Protocol of the Session on December 19, 2013

(Daniel Sieveke [CDU]: Dann hätten Sie da- für kein Geld bekommen!)

Ich hätte von Ihnen einmal gerne gewusst, wie es eigentlich bei der Zukunftskommission war. Wie waren denn da die Fraktionsvorsitzenden eingebunden? Könnten Sie uns darüber heute ein bisschen Aufklärung geben, wie das eigentlich gelaufen ist?

(Zuruf: Die kennen die doch gar nicht mehr!)

Also: Der Vorgang ist transparent, der Prozess dauert an, und es gibt noch keine Entscheidung, die das Parlament dann natürlich zu bewerten und – hier ist die Legislative – gegebenenfalls auch zu beschließen hat.

Lassen Sie mich noch bitte etwas zu den „Abgeordneten erster und zweiter Klasse“ sagen. Ich will gar nicht zu der Höhe der Fraktionszulagen etwas sagen. Wenn Sie diesem Pfad im Gutachten einmal nachgehen würden, würde Ihnen das Ergebnis dann vielleicht gar nicht so schmecken.

Ja, es ist richtig, dass es enge Grenzen für die Ungleichbehandlung im Hinblick auf den Status des Abgeordnetenrechtes gibt. Das bedeutet aber eben nicht, dass jede Differenzierung gleich verfassungswidrig ist. Gerade im Hinblick auf die besondere Funktion von Fraktionsvorsitzenden hat das Bundesverfassungsgericht eine Differenzierung,

wenn auch in engen Grenzen, für zulässig erachtet.

(Beifall von Hans-Willi Körfges [SPD])

Das Bundesverfassungsgericht erkennt an – das sollten Sie auch tun; denn Sie wissen doch über Regierungspraxis eigentlich genau Bescheid –, dass die die Regierung tragenden Fraktionen die Linien der Regierung stützen und dass der Willensbildungsprozess durch Fraktionen maßgeblich geformt und gestaltet wird. Dieser Abstimmungsprozess muss aber auch stattfinden können, und zwar in geschützten Räumen, eben nicht immer und

überall auf dem Markt und auf der politischen Bühne.

(Josef Hovenjürgen [CDU]: Hinterzimmer! – Zuruf von Christian Möbius [CDU] und Daniel Sieveke [CDU])

Dabei kommt den Fraktionsvorsitzenden eine herausgehobene Stellung zu; denn sie bündeln die Entscheidungsprozesse und bereiten diese auch vor, auch mit Mitgliedern der Regierung, wie beispielsweise im Koalitionsausschuss oder eben im Effizienzteam. Dabei kommt den Regierungsfraktionen eine andere Funktion zu als den Oppositionsfraktionen. Das erkennt das Bundesverfassungsgericht ausdrücklich an. Diese Rechtsprechung sollten Sie auch kennen, Herr Wedel.

Im Falle des Effizienzteams unterstellen Sie einen Skandal mit der Formulierung „Missachtung der Parlamentarierinnenrechte“. Das kann ich nicht nachvollziehen. Wenn man Ihre Gedanken konsequent zu Ende denkt, dann müssten zumindest die Vorsitzenden aller Fraktionen an allen Gremiensitzungen teilnehmen, die Regierungspolitik vorbereiten und koordinieren. Wenn eine funktionale Differenzierung zwischen den Abgeordneten grundsätzlich verfassungswidrig wäre, dann müssten sie alle Gremien sogar parlamentsöffentlich tagen lassen.

(Michele Marsching [PIRATEN]: Tolle Idee! Super Idee!)

Vielleicht führt das die Große Koalition in Berlin ein. Ich wäre für entsprechende Hinweise dankbar. Liebe CDU, es kann doch nicht Ihr Ernst sein! Sie wissen doch über Regierungshandeln genau Bescheid. Also, lassen Sie das Effizienzteam seine Arbeit machen!

(Daniel Sieveke [CDU]: Macht es ja nicht!)

Ich schlage Ihnen vor: Gründen Sie doch selbst eines! Und wenn dann alle mit der Arbeit fertig sind, dann können wir die Ergebnisse hier gemeinsam im Plenum bewerten, analysieren, um die besten Lösungen streiten und hier die Entscheidungen treffen. Das werden wir uns als Parlament auch nicht nehmen lassen.

(Beifall von den GRÜNEN und der SPD – Daniel Sieveke [CDU]: Das ist verlorene Zeit!)

Vielen Dank, Frau Kollegin Beer. – Jetzt spricht der fraktionslose Abgeordnete Stein.

Werte Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Liebe Zuschauer! Frau Beer, Sie wissen, warum wir heute die Aktuelle Stunde durchführen müssen. Sie und das Kabinett Ihrer Landesregierung haben eine abenteuerliche Vorstellung von Transparenz, Gleichbehandlung der Parlamentarier und Open Government. Die Organi

sation des Effizienzteams ist so gestaltet – das ist eindeutig klar geworden –, dass es verfassungsrechtliche Bedenken gibt. Was Sie hier geäußert haben, ist an Absurdität nicht mehr zu überbieten.

