Die Ausgaben Ihres Haushaltes steigen von 2010 bis 2014 von 745 Millionen € auf 921 Millionen €. Das entspricht einem Zusatz von 23 %. Zugegeben, Sie haben zwar mehr Aufgaben bekommen, aber rechtfertigt das diesen immensen Aufwuchs?
Die Landwirte bekommen auch durch Sie immer mehr Aufgaben. Aber wer gibt denen denn mehr Geld? Unsere Stärke in Nordrhein-Westfalen ist eine gute und breit aufgestellte Landwirtschaft. Es ist schön, dass wir einen wachsenden biologischen
Zweig haben. Ich freue mich, dass auch der moderne Sektor sich einer starken Beliebtheit erfreut. Wir müssen aber aufpassen, dass unsere familiengeprägten Hofstrukturen, die inhabergeführten Betriebe erhalten bleiben. Die Landfrauen, die Landwirte und auch die Landjugendgruppen prägen ganze Regionen.
Die Landesregierung hat daher die Aufgabe, diese Strukturen zu erhalten und zukunftsfähig zu entwickeln. Das erreichen Sie nicht, indem Sie die Regelungsdichte immer weiter erhöhen, immer mehr Aufgaben erlassen, die sich unsere Betriebe kaum noch leisten können.
Im Gegenteil – da wird es wieder so verrückt –: Sie riskieren einen Strukturwandel hin zu großen Strukturen mit Fremdinvestoren, denen es dann nur noch um finanzielle Belange und nicht mehr um das Wohl der Region geht.
Landwirtschaft in NRW muss auch zukünftig wettbewerbsfähig sein. Ein Hof braucht eine gesunde finanzielle Basis. Vielleicht sollten Sie sich daran bei Ihrem Haushalt für unser Land einmal ein Beispiel nehmen und parallel den Landwirten ein wenig mehr Vertrauen schenken.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Frau Schulze Föcking, Sie haben damit geschlossen, dass Sie gesagt haben, wir sollten den Landwirten mehr vertrauen. Ich komme auch aus einer ländlichen Region; ich vertraue den Menschen schon. Nur muss ich sagen, wenn ich mir einige Dinge anschaue, die sich, was die Landwirtschaft betrifft, auch in meiner Umgebung abspielen: Es geht eben auch nicht ganz ohne Kontrolle. – Ich denke, das muss man an dieser Stelle deutlich feststellen.
Ich möchte hier und da einen etwas rationaleren Ton in diese – ich glaube, gespielt – aufgeheizte Debatte bringen.
Im Haushalt stehen zwei aus unserer Sicht große Positionen, zu denen ich auch etwas ausführen möchte. Das eine ist die Verwendung der EU-Mittel und auch der Bundesmittel, und das andere ist die Agrarverwaltung.
Beginnen möchte ich mit den EU-Mitteln. Hier möchte ich noch einmal eine Sache anführen, die ich auch schon in meiner letzten Rede erwähnt habe: Aus Europa fließen auch in den nächsten Jahren 500 Millionen € in die Landwirtschaft: als Flächenprämie, als Direktzahlung, mit der Gießkanne über das Land verteilt. Jetzt ist der Kollege Wüst nicht da. Heute ist über die Breitbandförderung gesprochen worden. Was könnte man in diesem Land an Wirtschaftsförderung machen, wenn man diese 500 Millionen € anders einsetzen könnte?
Erlauben Sie mir das an dieser Stelle: Hat die Landwirtschaft das heute noch auf diesem Niveau notwendig? – Ich glaube nicht, dass das so ist. Wenn ich mir die Megatrends anschaue, die die Landwirtschaft betreffen, denke ich, das müsste ein Wirtschaftszweig sein, der – ich sage mal – auf Sicht auch ohne diese Zahlungen auskommen kann. Was haben wir denn dort? – Wir haben opulente Zahlungen, die, sage ich mal, an nur minimale gesellschaftliche Anforderungen gebunden werden. Aber auch das habe ich hier schon einmal gesagt: Anscheinend ist das das Geburtsrecht der Landwirtschaft.
Meine Damen und Herren, ich möchte an dieser Stelle noch ein Wort zur Rolle der Landwirtschaft in diesem ganzen Prozess sagen: der gemeinsamen Agrarpolitik. Ich möchte – ich hoffe, dafür brauche ich nicht die Erlaubnis des Präsidenten – an dieser Stelle einmal meine Oma zitieren. Die war nämlich Westfale wie ich, und die hätte gesagt: Habt ihr gar nicht so schlecht gemacht.
Denn 90 % der Betriebe in Nordrhein-Westfalen profitieren zum Beispiel davon, dass die ersten Hektar einen höheren Mittelzufluss haben. Frau Schulze Föcking, das sind genau die Strukturen, die Sie eben angesprochen haben. Insofern war das, glaube ich, eine ganz wichtige Geschichte.
