Herr Kollege Kuper, bitte bleiben Sie noch einen Moment am Rednerpult. Kollege Körfges hat sich zu einer Kurzintervention gemeldet. – Herr Kollege Körfges, Sie haben das Wort.
Lieber Kollege Kuper, ich bin einigermaßen entsetzt darüber, was Sie hier unter dem Aspekt Konsens anbieten. Sie versuchen auf eine sehr einfache und durchschaubare Art, den notwendigen Konsens an einer äußerst wichtigen Stelle für das Land Nordrhein-Westfalen zu verweigern, indem Sie mit einer völlig überflüssigen Formulierung Selbstverständlichkeiten, nämlich Landeszuständigkeiten, in den Vordergrund stellen, statt auf den Boden der gemeinsamen Entschließung des Landtags zurückzukehren und mit uns allen die konsequente Umsetzung des Koalitionsvertrags in Berlin – genauso, wie er niedergeschrieben ist – zu fordern.
Das mag unter dem Aspekt der Parteizugehörigkeit zur CDU sinnvoll sein, aber da sind viele Ihrer Kolleginnen und Kollegen in kommunalen Vertretungskörperschaften eine ganze Stufe weiter. Es gibt sehr viele Räte in unserem Lande, in denen mit den Stimmen der CDU jeweils eine Formulierung beschlossen wurde, die fast deckungsgleich mit dem hier vorgelegten Antrag ist.
Wenn Sie jetzt uns, sich und dem Land den Gefallen tun, den Forderungsteil unseres Antrags genau zu lesen, werden Sie dort nichts von den von Ihnen beanstandeten Positionen finden. Ich glaube, Sie würden sich, dem Land und vor allen Dingen unseren Kommunen einen Gefallen tun, wenn Sie Ihren spalterischen Versuch, mit dem eigenen Antrag irgendwo Teile der Bundesregierung in Schutz zu nehmen, unterlassen und uns gemeinsam die Basis bieten würden, für die Kommunen in NordrheinWestfalen einzutreten.
Herr Körfges, ich darf diesen Versuch der Spaltung dieses Hauses, den Sie an der Stelle betreiben, einfach zurückweisen. Der Vorwurf ist falsch. Ich denke, Sie können sehr gut bei unserem Entschließungsantrag mitmachen. Er bringt die Dinge so, wie sie sind, auf den Punkt. Ansonsten sind wohl Sie es hier im Hause, die derzeit die vielen Gemeinsamkeiten der beiden Anträge auseinanderreden.
Ich sehe das weniger so wie Sie und weise das von daher zurück. – Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.
Herr Präsident! Verehrte Kolleginnen und Kollegen! Besonders die Kollegen der SPD möchte ich ansprechen. Ihre Wortbeiträge vor zwei Wochen im Rahmen der Aktuellen Stunde und auch heute, Herr Kollege Kämmerling, waren von unglaublicher Selbstgerechtigkeit geprägt und nicht geeignet, den Konsens, den Sie hier anstreben, zu erzielen.
Ich will Ihnen die unstreitigen Fakten zum Thema „ehemalige CDU/CSU-FDP-Bundesregierung“ einmal ins Stammbuch schreiben. Das Thema „Grundsicherung im Alter“ ist bereits Gegenstand der heutigen Debatte gewesen. Ich will jetzt auf den Entlastungseffekt für die NRW-Kommunen zu sprechen kommen. 1,4 Milliarden € im Jahr bedeutet das für die NRW-Kommunen. Das ist eine Messlatte, die Sie in Berlin für die Kommunen überhaupt erst einmal erreichen müssen. Das ist der Punkt. Sie regieren in Berlin!
Zugleich – das hat der Kollege Kuper gesagt – waren in der Fortsetzung der mittelfristigen Finanzplanung der alten Bundesregierung ein Bundesteilhabegesetz und eine substanzielle Entlastung bei den Kosten der Eingliederungshilfe für behinderte Menschen angelegt. Das haben Sie auch erkannt, meine Damen und Herren, als Sie die Große Koalition begründet haben, und haben das als prioritäre Maßnahme in Ihrem Koalitionsvertrag verankert. – So weit, so gut.
Jetzt schauen wir mal: Wo stehen wir aktuell? – Sie haben im Grunde genommen schon jetzt Ihren Koalitionsvertrag in der Frage der Entlastung der Kommunen bei der Eingliederungshilfe gebrochen. Den Wortbruch haben Sie bereits auf dem Tisch. Insofern ist Ihre, die vorliegende rot-grüne Initiative, die Sie hier heute noch einmal beworben haben, nichts anderes als eine Nebelkerze und als Augenwischerei, weil Sie genau wissen, dass die von Ihnen aufgestellten Forderungen in Berlin keine Aussicht auf Erfolg haben.
Sie weinen hier Krokodilstränen, damit Ihre SPDBasis ruhig gestellt wird. Das ist nicht kommunalfreundlich, das ist unredlich.
