Ich eröffne die Aussprache und erteile für die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen dem Herrn Abgeordneten Bolte das Wort.
Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Wir haben mit der heute vorliegenden Antwort auf die Große Anfrage 8 erstmals einen vollständigen Überblick über die beeindruckende Vielfalt, die sich bei einem umfassenden Blick auf das Thema „Verbraucherschutz im Internet“ ergibt. Es gibt viele Themen, viele Akteure und viele Perspektiven. Das ist überaus spannend, und ich bin mir sicher, dass die Lektüre gerade für Kolleginnen und Kollegen, die gerne Neuland entdecken, interessant und empfehlenswert ist. Sie werden viele spannende Punkte entdecken. Ich kann Ihnen auch zugleich ankündigen, dass wir die Antwort auf die Große Anfrage selbstverständlich auch als Basis für weitere parlamentarische Initiativen hier im Hause nutzen werden.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, einige Punkte möchte ich – gerade weil die Antwort so umfangreich und facettenreich ist – besonders hervorheben. Zum ersten will ich die Themen hervorheben, die viele Bürgerinnen und Bürger in der Vergangenheit beschäftigt haben und die auch die öffentliche Diskussion über den digitalen Verbraucherschutz immer wieder dominieren.
Allein 5.400 Beratungsfälle bei oftmals unberechtigten Abmahnungen durch die Verbraucherzentrale NRW sprechen, was diesen Bereich angeht, eine deutliche Sprache. Ähnlich ist es beim Thema „Abofallen“, wo es auch viele Betroffene gibt. Letzteres konnte mit der Button-Lösung in der Vergangenheit angegangen werden. In beiden Bereichen sind Initiativen nur zustande gekommen, weil die rot-grünen Länder – insbesondere auch Nordrhein-Westfalen – Druck über den Bundesrat gemacht haben. Das war notwendig, weil sich CDU und FDP lange Zeit nicht aufraffen konnten und weil in den vier Jahren der schwarz-gelben Bundesregierung Verbraucherinnen und Verbraucher eben keine starke Lobby hatten.
Meine Damen und Herren, es hat sich – wie diese beiden Beispiele zeigen – für die Verbraucherinnen und Verbraucher etwas verändert und verbessert. Das aber, was am Ende herausgekommen ist, beinhaltet noch die eine oder andere Hintertür. Es ist wichtig, dass es da Beratung durch starke Institutionen gibt, wie wir sie hier in Nordrhein-Westfalen haben.
Die Verbraucherzentralen NRW hatten im Jahr 2012 – diese Zahlen haben mich wirklich beeindruckt – 365.000 persönliche Anfragen, 250.000 telefonische Anfragen, 220.000 Veranstaltungskontakte und 120.000 Rechtsberatungen. Das zeigt die Vielfalt dieser Beratungsleistungen.
Wenn man sich das anschaut, sieht man, dass 40 % dieser Beratungskontakte den Bereich Telekommunikation betrafen. Das zeigt, wie relevant das Thema ist, das wir mit unserer Großen Anfrage aufgegriffen haben.
Dies zeigt aber nicht nur die Relevanz, sondern auch, wie gut es ist, dass die rot-grüne Landesregierung diese starke Institution, die Verbraucherzentrale Nordrhein-Westfalen, weiter fördern und die Förderung sogar noch ausbauen wird.
