„Wie bei allen anderen Einsätzen auch, werden die Abläufe der landesweiten Hilfe nachbereitet werden. Anlass für grundlegende Anpassungen ergibt sich aus dem Ereignis nicht.“
Sie kündigen an, etwas nachzubereiten, geben aber schon einmal vorweg das Ergebnis bekannt, dass keine Anpassungen nötig sind – und das bei einer Katastrophe, die Menschenleben gefordert hat und die kaum vorstellbare Schäden verursacht hat, von denen in vielen Fällen immer noch unklar ist, wie diese langfristig beseitigt werden können.
Herr Priggen und Herr Kufen haben schon darauf hingewiesen: Ja, der Katastrophenschutz hat funktioniert. – Das will ich gar nicht bestreiten, aber natür
lich müssen wir auch schauen, wo es Verbesserungspotenzial gibt. Insofern finde ich es sehr fragwürdig, von vornherein notwendige Anpassungen auszuschließen. Jedenfalls im Hinblick auf den wichtigen Aspekt der Bevölkerungswarnung bin ich sehr skeptisch, ob Sie sich entspannt zurücklehnen sollten, weil es keinen Anpassungsbedarf gebe.
Wie schon in Ihrem Bericht für den Innenausschuss geäußert, meinen Sie, über die amtlichen Unwetterwarnungen des Deutschen Wetterdienstes hinaus seien keine weiteren Präzisierungen durch zusätzliche Warnungen möglich gewesen. Sind Sie sich da sicher? Ich glaube, Sie lehnen sich da etwas zu weit aus dem Fenster. Sie kündigen schließlich selbst an, Nordrhein-Westfalen werde die Kreise und kreisfreien Städte mit einem einheitlichen Warnsystem, dem sogenannten Modularen Warnsystem, MoWaS, ausstatten.
Sie reden in Ihrem Bericht von modernen Warnsystemen, die noch mehr Menschen erreichen sollen. Voraussichtlich im Herbst werde dann die WarnApp des Bundesamts für Bevölkerungsschutz und Katastrophenhilfe für Smartphones einsetzbar sein, die dann alle Warnungen offizieller Stellen vereine.
Also, bis heute gibt es von Ihrer Seite nicht einmal eine App, die überhaupt eine Warnung herausgibt. Viel schlimmer: In dieser Frage passiert nichts – und das seit Jahren. Sie kommen nicht voran mit den landesseitigen Planungen für ein flächendeckendes Warnsystem. Und dabei geht dies schon heute, und es ging auch schon Pfingsten.
Wie die meisten hier im Saal und auch die meisten Menschen im Lande habe auch ich ein Smartphone, und ich bin am Pfingstmontag, 9. Juni 2014, gewarnt worden. Mein Handy klingelte und ich erhielt die Nachricht: „Amtliche Unwetterwarnung vor schwerem Gewitter mit extremen Orkanböen, heftigem Starkregen und Hagel“. – Diese Nachricht habe ich bekommen. Und was habe ich gemacht? – Ich habe als Erstes mein Auto in die Garage gefahren. Ich habe meine Eltern angerufen und ihnen gesagt, sie mögen bitte das Gleiche tun. Ich habe ihnen geraten, zu Hause zu bleiben.
Nur, warum bin ich am Pfingstmontag gewarnt worden – vielleicht auch noch Herr Sieveke, Herr Jung und Frau Beer –, aber nicht Herr Dr. Orth, Herr Weske oder Frau Düker hier in Düsseldorf? – Weil einige Kommunen wie mein Heimatkreis Paderborn im Interesse ihrer Bürger richtigerweise nicht länger warten wollten,
bis ein von Ihnen, Herr Minister, sehr oft und sehr vage angekündigtes landesweites Warnsystem irgendwann einmal einsatzfähig ist. Diese Kommunen wie Paderborn haben stattdessen auf
KATWARN, das Warnsystem der öffentlichen Versicherer, gesetzt. Dieses System der öffentlichen Versicherer, das diese nahezu kostenfrei zur Verfü
Aber lassen wir die Kosten einmal außen vor. KATWARN wäre ohne Frage die viel günstigere Lösung für das Land. – Was mich aber viel mehr besorgt, ist ein anderer Punkt in dieser Frage: Aus der kommunalen Familie hört man, dass viele Gemeinden längst unterschriftsreife Verträge zur Nutzung von KATWARN vorliegen haben – auch Düsseldorf, und das wohl schon seit über einem Jahr. Diese Kommunen werden aber durch verwirrende Aussagen aus Ihrem Hause, verwirrende Aussagen über die Zukunft, über den Startpunkt des Einsatzes des landesseitigen Warnsystems ausgebremst.
