Vielen Dank, Frau Ministerin. – Dann stelle ich fest, dass wir diesen Teil der Fragestunde erledigt haben.
Ich rufe die in der Drucksache 16/5780 vorliegenden Mündlichen Anfragen 38 bis 41 auf; und zwar zunächst die
Die schulische Integration nicht gefährden – Wie bewertet Schulministerin Löhrmann in Anbetracht der vielfachen kritischen Äußerungen zu angeblich der Gülen-Bewegung nahestehenden Bildungseinrichtungen in den letzten Monaten die Planungen des RheinRuhr-Bildungsvereins, dem ebenfalls eine Nähe zur Gülen-Bewegung nachgesagt wird, in Essen zukünftig ein Gymnasium in freier Trägerschaft zu betreiben?
In den vergangenen Monaten ist die sogenannte Gülen-Bewegung insbesondere durch die Auseinandersetzungen in der Türkei wieder verstärkt in den Fokus geraten. Diese ist dort auch im Bildungsbereich aktiv. Auch in der Bundesrepublik soll die Bewegung rund 300 Bildungseinrichtungen betreiben beziehungsweise sollen diese ihr nahestehen.
Oftmals ist die Betrachtungsweise dieser Bewegung unterschiedlich. Während von der einen Seite die Förderung von Bildungsaspirationen und auch die Offenheit bei der Kommunikation nach außen positiv betont wird, werden von anderer Seite die religiös-politischen Überzeugungen, Methoden und Intransparenz kritisiert.
In den vergangenen Monaten haben sich viele Medien (beispielsweise SPIEGEL Online vom 7. Februar 2014: „Politiker fordern Aufklärung über Gülen-Netzwerk“) intensiv mit der GülenBewegung beschäftigt, und dort ist auch deutliche Kritik laut geworden.
So wurde zum Beispiel einer Schule, die Ereignisse sowie eine Nähe zur Gülen-Bewegung bestreitet, unter anderem vorgeworfen, dass Mädchen aufgrund ihres „modernen Lebensstils“ von Mitschülern geschlagen und ausgegrenzt worden seien, ohne dass die Schulleitung hierauf reagiert habe. Eine Schülerin sei zum Tragen des Kopftuchs genötigt worden. Auch würde zur Teilnahme an Religionskursen der Gülen-Bewegung gedrängt. Pädagogen hätten erst nach der Einstellung von der Nähe der Schule zur Gülen-Bewegung erfahren.
Auch an anderen Bildungseinrichtungen wird demnach über „Gehirnwäsche, Mobbing und Gewalt“ geklagt. Der baden-württembergische Verfassungsschutz warne demnach – offenbar intern – vor der Bewegung. Sie verfolge einen „türkischen Nationalismus“ mit „islamistischen Komponenten“.
Von einer anderen Schule, die der Bewegung nahestehen soll, wird berichtet, dass ein Geschäftsführer ein Buch von Darwin aus der Bibliothek entfernt habe, da Gülen die Evolutionslehre ablehne. Auch sei erklärt worden, dass Homosexualität die Strafe für Mörder und Kinderschänder sei. Von wiederum einer anderen Schule, der eine solche Nähe unterstellt wird, wird wiederum berichtet, dass bei Klassenfahrten Jungen und Mädchen streng getrennt zu sitzen hätten. Aus anderen Bildungseinrichtungen, bei denen eine Verbindung bestehen soll, wird von Medien über Gewalt berichtet.
Laut Medien erklärte ein Vertreter der Evangelischen Zentralstelle für Weltanschauungsfragen, dass Gülen die Scharia über das Grundgesetz stelle. Die ehemalige SPD-Bundestagsabgeordnete Lale Akgün wird dazu im Portal von ZeitOnline mit der Aussage zitiert:
„Ich verstehe nicht, dass Politiker, bei denen zum Beispiel bei Scientology alle Alarmleuchten angehen, bei Gülen meinen, es handle sich um eine fromme Truppe“.
