Protocol of the Session on May 14, 2014

Vor wenigen Wochen hat der Vorstandsvorsitzende eines großen Unternehmens, das sich zu 100 % im Landeseigentum befindet, vor den Fachpolitikern seine Perspektiven für das Unternehmen und seine ganz persönliche Zukunft dargelegt und seine Rolle bei diesem Unternehmen beschrieben – mit all dem,

was mein Vorredner gerade erwähnt hat –, mit dem klaren Signal, wie wichtig für Kunden und für Beschäftigte Stabilität ist. Denn er selber sagt: Ich vertraue nach schwierigen Jahren, die den Steuerzahler Milliarden gekostet haben, dass es eine Perspektive gibt, jetzt auch etwas zu erlösen.

Jetzt müssen wir in die Phase eintreten, in der das Geschäft auch einmal entsprechend etwas abwirft.

(Beifall von der FDP)

Dann kommt urplötzlich dieser Rücktritt. Dann müssen Sie, Herr Finanzminister, für die Entlassung, wie man es auch immer sieht, Gründe liefern. Sie müssen Licht ins Dunkel bringen. Ziehen Sie sich nicht darauf zurück, dass Sie sagen, Sie könnten keine Tatsachenfeststellung aus Aufsichtsratssitzungen tätigen. Das ist klar.

Noch haben Sie das Steuergeheimnis ja nicht abgeschafft. Wenn ich mir anschaue, dass Sie überhaupt kein Problem haben, jedes Detail des Steuersachverhalts von Uli Hoeneß in jeder Parlamentsdebatte, in jeder Talkshow, in den Medien zu diskutieren, dann werden Sie in der Lage sein, so auch im Rechtsrahmen dessen, was zulässig ist, vor dem Parlament Erklärungen abzugeben, warum Ihr Vorstandsvorsitzender nicht mehr im Amt ist.

(Beifall von der FDP, der CDU und den PIRATEN)

Es fällt auf, dass das erkennbar anders ist als bei der zweiten Veränderung bei einem Topbanker, dem zweiten Spitzenbanker der Förderbank, der NRW.BANK. Da hat es wenige Tage zuvor auch eine Veränderung gegeben. Da gibt es eine abgestimmte Erklärung zwischen Eigentümer und Bank, die Sie veröffentlichen.

Der scheidende Vorstandsvorsitzende bietet an, mit den Fraktionsvorsitzenden, den haushaltspolitischen Sprechern, den Gremienmitgliedern der NRW.BANK gerne im persönlichen Gespräch auch alle Fragen zu beantworten, die sich in dem Zusammenhang stellen. Nichts davon hier bei der Portigon AG.

(Stefan Zimkeit [SPD]: Das ist doch ist nicht wahr!)

Sie haben nur berichtet, dass der Aufsichtsrat den Vorstandsvorsitzenden abberufen hat – offenbar als Vertrauensentzug –, dass der Anstellungsvertrag noch läuft und Sie bis zum heutigen Tag eine Entscheidung treffen wollen, wie damit weiter umzugehen ist. Und das bedarf der Aufklärung.

Damit man die Ereignisse in der Chronologie richtig einsortieren kann, alles das, was innerhalb eines Monats passiert ist:

10. April: sofortiger Rücktritt des Aufsichtsratsvorsitzenden, wahrscheinlich in Abstimmung mit dem Finanzminister;

16. April: Es gibt einen neuen Aufsichtsratsvorsitzenden bei der Portigon AG, Dr. Plogmann, der nicht auf dem Wege einer üblichen Wahl per regulärer Sitzung ins Amt gekommen ist, sondern per Abstimmung im Umlaufverfahren.

Es gibt bis heute keine Presseinformation zu dieser Umbesetzung, keinen aktualisierten Internetauftritt, in dem der Aufsichtsratsvorsitzende und der Aufsichtsrat in seiner Zusammensetzung bis zum heutigen Tag entsprechend zu finden wären, jedenfalls nicht bis heute Morgen.

