Protocol of the Session on September 10, 2014

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich begrüße Sie ganz herzlich zu unserer heutigen, der 66. Sitzung des Landtags NordrheinWestfalen. Mein Gruß gilt unseren Gästen auf der Zuschauertribüne sowie den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern der Medien.

Für die heutige Sitzung haben sich neun Abgeordnete entschuldigt; ihre Namen werden wie üblich in das Protokoll aufgenommen.

Vor Eintritt in die Tagesordnung möchte ich Ihnen gerne Folgendes mitteilen:

Mit der Vorlage 16/2178 wurde am 10. September 2014 ein Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung gegen den Landtag Nordrhein-Westfalen verteilt. Der Abgeordnete Fricke beantragt eine solche wegen der Behauptung des Antragstellers, der Antragsgegner habe seine verfassungsrechtliche Stellung verletzt, indem er ihn von der Teilnahmeliste für eine Informationsreise der Parlamentariergruppe NRW-Türkei gestrichen habe. Der Landtag ist aufgefordert, bis zum 12. September 2014 Stellung zu nehmen. Der zuständige Rechtsausschuss hat heute in einer außerterminlichen Sitzung eine entsprechende Beschlussempfehlung verabschiedet; sie liegt in Kürze vor.

Zur Wahrung der vom Verfassungsgerichtshof vorgegebenen Frist bitte ich um Ihr Einverständnis, die Tagesordnung um einen neuen TOP 2 wie folgt zu ergänzen:

Organstreitverfahren des Landtagsabgeordneten Stefan Fricke gegen den Landtag Nordrhein-Westfalen wegen der Behauptung des Antragstellers, der Antragsgegner habe seine verfassungsrechtliche Stellung verletzt, indem er ihn von der Teilnehmerliste für eine Informationsreise der Parlamentariergruppe NRW-Türkei gestrichen habe

hier: Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung

VerfGH 26/14 Vorlage 16/2178

Beschlussempfehlung des Rechtsausschusses Drucksache 16/6760

Eine Debatte hierzu soll nicht vorgesehen sein.

Ich frage, ob Sie mit der Änderung der Tagesordnung so einverstanden sind. – Es erhebt sich kein Widerspruch. Dann ist die Tagesordnung so geändert, und wir haben einen neuen Tagesordnungspunkt 2.

Wir treten nun in die Tagesordnung ein.

Zunächst rufe ich auf Tagesordnungspunkt

1 Hochschulzukunftsgesetz (HZG NRW)

Gesetzentwurf der Landesregierung Drucksache 16/5410

zweite Lesung

In Verbindung mit:

Wissenschaftsgesetz (WissG NRW)

Gesetzentwurf der Fraktion der PIRATEN Drucksache 16/5747

Beschlussempfehlung und Bericht des Ausschusses für Innovation, Wissenschaft und Forschung Drucksache 16/6694

Entschließungsantrag der Fraktion der FDP Drucksache 16/6748

Entschließungsantrag der Fraktion der SPD und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN Drucksache 16/6751

Entschließungsantrag der Fraktion der CDU Drucksache 16/6761

zweite Lesung

Ich eröffne die Aussprache und erteile Herrn Kollegen Schultheis von der SPD-Fraktion das Wort.

Verehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Meine Damen und Herren! Das Hochschulzukunftsgesetz, das wir heute hier im Plenum beschließen werden, reiht sich ein in die Hochschulreformen von SPD und Bündnis 90/Die Grünen der Jahre 2000 und 2004 und auch der schwarz-gelben Koalition des Jahres 2007, da wesentliche Bestandteile der Grundsatzentscheidungen von 2007 in dieser Reform Bestand haben werden.

In mehreren Reformschritten wurde die Hochschulautonomie seit 2000 erweitert.

Mit der Hochschulreform der schwarz-gelben Landesregierung wurden die Hochschulen schließlich als Körperschaften öffentlichen Rechts verselbstständigt, und das Personal wurde aus dem Landesdienst entlassen. Hieraus resultiert, dass diese Novelle der schwarz-gelben Landesregierung eine Reihe von Webfehlern hat, die nun mit dem Hochschulzukunftsgesetz behoben werden.

Die Schwerpunkte der aktuellen Reform sind ein Spiegelbild der gesellschaftlichen Herausforderung, der wir uns und der sich auch unsere Hochschulen

stellen müssen. Ich möchte die zentralen Reformansätze hier noch einmal ansprechen.

Erstens: Stärkung der öffentlichen Verantwortung im Hochschulzukunftsgesetz mit dem Landeshochschulentwicklungsplan, für den Landtag, Landesregierung und Hochschulen gemeinsam Verantwortung übernehmen werden, und die sehr intensiv diskutierten Rahmenvorgaben, deren Grundsätze hier im Parlament beschlossen werden.

Der zweite wichtige Schwerpunkt betrifft das Thema „Erfolgreich studieren“. Sie alle mögen sich noch an die Bildungsstreiks erinnern, als die Studierenden in sehr großer Zahl auf die Straße gegangen sind – auch hier vor den Landtag – und dafür demonstriert haben, die Rahmenbedingungen der BolognaReform so zu setzen, dass ein Studium für viele erfolgreich möglich ist.

Hierzu bietet das Gesetz neue Möglichkeiten: indem die Studierenden auch an der Entwicklung der Prüfungsordnungen beteiligt werden, indem paritätisch besetzte Studienkommissionen an den Hochschulen eingerichtet werden können. Schlussendlich werden auch die Beteiligungsrechte in den Gremien der Hochschulen dazu führen, dass ein erfolgreiches Studium organisiert werden kann.

