Das haben Sie erklärt. Sie haben es nicht hineingenommen am Dienstag, als Sie es beschlossen haben. Dann hat Ihr Staatssekretär, Frau Ministerpräsidentin, die gesamte LPK bespielt und erklärt: Das geht juristisch gar nicht, das kann man so nicht machen. – Johannes Rau hat das dreimal gemacht. Johannes Rau hatte mehr Sensibilität für diese Themen, als Sie sie haben.
Sie haben es erst auf unseren Druck hin gemacht. Wir haben Ihnen den Antrag geschrieben, und drei Stunden später ist die Regierung eingeknickt.
Sie haben es selbst miterlebt. Sie waren im Kabinett von Peer Steinbrück. Da hat man es auch gemacht. Es ist eine Dreistigkeit, wenn sich ein Regierungssprecher hinstellt und erklärt: Es geht juristisch nicht. – Dann schreibt die CDU den Antrag, und drei Stunden später geht es juristisch wohl. So kann man nicht mit juristischen Begriffen, so kann man nicht mit der Öffentlichkeit und so kann man nicht mit Journalisten umgehen, wie Sie es in den letzten Wochen rund um dieses Thema gemacht haben.
Und jetzt kommt das Zweite. Da kann ich nur hoffen, Frau Ministerpräsidentin, dass die „Westfälischen Nachrichten“ Sie da falsch zitieren. Sie waren in einem Forum in Havichhorst. Da hat man Sie gefragt: Sagen Sie mal, Frau Ministerpräsidentin, warum kommen Sie eigentlich nicht, wenn im Münsterland eine riesige Katastrophe ist und alles unter Wasser steht? – Die Antwort der Ministerpräsidentin ausweislich dieses Zeitungsberichtes – ich kann nicht glauben, dass es stimmt, aber ich lese es Ihnen vor –:
Frau Ministerpräsidentin! Jeder Minister, jeder Ministerpräsident muss, wenn in Nordrhein-Westfalen etwas passiert, über das Lagezentrum des Innen
ministers in jeder Minute erreichbar sein. Erklären Sie: Ist es wirklich wahr, dass Sie in einer solchen Lage eine Woche lang für niemanden erreichbar sind?
Nach Münster sind Sie fünf Wochen später gegangen. Unsere Kollegen aus dem Münsterland haben Ihnen in einem Antrag einen Weg gewiesen, wie man denn Gelder in die Katastrophengebiete, ins Münsterland bringen kann.
Sie haben es nicht gemacht. Ihre Ministerpräsidentin war ja nicht erreichbar. Dann müssen es -wie bei all den anderen Themen – unsere Kollegen machen. Sie haben gesagt, Sie wollen eine anständige Opposition haben. Wir machen andauernd Ihren Job. Wir würden uns allerdings wünschen, dass wir irgendwann auch einmal eine anständige Regierung haben, die das tut, was Menschen von ihr erwarten: sich um die Sorgen kümmern, vor Ort sein, seriöse Haushalte vorlegen,
die Verfassung einhalten – eigentlich Minimalvoraussetzungen, die Sie nicht in der Lage sind zu leisten. Und das ist unsere Kritik am heutigen Tag.
Vielen Dank, Herr Kollege Laschet. – Als nächster Redner spricht zu uns der Vorsitzende der SPD-Landtagsfraktion, Norbert Römer.
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Kolleginnen und Kollegen! Lieber Herr Laschet! Sehr geehrter Herr Oppositionsführer! Es ist selbstverständlich Ihre Aufgabe, die Regierung anzugreifen, die Politik der Koalition zu kritisieren. Selbstverständlich darf man dabei auch polemisieren, auch übertreiben.
Ich verstehe Sie sogar, dass Sie für diese Debatte den Plastikhammer aus Ihrer rhetorischen Spielzeugkiste herausgenommen haben. Schließlich muss man ja, Herr Kollege Laschet, den eigenen Leuten hin und wieder auch zeigen, dass man ein taffer Politiker mit Führungsqualitäten sein kann, zumal dann, Herr Kollege Laschet, wenn es auch Zweifler in den eigenen Reihen geben sollte.
Ich habe gehört, dass Sie sich wochenlang auf diese Rede vorbereitet haben. Ich war gespannt, was Sie hier denn sagen würden. Ich bin von einer Enttäuschung in die andere gefallen. Wie man eine solche Rede, die man wochenlang vorbereitet, so versemmeln kann, Herr Kollege Laschet, das ist schon atemberaubend.