Meine Damen und Herren, ein Blick zurück auf den Beginn der Großen Koalition – dazu muss man nicht Chefhistoriker sein, denn so lange ist das noch nicht her –
sei an der Stelle erlaubt. – Sie wollten mit der SPD die Große Koalition begründen. Sie haben dann gesagt: Wir machen einen Mitgliederentscheid. Wesentliche Voraussetzung für die Zustimmung bei diesem Mitgliederentscheid hier in NordrheinWestfalen war die Bewerbung des Koalitionsvertrages als Grundlage für eine besondere finanzielle Entlastung der kommunalen Familie in NordrheinWestfalen.
So! – Sie haben diesen Ankündigungen aber nicht nur keine Taten folgen lassen, sondern Sie haben das zarte Pflänzchen, das Sie im Koalitionsvertrag in Berlin verankert hatten, auch noch sofort wieder herausgerissen. Und das haben Sie gemeinsam mit Ihrem Koalitionspartner, der Union, gemacht. Herr Mostofizadeh hat ja eben zu Recht den haushaltspolitischen Sprecher der CDU im Bund, Norbert Barthle, zitiert.
Ich will ebenfalls einen Satz von Herrn Barthle zitieren, und zwar aus dem „Handelsblatt“, in dem er einen Gastbeitrag geliefert hat. Da hat er auf dieses Thema hingewiesen und im Hinblick auf die Frage, ob eine Eingliederungshilfeentlastung denn gerechtfertigt sei, gesagt – Zitat –: „Ich“ – Norbert Barthle, CDU – „halte diese Forderung für nicht gerechtfertigt.“
Dann hat Frau Merkel als Bundeskanzlerin die Hoffnungen an der Ruhrgebietsbasis der SPD zerstört. Am 19. März in den „Ruhr Nachrichten“: „Kanzlerin stellt Oberbürgermeistern keine …. Milliarden-Ent-lastungen in Aussicht.“
Jetzt wird es ganz interessant, am letzten Wochenende in der „Rheinischen Post“ zu lesen. Da war die Katze dann völlig aus dem Sack; das Bundesfinanzministerium hat durch den Parlamentarischen Staatssekretär Steffen Kampeter endgültige Klarheit geschaffen. Zitat:
„Bereits unmittelbar nach Abschluss der Koalitionsverhandlungen wurde … klargestellt, dass … nicht geplant war, diese Entlastung von 5 Milliarden € jährlich vor 2018 finanzwirksam werden zu lassen.“
Ich stelle für die FDP-Landtagsfraktion fest: Die Große Koalition hatte nie ernsthaft vor, die zugesagten und dringend benötigten Hilfsgelder für die kommunale Familie bereitzustellen. Das ist die Wahrheit!
Dass sich weite Teile der SPD-Basis kurz vor der Kommunalwahl darüber echauffieren und Sie hier heute einen Schaufensterantrag daraus machen müssen, das ist ja völlig klar.
Ihr Spitzenpersonal aus Nordrhein-Westfalen, an der Spitze die Frau Ministerpräsidentin, hat bei den Koalitionsverhandlungen in Berlin nicht nur am Verhandlungstisch gesessen, sondern maßgeblich mitverhandelt. Sie war in alle Prozesse eingebunden. Sie hat das alles mitentschieden.
Dann müssen Sie sich auch selber darüber im Klaren sein, welche Konsequenzen das Verhalten Ihrer SPD-Spitze für Nordrhein-Westfalen hat. Sie haben sich entgegen Ihren eigenen Behauptungen eben nicht ausreichend für die versprochene Entlastung eingesetzt.
Meine Damen und Herren, das gilt auch für die anderen SPD-Bundesminister. Denn die haben aktuell der mittelfristigen Finanzplanung des Bundes und damit der Finanzplanung von Herrn Schäuble zugestimmt. Damit ist nichts mit Entlastung bei der Eingliederungshilfe für Behinderte.
Genau deshalb ist das hier ein Schaufensterantrag, eine Beruhigungspille für Ihre kommunale Basis und nichts anderes.
Lassen Sie mich noch einen Blick werfen auf die eigene Verantwortung des Landes; der Kollege Kuper hat hierzu ja einige Ausführungen gemacht. Ich will eigentlich nur einen Zeugen zitieren, der sich über 20 Jahre hinweg vielfach mit Kommunalfinanzen höchstrichterlich befasst hat, nämlich Michael Bertrams,
„Das Land NRW bürdet den Städten und Gemeinden immer mehr Aufgaben und damit auch finanzielle Lasten auf. …
Es gibt den Kommunen aber nicht im erforderlichen Umfang die Mittel oder eröffnet ihnen eigene Finanzierungsquellen.“
Deswegen müssen Sie sich an diesen Dingen messen lassen. Und wenn Sie konsensorientiert sind, verhalten Sie sich auch konsensorientiert und nicht so, wie Sie es hier getan haben. – Ganz herzlichen Dank.