„Diversität“ ist in dieser Zeit ein wichtiges Schlagwort in unserer Gesellschaft, die sich immer stärker ausdifferenziert, was sich auch in unserer Hochschulen widerspiegelt. Deshalb ist es wichtig, die Durchlässigkeit im Studium zu verbessern und auch die Möglichkeit eines Teilzeitstudiums einzuführen. Das wird durch diese Gesetzesnovelle ermöglicht.

Ein ganz zentraler Punkt ist das Thema „Gute Arbeit“. Es mehren sich die Medienberichte zum Thema „Prekäre Beschäftigungsverhältnisse an unseren Hochschulen und schlechte Zukunftschancen junger Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler“. Durch den Kodex „Gute Arbeit“ soll auch hier eine Verbesserung ermöglicht werden. Ich gehe davon aus, dass zwischen den Vertragspartnern des Kodex „Gute Arbeit“ in naher Zukunft ein Ergebnis erzielt wird. Das ist eine wichtige Voraussetzung dafür, dass wir für unsere Hochschulen gutes Personal gewinnen und natürlich auch halten können. Die Qualität der Beschäftigungsbedingungen ist wohl mit am ausschlaggebendsten für die Zukunftsfähigkeit unserer Hochschulen, auch im Wettbewerb mit anderen Bundesländern.

Demokratie ist nicht on top, sondern Demokratie ist das, was unsere Gesellschaft begründet. Deshalb ist es wichtig, dass diejenigen, die später Führungskräfte in unserer Gesellschaft sind, auch während ihrer Ausbildung in den Hochschulen Demokratie erfahren und mitgestalten können. Das, was sie dort an demokratischer Mitbestimmung und Mitwirkung erfahren, nehmen sie nachher in ihr berufliches Leben mit. Deshalb war es richtig, auch die Befugnis

se der einzelnen Hochschulorgane im Verhältnis zueinander neu zu gewichten.

Das Thema „Gleichstellung von Frauen und Männern“ ist ebenfalls in der gesamten Gesellschaft von großer Bedeutung, auch wenn es darum geht, Fachkräfte in allen Bereichen zu gewinnen: in der Wirtschaft, in der Verwaltung, in der Kultur, in der Gesellschaft insgesamt. Deshalb ist die Einführung des Kaskadenmodells als ein Beispiel zur Verstärkung der Gleichstellung in diesem Gesetz von herausragender Bedeutung.

Meine Damen und Herren, das Thema „Transparenz“ ist hier im Landtag, insbesondere im Kontext mit den Transparenzregeln für die Drittmittelforschung, aber auch im Zusammenhang mit der unzulässigen Veröffentlichung der Besoldung der Rektoren, diskutiert worden. Hier wollen wir für klare Verhältnisse sorgen. Transparenz ist, wie für die Parlamentarier, ein Gebot der Stunde in Verwaltung, Wirtschaft und Gesellschaft. Deshalb werden auch hier die Rahmenbedingungen verbessert. Ich bin der festen Überzeugung, dass gerade dies ein Beitrag dazu sein wird, Bürokratieabbau zu betreiben; denn Landesregierung und Hochschulen werden sich hier auf einheitliche Standards einigen.

Eine zentrale Frage beim Hochschul- und Wissenschaftssystem ist: Wie wirken die unterschiedlichen Hochschulsysteme zusammen, und wie wirken sie mit den Einrichtungen der außeruniversitären Forschung zusammen?

Auch hier werden neue Wege eröffnet, deren Ende wir zwar noch nicht kennen; aber wir wissen, dass es hier eine engere Zusammenarbeit geben muss.

Ganz wichtig ist, dass es für die Fachhochschulabsolventinnen und -absolventen einen diskriminierungsfreien Zugang zur Promotion geben muss. Das wollen wir mit dem Hochschulgesetz garantieren.

(Beifall von der SPD und den GRÜNEN)

Wir werden auch sehr genau beobachten, wie dieser Grundsatz umgesetzt wird, meine Damen und Herren. – Das Gleiche gilt natürlich auch für die am Prüfungsprozess beteiligten Professorinnen und Professoren.

Damit sind die zentralen Punkte dieser Reform aus meiner Sicht noch einmal bewertet.

Eine Vielzahl von Gesprächen und Anhörungen zu einschlägigen Anträgen und schließlich die Anhörung zum Gesetzentwurf selbst haben wir seitens der SPD, aber auch seitens der Regierungskoalition sorgfältig ausgewertet und die Ergebnisse in einem Änderungsantrag, der mit der Landesregierung im Dialog entwickelt wurde, zusammengefasst.

(Zuruf von der FDP: Offenen Dialog!)

Auch offenen Dialog, ja, lieber Kollege. So sind wir. Das sind unsere demokratischen Usancen. –

Der Änderungsantrag ist in die Beschlussfassung des Fachausschusses eingeflossen. Wir werben dafür, dass Sie dieser Beschlussempfehlung zustimmen.

Den Entschließungsanträgen von FDP und CDU können wir nicht zustimmen, alldieweil dort keine neuen Argumente aufgeführt werden.

Den Gesetzentwurf der Piraten lehnen wir ebenfalls ab, wiewohl da an der einen oder anderen Stelle etwas Vernünftiges steht. Aber es ist insgesamt kein schlüssiges Konzept.