Am 30. April gibt es dann den Rückzug des Vorstandsvorsitzenden, völlig unerwartet und plötzlich, nachdem, was er, wie gesagt, vor wenigen Wochen noch im Haushalts- und Finanzausschuss hier im Hohen Hause erklärt hat. Dass das, Herr Finanzminister, natürlich Spekulationen anheizt, selbstverständlich auch Politiker und Medienvertreter dazu bringt, das ergründen zu wollen, Überlegungen anzustellen, was plausibel ist, das ist mehr als nachvollziehbar.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, es gibt potenziell viele Gründe, warum es Personalveränderungen auch in Spitzenpositionen geben kann. Da kann es persönliche Gründe, gesundheitliche Gründe geben. All das liegt hier ganz offensichtlich nicht vor. Damit stellen sich Fragen des Geschäfts. Hat jemand möglicherweise Zweifel, seine geschäftlichen Ziele noch erreichen zu können? Hat jemand Zweifel, dass er das, was er an Perspektiven für das Unternehmen angekündigt hat, bei den Rahmenbedingungen im Benehmen mit dem Eigentümer möglicherweise nicht mehr so realisieren kann?

Die von Ihnen gegebene Erklärung, man sei sich in Vertragsfragen nicht einig, ist völlig unplausibel. Es gibt einen laufenden Vorstandsbestellungsvertrag, der noch dreieinhalb Jahre läuft, der vor anderthalb Jahren neu paraphiert wurde, als jeder wusste, wie sich die Gesellschaft weiterentwickelt. Er hat noch eine gültige Laufzeit von dreieinhalb Jahren.

Wenn ein solcher Vertrag dreieinhalb Jahre vor seiner Beendigung dieses Ende finden soll, dann muss es Gründe dafür geben. Die können auch nicht darin begründet sein, dass man sich in vertraglichen Details nicht einig ist, wenn es nichts zu regeln gibt, weil die FMSA den Deckel auf die Verträge bei öffentlichen Institutionen, die mit Geld der Steuerzahler gerettet worden sind, ausdrücklich gelegt hat.

Was die Kernfragen angeht, sind wir uns auch in der Bewertung einig. Die Leitplanken für diese Vertragsausgestaltung stehen alle. Wie gesagt, es gibt einen gültigen Vertrag über dreieinhalb Jahre, der entsprechend erfüllt werden kann.

Deshalb müssen Sie hier auch die Frage nach der geschäftlichen Zukunft von Portigon beantworten, ob dieser Schritt des Vorstandsvorsitzenden möglicherweise auch so zu sehen ist, dass sich da wesentliche Rahmenbedingungen geändert haben.

Geben Sie hier im Parlament klar die Aussage zu Protokoll, dass Sie weiter an den Prozess so glauben, wie er eingeleitet worden ist, dass es ohne weitere Subvention, ohne Flugbenzin gelingt, den Schritt der Gründung der Servicegesellschaft auch innerhalb des Zeitplans so zu vollziehen. Legen Sie hier vor dem Landtag dar, dass der Schritt des Vorstandsvorsitzenden ausdrücklich aus Ihrer Sicht nicht so zu werten ist, dass zusätzliche Kosten auf den Steuerzahler zukommen.

Und beantworten Sie vor diesem Parlament die Frage, warum hier öffentlich über einen Aufhebungsvertrag spekuliert wird, wenn Sie sich selber nichts vorzuwerfen haben, wenn der Eigentümer das Vertragsverhältnis fortsetzen wollte. Wenn es also eine Eigenkündigung des Vorstandsvorsitzenden war, warum soll ein solcher Schritt auch noch vonseiten des Landes vergoldet werden? Das haben Sie hier vor dem Parlament darzulegen. Bringen Sie Licht ins Dunkel! Das hat dieser Landtag von Nordrhein-Westfalen nach den MilliardenVerlusten bei der WestLB in den letzten Jahren wahrlich verdient.

