Protocol of the Session on September 10, 2014

Verwiesen wird von den Verantwortlichen des Landes nach dem bekannten Muster auf den Bund, bei dem offensichtlich Geld in Fülle vermutet wird. Dabei wird dort nur ordentliche Finanzpolitik gemacht, und die Zuständigkeit ist dort sicher nicht. All das ist ein blamables Bild. Wie sehr ist eigentlich diese

Landesregierung am Ende? Nach dem Orkan Kyrill hat die damalige schwarz-gelbe Landesregierung 110 Millionen € Soforthilfe zur Verfügung gestellt und trotzdem im Folgejahr einen Landeshaushalt mit dem Ergebnis einer schwarzen Null vorgelegt.

Wir haben vorhin über einen Fonds gesprochen, der künftige Fälle betrifft. Wir brauchen für die aktuelle Situation jetzt konkrete Zahlen. Es muss konkrete Hilfen für Kommunen geben, die nur durch strenge Haushaltsdisziplin und hartes Sparen die Haushaltssicherung bislang abwenden konnten. Wenn sie mit diesen Kosten allein gelassen werden, ist der normale Haushalt nicht mehr zu stemmen.

Deswegen appelliere ich an die Ministerpräsidentin: Nehmen Sie die Verantwortung für das ganze Land wahr! Schieben Sie nicht alles auf den Bund! Lassen Sie die Städte Greven und Münster nicht im Stich! Nennen Sie endlich konkrete, wirksame Zahlen der Hilfe! – Vielen Dank.

(Beifall von der CDU)

Vielen Dank, Herr Prof. Dr. Sternberg. – Für die SPD-Fraktion spricht der Abgeordnete Marquardt.

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Das Unwetter, das die Stadt Münster und die Stadt Greven am späten Abend des 28. Juli traf, war das schwerste in der Geschichte der beiden Städte: Zwischen 19 und 23 Uhr fiel die Rekordmenge von 296 l/m², die höchste jemals in Deutschland gemessene Regenmenge.

Der Gesamtschaden wird auf über 300 Millionen € taxiert, die Schäden an kommunalen Einrichtungen auf weit über 30 Millionen € in Münster und knapp 10 Millionen € in der Stadt Greven. Manches ist durch Elementarschadenversicherungen abgedeckt, vieles leider nicht. Viel schwerer als die Sachschäden, so dramatisch diese auch sind, wiegt jedoch der Verlust von zwei Menschenleben.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, ich möchte auch an dieser Stelle allen hauptamtlichen und ehrenamtlichen Helfern von Feuerwehr, THW, Polizei, Rettungsdiensten, Abfallwirtschaftsbetrieben, den vielen Bürgerinnen und Bürgern danken, die ihren Nachbarn, Freunden und Familien, aber auch völlig fremden Menschen in den Tagen des Unwetters beim Kampf gegen die Wassermassen und bei der Beseitigung der Unwetterschäden geholfen haben.

(Beifall von der SPD und der FDP)

Alleine in Münster waren mehr als 100 Kräfte des Technischen Hilfswerks und 3.500 Feuerwehrkräfte im Einsatz. Nahezu sämtliche Berufsfeuerwehren des Landes Nordrhein-Westfalen waren vor Ort. Das Unwetter hat uns im Münsterland gezeigt: Die

Katastrophenhilfe des Landes funktioniert hervorragend. Im Ernstfall können wir auf die Hilfe unserer Rettungskräfte bauen. Mein Dank gilt deshalb dem Innenministerium und seinen Mitarbeitern, aber auch den vielen hundert freiwilligen Helfern, die sich bei Facebook zur Initiative „Regen in Münster“ zusammengefunden haben. Ein ganz herzliches Dankeschön an diese ehrenamtlichen Helfer!

Liebe CDU-Fraktion, gestern hat Ihr Fraktionsvorsitzender so wie mein Vorredner auch bemängelt, dass die Landesregierung nicht vor Ort gewesen sei. Die Landesregierung war vor Ort! Wo aber waren Sie, Herr Laschet, wo war die Opposition? Außer meinem Vorredner habe ich von der Opposition niemanden vor Ort gesehen.

Die Minister Groschek, Jäger und Frau Schulze sowie unsere Ministerpräsidentin Hannelore Kraft waren anlässlich des Unwetters in Münster und haben im Gespräch mit den betroffenen Oberbürgermeistern der Städte Münster und Greven schnelle und unbürokratische Hilfe zugesagt, nach dem Motto: Gründlichkeit geht vor Schnelligkeit.

(Lukas Lamla [PIRATEN]: Katastrophentou- rismus!) : Wir werden beiden betroffenen Kommunen nach dem Gemeindefinanzierungsgesetz Hilfen zukommen lassen. Die zuständigen Fachministerien überprüfen in ihren jeweiligen Verantwortungsbereichen, welche Hilfen man den Kitas, Schulen und anderen Einrichtungen geben kann. Die NRW.BANK wird den Bürgern, die nicht versichert sind, zinsgünstige Darlehen zukommen lassen. Wir werden zukünftig aber auch der Prävention vor zukünftigen Unwetterschäden eine höhere Bedeutung beimessen müssen. Ich war noch in der vergangenen Woche in einem schwer geschädigten Neubaugebiet in Münster-Nienberge. Dort stehen junge Familien teilweise vor dem Ruin. Die größte Sorge vor Ort ist, dass so etwas noch einmal passiert. Nur die deutliche Verbesserung des Wasserabflusses kann hier die Gefahr für die Zukunft bannen. (Karlheinz Busen [FDP]: Das müssen Sie Herrn Remmel sagen!)