Bereits 2012 ist Schulministerin Löhrmann zur möglichen Gründung einer Schule in freier Trägerschaft, seinerzeit in Duisburg, durch einen potentiellen Träger befragt worden, bei der mancherorts eine Nähe zur Gülen-Bewegung angenommen wird. Die Schulministerin hatte hierbei unter anderem auf die bestehende Rechtslage, eine nicht herzustellende Nähe zur GülenBewegung, die Zuständigkeit der Bezirksregierung sowie eine offenbar nicht bestehende Beobachtung durch den Verfassungsschutz verwiesen.
Laut verschiedener Berichte von NRZ und WAZ aus den letzten Tagen plant der auch bei der Mündlichen Anfrage 2012 betroffene Rhein-RuhrBildungsverein, der nach eigener Aussage die
Gülen-Lehren schätze, aber eigenständig sei, in Essen die Errichtung eines Gymnasiums in Trägerschaft des Vereins. Hieran entzündet sich vor Ort nun deutliche Kritik. Daher wäre es wichtig zu erfahren, wie die Schulministerin in jeder Hinsicht diese Planungen nun in Anbetracht der Entwicklungen und vielfältigen Berichte der letzten Monate bewertet. Das Ziel einer größtmöglichen schulischen Integration darf nicht durch neue Separationsbewegungen gefährdet werden.
Wie bewertet Schulministerin Löhrmann in Anbetracht der vielfachen kritischen Äußerungen zu angeblich der Gülen-Bewegung nahestehenden Bildungseinrichtungen in den letzten Monaten die Planungen des Rhein-Ruhr-Bildungsvereins,
dem ebenfalls eine Nähe zur Gülen-Bewegung nachgesagt wird, in Essen ein Gymnasium in freier Trägerschaft zu betreiben?
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren Abgeordnete! Der Rhein-RuhrBildungsverein e. V. hat am 18. April 2011 einen Antrag auf Erteilung einer Genehmigung zur Errichtung und zum Betrieb eines Gymnasiums bei der Bezirksregierung Düsseldorf gestellt. Der Antrag wird von der Bezirksregierung Düsseldorf bearbeitet und geprüft. Der letzten Aufforderung der Bezirksregierung Düsseldorf vom 21. März 2013, weitere erforderliche Unterlagen nachzureichen, ist der Antragsteller bisher nicht nachgekommen.
Die Errichtung und der Betrieb privater Ersatzschulen ist grundgesetzlich garantiert gemäß Art. 7 Abs. 4 Grundgesetz. Allerdings steht dieses Grundrecht unter einem staatlichen Genehmigungsvorbehalt. Dieser Genehmigungsvorbehalt dient nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesverfas
sungsgerichts dazu, die Schülerinnen und Schüler privater Ersatzschulen vor unzureichendem Unterricht zu schützen.
Genehmigungsvoraussetzung ist dabei insbesondere, dass die Gleichwertigkeit des Unterrichts gewährleistet wird. Hierzu zählt zum einen, dass das Lehrpersonal qualitativ und quantitativ gleichwertig zu dem der öffentlichen Schulen ist. Zum anderen muss ein geeignetes Schulgebäude nachgewiesen werden.
Bisher scheiterte die Genehmigung der besagten Schule unter anderem daran, dass der Antragsteller keine Nutzungsrechte an einem geeigneten Schulgebäude nachweisen konnte. Dass der Antragsteller nunmehr ein Schulgebäude in Essen sucht, wurde der Bezirksregierung Düsseldorf seitens des Antragstellers bislang nicht angezeigt.
bietet, dass er nicht gegen die verfassungsmäßige Ordnung verstößt und die persönliche Zuverlässigkeit besitzt. Das ist in § 101 Abs. 5 Schulgesetz geregelt. Grundlage der Überprüfung der persönlichen Zuverlässigkeit eines Schulträgers bildet eine Auskunft des Bundeszentralregisters.