Das Zweite – das ist uns auch sehr wichtig –: Es gibt eine Umschichtung von der ersten zur zweiten Säule. Das ist durch einen gerechteren Verteilungsschlüssel zwischen den Bundesländern erreicht worden. Wozu das geführt hat, möchte ich an dieser Stelle noch einmal deutlich sagen, weil eben über 80.000 € hier und 80.000 € dort gesprochen wurde. Herr Höne, ich finde es auch in Ordnung, dass Sie sich so in ein für Sie deutlich sachfremdes Thema einarbeiten.
Aber an dieser Stelle möchte ich sagen: Wir haben hier einen Zuwachs auf 93 Millionen €. Das ist ein Plus von 38 %. Davon habe ich in diesem Hause noch nichts gehört. Das ist eine ganze Menge Geld. Wir reden so viel über Geld. Herr Laumann, dazu hätten Sie eben vielleicht auch etwas sagen können.
Die Frage ist jetzt: Was wird aus diesen Mitteln? – Die SPD sagt – das haben wir auch schon deutlich und häufiger erklärt –: Wir wollen mehr LEADER, wir wollen mehr Wertschöpfung im ländlichen Raum, und wir wollen hier auch eine Verzahnung mit den anderen Fonds der EU-Förderung. Wir würden uns wünschen, dass sich das in den operationellen Programmen wiederfindet. Ich möchte hier nur die Themen „Demographie“ und „Pflege“ nennen.
Der zweite große Agrarbereich, für den sehr viel Geld ausgegeben wird, ist die Agrarverwaltung. Davon habe ich hier bisher auch noch nichts gehört. Die Landwirtschaftskammer bekommt über den Daumen gepeilt 100 Millionen € vom Land für diese Aufgaben. Wir haben der Presse entnehmen können, dass dort Veränderungen stattfinden sollen, die zu mehr Transparenz führen. Wir erwarten dort eine Verdeutlichung der Trennung zwischen hoheitlichen und berufsständischen Aufgaben.
Schade finden wir, die SPD-Fraktion, dass die Herauslösung der Kontrolle der Düngemittelverordnung aus der Landwirtschaftskammer erst einmal auf Eis gelegt wird. Wir hätten uns wirklich gewünscht, dass das erfolgt. Wir werden sicherlich auch im weiteren Prozess dies mit in die Diskussion einbringen. Wenn man sich die Nitratgehalte im Grundwasserkörper in den Veredelungsregionen anschaut, erkennt man, dass das sicherlich genau der richtige Weg ist.
Für meine Fraktion kann ich sagen: Wir werden beide Prozesse, nämlich die Gestaltung der operationellen Mittel – Programm bei den ELER-Mitteln – und die Struktur der Agrarverwaltung, konstruktiv, kreativ und auch motiviert begleiten. – Glück auf!
Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Herr Kollege Sundermann, gerne fange ich mit einem Punkt an, den Sie angesprochen haben, nämlich die Verteilung der EUGelder: dass wir nicht nur insgesamt für NordrheinWestfalen mehr haben und dass es eine gerechtere Verteilung zwischen den Bundesländern gibt, sondern dass auch, im Gegensatz zu den ganz Großen, kleine und mittlere Betriebe davon profitieren.
Wir wollen ja auch loben, wenn etwas Gutes da ist, auch wenn ich mich als Westfale – wie Sie – mit überschwänglichem Lob immer schwertue. Nichtsdestotrotz können wir an dieser Stelle wirklich festhalten: Das ist nicht ganz schlecht gelaufen.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, trotz alledem ist in der Landwirtschaftspolitik in Nordrhein-Westfalen,
wie ich meine, leider eine starke Unterscheidung, eine Art Zweiklassenpolitik, festzustellen. Einerseits haben wir umfangreiche Fördermaßnahmen. Damit wird weiterhin alles getan, um die ökologische Kleinbauernidylle mehr und mehr einseitig zu privilegieren, zum Beispiel durch die Förderung der regionalen Vermarktung von Ökoprodukten. Gleichzeitig stellen wir aber fest, dass die Nachfrage bei Biolebensmitteln, aber auch bei regionalen Lebensmitteln das Angebot bei Weitem übersteigt.
Ich finde, das ist grundsätzlich sehr erfreulich. Das hatte ich in einem früheren Redebeitrag heute Abend auch schon einmal anklingen lassen. Ich frage mich aber: Wenn dem so ist, wenn die Nachfrage also so viel höher ist als das Angebot, müssen wir dann wirklich, auch wieder vor dem Hintergrund der Haushaltssituation des Landes, mit ganz speziellen Fördermitteln auf dieser Seite unterstützend tätig werden, oder würde sich das auch von alleine wunderbar regeln?
Andererseits begegnet in Nordrhein-Westfalen die konventionelle Landwirtschaft ständig und allgegenwärtig dem nur schlecht kaschierten Misstrauen des Ministeriums und des Ministers. Sehen können wir das zum Beispiel bei der Einführung des Verbandsklagerechts. Das führt zu einer massiven Verunsicherung bei den Landwirten, den Behörden und den kreditgebenden Banken, sodass wir schon jetzt feststellen können, dass aus Angst vor Klagen notwendige Investitionen zum Teil ausbleiben.