Das war eine wichtige Bemerkung. Dem Klimaschutzplan, der zurzeit in der Überarbeitung ist, wird gerade in Münster mit sehr viel Zuversicht entgegengesehen. Danke für diesen Hinweis.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, es freut mich auch, dass zwischenzeitlich die Finanzämter der betroffenen Städte signalisiert haben, dass die Beseitigung der Unwetterschäden – natürlich abhängig von der Prüfung im Einzelfall – auch steuerlich geltend gemacht werden kann. Vielen Dank an die Finanzämter für diese zugesagte Hilfe.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, abschließend: Zusätzlich hätte ich mir auch noch Hilfe vom Bund er

wartet, und zwar nicht nur für den Regen in Münster, sondern auch für die von Ela betroffenen Kommunen. Es gibt einen Fluthilfefonds, von dem wir heute ziemlich sicher wissen, dass nicht das gesamte Geld gebraucht wird. Trotzdem lehnt Herr Schäuble mit Verweis auf die Regularien die Hilfe ab.

Wir sagen: Dann müssen die Regularien mit den anderen Bundesländern gemeinsam weiterentwickelt werden. NRW war solidarisch, als die anderen Länder mit den Fluten zu kämpfen hatten. Nun wünsche ich mir die gleiche Solidarität auch für Nordrhein-Westfalen. – Danke schön.

(Beifall von der SPD)

Vielen Dank, Herr Kollege Marquardt. – Für die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen spricht Herr Kollege Krüger.

Herr Präsident! Meine Damen, meine Herren! Liebe Kolleginnen, liebe Kollegen! Nachdem ich die Beiträge gehört habe, frage ich mich: Wo sind wir eigentlich? – Wenn es darum geht, wer wo an dem Tag war, als der große Regen in Münster kam, kann ich das für meinen Teil beantworten: Ich war auf der A1, etwa auf Höhe des Münsteraner Kreuzes, ein wenig später, nachdem der große Regen eingesetzt hatte, und habe auch einiges miterlebt.

Ich habe etwas nicht verstanden: Wir haben unter dem vorhergehenden Tagesordnungspunkt gerade eine Diskussion zu einem gleichartigen Thema gehabt.

Wenn man sich den Antrag der CDU-Fraktion ansieht, stellt man fest: Im Grundsatz werden die gleichen inhaltlichen Forderungen gestellt.

Ich hätte mir gewünscht, wir hätten dies zusammen behandelt. Dazu war die CDU-Fraktion nicht bereit. Insofern ist alles gesagt worden, was zu sagen war. Ich verweise von daher auf meine Ausführungen zum vorgenannten Tagesordnungspunkt und bitte, sie zu diesem Tagesordnungspunkt zu Protokoll zu nehmen.

Angesichts der fortgeschrittenen Zeit möchte ich Ihnen weitere Ausführungen ersparen. – Vielen Dank.

Vielen Dank, Herr Kollege Krüger. – Für die FDP-Fraktion spricht Herr Kollege Höne.

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich habe mich gerade, Herr Kollege Marquardt, ein bisschen an den Austausch von Pressemitteilungen der beiden Volksparteien in Münster erinnert, etwa an die Fragen: Wer war ei

gentlich als Erstes wo? Wer hat mehr Hände geschüttelt? Wer hat selbst am meisten Wasser im Keller gehabt und am meisten wegschüppen müssen? – Das waren die Pressemitteilungen.

Ich glaube, die CDU hatte gesagt: Von den warmen Worten der Landesregierung sei noch kein Keller getrocknet. – Von der SPD kam dann die Pressemitteilung, von diesem Parteigeplänkel der CDU sei noch kein Keller getrocknet. Beides stimmt.

Das Problem ist nur, dass gerade durch solche Dinge nicht nur keine Keller getrocknet sind, sondern dass vor allem die Politikverdrossenheit gestiegen ist und trotzdem niemandem geholfen wurde.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, in der Tat müssen wir uns fragen, ob wir und insbesondere unsere Kommunen in der Lage sind, die Folgen derartiger Unwetterereignisse zu bewältigen. In der vorangegangenen Debatte war das auch schon Thema.

Herr Minister Jäger, ich stimme Ihnen vom Prinzip her zu, dass natürlich das Helfen und die Infrastruktur dahinter sehr gut funktionieren. Aber Feind des Guten ist bekanntermaßen das Bessere.

