlage für die Kulturförderung ist das, was hier auf dem Tisch liegt, ganz sicher nicht.

Denn die 34 Paragrafen auf zwölf Seiten bieten nicht mehr als Absichtsbekundungen und Feststellungen des seit Jahrzehnten Geübten. Das ist überhaupt kein Gesetz, das wir hier beschließen. Es ist kein Gesetz, denn es hat überhaupt keinerlei Verbindlichkeit.

Der Abschnitt „Kosten“ in der Einleitung sagt das ganz unverblümt. Ich empfehle sehr die Lektüre des Abschnitts „Kosten“, Buchstabe D. Da heißt es:

„Dieses Gesetz begründet keine subjektiven Rechte Einzelner, insbesondere keine Ansprüche auf Landesförderung.“

Wenn man diesen Satz gelesen hat, kann man sich im Grunde den Rest schenken. Genau das sollte dieses Gesetz doch leisten! Der Finanzminister hat sich jedoch auf ganzer Linie durchgesetzt.

Aber nicht nur der Finanzminister, sondern auch der Innenminister hat sich durchgesetzt; denn eines der groß diskutierten Themen war immer die Frage nach der Rahmensetzung für Kulturausgaben in Haushaltssicherungskommunen. Da gibt es gute

Vorschläge, Kollegin Freimuth, darüber haben wir lange debattiert. Aber nein, nichts – nicht einmal den Anschein davon! Alles bleibt bei der gegenwärtigen Situation, dass Kultur der gefährdete Bereich bei Haushaltssicherungskommunen ist.

Sogar der Bauminister hat offensichtlich gemauert. In § 20 sollte die Kunst am Bau wieder zur Regel gemacht werden. Das heißt normalerweise – in vielen Kommunen und Ländern gilt das auch noch –, dass die Bauherren 1 % der Bausumme für künstlerische Ausstattung oder Ergänzung einplanen müssen.

(Mehrdad Mostofizadeh [GRÜNE]: Wer zahlt das denn, Herr Dr. Sternberg?)

Herr Mostofizadeh, Sie können gerne eine Zwischenfrage stellen, ich gehe darauf immer gerne ein. – Im Gesetzentwurf steht aber tatsächlich ernsthaft, dass die Kulturabteilung die Mittel dafür bereitstellen soll. Das ist angesichts dieser Miniaturetats ein Treppenwitz.

Dafür schießt dieser schmale Text an anderen Stellen sogar über das Ziel hinaus. Die Förderung kultureller Bildung ist inzwischen ein solches Megathema, dass es wohl keinen einzigen Fachpolitiker mehr gibt, der nicht kulturelle Bildung für außerordentlich wichtig hielte.

Wenn aber Maßnahmen der kulturellen Bildung zur Voraussetzung für jedwede Förderung gemacht werden, dann geht das deutlich zu weit. Außerdem wird der Bildungsbegriff unangemessen auf Kinder und Jugendliche verengt.

Andererseits gibt es bereits lange Geübtes: Die Berichterstattung über Kulturförderung hat Staatssekretär Grosse-Brockhoff 2008 eingeführt, mit Unterstützung der KuPoGe, weitergeführt nach 2010 in verringerter Form. Der Kulturplan – durchaus vernünftig. Aber alles das scheitert an den Grenzen des Verfassungsrechts, wenn man es dann konkretisieren will. Auch die Festbetragsförderung ist eine wichtige Sache. Das alles sind Dinge – sofern sie sich im Rahmen des bisher gesetzlich Normierten bewegen –, die man auch ohne Weiteres außerhalb einer gesetzlichen Grundlegung hätte regeln können.

Zudem: Kulturpolitik ist mehr als Fördertechnik. Wir müssen Kulturpolitik auch als Ordnungspolitik begreifen. Wir regen an, bei Gesetzesvorhaben eine Kulturverträglichkeitsprüfung einzuführen, so wie es im Bund seit einiger Zeit üblich ist.

Ich komme zum Schluss. Worüber wir diskutieren, das ist kein Gesetz, denn es regelt nichts und hat keine Verbindlichkeiten. Was hier vorliegt, ist ein Besinnungsaufsatz zur Kulturpolitik.

(Zuruf von der SPD: Besinnungsaufsatz?)

Aber Kulturpolitik hat im Lande zurzeit keine Konjunktur. Erst wenn Kultur und Politik zu deren Er

möglichung wieder ernst genommen werden, dann kann sich auch an den finanziellen Bedingungen und den gesetzlichen Festlegungen etwas verbessern. In der Regierung Kraft ist das aber nicht der Fall. – Vielen Dank.

(Beifall von der CDU und der FDP – Verein- zelt Beifall von den GRÜNEN)

Vielen Dank, Herr Kollege Sternberg. – Für die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen erteile ich Herrn Kollegen Keymis das Wort.

Vielen Dank. – Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich will zunächst beginnen mit einem Dank an die Fraktionen von SPD und Grünen, und zwar dafür, dass sie im Sommer 2011 bereit waren, auf den Vorschlag ihrer Kulturpolitiker einzugehen und den Antrag einstimmig zu unterstützen, ein solches Gesetzeswerk von der Regierung gemeinsam anzufordern.

Es war gut, dass wir das am 12. Juli 2011 gemeinsam beschlossen haben. Wir hatten vorher schon im Rahmen der Koalitionsvereinbarungen 2010 darüber diskutiert. 2012 gab es dann Neuwahlen; entsprechend hatten wir alle genügend Zeit, uns mit diesem Gedanken zu befassen.