(Beifall von der FDP, der CDU, Dietmar Schulz [PIRATEN] und Robert Stein [frakti- onslos])

Vielen Dank, Herr Kollege Witzel. – Für die SPD-Fraktion spricht Herr Kollege Börschel.

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Sehr geehrte Damen und Herren! Verehrte Vorredner von CDU und FDP. Ich traue Ihnen wirklich eine Menge zu. Aber dass Sie in dieser Art und Weise heute versuchen, einen Popanz aufzubauen und Dinge zu skandalisieren, die Ihnen bereits mehrfach erklärt worden sind, das hätte ich selbst Ihnen nicht zugetraut.

(Beifall von der SPD)

Ich möchte deswegen an dieser Stelle darauf eingehen.

Zunächst einmal zu den angeblichen Informationsdefiziten. Ich glaube, man kommt nicht umhin, noch einmal sorgfältig hintereinander zu bringen, was der Finanzminister, was der Staatssekretär Dr. Messal und was der Aufsichtsratsvorsitzende, Herr Plogmann, Ihnen gegenüber in den vergangenen Tagen an Informationen gegeben haben. Es hat auf Bitten und Veranlassung des Finanzministers am 6. Mai eine Obleuterunde gegeben, in der dieser und der Aufsichtsratsvorsitzende, Herr Plogmann, alle Fragen beantwortet haben, die Sie und die wir zu diesem Zeitpunkt gestellt haben.

Es ist von Ihnen am Ende der Obleuterunde keine einzige Frage als ungeklärt oder unbeantwortet gekennzeichnet worden. Zum Ende dieser Obleu

terunde ist von Ihnen nicht artikuliert worden, dass Sie die Anwesenheit des Ministers in der zwei Tage später stattfindenden Haushalts- und Finanzausschusssitzung wünschen,

(Zuruf von der SPD: Hört, hört!)

sondern diese Sitzung ist so zu Ende gegangen, wie ich es gerade geschildert habe.

Dann tagte zwei Tage später der Haushalts- und Finanzausschuss. Sie haben, Herr Kollege Möbius, eben zu Recht angemerkt, dass der Finanzminister seit Monaten angekündigt hatte, dass er bei dieser Sitzung wegen der Tagung der Finanzminister, deren Vorsitzender er ist, abwesend sein würde.

Daraus machen Sie eine Riesennummer und sagen: Es kann doch nicht wahr sein, dass der Finanzminister nicht anwesend ist. Er sollte anwesend sein, um über Ihr Stöckchen zu springen. Das sollte im Rahmen eines Fragenkatalogs geschehen, in dem Fragen stehen, die Sie schon in der Obleuterunde gestellt haben oder hätten stellen können. Die wollten Sie beantwortet haben, darüber wollten Sie informiert werden. Das hat übrigens Herr Staatssekretär Dr. Messal in dieser Haushalts- und Finanzausschusssitzung getan, soweit er das rechtlich darf. Sie wissen, dass es wegen der privatrechtlichen Organisationsform Grenzen gibt. In der Summe aber hat er das getan.

Nun versuchen Sie, dem Finanzminister eine angebliche Lustreise zur Finanzministerkonferenz zu unterstellen. – Jetzt will ich Ihnen, Herr Kollege Möbius – eigentlich ist es nicht meine Art, in Reden wie diesen persönlich zu werden – eines sagen: Wer – wie Sie, Herr Kollege Möbius – als Vorsitzender des Haushaltsausschusses als Ausschussreise eine interkontinentale Reise vorschlägt und nur mit Mühe von den Kollegen davon abgebracht werden kann, sollte sich nicht auf ein so hohes Ross setzen und den Finanzminister hier in einer solchen Art und Weise verunglimpfen. Das ist eine Unverschämtheit und, wie ich finde, eines Parlamentarierkollegen nicht würdig, Herr Kollege.

(Beifall von der SPD – Zuruf von Christian Möbius [CDU])

Möchten Sie etwas sagen, Herr Möbius? Möchten Sie das bestreiten?