Sobald eine Antragstellerin oder ein Antragsteller die Erfüllung aller Genehmigungsvoraussetzungen für den Betrieb einer Ersatzschule glaubhaft gemacht hat, ist die begehrte ersatzschulrechtliche Genehmigung zwingend zu erteilen. Die Verwaltung hat hierbei keinen Ermessensspielraum. Das ist eine sogenannte gebundene Entscheidung, an die die Behörden des Landes Nordrhein-Westfalen wiederum gebunden sind.
Sehr geehrte Frau Ministerin, vielen Dank zunächst für Ihre Antwort. – Ich habe eine Nachfrage. Inzwischen gibt es in unterschiedlichen Bundesländern wie zum Beispiel Rheinland-Pfalz Bestrebungen, auch den Verfassungsschutz bei der Gülen-Bewegung sozusagen genauer hinsehen zu lassen. Wie steht hierzu die nordrhein-westfälische Landesregierung?
Ich komme gerne zur Antwort. – Die Gülen-Bewegung des islamischen Predigers Fethullah Gülen wird von den Verfassungsschutzbehörden des Bundes und der Länder nicht als extremistische Bestrebung beobachtet. Die Bewegung verfolgt zwar zum Teil demokratiefeindliche Vorstellungen, tritt in Deutschland aber nur als religiöse Organisation auf, ohne nachweisbar politische Bestrebungen im Sinne des Verfassungsschutzgesetzes zu verfolgen.
Vielen Dank, Frau Präsidentin. – Frau Ministerin Löhrmann, wir haben in der Vergangenheit hier häufig diskutiert, was wir vonseiten der Landespolitik tun können, um die Integration gerade von Kindern mit Migrationshintergrund in unserem Schulbetrieb zu verbessern. Diesem Hintergrund gilt auch meine folgende Frage.
Der Essener Schuldezernent hat sich klar öffentlich gegen die Planungen zur Einrichtung einer Schule
im Zusammenwirken mit der Gülen-Bewegung gewandt, weil dies gerade den Integrationsbemühungen der Stadt entgegenstehe und sogar integrationsfeindlich sei. Ich möchte Sie fragen, wie Ihre politische Einschätzung ist: Teilen Sie die Sorge, dass das Vorhaben eher ein Rückschritt als ein Fortschritt für die Integration ist?
Sehr geehrter Herr Witzel, die Vorgeschichte ist ja bekannt. Wir haben auch schon vor einigen Jahren über genau diesen Sachverhalt gesprochen. An der Rechtslage hat sich für die Landesregierung nichts geändert.
Es geht hier nicht darum, welche Meinung ich zu möglichen Ersatzschulträgern habe und ob Sorgen bestehen, sondern die rechtsstaatliche Entscheidung hat sich allein an den Verfassungsgütern zu orientieren und ist entsprechend vorzunehmen. Ohne dass belegbare und nachweisbare Begründungen der Verfassungsfeindlichkeit gegeben wären, kann die Genehmigungsbehörde hier nicht anders, als nach geltendem Recht verfahren.
Sie wissen es selbst: Die Ersatzschulgründung steht unter dem Schutz des Grundgesetzes, sie steht unter dem Schutz der Landesverfassung, und viele, viele rechtsstaatliche und auch juristische Auseinandersetzungen haben diese Ersatzschulfreiheit stets sehr hochgehalten und sehr gestärkt. Ohne den Nachweis, und zwar den aktenkundigen Nachweis auf einen konkreten Träger bezogen, sind den Behörden hier die Hände gebunden.