Seit mehr als einem Jahr ist das Effizienzteam regelmäßig ein Thema für uns Oppositionspolitiker. Dass es weiterhin ein Dauerthema bleibt, liegt an Ihrer Perfektion der Intransparenz, an Ihrer Informationspolitik und an der Weigerung, die Opposition überhaupt nur grundlegend zu beteiligen. Mehr als Banalitäten über die Arbeit des Effizienzteams haben wir bis heute nicht erfahren können. Das könnte man natürlich als das alte Spiel zwischen Regierung und Opposition abtun, doch dieser Fall wiegt eben schwerer; denn bestimmte Abgeordnete der regierungsbildenden Fraktionen erhalten Zugang zu dem Gremium, wohingegen jedwede Information – ich wiederhole es – an Oppositionsabgeordnete abgelehnt wird, Herr Mostofizadeh.

Ich sage Ihnen: Eine Zweiklassendemokratie mit Premiumabgeordneten verträgt sich nicht mit unserer Verfassung. Sie treten die Abgeordnetenrechte mit Füßen, wenn Sie innerhalb einer Gewalt Klassenunterschiede machen wollen.

(Beifall von der CDU und den PIRATEN)

Ganz persönlich finde ich es ein starkes Stück, dass gerade die sozialpolitisch ausgerichteten Fraktionen von Rot und Grün in der Politik eine Zweiklassengesellschaft an der Verfassung vorbei implementieren wollen. Demokratie geschieht nicht nach Gutdünken. Demokratie kann zuweilen unbequem sein. Die Aufteilung in Premiumabgeordnete und Nichtpremiumabgeordnete gehört sich in einer modernen parlamentarischen Demokratie einfach nicht.

(Beifall von Dietmar Schulz [PIRATEN])

Ich habe schon ein Stück weit eine Vermutung, warum Sie Wert auf die Trennung legen. Weil Sie keine Informationen liefern, entsteht sehr wohl der Eindruck, dass einfach keine Informationen befördert werden können. Sie haben in dem Gremium überhaupt keine Ergebnisse erarbeiten können. Das ist der Eindruck, der hier entsteht. – Dazu können Sie gleich Rede und Antwort stehen, Herr Finanzminister, und gerne den aktuellen Ergebnisstand kundtun. Die Oppositionspolitiker hören dann gebannt zu. Die bisher gelieferten Ergebnisse sind einfach nur mau. Herr Wedel hat gerade gesagt: Außer Spesen nichts gewesen. – Ich komme auch zu dem Schluss, dass es sich hier um einen PR-Gag handeln muss.

Zum Abschluss: Wissen Sie eigentlich, was Effizienz bedeuten kann? – Mit möglichst geringem Aufwand einen gegebenen Ertrag erzielen. Dass der Aufwand, der im Rahmen des Effizienzteams betrieben wird, anscheinend wirklich gering ist, wirkt in der Tat so. Aus dieser Annahme folgt konsequent, wenn wir den Begriff „Effizienz“ ernst nehmen, dass der zu ziehende Ertrag von Ihnen bisher auf null

ausgerichtet gewesen ist. Insofern sollten wir besser von einem Null-Output-Team sprechen. Effizienz durch Transparenz könnte helfen. Ich fordere Sie auf, die demokratisch-parlamentarischen Rechte der Abgeordneten zu wahren.

Ich wünsche ein frohes Fest, einen guten Rutsch. Bleiben Sie gesund. – Danke sehr.

(Beifall von der CDU, der FDP und den PIRATEN)

Danke schön, Herr Kollege Stein. – Für die Landesregierung spricht Herr Minister Dr. Walter-Borjans.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! In der Weihnachtszeit schenkt man sich gerne Bausätze. Wenn aber das Effizienzteam für einen Bausatz der Marke „Wie bastele ich mir einen Skandal?“ herhalten soll, dann hat man sich die falschen Einzelteile zusammengesucht.

(Beifall von der SPD und den GRÜNEN – Zu- ruf von Daniel Sieveke [CDU])

Eines kann ich jetzt schon sagen: Wenn das Effizienzteam Ideen von der Qualität der 71 Punkte beraten hätte, die gestern die FDP vorgeschlagen hat, wie man Geld sparen könne, dann würde das Effizienzteam nicht erst morgen seine Arbeit beenden, sondern es wäre schon vor einem Jahr am Ende gewesen, um das deutlich zu sagen.