Meine Damen und Herren, wir haben das Ziel, das wir schon lange verfolgen, dass unter der rot-grünen Landesregierung Nordrhein-Westfalen zum Medienkompetenzland Nummer eins wird, denn Medienkompetenz und Datenschutzkompetenz sind der Schlüssel zur digitalen Teilhabe. Dass wir es hinbekommen, gleichberechtigte Teilhabe am Internet endlich für alle zu gewährleisten, ist ein weitreichender gesellschaftlicher Anspruch und für uns zugleich ein Auftrag. In einer Zeit, in der sich immer mehr gesellschaftliche Prozesse ins Netz verlagern,
dieser Wandel in einer atemberaubenden Geschwindigkeit vor sich geht, können wir es uns nicht leisten, einzelne Bevölkerungsgruppen außen vor zu lassen. Die Nutzerquote in der älteren Generation liegt bei um die 40 %. Das langt nicht. Deshalb ist es sehr wichtig, dass die Landesregierung – auch das geht aus der Antwort auf unsere Große Anfrage hervor – hier einen Schwerpunkt bei der Förderung der Medienkompetenz setzen will.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, zur Freiheit gehört auch Sicherheit für die Nutzerinnen und Nutzer. Das gilt für den Bereich Phishing. Mittels des PhishingRadars konnten 4.600 betrügerische Seiten aufgedeckt werden. Das gilt auch für den Bereich Identitätsdiebstahl, der uns in den vergangenen Wochen noch einmal drastisch vor Augen geführt wurde. 16 Millionen manipulierte E-Mail-Konten sind schon schlimm genug, aber es geht gar nicht, dass eine eigentlich sehr vertrauenswürdige Bundesbehörde wie das BSI über Monate diese Information vor der Öffentlichkeit zurückhält.
Meine Damen und Herren, interessant an der Antwort auf unsere Große Anfrage finde ich, wie die Landesregierung die Möglichkeiten der Digitalisierung für die Verbraucherinnen und Verbraucher nutzen möchte. Die Appetitlich-App in Duisburg und Bielefeld als Modellkommunen zur Ergänzung der Gastroampel ist nur ein Beispiel. Dazu gehört aber auch die klare Ansage, für Verbraucherinnen und Verbraucher relevante Informationen unter OpenData-Kriterien zu veröffentlichen. Das sind gute und wichtige Schritte.
Lassen Sie mich zum Schluss dieser ersten Runde kommen. Wir haben immer klar gesagt: Nutzerinnen und Nutzer haben einen Schutzanspruch. Verbraucherpolitik hat einen Schutzauftrag. – Wir begegnen den Herausforderungen des Verbraucherschutzes im Internet mit einem angemessenen Maß an Regulierung, wo dies sinnvoll ist, und mit Unterstützung und Beratung für die Verbraucherinnen und Verbraucher, wo immer dies möglich ist. Das zeigt: Verbraucherschutz ist ein wichtiger Teil der Netzpolitik der Landesregierung. Die digitale Dimension des Verbraucherschutzes hat eine hohe Priorität bei dieser Landesregierung.
Meine Damen und Herren, abschließend möchte ich mich, Herr Minister, bei Ihrem Haus für die umfangreiche Antwort herzlich bedanken. Auch den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern meiner Fraktion, die an der Ausarbeitung dieser Großen Anfrage mitgewirkt haben, danke ich. Nun freue ich mich auf die Debatte. – Herzlichen Dank.
Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr verehrte Kolleginnen und Kollegen! Zunächst einmal herzlichen Dank, Herr Minister Remmel, für die Beantwortung der Großen Anfrage „Verbraucherinnen und Verbraucher im Netz schützen – Freiheit des Internets sichern!“ Bitte geben Sie diesen Dank an die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter weiter, denn 125 Seiten sind eine stolze Leistung der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter.
Informationen über die Chancen und Risiken bei der Nutzung des Internets sind beim digitalen Verbraucherschutz von zentraler Bedeutung. Die vorliegende Antwort der Großen Anfrage enthält eine Darstellung der vielfältigen Maßnahmen zur Aufklärung und Kompetenzvermittlung in Nordrhein-Westfalen. Einer besonderer Bedeutung kommt der Landesanstalt für Medien, LfM, und deren Aktivitäten zur Steigerung der Medienkompetenz, dem GrimmeInstitut sowie den Aufklärungs- und Beratungsmaßnahmen der Verbraucherzentrale Nordrhein-Westfalen mit ihren 59 Beratungsstellen zu. Diese informieren, beraten Verbraucherinnen und Verbraucher auch bei individuellen Rechtsproblemen, die sich aus der Nutzung des Internets ergeben, und tragen damit dem Umstand Rechnung, dass Verbraucherschutz im Internet häufig auf dem zivilrechtlichen Weg durchgesetzt werden muss.