Danke schön. – Sehr geehrte Frau Ministerin, in der Vergangenheit hatte es in Nordrhein-Westfalen Probleme bei christlichen Vertretern unter dem Aspekt der Kreationismus gegeben. Dabei handelt es sich um ein Konzept, das bei christlich-fundamentalistischen und evangelikalen Kräften in den USA verbreitet ist. Da in Artikeln auch berichtet wurde, dass die Gülen-Bewegung die Evolutionslehre ablehnt und ein Buch von Darwin aus einer Bibliothek entfernt worden ist, frage ich Sie: Wie stellt in Nordrhein-Westfalen – unabhängig von der jeweiligen Religionsgemeinschaft – die Schulaufsicht sicher, dass so etwas nicht passiert?
Sehr geehrte Frau Schmitz, die Schulaufsicht stellt das wie folgt sicher: Immer, wenn es bezogen auf den Betrieb oder aber die Genehmigung einer Ersatzschule konkrete, handfeste Belege für die Verfassungsfeindlichkeit oder die Miss
achtung etwa des Beutelsbacher Konsenses – er beinhaltet, dass Schülerinnen und Schüler nicht einseitig indoktriniert werden dürfen – gibt, schreitet sie konkret ein.
So etwas jetzt auf Verdacht zu beurteilen, wäre nicht rechtmäßig. Deswegen kann die Regierung bzw. die Bezirksregierung Düsseldorf hier nicht so agieren.
Hinzu kommt, dass im Moment überhaupt noch kein – allein von den Grundsätzen her – genehmigungsfähiger Antrag vorliegt.
Danke schön. – Frau Kollegin Schmitz hat als Fragestellerin drei Möglichkeiten zur Nachfrage. Die dritte Möglichkeit gebe ich ihr hiermit.
Vielen Dank für die vorherigen Antworten, Frau Ministerin. – Meine letzte Frage lautet: Sie hatten 2012 erklärt, Schulen könnten unter integrationsspezifischen Gesichtspunkten kritisch gesehen werden, wenn sie sich speziell an Schüler bestimmter Herkunft richteten. Dies könne aber einer Genehmigung nicht im Wege stehen, wenn alle anderen rechtlichen Anforderungen erfüllt seien. Welche integrationsspezifischen Gesichtspunkte sehen Sie hier insbesondere als kritisch an?
Sehr geehrte Frau Schmitz, ich kann noch einmal darauf verweisen, dass der Bezirksregierung Düsseldorf zurzeit kein genehmigungsfähiger Antrag vorliegt, weil eine der wesentlichen Voraussetzungen nicht gegeben ist, nämlich der Nachweis eines angemessenen Gebäudes durch den Schulträger. Insofern möchte ich mich hier nicht in Spekulationen ergehen, die möglicherweise sogar an anderer Stelle beäugt werden könnten, sodass uns später vorgeworfen werden könnte, dass wir hier willkürlich agiert hätten. Jedwede Entscheidung muss frei von Willkür sein und sich allein an den rechtsstaatlichen Voraussetzungen für die Genehmigung von Ersatzschulen, die ich eben dargestellt habe, orientieren.
Vielen Dank, Frau Präsidentin. – Frau Ministerin Löhrmann, Sie haben in Ihrem letzten Antwortbeitrag noch einmal darauf hingewiesen, dass Sie es für notwendig halten, in diesem Verfahren streng nach Recht und Gesetz vorzugehen und sich dabei an den Sachverhalten und Tatbeständen zu orientieren, die Ihnen vorliegen.
Ich frage Sie, ob es im Kontext dieser Schulgründung – die ja die Annahme des Trägers voraussetzt, mit seinem Angebot auch auf Nachfrage zu stoßen – nicht auch eine politische Dimension für die Wertung solcher Angebote gibt. Nach Medienberichten lassen sich angeblich auch unterschiedliche Repräsentanten Ihrer Partei, zum Beispiel Ministerpräsident Kretschmann, bei der Eröffnung von Schulen sehen, die ebenfalls der Gülen-Bewegung nahestehen. Werden aus Ihrer Sicht damit nicht möglicherweise falsche öffentliche Signale für die Eltern- und Schülerschaft gesetzt?