(Beifall von der SPD und den GRÜNEN)

Ich nehme die Liste gerne noch einmal auf. Ich hatte gestern überlegt, noch eine zweite Runde aufzumachen, habe aber darauf verzichtet. Sie blenden aus – das ist Ihre Strategie, besser: Ihre Taktik; das ist ein Hin und her, um zu gucken, wie Sie zu Ergebnissen kommen –, dass wir gestern einen Haushalt mit einer Kreditfinanzierungsquote verabschiedet haben, die seit 1980 nur viermal unterschritten worden ist. In der Finanzplanung im nächsten Jahr haben wir einen Haushalt mit einer Kreditfinanzierungsquote, die seit 1980 nur zweimal unterschritten wurde, und ab da haben wir Haushalte, die seit 1980 nie unterschritten wurden, um das deutlich zu machen. Darin steckt auch eine Menge Arbeit des Effizienzteams.

Gucken wir uns an, was Sie vorgelegt haben. Sie werfen elf Positionen hin, die rein pauschale Summen sind, und sagen: So spart man Geld. – Dabei verschweigen Sie, dass Sie auf der anderen Seite mehr als 400 Millionen € Einnahmeverbesserungen für Ersparnisse ausgeben, was Sie sonst ganz anders darstellen, und Sie sagen auch nicht, dass diese Einnahmeverbesserungen, nämlich Studiengebühren und Kindergartenbeiträge, in 2014 nur zur Hälfte realisiert werden können und deswegen überhaupt nicht in die Liste passen, die Sie gestern

vorgelegt haben. Genau das sollte nicht passieren, wenn wir darüber diskutieren, wie man den Haushalt konsolidiert. Dafür setzen wir uns zusammen. Und da gibt es keine Abgeordneten erster und zweiter Klasse, sondern es gibt Abgeordnete der Regierungsfraktionen, und es gibt Abgeordnete der Opposition. Das ist der Unterschied, und den wollen Sie nicht wahrhaben.

(Beifall von der SPD und den GRÜNEN)

Zunächst noch einmal kurz zu der Liste, die Sie gestern vorgelegt haben: Was würden Sie eigentlich sagen, wenn ich den Anspruch erheben würde, nicht nur die 71 Punkte kennenzulernen, sondern alles, worüber Sie diskutiert haben, bevor Sie die 71 Punkte aufgeschrieben haben? Was hat Sie dazu bewogen, einfach mal 25 Millionen € Entfesselungsgewinn zu nennen? Worüber haben Sie möglicherweise diskutiert und es dann nicht in die Liste aufgenommen? Ich sage Ihnen ganz offen: Das geht mich nichts an. Das haben Sie diskret in Ihrer Fraktion diskutiert und sind anschließend mit einem Ergebnis rausgekommen.

Nichts anderes machen wir. Ich denke nicht im Traum daran, die Überlegungen, was man tun könnte, das, was man zwischendrin auch wieder verwirft, zu einer öffentlichen Sache zu machen. Sie picken sich dann wunderschön das heraus, was Sie skandalisieren, obwohl nie zur Debatte gestanden hat, es umzusetzen. Das ist Ihr Modell. Wir haben Ihnen zwischendurch mehr als nötig, mehr, als man muss, an Ergebnissen und Gutachten präsentiert.

(Beifall von Ministerin Sylvia Löhrmann)

Wir haben zum Beispiel darüber geredet, wie viel wir bei Förderprogrammen eingespart haben. Darüber hat das Effizienzteam beraten.

Noch einmal, auch wenn Sie es nicht wahrhaben wollen: Das Effizienzteam ist keine Institution, sondern es ist ein vorwiegend aus Mitarbeitern des Finanzministeriums bestehendes Beratungsteam.

Es hat die Aufgabe, den Haushalt Kapitel für Kapitel, teilweise sogar Titel für Titel, auf Einsparpotenziale zu durchforsten. Dabei werden tabufrei eine ganze Reihe von Dingen diskutiert, und sie werden gegebenenfalls auch wieder verworfen, denn das ist ein Diskussionsprozess. Das hätten Sie bei dieser Liste, die Sie hier vorgeführt haben, besser auch getan.

(Beifall von Reiner Priggen [GRÜNE])

Nirgends steht, dass dieser Diskussionsprozess zu dem Recht führt, dass man jeden einzelnen Gedankengang bitte offenlegen möge. Was wir offenlegen müssen, ist, zu welchem Ergebnis wir gekommen sind.

Ich gebe gerne zu, dass diese Ergebnisse kleiner sind als Ergebnisse, die man einfach pauschal in den Wind ruft. Das ist der Unterschied. Wenn Sie

sich Titel für Titel damit beschäftigen, werden Sie nämlich feststellen, welchen Sinn es macht, sich damit zu beschäftigen, und welchen Sinn auch das einzelne Projekt macht.

Sie sagen, es sollten grundsätzlich 20 % eingespart werden. Wenn man Sie dann fragt, ob Sie etwa auch 20 % bei der offenen Ganztagsschule einsparen wollen, heißt es: Nein, natürlich nicht. – Irgendwann hat man festgestellt, dass bei der Hälfte keine Einsparungen möglich sind. Bei dem Rest müsste man dann 40 % einsparen.