(Zuruf von Christian Möbius [CDU] – Gegen- rufe von der SPD)

Damit hätten wir das auch geklärt.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, wo sollte der Finanzminister sonst sein? Er ist auch Vorsitzender einer Finanzministerkonferenz, zu der er eingeladen hat und der er vorsteht. Sie, liebe Kolleginnen und Kollegen von CDU und FDP, wären es doch gewesen, die im umgekehrten Fall den Finanzminister beschimpft hätten, dass er nicht die Interessen Nordrhein-Westfalens im Konzert der übrigen Fi

nanzminister vertritt, dass er nicht für einen gerechten Länderfinanzausgleich eintritt, dass er nicht für eine gerechte Steuerpolitik eintritt und dass er nicht dafür eintritt, dass Nordrhein-Westfalen im Konzert der übrigen 15 Bundesländer ein angemessenes Gewicht erhält. – Das genau erwarten wir und Sie sonst zu Recht vom Finanzminister, und nichts anderes tut er, wenn er als Vorsitzender einer solchen Konferenz an dieser teilnimmt.

Sie wissen doch ganz genau, dass es bei solchen Konferenzen – das ist bei Fraktionsklausuren, Parteiveranstaltungen und Regierungskonferenzen

doch immer das Gleiche – nicht nur auf offizielle Tagesordnungspunkte ankommt, sondern darauf, dass man auch in informellen Gesprächen für Positionen eintritt und wirbt, dass man in diesen Gesprächen dafür wirbt, Verbündete zu finden. Genau das hat Finanzminister Walter-Borjans getan. Das erwarten wir von ihm, und deshalb ist es richtig, dass er als Vorsitzender an diesen Konferenzen teilnimmt.

(Beifall von der SPD)

Ich möchte allerdings gerne das angebliche inhaltliche Informationsdefizit noch kurz zur Sprache bringen. Mehr und mehr bedienen sich CDU und FDP einer durchschaubaren und immer wiederholten Taktik. Sie tragen selbst dazu bei, dass bestimmte haltlose Spekulationen in die Öffentlichkeit kommen bzw. über Medien verbreitet werden. Wenn dann die Medien die von Ihnen mit lancierten Spekulationen, Überlegungen und Ideen tatsächlich aufgegriffen und veröffentlicht haben, sind Sie es, die mit treuherzigem Augenaufschlag und Krokodilstränen in den Augen sagen: Erfüllt von großer Sorge, in tiefem Unbehagen müssen wir das, was jetzt in den Medien steht und an die Öffentlichkeit gekommen ist, aufgreifen, um Schaden von NordrheinWestfalen und seinen Bürgerinnen und Bürgern abzuwenden.

Das ist, liebe Kolleginnen und Kollegen, in hohem Maße heuchlerisch. Sie selbst bringen haltlose Spekulationen in die Welt und tun dann so, als müssten Sie den Retter der Nation und des Landes spielen. Das ist absolut unter der Würde dieses Parlament, und ich bitte Sie ganz eindringlich: Beenden Sie dieses unwürdige Spiel.

Der Finanzminister wird zum Inhalt – auch zum weiteren Verfahren mit Ausscheidensvereinbarungen – selbst besser Stellung nehmen können als ich. Sie bauen hier einen Popanz auf, skandalisieren und setzen sich auf ein hohes Ross. Meine herzliche Bitte an Sie ist, von dem schnellstens herunterzukommen. Das würden Sie auch machen, wenn Sie sich ernsthaft prüfen würden. – Vielen Dank.

(Beifall von der SPD und den GRÜNEN)

Vielen Dank, Herr Kollege Börschel. – Für die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen spricht Herr Kollege Mostofizadeh.

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Manchmal kommt man sich vor wie in „Täglich grüßt das Murmeltier“. Ich habe mir gestern Abend die Mühe gemacht, die Sitzung des HFA noch einmal auf DVD anzuhören.