Zudem bin ich der Meinung, wie das auch schon die Kollegin Schulze Föcking festgestellt hat, dass Ihre Politik hier widersprüchlich ist. Der Filtererlass ist eben angesprochen worden. Wenn Sie mit kurzen Fristen arbeiten ohne Rücksicht auf individuelle Abschreibung auf das Alter der eigentlichen Anlagen und dann für viel Geld nachgerüstet werden muss, dann befeuern Sie das Prinzip wachse oder weiche.
Damit wir uns nicht falsch verstehen: Dass Neubauten auf dem Stand der Technik sein müssen, darüber gibt es überhaupt keine Diskussion, da haben wir keinen Dissens. Aber hinsichtlich der Frage, wie man mit den Leuten umgeht und wie man auch mit deren Vertrauen auf Recht und Gesetz zum Zeitpunkt der Investition umgeht, da haben wir wirklich Nachholbedarf.
Ein gegenseitiges Ausspielen der landwirtschaftlichen Produktionsarten hilft uns wohl auch nicht weiter, weil die verschiedenen Produktionsformen – konventionell und biologisch – sich doch gar nicht unversöhnlich gegenüberstehen. Vielmehr greifen die doch wie Zähne eines Zahnrades ineinander und ergänzen sich, und zwar auch für die Verbraucherinnen und Verbraucher. Wenn ein Zahn abbricht, hakt doch das ganze System.
Wir sollten daran arbeiten, dass wir alle landwirtschaftlichen Akteure stärken, nicht nur einseitig die Biobranche. Hier braucht es zum Beispiel Unterstüt
zung bei der Bekämpfung von multiresistenten Bakterien – damit dürfen wir weder die Landwirte noch die Verbraucher allein lassen –, indem wir über wissenschaftliche Studien beispielsweise zum idealen Betriebsmanagement oder zum idealen Stallklima weiter vorankommen.
Sehr geehrte Damen und Herren, statt Misstrauen, Vorschriften und Regularien braucht es eine positive Landwirtschaftspolitik. Ziel dieser Politik muss es langfristig sein – so ähnlich habe ich Sie, Herr Kollege Sundermann, eben auch verstanden –, dass die Landwirtschaft unabhängiger von Subventionen wird, selbstständiger wird. Sie wird damit dann auch unabhängiger von der Politik und möglicherweise auch von wechselnden Mehrheiten. Dafür benötigen wir unter anderem bessere Preise für die entsprechenden Produkte. Ich denke, das erreichen wir auf der einen Seite durch die schon bestehende unglaublich hohe Qualität der hier produzierten Lebensmittel, aber es wird auch mehr Wertschätzung gebraucht.
Beim Thema „Wertschätzung“ komme ich auf einen Punkt zurück, der in einer der vorherigen Reden schon angesprochen worden ist, nämlich auf die Lebensmittelverschwendung. In Deutschland werden viel zu viele Lebensmittel weggeschmissen. Im Verhältnis geben die Deutschen zudem – auch das ist eben schon angeklungen – wenig Geld für Lebensmittel aus. Es gibt auch kaum ein Land auf dieser Welt, in dem es so viele Quadratmeter Verkaufsfläche von Discountern pro Einwohner gibt. Auch das kann einem zu denken geben.
Ich meine, wir sollten gemeinsam darauf hinarbeiten, dass Lebensmittel und deren Produktion und die Menschen, die an der Produktion beteiligt sind, mehr Wertschätzung erfahren, egal, ob die Produktion biologisch oder konventionell stattfindet, denn dann packen wir das Problem wirklich an der Wurzel. Mit der Politik des Misstrauens wird hier zu viel kaputtgemacht. Wenn man aber die ideologisch eingetrübte Brille aufgesetzt hat wie Herr Umweltminister Remmel, dann sieht man eben diese Herausforderungen und diese Einseitigkeit nicht, und die notwendigen und überfälligen Konzepte können nicht erarbeitet werden.
Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Die Beiträge der Vorredner haben mir gezeigt, dass wir in der Tat die Probleme alle erkennen, aber wir doch sehr unterschiedliche Lösungswege sehen.
Herr Höne, ein Vorwurf ist vollkommen falsch, nämlich dass dieser Minister nicht für alle Landwirte da
wäre. Ich glaube, es ist genau umgekehrt: Sie versuchen einen Keil hineinzutreiben. Sie versuchen an dieser Stelle es so darzustellen, als ob es so wäre, dass sich dieser Minister nicht um die konventionelle Landwirtschaft kümmern würde.
Eines ist aber auch klar: Wir haben große Probleme, die eben auch mit der Form der Landwirtschaft, wie wir sie aktuell haben, zusammenhängen. Die Diskussion um Großmastanlagen wird uns weiter beschäftigen und damit zusammenhängend auch der Filtererlass.