Auffällig waren – der Kollege hat es bereits genannt – in den vergangenen Jahren die sogenannten Abofallen. Hier handelte es sich um Internetangebote, bei denen die Unternehmen die Entgeltpflichtigkeit verschleiern wollten. Mit der neuen Verbraucherschutzregelung in § 312 g des Bürgerlichen Gesetzbuches wurde die sogenannte ButtonLösung eingeführt. Das heißt, man muss jetzt eindeutig auf einen „Kauf“-Button klicken, sodass man sich bewusst ist, dass man jetzt einen Kauf tätigt. Seitdem sind viele dieser unseriösen Seiten im Internet nicht mehr zu finden. Vor der gesetzlichen Regelung haben bei den Verbraucherverbänden bundesweit monatlich bis zu 12.000 Anfragen dazu vorgelegen. Das Land Nordrhein-Westfalen hat sich im Rahmen einer Bundesratsinitiative sehr dafür eingesetzt, dass es zu dieser Button-Lösung kommt.
Aber auch mit Problemen aufgrund des sogenannten Phishings oder mit Fragen bei Urheberrechtsverletzungen müssen sich Verbraucher auseinandersetzen.
Im Bereich des E-Commerce teilt die Verbraucherzentrale Nordrhein-Westfalen mit, dass insbesondere im Bereich des Erwerbs digitaler Güter per Download Probleme bestehen. Die Thematik des Erwerbs und der späteren weiteren Nutzung von digitalen Produkten, die in ihrer unkörperlichen Form per
Download oder per Internet bezogen werden, waren bereits Gegenstand der Verbraucherschutzministerkonferenz im Mai 2013. Das MKULNV hat dort einen Beschluss unterstützt, der darauf abzielt, analoge und digitale Güter hinsichtlich des Erwerbs und der damit einhergehenden Rechte gleichzustellen.
Die Formen des Mobile Payment werden zunehmen und eine besondere Anforderung an den Datenschutz stellen. Wie bereits dargestellt, unterstützt die Verbraucherzentrale die Verbraucherinnen und Verbraucher in Nordrhein-Westfalen auch mit Mitteln des Landes Nordrhein-Westfalen. Im Jahre 2013 belief sich die institutionelle Förderung des Landes auf 12,25 Millionen €. Und da sich die Kommunen mit 50 % an der Finanzierung beteiligen, sind das noch einmal 8 Millionen € mehr.
Verbraucherpolitische Fragen im Zusammenhang mit Internet und der Telekommunikation sind ein Schwerpunkt der von der Verbraucherzentrale aufgegriffenen und behandelten Themen.
Zum Weltverbrauchertag 2012 hatte die Verbraucherzentrale unter dem Motto „Unbedacht Klick gemacht“ landesweit über die Folgen eines unüberlegten Klicks auf Tauschbörsenangebote informiert.
Weitere Aktivitäten und Schwerpunkte in diesem Bereich waren zum Beispiel Abmahnungen von Telekommunikationsunternehmen, die mit FlatrateTarifen geworben haben, die aber real Beschränkungen beinhalteten; die Information und Beratung über die Button-Lösung im E-Commerce, über die Sicherheit in sozialen Netzwerken sowie über die Novellierung des Telekommunikationsgesetzes.
Man kann bei dieser äußerst umfangreichen Beantwortung wirklich nur einen Schwerpunkt setzen; das habe ich getan. Ich denke, wir haben uns mit den Mitteln des Landes Nordrhein-Westfalen für die Verbraucherzentrale sehr gut für die nordrheinwestfälischen Verbraucherinnen und Verbraucher eingesetzt und das Wesentliche für sie getan. Das ist gut eingesetztes Geld gewesen. – Herzlichen Dank.