Das gibt mir schon zu denken. Da drängen sich schon Fragen auf. Michael Hübner, Sie haben es eben gesagt: Es war nicht planbar. Wir hatten wenig Zeit bei diesem Unwetter. Wenn wir mehr Zeit gehabt hätten, wären die Schäden vielleicht geringer gewesen. Also, Herr Minister, warum haben Sie das MoWaS noch nicht an den Start gebracht? Hätte man dadurch Leid und schlimmere Schäden verhindern können? Warum sind Sie bisher noch nicht auf KATWARN gekommen? Hätte der flächendeckende Einsatz dieses Systems nicht Leid und Schäden verhindern können?
Ich hoffe, dass Sie neben den Einsätzen auch das Thema „Warnung“, das Thema „Warnsysteme“ entsprechend nachbereiten. Oder nehmen Sie auch hier vorweg, dass es keine grundlegenden Anpassungen geben muss? Ich hoffe, nicht. – Vielen Dank für die Aufmerksamkeit.
Dank. – Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Liebe Zuschauer draußen und drinnen! Nachdem jetzt viele Vorredner sehr detailliert und sehr konkret zu diesem Ereignis Stellung genommen haben, werde ich es etwas allgemeiner halten und ein paar allgemeine Betrachtungen anstellen:
Gewitter in Deutschland und Nordrhein-Westfalen sind zu jeder Jahreszeit möglich. Kaltluftgewitter kann es ganzjährig geben. Eine organisierte Konvektion, eine Konvergenzzone gibt es eigentlich nur in der warmen Jahreszeit. Kaltluftgewitter ziehen im Allgemeinen schnell weiter, sind sehr lokal und richten keine großen Schäden flächendeckend an. Die Konvergenzen sind gefährlicher. Das ist ein typisches Hundstagephänomen, das man in der Regel im Juli und August erwarten kann.
In diesem Jahr nun kam die erste Unwetterkonvergenz ungewöhnlich früh. Gewitter, schwere Böen, Schäden an Bäumen und Gebäuden, ein Blitz schlug in die höchste Kirche von Essen ein, der Dachstuhl brannte ab. Die Schäden an Laubbäumen waren glücklicherweise sehr begrenzt, da sie noch kahl waren und den Böen wenig Angriffsfläche boten. – Ich rede von der Unwetterkonvergenz am 4. Januar dieses Jahres, im Hochwinter.
Diese Konvergenzzone war tatsächlich nur wenig schwächer als die im Juni. Das war im Juni, Herr Minister. Sie hatten „9. Mai“ in Ihrer Einführungsrede gesagt. Aber das war sicherlich nur ein Versprecher. Man sieht, was ich schon in der Haushaltsrede zur Klimaanpassung im November 2011 hier ausführte: Der Klimawandel ist unbestreitbar, und er hat schon längst begonnen. Ob das Zwei-Grad-Ziel erreicht wird oder nicht: Anpassungsstrategien sind notwendig. Es wird zu extremen Niederschlägen, Hitzewellen und durch den hohen Energiegehalt der Atmosphäre zu extremen Unwettern kommen.
Das Haushaltskapitel 10 060 ging von weiteren plus 1,9 Grad Celsius Erwärmung bis Mitte des Jahrhunderts aus, zusätzlich zu den ca. 0,8 Grad Celsius, die wir seit der industriellen Revolution schon haben. Den Regierungsvorschlag zum Klimaschutz haben wir damals als unzureichend bezeichnet.