Verräterisch ist – das war am Ende in Ihrer Rede zu hören –, dass Ihnen mittlerweile kein Populismus mehr zu unappetitlich ist, als dass Sie ihn nicht doch noch von der Straße kratzen würden.
Der Regierung zu unterstellen, sie hätte die notwendige Sensibilität nicht gehabt, Herr Kollege Laschet,
das ist dünnes Eis, auf das Sie sich begeben. Sie bedienen damit dieses abgegriffene Klischee von Politikern als einer Kaste, die sich selbst immer nur am Nächsten ist. Haben Sie das, Herr Kollege Laschet, wirklich nötig? Das verrät doch mehr über Sie als über diese Regierung, meine Damen und Herren.
Die Wahrheit ist – ich will das gerne aufnehmen –: In der Vergangenheit verzichteten viele Regierungen auf die Erhöhung der eigenen Bezüge. Sie verzichteten immer dann, wenn sie dem öffentlichen Dienst oder Empfängern von Landesleistungen harte Entscheidungen aufgebürdet haben. Das waren aber, Herr Kollege Laschet, ausschließlich sozialdemokratische und rot-grüne Regierungen.
Die Regierung Rüttgers, der Sie angehört haben, hat einmal das Weihnachtsgeld ausgelassen; aber sie hat kein einziges Mal auf eine Erhöhung ihrer Bezüge verzichtet – kein einziges Mal –, und dabei gab es in Ihrer Regierungszeit, Herr Kollege Laschet, mehr als einen Anlass für einen solchen Verzicht. Doch zu einem Signal der Empathie, der Verantwortung und der Solidarität waren Sie nie bereit. Auch das gehört zur Wahrheit mit dazu. Das müssen Sie jetzt hier ertragen.
Ich füge hinzu, Herr Kollege Laschet: Ihre Rede mit all den falschen Hinweisen, die Sie auch hier gegeben haben, reiht sich nahtlos ein in das, was Sie seit längerer Zeit betreiben. Sie malen ein Bild Nordrhein-Westfalens, das ganz viel mit einem Hieronymus-Bosch-Gemälde, aber nichts mit der Realität zu tun hat.
Glauben Sie wirklich, Herr Kollege Laschet, dass Sie umso schöner werden, je hässlicher Sie das Land erscheinen lassen? Mit Verlaub, dem ist nicht so. Da irren Sie ganz gewaltig, Herr Kollege Laschet.
Meine Damen und Herren, wir wissen es: Nordrhein-Westfalen steht vor großen Herausforderungen, auch finanzpolitischen. Ich komme gleich darauf zurück.
Zunächst einmal gilt es, eines klar herauszustellen: Nordrhein-Westfalen ist ein starkes Land, ein sehr starkes Land, meine Damen und Herren,
mit leistungsstarken Frauen und Männern, im Übrigen auch mit leistungsstarken Frauen und Männern im Landesdienst.
Um zu einer realistischen Einschätzung der eigenen Stärken und Schwächen zu kommen, hilft oft der objektive Blick von außen, zum Beispiel jener des Foreign Direct Investment Magazine, eines britischen Wirtschaftsmagazins, das nicht im Verdacht steht, der Labour Party nahezustehen.
Es ist eine Fachzeitschrift für die Londoner City, also eher eine Lektüre, Herr Kollege Lindner, für Ihr Milieu: Oder müsste ich besser „Ihr abhanden gekommenes Milieu“ sagen?
Das FDI ermittelt regelmäßig die europäische Zukunftsregion Nummer eins. Der Gewinner der letzten Erhebung ist weder der Großraum London noch der Großraum Paris. Die Nummer eins ist nicht der Kanton Zürich oder eines der skandinavischen Wirtschaftszentren. Die wirtschaftliche Zukunftsregion Nummer eins in Europa ist Nordrhein-Westfalen.
Warum? – Unser Land gehört in allen Vergleichskategorien zur europäischen Campions League. Wirtschaftspotenzial und Infrastruktur, Investitionsklima und Wirtschaftsfreundlichkeit der Politik und nicht zuletzt die herausragenden Qualifikationen der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer machen NRW zur Zukunftsregion Nummer eins.
Kein anderes deutsches Bundesland schafft es unter die Top 25, Herr Kollege Laschet: nicht Bayern, nicht Baden-Württemberg, übrigens auch nicht Sachsen.
Wie komme ich eigentlich auf Sachsen, Herr Kollege Laschet? Der Finanzminister hat es vorhin schon herausgestellt. Ich gebe zu, allein wäre ich gar nicht auf die Idee gekommen, NRW mit Sachsen zu vergleichen.