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Unabhängig vom Inhalt danke ich auch namens der CDU-Landtagsfraktion allen, die an der Beantwortung der zahlreichen Fragen beteiligt waren.
Eines ist ganz klar: Das Internet des Jahres 2014 ist definitiv den Kinderschuhen entwachsen. Es ist aus
unserem täglichen Leben nicht mehr wegzudenken und für viele Menschen eine Selbstverständlichkeit. 20 durchschnittliche Haushalte produzieren heute so viele Daten wie das gesamte Internet im Jahre 1995. Gerade weil das Internet Bestandteil unseres täglichen Lebens ist, müssen wir uns Gedanken darüber machen, wie wir diese virtuelle Welt mit unserer realen in Einklang bringen können.
Selbstverständlich kommt es auch auf die Eigenverantwortung der Nutzerinnen und Nutzer an. Die zahlreichen Aktivitäten der Verbraucherzentrale und anderer Mittler unterstützen die User dabei. Diese Unterstützung ist auch bitter nötig. Denn ebenso unübersichtlich wie das Internet selbst sind die Herausforderungen, die daraus entstehen. Wir begrüßen daher das breite Engagement der Verbraucherzentralen, der Landesmedienanstalt und vieler anderer Akteure in diesem Bereich.
Im Internet wird viel Geld verdient, und es wird ein großer Aufwand betrieben, um an das Geld der Nutzerinnen und Nutzer zu kommen. Allein die Firma Samsung hatte 2012 einen Werbeetat von 401 Millionen $. Apple investiert 333 Millionen $, um seine Geräte und Dienste zu vermarkten. Gestern Abend kam über den Ticker: Facebook zahlt für WhatsApp 19 Milliarden €.
Schaut man sich dagegen die 20-Millionen-€Förderung für unsere Verbraucherzentralen in Nordrhein-Westfalen an, so wird schnell klar: Hier wird ein ungleicher Kampf geführt. Die Verbraucherzentralen tun, was in ihren Möglichkeiten steht, und ich danke den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern ausdrücklich dafür.
Aber auch wenn der Kampf ungleich scheint, sollten wir nicht in unseren Anstrengungen nachlassen. Die Rechte der Verbraucherinnen und Verbraucher sind wichtig und für uns nicht verhandelbar.
Wir müssen aber aufpassen, nicht an denen, die wir erreichen wollen, vorbeizuarbeiten. Das YouTubeVideo der Verbraucherzentrale Nordrhein-Westfalen „Geschäft gegen illegale Downloads“ beispielsweise wurde in einem Jahr 228-mal heruntergeladen, das Video „Finanzkompetenzen in der Schule“, eingestellt vor sieben Monaten, 224-mal, das Video „Was kostet ein Pferd?“, eingestellt vor zwei Monaten, über 8.105-mal. Es kommt nicht auf die Fülle der Maßnahmen, sondern auf die Zielgenauigkeit an.
Abgesehen davon sprechen wir so selbstverständlich vom Internet, als wären wir überall in NRW nur einen einzigen Klick davon entfernt. Um die Möglichkeiten des Netzes jedoch wirklich nutzen und ausschöpfen zu können, bedarf es entsprechender Kapazitäten.
An dieser Stelle will ich gerne einmal festhalten, dass wir in Nordrhein-Westfalen mit dem Breitbandausbau sehr weit hinterherhinken.
Während etwa in Bayern 2 Milliarden € bis 2017 in den Breitbandausbau gesteckt werden, sind es bei uns lediglich 9 Millionen € pro Jahr. Während Bayern aufgrund seiner guten Finanzpolitik aus dem Vollen schöpft und seinen Vorsprung vergrößert, haben die Bürgerinnen und Bürger in NordrheinWestfalen das Nachsehen.