Wie die Energiewende ist die Klimaanpassungsstrategie regional und lokal. Deshalb lautete unser Antrag von damals, die Zuweisungen an Gemeinden und Gemeindeverbände von 0 auf 20 Millionen € zu erhöhen. Die Kommunen hatten bei der Anhörung zum Klimaschutzgesetz und in ihrer Stellungnahme darauf hingewiesen, dass das Land ausreichende und verlässliche Finanzierungsgrundlagen schaffen muss. Wir sehen jetzt, dass diese 20 Millionen € bei weitem nicht gereicht hätten. Aber der Klimaschutzgesetzentwurf formulierte eine Pflicht zur Erstellung eines Klimaschutzkonzeptes und zur Umsetzung der daraus resultierenden Maßnahmen, darunter eben auch Anpassungen. Der Städtetag schätzte damals dafür eine Summe von ca. 12 Millionen €. Zusätzlich entstünden den Kommunen finanzielle Belastungen für die Durchführung der Konzepte, die aber damals noch nicht beziffert werden konnten.
Wir hatten unseren Antrag als Anfangsfinanzierung verstanden, der weitere finanzielle Landesmittel in den nächsten Jahren für die Kommunen folgen müssten. Wie recht wir hatten, sieht man jetzt!
Wir können getrost hohe und ständig wachsende Beträge in den Haushalt einstellen und werden doch ständig hinterherhinken. Es gibt keinen Grund für die Regierung, sich zu beklagen; denn sie tut viel
zu wenig, um die Energieproduktion in NRW auf Erneuerbare umzustellen und Klimaschutz zu betreiben. Braunkohlekraftwerke laufen ungeniert weiter, neue Steinkohlekraftwerke gehen in Betrieb. Der Schwarzbau Datteln IV wird nicht abgerissen, sondern soll legalisiert werden. Auf Bundesebene wird das EEG zerschossen.
Und was tut die Landesregierung und besonders die SPD, die im Bund mitregiert? Auf Bundesebene wird vom selben SPD-Minister Gabriel, der das EEG zerschießt, ein Fracking-Ermöglichungsgesetz durchgepeitscht. Was also tut die Landesregierung und besonders die SPD, die im Bund mitregiert? Sie geben ein jämmerliches Bild ab!
Keine Strategie trotz der immer wiederholten hehren Worte von Klimaschutz und Energiewende! Nordrhein-Westfalen stößt im Bundesvergleich die meisten Klimagase aus, nicht nur absolut, sondern auch relativ. Nordrhein-Westfalen ist der Träger der roten Achterlaterne im Klimaschutz und bei der Energiewende. Und es ist keine Wende in Sicht!
Was wir im Juni erlebt haben, war nur ein Vorgeschmack auf die kommenden Konsequenzen. Sie schulden uns eine Strategie, die diesen Namen verdient, Klimaschutz und Anpassung an die Folgen der Erwärmung, und kein Hinterherhecheln und Flickwerk so wie jetzt. – Vielen Dank.
Vielen Dank, Herr Kollege Rohwedder. – Verehrte Kolleginnen und Kollegen, mir liegen keine weiteren Wortmeldungen vor. Wir sind damit am Schluss der Beratung.
Wir kommen zur Abstimmung. Wir haben über zwei Anträge abzustimmen. Wir stimmen erstens über den Antrag der Fraktion der CDU Drucksache 16/6086 ab. Die antragstellende Fraktion der CDU hat direkte Abstimmung beantragt. Wir kommen somit zur Abstimmung über den Inhalt des Antrages. Wer dem seine Zustimmung geben kann, den bitte ich um das Handzeichen. – Wer kann dem nicht seine Zustimmung geben? – Wer enthält sich? – Damit ist der Antrag Drucksache 16/6086 der Fraktion der CDU mit den Stimmen von SPD und Grünen abgelehnt, bei Enthaltung der Fraktion der Piraten und Zustimmung der Fraktionen von CDU und FDP.
Wir kommen zweitens zur Abstimmung über den Entschließungsantrag der Fraktionen von SPD und Bündnis 90/Die Grünen Drucksache 16/6202. Wer dem seine Zustimmung geben kann, den bitte ich um das Handzeichen. – Wer kann dem nicht zustimmen? – Damit ist der Antrag angenommen mit Stimmen von SPD und Bündnis 90/Die Grünen und
bei Zustimmung der Piraten und des fraktionslosen Abgeordneten Stein gegen die Stimmen von CDU und FDP.