Ich verweise kurz auf eine Kleine Anfrage, die wir gestellt hatten. Laut Medienberichten waren nicht alle Notrufe durchgegangen, sondern wurden nach Düsseldorf und von dort nach Bielefeld weitergeleitet. Von Bielefeld aus ging das Ganze über private Kontakte per WhatsApp zurück nach Münster, um darauf hinzuweisen, dass entsprechende Faxe... per Fax nach Düsseldorf, per Fax nach Bielefeld, dann abfotografiert, dann per WhatsApp wiederum nach Münster. Das waren möglicherweise Einzelfälle.

Ich will damit nur sagen: So gut die Dinge jetzt hier gelaufen sind – es lohnt sich immer, genauer hinzuschauen und zu überlegen, wo wir bei zukünftigen Großschadensereignissen noch besser werden können.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, ich finde sehr gut – der Kollege Sternberg hat das gerade schon angesprochen –, dass gerade Münster als Stadt, die sehr stark betroffen war, schnell, flexibel und unbürokratisch mit den Soforthilfen reagiert hat. Fast 5 Millionen € wurden ausgezahlt. Das war genau richtig, um schnelle Abhilfe zu schaffen, aber das zeigt auch noch einmal – gerade auch mit Blick auf die Diskussionen in Münster um den städtischen Haushalt –, dass die Kommunen diese großen Lasten nicht allein und mal eben so schultern können.

Darum – das wiederhole ich an dieser Stelle noch einmal –: Die Forderung nach entsprechenden Soforthilfen und einem Soforthilfeprogramm des Landes ist absolut richtig.

Auch der zweite Punkt, liebe Kolleginnen und Kollegen der CDU, im Beschlussteil Ihres Antrags, Kindertagesstätten, Schulgebäude usw. schnellstmög

lich vollständig zu reparieren, findet natürlich unsere volle Unterstützung.

Es hakt am dritten Punkt – das habe ich vorhin schon einmal gesagt –, nämlich an der Fondslösung. Statt einer Fondslösung müssen unserer Meinung nach die Kommunen in die Lage versetzt werden, eigenverantwortlich und individuell Vorsorge zu treffen; also noch einmal die Themen „Elementarschadenversicherung“ oder „Bildung von Rücklagen“.

Ich wünsche mir und die FDP wünscht sich eigenständige selbstbewusste Kommunen mit einer starken kommunalen Selbstverwaltung. Der regelmäßige Ruf nach finanzieller Unterstützung vom Land läuft meiner Meinung nach dieser starken Selbstverwaltung immer ein Stück weit zuwider. Umso mehr gibt es Grund, sich die finanzielle Ausstattung der Kommunen anzuschauen.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, wir befinden uns seit gestern wieder in den Haushaltsberatungen. Als Parlament haben wir insbesondere in den nächsten Wochen wieder die Gelegenheit, unter anderem das Gemeindefinanzierungsgesetz zu modifizieren, um den Kommunen eine Finanzierung zu geben, die ihren Bedürfnissen entspricht. Wir haben den richtigen Hebel ganz aktuell in der Hand. Eine zusätzliche Fondslösung, die gefordert wurde, brauchen wir darum nicht.

Diese Feststellungen fehlen leider im Antrag der CDU vollständig.

Die Punkte 1 und 2 in Ihrem Beschlussteil tragen wir inhaltlich mit. Einer weiteren Überfrachtung des Gemeindefinanzierungsgesetzes, die die CDU mit dem Fonds fordert, können wir allerdings nicht zustimmen. Das habe ich näher beim vorangegangenen Tagesordnungspunkt ausgeführt. Wir werden uns beim Antrag der CDU darum der Stimme enthalten.

Zugleich werbe ich natürlich um Zustimmung zu unserem Entschließungsantrag, der die aktuelle Verantwortung des Landes für Soforthilfen beinhaltet und diese mit einer starken sowie individuellen selbstbewussten kommunalen Eigenverantwortung und Selbstverwaltung kombiniert. – Vielen Dank.

(Beifall von der FDP und der CDU)

Vielen Dank, Herr Kollege Höne. – Für die Fraktion der Piraten spricht Herr Kollege Sommer.

Vielen Dank, Herr Präsident! – Liebe Kolleginnen und Kollegen im Saal! Liebe Menschen im Stream und auf der Tribüne! Zu den Anträgen von CDU und SPD haben wir beim letzten Tagesordnungspunkt schon vieles gesagt. Ich möchte mich da dem Kollegen Krüger

anschließen: Da gelten die identisch vorgebrachten Argumente auch zu diesem Tagesordnungspunkt.

Zum Antrag der FDP möchte ich allerdings – mit Blick auf individuelle Risikovorsorge bzw. die individuellen Rücklagen, die die Kommunen bilden sollen und die entsprechend ausgestattet werden sollen – sagen: So funktioniert eine Versicherung auf Gegenseitigkeit halt nicht. Ich weiß auch nicht, ob es unbedingt sinnvoll ist, für den Fall von örtlich begrenzten Großschadensereignissen alle fast 400 Kommunen so auszustatten, dass sie einzeln immer eine Risikorücklage haben, um solche Großschadensereignisse abzufedern. Das würde bedeuten, viel Geld auf Halde zu legen, das nicht gebraucht wird.